ANMERKUNGEN ZUR THEOLOGIE VON H.H. P. GROSS
von
André Perlant
übersetzt von H.H.
H.H. Pater Groß ließ eine gründliche und ausführliche Studie über die
"Wirklichkeit und Wirksamkeit der Saktamente" in der ausgezeichneten
Zeitschrift KYRIE ELEISON erscheinen. Anlaß zur Überprüfung dieser
Artikelserie, die sich auf mehrere Ausgaben dieser deutschen Revue
erstreckt, gab die hinlänglich bekannte Behauptung, die der Marquis de
la Franquerie veröffentlicht hatte, wonach der Weihespender von Marcel
Lefebvre bereits vor der Priesterweihe, und somit auch vor der
Bischofsweihe des zukünftigen Bischofs von Dakar, Mitglied des Grand
Orients war. Man weiß, daß der Schützling von Achille Liénart die
Apostasie seines Meisters nicht in Abrede gestellt hat: er hat sie zwar
bedauert, aber klargestellt, daß dadurch die von diesem Satanisten
gespendeten Sakramente nicht für ungültig erklärt werden könnten.
H.H. Pater Groß ist ein gelehrter Priester, der die These vertritt,
welche auch die Lefebvre-Schule sowie andere Autoren teilen, die sich
als dem religiösen Liberalismus widerstehende Katholiken präsentieren,
wonach die Intention des Spenders, der ein Sakrament erteilt, die
Gültigkeit desselben nicht beeinflussen kann. Der Vollständigkeit
halber behandelt Pater Groß auch das Problem des Empfängers des
Weihesakramentes, welches gewisse Kreise vorbringen, um darauf
hinzuweisen, daß die Erhebung Liénarts in den Priesterstand bereits
null und nichtig sei. Jedoch verläßt P. Groß sogleich wieder den
Themenkreis dieser Überlegungen, nachdem er die Frage lediglich
hinsichtlich des Kriteriums der Intention der Person, welche das
Sakrament empfängt, summarisch gelöst hat, wobei er das spezfische
Problem des Gnadenstandes und der Zugehörigkeit zum Mystischen Leibe
außer acht gelassen hat. Er konzentriert sich auf die Rolle der
Intention des Spenders, die er als ausschlaggebend beurteilt, um zu
beweisen, daß Marcel Lefebvre zweifelsfrei Mgr. Lefebvre ist.
Er beginnt die Auseinandersetzung in KYRIE ELEISON Nr.1/1987 und gibt
vorab mit großer Sorgfalt einen geschichtlichen Abriß dieses Problems.
Eingangs entwickelt er das ausschlaggebende Argument, welches er als
unwiderlegbar betrachtet: wenn die Intention des Spenders eine in
betrügerischer Absicht beeinträchtigende Rolle in gewissen Fällen
spielen würde, welche die Ungültigkeit der Sakramente zur Folge hätte,
würde sich die Kirche in einem erbärmlichen Zustand befinden: nicht
nur, daß die Gläubigen den Sakramenten sowie deren Spendern mißtrauen
müßten und daß sie - z.B. im Falle der Beichte - fast immer nur von der
Vollkommenheit ihrer Reue abhängige Lossprechungen erhielten (ebenso
nur die geistige Kommunion), sondern auch der Zustand der Kirche wäre
mehr als beklagenswert. Sie wäre besudelt, zumindest seit dem Einbruch
der Freimaurerei, durch einen Pseudo-Klerus, der aus einer
unbestimmbaren Zahl von einfachen Laien bestehen könnte.
Die Tragweite der Katastrophe, die hereingebrochen wäre, wenn eine
derart zerstörerische Überflutung in der kirchlichen Hierarchie
stattgefunden hätte, ist gemäß Pater Groß ein unwiderlegbares Argument,
das die von ihm dargelegte Doktrin rechtfertige, und zwar die folgende
gut etablierte Lehrmeinung:
1. Es ist Christus selbst, der übernatürlich handelt, und nicht sein bevollmächtigter Minister, der nur sein Vermittler ist.
2. Die Tatsache, daß der Minister nicht an Jesus Christus glaubt oder
daß er im Zustande der Todsünde oder - noch schlimmer - außerhalb der
Kirche steht, hindere ihn nicht daran, ein gültiges Sakrament zu
spenden, wobei für die Taufe ein einfacher Laie nötig sei für die
anderen Sakramente ein Priester oder Bischof, wobei die Vollendung des
Priestertums einem Bischof vorbehalten bliebe.
3. Die einzig noch verbleibende Bedingung bestünde darin, daß er
wünscht, das zu tun, was die Kirche tut, damit das zu spendende
Sakrament zustande kommt, und daß er es wirklich tut: dann verleiht
Gott unfehlbar "ex opere operato", d.h. durch den Vollzug des Ritus,
die durch das vollzogene Sakrament bezeichnete Gnadenwirkung.
Alles scheint soweit klar... ohne besondere Schwierigkeit. Aber dann
beginnt H.H. P. Groß in Nr.3/1987 von KYRIE ELEISON vom wahren Begriff
der Intention abzuweichen. Für diesen deutschen Priester ist die
offensichtliche Intention, die allein durch das Verhalten des Spenders
zu Tage tritt, vollkommen wirksam. Hier handelt es sich um die These,
die z.B. Ambrosius Catharinus O.P. (+ 1535) bereits vertrat. Deshalb
sieht sich Pater Groß gezwungen, die Lehrmeinungen der offiziellen
Handbücher der Theologie zu bekämpfen. Vorrangig widerlegt er, was man
im "Grundriß der Katholischen Dogmatik" von Ludwig Ott lesen kann: "Die
'intentici mere externa' genügt nicht, um die Gültigkeit
sicherzustellen." Die Intention des zelebrierenden Priesters muß auch
eine innere sein, d.h. sie muß wirklich vorhanden sein - gemäß der
üblichen und übereinstimmenden Lehrmeinung.
Es ist unnütz, hier auf die Einzelheiten der Diskussion einzugehen, die
Pater Groß auf 25 Seiten zu Beginn der bereits erwähnten Nummer 3 von
KYRIE ELEISON entwickelt. Sagen wir zusammenfassend, daß dieser
deutsche Theologe behauptet, die in dem angegebenen "Grundriß"
dargelegte Intention sei in Wirklichkeit viel mehr als der einfache
Wille zu tun, was die Kirche tut. Damit wird auch behauptet, daß man
den von Jesus Christus geforderten Zweck erreichen will. Zusätzlich
führt er die im Jahre 1893 von Leo XIII. erlassene Enzyklika
"Apostolicae curae" an, welche erklärt, warum die in der anglikanischen
Kirche gespendeten Weihen mit Bestimmtheit ungültig seien: dies komme
daher, daß der unter Eduard VI. (1547-1575) geänderte Ritus nicht als
katholisch gelten kann.
"Die Gesinnung oder die Absicht (mens vel intentio) ist als solche
innerlich und fällt daher nicht unter das Urteil der Kirche: sie muß
diese aber beurteilen, insoweit sie nach außen in Erscheinung tritt.
Wenn also jemand bei der Vorbereitung und bei der Spendung eines
Sakramentes in ernster Weise Materie und Form nach dem Ritus der Kirche
gebraucht: von diesem wird deshalb angenommen, daß er ohne Zweifel die
Absicht hatte zu tun, was die Kirche tut. Auf diesen Grundsatz stützt
sich die Lehre, daß ein Sakrament, welches von einem Häretiker oder von
einem Nicht-Getauften gespendet wird, gültig ist, vorausgesetzt, daß es
nach dem katholischen Ritus gespendet wird." (Text dem Apostolischen
Siegel-Schreiben "Apostolicae curae", S.13 f., von Leo XIII. vom 13.
September 1896 entnommen; hrsg. von "Freude an der Wahrheit" Wien.)
Das Argument der religiösen Intention, die unfehlbar dem Wunsch
beigefügt würde zu tun, was die Kirche tut, wenn dieser Wille im
foruminternum des Spenders verankert wäre, gehört in das Gebiet der
Psychologie. Es nutzt nichts, hier zu sagen, ob es stichhaltig ist oder
nicht. Hingegen ist gewiß, daß es Handlungen gibt, die nicht aus sich
heraus den Schluß zulassen, ob derjenige, der sie ausführt, auch den
Wunsch hegte, sie wirklich auszuführen. Dies ist der Fall bei
Schauspielern oder Kindern, die eine religiöse Zeremonie nachspielen,
bei Betrunkenen oder durch Drogen beeinträchtigte Personen, die sich
nicht mehr klar bewußt sind, was sie tun. H.H. Pater Groß zitiert
übrigens historische Fälle, bei denen die Entscheidung von Rom auf
diese Weise erklärt wurde, wie diejenige des Papstes Kornelius
(251-253), der die bischöfliche Weihe von Novatian für null und nichtig
erklärte, weil die Konsekratoren betrunken waren. Merkwürdigereise
stellt auch der Theologe von KYRIE ELEISON nicht in Abrede, daß es
Heuchler gibt, die zwar vorgeben, tun zu wollen, was sie tun, die
nichts desto trotz mit der von ihnen gespielten Komödie betrügen
wollen. Er sagt nur - da die Aufführung dieser Komödie eben nicht im
Theater stattfindet -, daß die Aufführung als Komödie jedoch auch der
äußeren wahrnehmbaren bzw. feststellbaren Intention entspreche. Mehr zu
verlangen würde bedeuten, daß man u.a. die von Mohammedanern freiwillig
gespendeten Taufen ablehnen müßte, die ja berechtigt seien, abwesende
Christen zu ersetzen (z.B. zur Spendung der Taufe; Anm.d.Red.). Wenn
man von ihnen die innere Intention verlangen würde, sagt Pater Groß,
würde man fordern, daß sie sich den Zwecken der Kirche anschließen
sollten, wodurch sie dann in dieser Hinsicht eigentlich christliche
Ideen übernehmen müßten.
Pater Groß stößt sich jedoch dann an der Ex-Cathedra-Definition von
Papst Alexander VIII., der die Verfechter folgender Lehrmeinung
feierlich verurteilte:
"Gültig ist eine von einem Spender
vollzogene Taufe, der den ganzen äußeren Ritus und die Form der Taufe
beachtet, innerlich aber in seinem Herzen entschieden hat: ich will
nicht tun, was die Kirche tut."
Dies will soviel sagen, daß das Gegenteil wahr ist: das Sakrament käme
dann nicht zustande. Demnach kann also auch eine Handlung vorliegen,
für die eine innere Einstellung bloß vorgetäuscht wird, welche in
Wirklichkeit gar nicht vorliegt. Dies ist so klar, auch für Pater Groß,
der sich im folgenden daher genötigt sieht zuzugeben, daß das Dekret
Alexanders VIII. keineswegs der entsprechenden Stelle in "Apostolicae
curae" widerspricht, die jedoch nur eine rein äußere Intention
behandelt, währenddessen im Jahr 169o - so Pater Groß - Alexander VIII.
der Schein-Intention eine zusätzliche Intention beifügte, welche die
erste negierte.
Man könnte somit glauben, daß damit das Problem, welches nur noch ein
Problem der entsprechenden sprachlichen Formulierung wäre, nun für alle
zufriedenstellend gelöst sei: für den Theologen Groß wäre "äußere
Intention" synonym mit impliziertem Willen, mehr oder weniger bewußt,
übereinstimmend mit der tiefen Intention im Inneren der Seele, d.h
übereinstimmend mit einer gewissen Grundintention. Dann müßte man aber
auch einen anderen Wortlaut finden, da im folgenden Pater Groß ebnso
die Notwendigkeit einer inneren Intention - obwohl implicite schon
angesprochen - gleichfalls betonen würde, explicite also. Aber dennoch
sind die Unterschiede (zwischen den Kontrahenten; Anm.d.Red.) von
fundamentaler Natur; denn für Alexander VIII. und den Theologen Ott ist
die manifestierte Intention nur ein Indikator - vielleicht sogar ein
vorgetäuschter - des wirklichen Willens: sie hat keinerlei mystischen
Wert, außer in einem satanischen Sinn, nämlich in dem Fall, wenn die
innere Gegen-Intention den angeblichen Willen, den katholischen Ritus
auszuführen, aufheben würde. Es ist ebenfalls klar, daß Leo XIII. nur
eine Sache beweisen wollte, daß nämlich die Durchführung des Ritus
voraussetzt, den Willen des Spenders auszudrücken, der ihn benutzt -
und der somit nicht will, a priori, daß man zu der Auffassung kommen
könnte, daß er etwas anderes beabsichtigt als was man ihn ausführen
sieht. Damit verneint Leo XIII. nicht die Möglichkeit eines sich
widersprechenden Dualismus zwischen forum externum und forum internum.
Er sagt nur, daß man ohne irgendeinen entsprechenden Anhaltspunkt das
forum internum, das seiner Definition nach eben verborgen ist, nicht
zensieren und die aus einer Gegen-Intention hervorgehende Ungültigkeit
nicht aussprechen könne, wenn die liturgische Handlung peinlich genau
entsprechend den katholischen Anweisungen vollzogen wird. Somit
verfehlt seine Intervention nicht, an anderer Stelle die
Scheinhandlungen der Gründer der Anglikanischen Kirche zu verurteilen,
die ohne Wirkung sind, da tatsächlich der Wille fehlt zu sagen, was die
Worte bedeuten sollen, nachdem sie wissentlich den Sinn der Worte
verfälscht haben, die n.b. für den griechisch-katholischen Ritus
genügten. In der Tat kann er der Definition von Papst Alexander VIII.
nicht widersprechen: denn "Roma locuta" war die "causa finita": dieser
sich widersprechende Gegensatz ist eine teuflische Heuchelei, die
bereits verurteilt wurde, da sie die verheeerende Folge hat, das
angeblich gespendete Sakrament unwirksam zu lassen... Ach, nachdem uns
Pater Groß falsche Hoffnungen gemacht hat, indem er die
Begriffsunterschiede bedeutend herabminderte, tut er so, als ob ein
solcher Dualismus in allen Fällen unmöglich wäre.
Hier ist die Stelle, welche jene Schritte annulliert, die er zum
offensichtlichen Zweck unternommen hatte, seine These der katholischen
Doktrin anzugleichen (KYRIE ELEISON Nr.3/87, S.3), nämlich jene Stelle,
wo er das Gegenteil der Richtigstellung über die Anglikanischen Weihen
ausdrückt. Er sagt, daß er den genauen Sinn der Verurteilung widergeben
würde, die Papst Alexander VIII. anläßlich der jansenistischen Häresie
ausgesprochen hatte. Er schreibt dort: "Gültig ist eine von einem
Spender vollzogene Taufe, der den ganzen äußeren Ritus und die Form der
Taufe beachtet, auch wenn er erfolglos und unsinnig in seinem Herzen
sündigend bei sich sagt: ich beabsichtige nicht das, was die Kirche
beabsichtigt, nämlich die Wirkungen des Sakramentes." So riecht es
weder nach Häresie noch ist es eine; vielmehr entspricht diese
Auffassung der Lehre der Kirche, nach Auffassung von P. Groß.
Man ist verblüfft über eine solche Exegese, traut seinen Augen kaum,
glaubt, daß man den Verstand verloren hat. Aber durch dieses Mittel
gibt sich der Theologe eine theoretische Grundlage, die sein
Hauptargument vervollständigt: er hat, glaubt er, festgestellt, daß
keiner der bösen Freimaurer imstande war, Scheinweihen vorzunehmen und
damit bloß Schein-Bischöfe 'geweiht' zu haben. Somit stehe Mgr.
Lefebvre seine Bezeichnung zu, quod erat demonstrandum (was es zu
beweisen galt).
Es scheint, daß zumindest ein Leser von KYRIE ELEISON bezüglich der
Theologie, betreffend die Gültigkeit der Sakramente, etwas beunruhigt
war. In der Tat schreibt er - von P. Groß zitiert: "Was mich stört, ist
jenes schon vorweg Gesagte: 'Nach meiner Auffassung ist es nach der
Lehre der Kirche zur Gültigkeit der Sakramente nicht notwendig...' Und
danach setzt P. Groß sich mit einem Theologenstreit über innere und
äußere Intention auseinander und bezieht eine Position, die, wie er
sagt, 'alle heutigen Theologieprofessoren' widerlegen will. Also, mich
stört, daß in einer so entscheidenden Sache die Lehre der Kirche
offenbar nicht absolut eindeutig und ein für allemal entschieden sein
könnte, so daß es Theologen (zu ihrer Interpretation, Anm.d.Red.)
braucht. Mich stört, daß ein (mir bis heute unbekannter) Theologe wie
Ott oder die anderen Professoren, die P. Groß zitiert, unzensiert von
der Kirche ihren Streit entfachen durften, so daß wir auf P. Groß
warten mußten, um diese zu widerlegen. Der Theologe Ludwig Ott schrieb
seinen 'Grundriß der katholischen Dogmatik' 1952. Sicher hat er für
sein Werk damals, als das kirchliche Lehramt doch noch funktionierte
und wachte, das 'Imprimatur' und 'nihil obstat' erhalten. Wie ist das
möglich, daß offenbar schon damals keine Zensur erteilt wurde?"
Pater Groß antwortete in KYRIE ELEISON Nr.3/1989, S.43-46 auf diesen
Einwand, der in Nr.1/89 veröffentlicht worden war. Nachdem er seine
Beweisführung wieder aufgenommen hat, behandelt er schließlich die
gestellte Frage. Hier sind nun zwei Sätze seiner Antwort (vgl. S.46
a.a.O.): "Nun, die 'Aufsichtsbehörden' können nicht überall sein." "Wer
erteilte das Imprimatur im Fall Ott? Nicht das Sacrum Officium in Rom!"
Ich weiß nicht, wer das Imprimatur der von Tanquerey S.J. geschriebenen
dogmatischen Abhandlung erteilte, aber mir ist nicht unbekannt:
a) daß er das gleiche wie der deutsche
Theologe Ott behauptet, der durch den Bischof von Freiburg als
offizieller Prüfer ernannt wurde, der "insgeheim, ohne Zeugen" zensiert
habe, als ob er es verheimlichen wollte,
b) daß Ad. Tanquerey S.J. sowohl in Frankreich als auch in Amerika als
Theologe bekannt ist, wo man sich mit gleichem Recht auf ihn beruft wie
auf Ludwig Ott.
Kommen wir nun zum Problem eines Papa haereticus (häretischen Papstes),
das der Prüfstein für jeden Sedesvakantisten ist. Die scharfsinnigen
Ansichten von P. Groß haben hier das ideal geschaffene Terrain, um zu
beweisen, daß sie mit dem Schlimmsten übereinstimmen, was sich je im
Laufe der Kirchengeschichte an Prüfungen des Mystischen Leibes (der
Kirche) ereignet hat. Man findet in KYRIE ELEISON Nr.2/1988, S.16, was
dieser Priester triumphierend an den Tag fördert: den verborgenen Grund
dieser gleichsam tödlichen Vakanz.
Nachdem er eine ausgezeichnete Darlegung über die Unfehlbarkeit des
Papstes gegeben hat, verfehlt er nicht, die Erfindung von Bischof
Guérard des Lauriers zu widerlegen, die er bereits entwickelt hatte,
als er noch ein einfacher hochwürdiger Pater O.P. war und damals schon
behauptete, daß die Inhaber des Stuhles Petri seit Roncalli ihre
Rechtmäßigkeit materialiter beibehalten hätten. *) Diese könnten nur
dadurch wieder auch in formaler Hinsicht, also formal iter, Päpste sein
(werden), wenn sie sich bekehrt(en) (hätten) und das ewige Heil der
Kirche suchten!
H.H. Pater Groß zieht nun die Folgerung aus seiner Theologie betreffend
der äußeren Intention des Spenders oder des Empfängers, wonach es
genüge, wenn der Ritus treu befolgt würde. Er schreibt: "Das kirchliche
Gesetzbuch sagt nämlich: 'Der legitim zum Römischen Bischof Gewählte
erlangt nach göttlichem Recht sofort bei Annahme der Wahl die Vollmacht
der höchsten Jurisdiktion'." Er erläutert sogleich diese Behauptung mit
folgenden Worten: "Hier gibt es nicht die geringste Erwähnung von der
Notwendigkeit, auf unsichtbare Weise mit Jesus zu sein, dem der Mensch
nein sagen könnte. Ist Gott nicht allmächtig?" Man erkennt den Ausdruck
von Mgr. Guerard des Lauriers, für den "mit sein" die notwendige
Bedingung ist, damit ein Papst auch formell Papst ist.
H.H. P. Groß folgt also der Linie seiner Argumente über die Sakramente.
Das bedeutet ganz sicher soviel, daß - ähnlich wie bei der Erhebung auf
die verschiedenen Stufen des Priestertums - die Wahl zum Pontifikat
nicht durch einen verborgenen inneren Willen aufgehoben bzw zunichte
gemacht werden könnte. Sind einmal die kanonischen Bestimmungen für die
Wahl durch ein rechtmäßiges Konklave angewandt, so kann Gott nichts
daran hindern, den Papst mit allen Gnaden zu salben, die Er seinem
Stellvertreter (und dessen Nachfolgern) versprochen hat, im besonderen
mit derjenigen eines unveränderlichen Glaubens, die durch seine
makellose Rechtgläubigkeit hindurch wirkt. Was im Konklave angezeigt
wird - ex opere operato auch hier -, ist eine mystische Realität.
H.H. Pater Groß freut sich nun seines Sieges (S.17): dank seiner gemäß
genauer Prämissen angewandten Logik hat er den Schlüssel das Rätsels
gefunden, das den Geist sedesvakantistischer Widerstandskämpfer quält.
Er triumphiert mit folgenden Worten:
"Hier ist die Lösung des Problems der
Konzilspäpste: sie sind aus irgendeinem uns unbekannten, wohl aber Gott
bekannten Grund nicht legitim gewählt." Das ist die Erklärung, würdig
derjenigen, die Molière in den Mund des Arztbewerbers legt: "Quia est
(in) opio, virtus dormitiva, quare opium facit dormire". (Tanz im
"Eingebildeten Kranken") So etwas hätte man ahnen sollen!
Wir wissen, daß eine der Erklärungen des gelehrten Theologen für das
Überleben der These von Ott, die man zu Unrecht für eine offizielle
halten würde, lautet, das Heilige Offizium hätte nicht alles
kontrollieren können. Im Lichte des Vorhergehenden scheint es nun eher
so, daß Rampolla, Liénart und andere freimaurerische Maulwürfe - seit
den Tagen des hl. Pius X. also - in den Seminarien Fuß gefaßt hätten,
wo sie Auslegungen von dogmatischen Lehren verbreiteten, die wenig mit
dem Katholizismus zu tun hatten, wie z.B. in der Frage der Intention,
über die Beschlüsse der Konzilien von Florenz und von Trient und über
die eindeutige Verurteilung, ausgesprochen durch Alexander VIII. Pater
Groß und + Mgr. Guerard des Lauriers sind also nicht zurückgewichen,
auch nicht vor der Schlußfogerung zurückgeschreckt, die den Feinden das
Feld frei lassen, indem ihnen eine Art Halb-Rechtmäßigkeit zugestanden
wird.
In seiner Antwort an den bestürzten Leser macht sich P. Groß Gedanken
über die Frömmigkeit, welche diejenigen Christen täuscht, die nicht
glauben, daß Satanisten durch den Dreieinigen Gott als Nachfolger der
Apostel gesandt werden könnten. Er gibt zu, daß dies "für fromme Ohren
anstößig" ("piis auriculis offensibus") sei (wie Pius VI. dies von
Glaubenslehren sagte, die in Pistoja verbreiten wurden); aber diese
frommen Ohren, sagt P. Groß, "entsetzen sich zu Unrecht". Man könnte
glauben, daß seine Exegese nur für die Ohren der Ungläubigen gedacht
sei!
Ist es den Einfältigen im Geiste vorbehalten, einem echten Katechismus
mit "Imprimatur" und "nihil obstat" sein Vertrauen zu schenken? Was
lesen wir denn darin, egal wo er erschienen ist, wenn er aus der Zeit
vor 1958 stammt? Ein Sakrament wirkt nur für solche Seelen wirklich in
heilbringender Weise gemäß dem "ex opere operato", welche die Vergebung
ihrer Sünden (in der Taufe, durch das Bußsakrament) zu erhalten
wünschen, oder im Gnadenstand. Das gleiche gilt auch für die anderen
Sakramente, dem Sakrament der Weihe und der Eucharistie. Zudem
versichert uns der hl. Paulus, daß diejenigen, welche die heilige
Kommunion mit einem von (Tod-)Sünden befleckten Gewissen empfangen,
ihre eigene Verdammung essen und trinken, da sie den Leib und das Blut
Christi (von gewöhnlicher Speise) nicht unterscheiden. Dies weist uns
auf Wirkungen hin, die das unauslöschliche Siegel hervorbringt, welches
durch die Taufe oder die Weihe jener Seele eingeprägt wird, die das
betreffende Sakrament unwürdig empfängt. Eine Wühlmaus kann zwar seine
Konsekratoren täuschen, aber sie kann den Heiligen Geist nicht
hintergehen. Das ist die Lehre, die uns der hl. Petrus eindeutig in der
Apostelgeschichte erteilt. Das Ehepaar Ananias wollte zwar der
werdenden Kirche nicht schaden, sondern nur ein wenig mogeln bezüglich
des Namens der Gabe, die es ihr schenkte. Sein Hauptfehler war 'nur'
diese kleine Lüge, klein, ja gewiß, aber dem Heiligen Geist zugefügt,
was sie sozusagen unendlich machte. Das Ehepaar Ananias wurde also
physisch niedergeschlagen, damit wir heute über eines zumindest
Gewißheit haben: die Sünde gegen den Heiligen Geist ist irreversibel.
Das bedeutet die Unmöglichkeit, am Leben des Mystischen Leibes Anteil
zu haben. Überlegen wir außerdem, wie ein Häretiker oder ein Apostat
überhaupt noch irgendwelche Gnaden erhalten sollte? Diese falschen
Brüder sind dürre Äste, weil sie vom Weinstock abgeschnitten sind, in
dem der Saft zirkuliert. Mögen sie die Sakramente auch empfangen, sie
vermehren in sich nicht das Leben, welches sie nicht haben. Das
unauslöschliche Siegel des Weihesakramentes ist für sie das Siegel der
Hölle: sein Zeichen ist ein Brandmal, das nicht aufhören wird zu
brennen.
Diejenigen, die einen anderen Beweis wollen, z.B. einen historischen
(wie den vom hl. Petrus gegebener), müssen an die päpstliche Bulle
erinnert werden, die Paul IV. im Jahre 1559 feierlich erließ, um den
Christen zu ermöglichen, sich gegen "die Füchse, die den Weinberg des
Herrn verwüsten", zu verteidigen. Diese Bulle, die "Cum ex apostolatus
officio" genannt wird, wurde durch einen rechtmäßigen Papst erlassen,
einen Freund des hl. Cajetan, und sie hat bindende Gewalt, im Himmel
wie auf Erden, d.h. ewig. Dies allein sollte genügen, daß sie von Pater
Groß ernst genommen wird, es sei denn, er ahme seinen inzwischen
verstorbenen Konfrater Guérard des Lauriers nach, der, weil er sie als
hinderlich empfand, erklärte, sie sei in Vergessenheit geraten und
außer Gebrauch gekommen. Es stimmt, daß sich Roncalli so wenig um sie
wie auch um andere Bullen bzw. Enzykliken kümmerte, z.B. diejenigen vom
hl. Pius V., von Sixtus V., die den Satanisten ein unüberwindliches
Bollwerk entgegenstellen. Er ließ sie alle als veraltet abtun, gleich
dem Katholizismus, den sie siegreich gegen den Ansturm der Protestanten
geschützt hatten.
Was sagt nun Paul IV. gegen Mitglieder der Hierarchie, die in Häresie
gefallen sind? Er erinnert daran, daß sie sich zufolge eines freiwillig
gewählten Irrtums außerhalb der Kirche befinden und demzufolge als
aller ihrer priesterlichen Funktionen durch stillschweigenden Verzicht
für verlustig gegangen betrachtet werden. Er erklärt auch diejenigen,
die es nicht so rasch begreifen über die Folgen dieses automatischen
Verlustes der Vollmachten auf, welche die Abgefallenen vorgeben, noch
inne zu haben. Hauptsächlich im § 6 bestimmt er, daß Häretiker weder
Bischöfe noch Kardinale noch Päpste werden können. Ihre Amtsübernahme
oder Wahl ist danach null und nichtig.
Er betont, daß man selbst dann, wenn ein'Maulwurf einstimmig gewählt
worden wäre und den Heiligen Stuhl für eine beträchtliche Zeitspanne
inne hätte - bevor man seinen Betrug entdecken würde -, seine gesamte
Regierungszeit als bar jeglicher Legitimität betrachten müsse, so, als
ob der illegitime Inhaber der Cathedra Petri nichts während der Zeit
seiner Okkupation verordnet hätte. Das ist eigentlich das große
Mysterium der Bosheit, welches Pater Groß sicher erkannt hat, ohne uns
jedoch erklären zu können, was z.B. die Ungültigkeit der Wahl Roncallis
verursacht haben könnte, wie es ebenso offenkundig sein dürfte, daß
derjenige, für den die Kirche nach'verbrauchter' Luft roch, in die sich
der belebende Duft eines 'neuen Pfingsten' ergießen sollte, und der
seit dem Jahre 1935 der Freimaurerei angehört haben soll, nie Papst
gewesen sein kann. Also, dies dürfte auch evident sein.
Was die Bulle Pauls IV. 'schwer verdaulich' macht, ist die Tatsache,
daß sie, wie Pater Groß befürchtet, gewisse Weihen als ungültig
enthüllen könnte. Denn sie zeigt die Unwirksamkeit der Erhebung von
Modernisten zur bischöflichen Würde auf. Da sich aber H.H. P. Groß
Gedanken über die frommen Leute mach, räumen wir ihm ein, daß er aus
liebevoller Rücksichtnahme die Zerstörung des Klerus einzig und allein
auf die Geißel des römischen Betruges beschränken wolle! Er möge sich
beruhigen und die Christen trösten, die er nach seiner Logik gewann:
wenn er Unrecht hätte, wären die Schäden grauenhaft gewesen. Seit dem
Jahre 1958 gab es nur ein einzigen Grund, sich zu beunruhigen, nämlich
den, daß die Gesamtheit der Bischöfe, der Kardinale, der Priester (von
wenigen Ausnahmen abgesehen) abtrünnig wurde oder dem Modernismus
verfiel. Glücklicherweise sind es wahre Kleriker, selbst wenn ihr
Vorgesetzten Betrüger sind! Man kann dann mit Pater Groß einen Seufzer
der Erleichterung ausstoßen.
Ein anderer, nicht zu vernachlässigender Beweggrund, sich erleichtert
zu fühlen - wiederum nach P. Groß - ist der, daß Lienart, selbst wenn
er im Jahre 1928 Freimaurer-Würdenträger des 30. Grades gewesen wäre,
als er sich um die apostolische Nachfolge bewarb, er trotzdem den
Seminaristen von Lille, Marcel Lefebvre, im Jahre 1929 gültig zum
Priester weihte, weil er wirklich Bischof war. Es scheint in der Folge
vergebens zu sein nachzuforschen, warum das Kardinalskollegium im Jahre
1958 machtlos vor den Pforten der Hölle stand. Es ist klar, gemäß dem
traditionalistischen Theologen, daß es der göttlichen Vorsehung nicht
daran liegt, uns über dieses Mysterium der Bosheit aufzuklären. Die
Flucht des Heiligen Geistes weg von Rom ist anscheinend das
endzeitliche Geschehen, das durch sein großes Geheimnis den Wert der
Theologie von H.H. Pater Groß zu beweisen scheint, und dies, ohne
ungebührenden Raum der Pietät zu überlassen. Eureka!
Wir jedoch besitzen den Schlüssel, der es uns ermöglicht, die Ursachen
der Zerstörung der sichtbaren Strukturen der Kirche zu verstehen: sie
ist bedingt durch die moderne, allgemeine Apostasie.
23. Dezember 1989 (sig.:)
André Perlant
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