LA VIRGEN DE GUADALUPE
von
H. W. Kreuer
Seit meiner Jugend bin ich ein großer Verehrer der mexikanischen
Madonna von Guadalupe. La Virgen de Guadalupe, dieses wunderbare,
lebensgroße Bildnis der allerseligsten Jungfrau Maria, welches nach
vier Erscheinungen der Mutter Gottes am 12. Dezember 1531 durch ein
Wunder vor den Augen des ersten Bischofs von Mexikos auf dem Gewand
(der Tilma) des frommen, zum Christentum bekehrten Sehers, dem Azteken
Juan Diego, entstand, genießt in dem ehemals zu 90 % katholischen
Mexiko seit über 450 Jahren - selbst in dem heutigen mexikanischen
Reform-'Katholizismus' noch - eine derart glühende Verehrung, daß es
kaum ein Haus, kaum eine Indiohütte, keinen Bus, kein Taxi und keinen
Bahnhof gibt, in welchem nicht ein Abbild hängt oder ein Altar der
Virgen de Guadalupe errichtet ist.
Es ist sicherlich kein Zufall, daß vor 450 Jahren, an jenem 12.
Dezember 1531, zur gleichen Stunde, als das Wunderbildnis der
Guadalupana vor den Augen des Bischofs auf der Tilma des Sehers
erschien, llooo km von Mexiko entfernt, in der französischen Kapelle
von Savoyen das berühmte Grabtuch Christi aus einem Brand gerettet
wurde, von welchem es jetzt noch Spuren an sich trägt! Beide Tücher,
das Grablinnen als auch das aus Agavenfasern gewebte Tuch des
Marienbildes, sind von der heutigen modernen Naturwissenschaft
untersucht worden: die Entstehung beider Bilder auf ihnen kann mit
ihren Mitteln nicht erklärt werden. Das Bild Christi auf dem sog.
Turiner Grabtuch ist ein Negativ-Bild und besteht aus Blutplasma,
Schweiß und Einbrennungen, welche man physikalisch (noch) nicht
nachvollziehen kann. Das Bild der Gottesmutter in Guadalupe leuchtet
aus seinen über 45o Jahre alten Agavenfasern, welche normalerweise nach
spätestens 50 Jahren zerfallen. Es ist mit Farben gemalt, welche laut
den Analysen mehrerer Fach-Chemiker weder organischen noch
mineralogischen Ursprungs sind.
Das Turiner Grabtuch ist und bleibt ein sichtbarer Beweis der wahren
Göttlichkeit Jesu Christi, welche man gerade heute von der Seite her
leugnet, die sie von Amts wegen verteidigen sollte. Das Bild von
Guadalupe ist eirematerielle Bestätigung der Auserwählung Mariens als
Unbefleckte Empfängnis, als jungfräuliche Gottesgebärerin und als
apokalyptisches Weib der Offenbarung, die dem hl. Johannes zuteil
wurde.
Im vorspanischen, d.h. im noch-aztekischen Mexiko wurde die gefiederte
Schlange Quezalcoatl als oberste Gottheit verehrt, und gerade dieser
Schlangengottheit zertritt sie den Kopf. Dabei steht sie von der Sonne
umstrahlt. Daran erkannten die Indios, daß diese Frau größer sein müsse
als der gefürchtete Sonnengott Huitzlipochli. Einen Fuß hat sie auf den
Halbmond gesetzt, das aztekische Symbol der Schlangengöttin
Quezalcoatl, die jetzt als besiegt gilt. Die blaugrüne Farbe ihres
Mantels symbolisiert die Farbe des aztekischen Königs Monteczumas,
demnach muß sie auch eine Königin sein! Die 46 Sterne auf ihrem Mantel
ringsherum verteilt verweisen auf die aztekischen Sternen- und
Planetengottheiten und deuten Maria als Königin des Himmels. Sie kann
aber selbst keine Göttin sein, da sie ja demütig die Hände faltet -
eine Geste des Gebetes auch bei den Azteken - und ihr anmutiges Haupt
in Verehrung vor jemandem verneigt, der größer sein muß als sie!
Nach der wunderbaren Entstehung geschah auch bald das erste große
Wunder vor diesem Gnadenbild. Spontan ließen sich innerhalb von wenigen
Jahren neun Millionen Indios taufen und nahmen den katholischen Glauben
an, während zur gleichen Zeit in Europa sieben Millionen Gläubige zum
Protestantismus übertraten! Bis heute ist Guadalupe in Mexiko mit 2o
Millionen Pilgern pro Jahr die größte Marienwallfahrt geblieben! Es ist
schade, daß er bei uns weniger bekannt ist.
Im Jahre 1973 konnte ich mir meinen lang gehegten Wunsch, einmal nach
Mexiko zu kommen, um das Marienheiligtum zu besuchen, erfüllen. Es war
ergreifend: quer über den riesigen Platz vor der großen Basilika im
Stil des spanischen Konolialbarock, der sich in Lateinamerika zu einer
ganz eigenen Kunstrichtung entwickeln konnte, rutschten Hunderte von
Pilgern auf den Knien durch die drei großen Portale hinein bis zum
Hochaltar, über welchem, direkt hinter dem Tabernakel, das wunderschöne
Bild der Virgen Guadalupana im goldenen Rahmen prangte. Die Anmut und
die Ausstrahlung, welche von ihr ausgingen, waren überwältigend. Links
und rechts von dem Bild hingen Bronzetafeln mit Widmungen und
Huldigungen verschiedener Päpste. Auf einer der Tafeln wurde diese
Basilika sogar als ranghöchste hinter der Lateransbasilika in Rom
ausgewiesen.
Bei meiner zweiten Mexiko-Reise im Jahre 1977, die mich wieder nach
Guadalupe führte, bekam ich dort zunächst einen Schock: neben der
ehrwürdigen Basilika, welche man wegen angeblicher (oder wirklicher?)
Einsturzgefahr überraschend geschlossen hatte, erhob sich jetzt ein
mächtiger Betonklotz wie ein Zirkuszelt, auf dessen Spitze ein
riesiges, spitzgezacktes "M" mit einem Kreuz darüber prangte. Der
Modernismus hatte auch hier voll zugeschlagen! An der Nordwand des
Betonzeltes hing jetzt das von seinem Stammplatz 'geraubte'
Wunderbildnis, umgeben von abstrakten Ornamenten, meist Würfeln,
Leisten, Winkeln und Zacken - wie Zeichen aus den Geheimgesellschaften
schaute das aus -, welche zusammen ein verzerrtes riesiges
kreuzähnliches Gebilde darstellten.
In der Mitte des riesigen Zeltbaues befand sich etwas erhöht auf einer
Marmorplattform ein Mahltisch aus Holz, auf welchem für die zahlreichen
Pilgergruppen der 'N.O.M.' gelesen wurde. In einem Halbkreis von Westen
nach Osten wird dieser Mahltisch umgeben von 36 roten Ledersitzen mit
hohen Lehnen, unter denen sich aus der Mitte ein großer Marmorthron
befand. Erst später nahm ich wahr, daß diese riesige Basilika nur mit
Sitzbänken ohne Kniebänke ausgestattet war, wie eine protestantische
Kirche. Die Reformer kennen die Anbetung nicht mehr - wen oder was gibt
es da ja auch noch anzubeten? - und die alte Frömmigkeit und Verehrung,
die im Knien vor dem Allerheiligsten ihren unmittelbaren Ausdruck
gefunden hatte, will man ja ausrotten. Deshalb hat man auch vier
elektrisch betriebene Rollbänder installiert, auf denen die Besucher
vor dem Bildnis der Virgen de Guadalupe wie auf einer Rolltreppe
vorbeigefahren werden. So versucht man zu verhindern, daß die Pilger
sich wie früher in der alten Basilika andächtig vor dem Gnadenbild zum
Beten niederknien können. Alle Andacht wird so ausgerottet. Das
Gnadenbild wird behandelt wie ein Objekt für den Massentourismus, an
dem man die Massen vorbeizukarren versucht. Aber dennoch läßt sich das
einfache mexikanische Volk seine Ehrfurcht und Frömmigkeit nicht so
leicht herausschneiden aus seiner Seele: zahlreiche Pilger knien sich
auf die fahrenden Rollbänder.
Die Wände dieses Betonzeltes sind übrigens mit Sprüchen in merkwürdig
verzerrten Schrifttypen besät, welche mich an die Cover von Rockplatten
erinnerten. In einer solchen Umgebung scheint die Virgen de Guadalupe
ja sichtbar mit der höllischen Schlange zu kämpfen!
Bei der Übertragung des Bildes ein Jahr zuvor, also 1976, wurde dieses
erneut von neutralen Wissenschaftlern untersucht. Alle waren sich darin
einig, daß die Farben weder organischen noch mineralogischen Ursprungs
seien. Außerdem sei auf dem ganzen Bild nicht ein einziger Pinselstrich
zu entdecken. Darüber hinaus widmet man bei den Untersuchungen den
Pupillen der Jungfrau besonderes Interesse. In ihnen hatte man bereits
in den 2oiger Jahren Spiegelbilder eines Mannes (Juan Diego)
festgestellt. Diese Spiegelbilder sind nach den optischen
Reflexionsgesetzen wie bei einer Fotographie im rechten und linken Auge
perspektivisch versetzt auf den Vorderflächen der Hornhaut sowie als
verkleinerte Zweitspiegelungen auf den beiden Augenlinsen mit einer
Lupe zu erkennen! Nun wurden mit Videokameras Nahaufnahmen beider
Pupillen gemacht und in diesen die schwachen Helligkeitsunterschiede
der einzelnen Bildpunkte elektronisch ca. 4ofach im Kontrast verstärkt.
Was dabei zum Vorschein kam, war eine Sensation, welche jedoch
weitgehend verschwiegen wurde: es entstanden Bilder der
Gegenüberstellung Juan Diegos vor dem Bischof, welchen man an seinem
hageren Gesicht ausmachen konnte, das von Portraits aus der damaligen
Zeit bekannt war. Neben dem Bischof erkennt man kniend den Dolmetscher,
einen Indio mit Umhang und einer Feder im Stirnband, sowie weitere
Personen im Hintergrund. Man steht erneut vor einem unerklärlichen
Wander!
Wegen der großen Verehrung der Virgen de Guadalupana, welche sie in
gesamt Lateinamerika genoß, war den Freimaurern dieses Bildnis immer
ein Dorn im Auge. In der von Freimaurern inszenierten Revolution von 19
lo wurden tausende von Priestern, Ordensleuten und Gläubigen (der u.a.
auch der Vater eines unseren mexikanischen Freunde zum Opfer fiel
(Anm.d.Red.) brutal wegen ihres Glaubens ermordet. Auf das Gnadenbild
wurde ein Attentat verübt. In einem riesigen Blumengebinde wurde eine
Bombe versteckt, welche unmittelbar vor dem Bild explodierte. Dabei
wurde ein schweres Altarkreuz verbogen und der Altar beschädigt. Das
Gnadenbild aber blieb unversehrt. Nicht einmal das Glas davor
zersplitterte! Was den antichristlichen Freimaurern nicht gelang...
haben die Reformer mit ihrem Einfall, das Gnadenbild zu einem
Schaustück für Touristen zu degradieren, mehr 'Erfolg'?
Durch eine Bronzetür kam ich in die sog. Sakramentskapelle der
Betonbasilika. Mein Blick fiel unmittelbar auf ein riesengroßes
Christusgemälde, das in seiner provozierenden realistischen Nacktheit
an bestimmte Magazine erinnerte. Die gesamte Darstellung bildet ein auf
die Spitze gestelltes Dreieck. Soll die ganze Bildkomposition -
bestehend aus diesem Christus, einem Kreuz mit zwei nach oben
geöffneten Händen, aus denen eine Flamme züngelte - etwa die hl.
Dreifaltigkeit darstellen? Etwa eine modernistische Uminterpretation?
An jenem Novemberabend des Jahres 1977 sah ich ich zu allem Überdruß
dann im Fernsehen noch einen häufiger wiederholten Werbespot, mit
welchem für teure Grabmäler im unterirdisch angelegten Friedhof unter
der modernistischen Basilika - vergleichbar mit einer Tiefgarage -
geworben wurde. Der mit Orgelmusik und Chorgesang unterlegte Slogan
lautete: "Kaufe Deinen Angehörigen eine Grabkammer unter dem Gnadenbild
der Guadalupana; denn unter diesem Heiligtum bestattet, werden Ihre
Lieben geradewegs in die ewige Seligkeit des Himmels eingehen!" Den
Himmel nicht mehr erwerben, sondern erkaufen! Da war für mich das Maß
voll, obwohl mir damals noch längst nicht klar war, daß die Zerstörung
des Glaubens, der Liturgie und der Moral bewußt von der abgefallenen
Hierarchie geplant war. Hinter diesen Plan kam ich erst, als ich wieder
zu Hause in Deutschland war und Kontakt mit Personen aufgenommen hatte,
die nicht dem Modernismus der Reformer verfallen waren und die mich
sukzessive auf die Verfälschungen, Umdeutungen und manifesten Häresien
aufmerksam machten. Da fiel es mir wie Schuppen von den Augen!
Mit gemischten Gefühlen flog ich schließlich im letzten Jahr noch
einmal nach Mexiko, nicht nur, um die Virgen de Guadalupe zu besuchen,
sondern auch, um den katholischen Widerstand in Mexiko kennen zu
lernen, der sich um Bischof Moisés Carmona gebildet hatte. In Guadalupe
stieß ich vor den Basiliken auf eine Prozession aus Indios in ihren
bunten Trachten, die zunächst den Blick etwas einengten. Aber was sah
ich dann? So hoch wie ein dreistöckiges Haus - 7,65 m hoch - stand ein
Bronzedenkmal Johannes Pauls II. zwischen der alten und neuen Basilika.
Alle Pilgergruppen laufen zunächst auf dieses Denkmal zu, um dann zum
Haupteingang des Betonzeltes abzubiegen. Wieso läßt sich ein 'Papst' zu
Lebzeiten in dieser unglaublichen Größe ein Denkmal setzen? Einen
solchen Personenkult kennt man normalerweise nur aus kommunistischen
Diktaturen!
Mit meinen laut ausgesprochenen Zweifeln und meinen Entrüstungen in
spanischer Sprache stand ich schließlich vor dem Denkmal, das sich zur
gleichen Zeit auch zwei Priester in Soutane anschauten. Sie verstanden
mein Gemurmel, und bald kamen wir ins Gespräch. Der eine fragte mich:
"Haben Sie 'Papst' gesagt? Wir können froh sein, wenn der überhaupt
getauft ist." Ich antwortete: "Ja, so etwas habe ich auch schon gehört.
Aber Ihr seid doch Priester und wagt Euch, sogar öffentlich die Soutane
zu tragen, was doch seit der Revolution in Mexiko verboten ist?" - "Wir
sind röm. kath. Priester und halten an der Tradition fest. Wir sind
keine Modernistas de la Nueva Iglesia masona!" bekam ich zur Antwort.
Ich war froh, Gleichgesinnte getroffen zu haben und fragte, ob sie von
Mgr. Lefebvre geweiht worden seien. "Nein, der ist in Frankreich. Wir
hier haben in Acapulco unseren Bischof Carmona Rivera. Er hat uns
geweiht!" - "Wie gut", sagte ich, "ich werde morgen zu ihm fahren." Wir
unterhielten uns noch eine Weile, bis einer der beiden Priester den
Vorschlag machte, die alte Basilika zu besuchen, welche nun schon 14
Jahre, seit 1976 mit einem häßlichen Bauzaun umgeben ist und in welche
normalerweise der Eintritt untersagt ist.
Dieses herrliche Bauwerk zu Ehren der Virgen de Guadalupe, welche man
wegen angeblicher Einsturzgefahr überraschend geschlossen hatte, war
bereits nach zwei Jahren Arbeit statisch so gesichert, daß man sie
wieder hätte öffnen können. Aber das tat man nicht. Was hätte dann das
Machwerk der Reformer - ich meine die Betonbasilika - noch für eine
Bedeutung gehabt, die sich ganz und gar nicht für die wahre Verehrung
und Messe geeignet hätte? So läßt man die Stätte der einstigen
Verehrung verfallen, die herrlich bunten Glasfenster sind schon
zerbrochen. Und der Bauzaun dient nur dazu, dem Volk vorzugaukeln,
dahinter würde gearbeitet!
Den beiden Priestern gelang es, Einlaß in die alte Basilika zu
bekommen. Eine Indiofrau führte uns in sie hinein. Sie machte uns
darauf aufmerksam, daß es streng verboten sei zu fotographieren. Als
wir schließlich in der ehrwürdigen Kirche standen, kamen uns die
Tränen. Die kostbaren Gemälde an den Wänden waren verschmutzt, die alte
Orgel, welche ich noch im Jahre 1973 gehört hatte, war mit einer dicken
Staubschicht bedeckt. Nichts wurde hier bei den Arbeiten mit Folien
abgedeckt. Vögel flogen im Kirchenraum herum und trugen durch ihre
Exkremente zur weiteren Zerstörung des Bauwerkes bei, zumindest zu
seiner Verschmutzung. Wir gingen zum Hochaltar: er lag unter einer zwei
Zentimeter dicken Staubschicht! Die Priester wischten den Dreck von dem
Altarstein weg. "Die Reliquien sind noch vorhanden", sagte der eine,
und beide küßten den Reliquienstein.
Wir knieten nieder. Die beiden Priester begannen nun, laut zu beten,
und mich überkam es: über all den "Greuel der Verwüstung", der weltweit
triumphierte, erinnerte ich mich an die Bibelworte, die sich vor
unseren Augen erfüllten: "Vorher muß der große Abfall kommen." So
beteten wir eine Weile. Rechts von uns kniete die lebensgroße
Marmorstatue des Sehers Juan Diego und links kniete der erste Bischof
vom Mexiko, Mgr. Zamarraga, vor dessen Augen das Wunderbildnis auf der
Tilma des Sehers am 12. Dezember 1531 entstanden war.
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