DIE MÄRTYRER VON UGANDA
von
Patricia Keefe
aus dem Englischen übersetzt von Anita Leemann
Im Landinnern von Afrika mußte man viele Jahrhunderte lang auf das
Kommen der christlichen Botschaft warten. Erst Ende des 19.
Jahrhunderts kamen Missionare aus verschiedenen europäischen Ländern.
Sie folgten den Fußspuren von Forschern wie z.B. denjenigen von Dr.
Livingstone. Portugal, Spanien, Italien und Frankreich brachten den
katholischen Glauben zu den von ihnen kolonialisierten Gebieten,
während Holland und England ihrerseits den Protestantismus
verbreiteten. Etwa um 188o entsandte Kardinal Lavigerie von Algerien
aus, das damals unter französischer Herrschaft stand, eine Gruppe von
weißen Missionaren nach Buganda in Ostafrika, einem Teil des heutigen
Uganda. Die damaligen Reisebedingungen waren äußerst beschwerlich. Die
Missionare legten den Weg von Sansibar aus zu Fuß zurück. Es war eine
Reise, die einigen Missionaren das Leben, anderen die Gesundheit
kostete. Diejenigen, die nach monatelanger, beschwerlicher Fahrt durch
den Dschungel schließlich in Buganda ankamen, fanden dort Verhältnisse
vor, die alles andere als ermutigend waren.
UGANDA IM 19. JAHRHUNDERT
Das Land wurde von einem absolutistischen Herrscher (dem Kabaka)
regiert. Seine Name war Mukabya, bekannt auch als Mutesa I. Das Volk
wurde als sein Eigentum angesehen. Insbesondere die Frauen hatten keine
Rechte. Von allen Untertanen wurde erwartet, daß sie sich voll und ganz
den Wünschen des Königs unterwarfen. Sein Verhalten erinnerte in vielem
an einige der früheren römischen Kaiser, an Caligula, Claudius und an
Nero, die sich dem Laster hingaben und für die das menschliche Leben
und die menschliche Würde so gut wie keinen Wert darstellten, sieht man
einmal davon ab, daß das Volk nur dazu da war, um den Launen des
Herrschers zu entsprechen. Die Missionare wiesen Mukabya schon bald auf
seine Fehler hin, wobei sie ihn auch an die Würde erinnerten, die einem
jedem Menschen zukommt. Der Mukabya wurde darüber sehr böse, hatte es
doch bisher niemand gewagt, ihm seine Fehler vorzuhalten. Zur Strafe
dafür ließ er die Missionare des Landes verweisen. Diese zogen sich
hinter die Grenze zurück, von wo sie aber später zurückkehren sollten.
Es waren Zeiten politischer Unruhe. Deshalb glaubte Mukabya, sein Land
sei von umstürzlerischen Kräften umgeben: mohammedanische Ägypter im
Norden, Franzosen und Engländer drangen schnell nach Osten und Süden
vor. Als er merkte, daß es ihm nicht gelingen würde, alle diese Feinde
in die Flucht zu schlagen, dachte er, die Uneinigkeit unter ihnen zu
schüren. Zunächst versuchte er, die Franzosen für sich zu gewinnen,
indem er die Missionare in das Land zurückrief und sie ersuchte, sich
bei ihren Regierungen für ihn einzusetzen, damit jene ihm Truppen zu
seiner Unterstützung senden sollten. Doch die Priester erklärten ihm,
daß der Grund ihres Kommens rein spiritueller Art sei und daß sie nicht
in die Politik verwickelt werden wollten. Der Erfolg, den diese
Priester hatten, beruhte zu einem großen Teil auf ihrer Treue zum
Priesteramt, auf ihrem Gehorsam gegenüber der Kirche in all ihrem Tun
sowie darauf, daß sie sich ohne Ausnahme für alle Seelen zur Verfügung
stellten. Sie taten dies trotz des Zorns eines allmächtigen Monarchen.
Danach wandte sich der Mukabya an die Moslems um Hilfe. Ihnen gefiel
sein Vorhaben in mehr als nur in einer Hinsicht. Seine neuen
Verbündeten unterstützten ihn nicht nur militärisch; vielmehr
ermunterten sie ihn auch, seinen korrupten Lebensstil fortzusetzen.
CHARLES LWANGA
Als die Missionare ihre Arbeit in Buganda seit etwa drei Jahren
fortgesetzt hatten, wandte sich der Zorn des Kabaka im Jahre 1882
erneut gegen sie. Die wenigen zum katholischen Glauben übergetretenen
Einwohner flohen entweder außer Landes oder verblieben im Land, um
ihren Glauben im Verborgenen auszuüben, indem sie sich heimlich trafen,
um zu beten. Unter ihnen befanden sich auch einige Kuriere des Königs,
deren Aufgabe darin bestand, im Auftrag des Kabaka von Dort zu Dorf zu
reisen, um die Kümmelsteuer einzutreiben. Diese Männer bildeten die
einzige Verbindung zwischen den Missionaren und den zerstreut wohnenden
Christen und zukünftigen Glaubensbrüdern.
Zu jener Zeit bekleidete ein junger Mann, Charles Lwanga, ein wichtiges
Amt bei einem der örtlichen Häuptlinge. Eine seiner Aufgaben bestand
darin, die Kuriere des Kabaka auf ihren Reisen durch das Land zu
begleiten. Durch sie kam er zum ersten Mal in Kontakt mit Katholiken.
Als er eines Tages in die Hütte eintrat, in der die Kuriere
untergebracht waren, traf Lwanda dort jene Männer auf ihren Knien
liegend vor. Als er sich nach ihrem Tun erkundigte, erklärten sie ihm,
daß sie "beten" würden. Das verwirrte Charles Lwanga, weil doch kein
Götzenbild zu sehen war. Sie erklärten ihm dann, daß sie zu Gott beten
würden. Dieser sei ein Geist und deshalb unsichtbar. Gleichzeitig
erklärten sie ihm in wenigen Worten das Kommen von Gottes Sohn, der
Mensch geworden war, um uns zu erlösen. Von nun an ging Lwanga bei
jedem Besuch zu ihnen, um weitere Belehrung zu erhalten.
Bald danach ging seinem Häuptling ein Bericht zu, in dem ihm mitgeteilt
wurde, daß seine Besucher Katholiken seien. Lwanga setzte sich für sie
ein, und zu seiner großen Überraschung wurde er vom Häuptling, der
Hochachtung für seinen jungen Helfer empfand, dazu ermuntert, weitere
Erkenntnisse über die christliche Botschaft in sich aufzunehmen,
darüber zu lesen und zu schreiben. Drei Jahre lang tat er so; seine
Erkenntnis und seine Liebe für den Glauben nahmen dabei ständig zu.
DER NEUE KABAKA
Als das Volk im Jahre 1885 vom Tod des Kabaka erfuhr, brachte diese
Nachricht ihm Erleichterung und neue Hoffnung. Sein Nachfolger war sein
Sohn, Mwanga. Dieser zeigte Interesse an den Bildungsmöglichkeiten, die
sich aufgrund der in das Land gekommenen Europäer boten. Die Missionare
waren sehr glücklich, als man sie aufforderte, in das Land
zurückzukehren, um dort Schulen einzurichten. Zum Zeichen seines guten
Willens versprach Mwanga sogar, wichtige Positionen in seinem
Königreich mit Christen zu besetzen. Einige Zeit zuvor war Lwanga zu
einem der Diener am königlichen Hof ernannt worden. Er war ein begabter
junger Mann. Man wußte, daß er im Dienste des Häuptlings gestanden
hatte. Auch war er ein geschickter Ringkämpfer. Die Aufgabe, die er am
Hof wahrzunehmen hatte, bestand in der Aufsicht und Leitung aller
königlichen Diener. Mwanga löste sein Versprechen ein. Er wählte drei
Katholiken für einflußreiche Positionen aus: Joseph Musaka
Balikuddembe, der Mitglied des Hofrats wurde, Matthias Kulumba Mulumba
und Andrew Kaggwe. Letzterer wurde Häuptling. Auf diese Weise schien
die Zukunft der Kirche gesichter zu sein.
Als Mwanga seine Herrschaft über das Land gefestigt hatte, wurde aber
für jedermann immer offensichtlicher, daß einige seiner Charakterzüge
denjenigen seines Vaters sehr ähnlich waren: Er besaß eine Veranlagung
zu heftigen und unkontrollierten Zornausbrüchen und, was noch viel
schlimmer war, er hatte dessen Neigung zum Laster geerbt. Lwanga wußte
nun, daß es unbedingt notwendig war, die jungen Diener vom Kabaka
fernzuhalten, denn offensichtlich war es der Kabaka selbst, der hierzu
Veranlassung ab. Die Diener sollten für ihn einen Park und einen See
anlegen. Er hatte deshalb nichts dagegen einzuwenden, daß sich die
Diener vom Hof entfernt aufhielten.
In der Zwischenzeit ließen sich die Missionare durch Lwangas Liebe zu
seinem Glauben und durch seinen Wunsch, getauft zu werden davon
überzeugen, daß auf die vierjährige Vorbereitungszeit verzichtet werden
sollte. So kam es, daß er am 15. November 1885 von dem Priester Giraud
getauft wurde und dabei den Namen Charles erhielt. Der Grund, weshalb
man zukünftige Konvertiten so lange warten ließ, lag darin, daß man
verhindern wollte, daß jemand aus falschen Gründen Christ wurde, z.B.
mit der Hoffnung auf materiellen Gewinn, eine gute Ausbildung usw.,
denn es gab jetzt viele, die Katholiken werden wollten.
SCHWIERIGKEITEN KÜNDIGEN SICH AN
Den Christen gegenüber schwankte der Kabaka in recht unberechenbarer
Weise zwischen Zorn und scheinbarem Wohlwollen hin und her. Das galt
auch für die königliche Empfangshalle, die zu Unterrichtszwecken für
die Diener genutzt werden sollte. Die Lehrer waren Charles Lwanga, der
die Knaben unterrichtete sowie Joseph Musaka, der die jungen Männer
betreute. Diese beiden Lehrer unterwiesen ihre Schützlinge jedoch nicht
nur in den Aufgaben, die zu ihrem Amt als Diener gehörten,sondern
führten sie auch in die Regeln der Naturgesetze sowie in die
christliche Moral und ihre Grundsätze ein. Dies half den Dienern, sich
gegenseitig zu ertragen und in der verdorbenen Umgebung des Hofs ein
rechtschaffenes, gottgefälliges Leben zu führen. Es braucht wohl nicht
erwähnt zu werden, daß ihre Haltung schließlich doch den Zorn Mwangas
erregte.
In demselben Jahr 1885 schien es so, als würde die Besetzung der Küste
durch die Deutschen unmittelbar bevorstehen. Der Kabaka begann, allen
Europäern zu mißtrauen. Seine heidnischen Berater nutzten diese
Gelegenheit dazu, um in ihm Argwohn gegen die Christen in seinem
Königreich zu erregen, indem sie ihm einredeten, diese würden seinen
Sturz vorbereiten. Die Missionare und ihre bekehrten Brüder und
Schwestern waren sich dieser Gefahr sehr wohl bewußt. Dies zeigte sich
in den Worten, die der Priester Lourdel zu den 22 Einwohnern von Uganda
sprach, die er am 1. November, dem Fest Allerheiligen, taufte. Seine
Aussage, daß sie dieses Fest nicht wieder erleben würden, sollte sich
als eine wahre Vorhersage erweisen.
JOSEPH MUSAKA, ERSTER MÄRTYRER FÜR DEN KATHOLISCHEN GLAUBEN
In seiner Wut entschloß sich der Mwanga, die Christen an seinem Hof zu
bestrafen. Er beschuldigte sie der Untreue mit der Begründung, sie
seien unloyal und ungehorsam. Sein unbeherrschtes und unmoralisches
Wesen ließ es nicht zu, diese Beschuldigung als irrig einzugestehen.
Joseph Musaka wurde am 14 November vor Gericht geladen. Seine
"Gerichtsverhandlung" dauerte die ganze Nacht hindurch. Am folgenden
Morgen erlaubte der launenhafte Herrscher, daß Joseph aus der Haft
entlassen wurde. Sofort ging dieser zum Missionszentrum, wo er als
erstes der heiligen Messe beiwohnte und die heilige Kommunion empfing.
Als er gerade dabei war, die Missionare vor den Verhältnissen am Hof zu
warnen, erreichte sie ein Bote. Joseph Musaka mußte sofort zum Kabaka
zurückkehren. Letzterer hatte wieder einen rasenden Tobsuchtsanfall
erlitten. "Musaka, fälschlich Joseph genannt, du bist zum Tod durch das
Feuer verurteilt und dies, so schnell wie das Feuer entzündet werden
kann." "Dann werde ich wegen meines Glauben verurteilt", war seine
Antwort.
Joseph wurde eingekerkert. Die Wächter durften niemandem erlauben, ihn
zu besuchen. Nachdem Joseph überstürzt vom Missionszentrum abgefahren
war und die Missionare nichts mehr von ihm gehört hatten, machten sie
sich zunehmend um ihn Sorge. Pater Lourdel fuhr deshalb zum Palast.
Dort erhielt er jedoch weder die Erlaubnis, Joseph zu sehen, noch eine
Gelegenheit, mit dem König zu sprechen. Pater Lourdel ließ dem Kabaka
eine Mitteilung zugehen, in der er ihn anflehte, keinem unschuldigen
Menschen Schaden zuzufügen. Mwanga zögerte. Als Joseph dann aber vor
ihn und alle anwesenden Höflinge gebracht wurde, fehlte ihm, genau wie
Herodes, der Mut, seine eigene Ansicht zu äußern. Er befürchtete, sein
Gesicht zu verlieren, wenn er seinen Gefangenen freigeben würde.
Deshalb befahl er dem Wächter, den Gefangenen hinauszuführen und das
Urteil an ihm zu vollstrecken. Als die Wächter Joseph festbinden
wollten, sagte er ihnen, sie brauchten nicht zu befürchten, daß er
ihnen entweichen würde. "Ein Christ, der Gott liebt, hat keine Angst zu
sterben." Von seinen Wächtern begleitet ging er ruhig und gelassen zum
Ort seiner Hinrichtung. Der Scharfrichter, der große Bewunderung für
Joseph hegte, brachte es nicht über sich, ihn diesen langsamen und
qualvollen Tod durch das Feuer sterben zu lassen. Er verlangte ein
Schwert. Joseph kniete nieder und wurde enthauptet. Sein Körper wurde
ins Feuer geworfen. Dies war am 15. November 1885.
DIE FOLGEN
Nachdem Mwanga einen seiner wichtigsten Berater wegen dessen
christlichem Glauben zu Tode gebracht hatte, nahm er an, daß es nunmehr
in seinem Herrschaftsbereich niemand mehr wagen würde, Christ zu
bleiben. Er sollte sich darin jedoch irren. Sobald die Nachricht vom
Tode Joseph Musakas im Volk bekannt geworden war, wandten sich 20
weitere Diener der Königs an das Missionszentrum mit der Bitte, getauft
zu werden. Sie waren sich hierbei sehr wohl bewußt, daß sie ihr eigenes
Leben ebenfalls in Gefahr bringen würden. Die Missionare schlössen die
Unterweisung der Knaben und jungen Männer ab, tauften sie und führten
sie zu ihrer ersten heiligen Kommunion. Unter ihnen befanden sich James
Buzabaliawo und Bruno Serunkuma, die später als Märtyrer starben.
Die gerade erst getauften Diener kehrten zu ihrem Dienst an den
königlichen Hof zurück, wo sie schon bald Gelegenheit erhielten, ihren
Glauben vor dem Kabaka zu bekennen. Dieser ließ alle Diener
herbeirufen. Er befahl, daß alle diejenigen unter ihnen, die beteten,
dies freiwillig eingestehen sollten. Alle Diener, mit Ausnahme von
dreien unter ihnen, kamen dieser Äfforderung nach. Mwanga und sein
Hofrat konnten ihren Augen kaum trauen. So viele Christen gab es also
am Königshof! Außer sich vor Wut schrie der Mwanga sie an, er werde sie
alle töten lassen, wenn sie von ihrer Religion nicht abließen und nicht
aufhören wollten zu beten. Er sei nicht bereit, die christliche
Religion zu dulden, weil sie versuche, sogar dem König ein Moralgesetz
aufzuerlegen. Er aber sei nicht willens, dies hinzunehmen!
Mwangas Zornausbruch bewirkte, daß weitere 40 Diener darum baten,
getauft zu werden. Ihnen folgten zahlreiche Erwachsene, die sich durch
den Glauben und Mut dieser jungen Menschen tief beeindruckt fühlten.
Die Missionare erhöhten noch die Zahl der Stunden, in denen sie
Unterweisung und Unterricht erteilten. In seinem Ausbruch von Haß und
Zorn ließ der Mwanga alle Christen aus ihren Ämtern am Hof entfernen.
Nur Charles Lwanga durfte noch bleiben. Hier ist wiederum eine
Ähnlichkeit mit Herodes festzustellen. Auch jener besuchte seinen
Gefangenen, Johannes den Täufer, häufig, um mit ihm zu sprechen.
Obgleich von ihm fasziniert, fürchtete er ihn dennoch. Und schließlich
ließ er jenen Mann hinrichten, der seine Rettung hätte, sein können.
Der Mwanga stellte Charles ständig Fragen. Er versuchte, seinen Glauben
zu schwächen. Charles Lwanga sollte sich gegen Christus auflehnen, weil
jener doch ein weißer Mann gewesen sei. Darauf antwortete ihm Charles,
daß die Hautfarbe eines Menschen für Gott keine Rolle spiele. Der
Kabaka erlaubte nun, daß Charles die Knaben eine Zeitlang weiter
unterrichtete. Dabei waren sie sich jedoch ständig der Sturm- und
Gewitterwolken bewußt, die sich über ihnen zusammenzogen. Während der
Kabaka in verschiedene politische Probleme verwickelt war, nutzten
seine heidnischen Bediensteten diese Situation dazu aus, ihn erneut
gegen die Christen aufzubringen. Diese hoben sich durch ihre
vorbildliche sittliche Haltung - Kennzeichen und Merkmal ihres
Glaubens- von ihrer Umgebung ab und erinnerten darin an die Christen
der früheren Zeit.
DAS UNWETTER BRICHT HEREIN
Zwei verhältnismäßig unwesentliche Ereignisse brachten die Sache zu
einem Höhepunkt. Am 22. Mai 1886 kam ein Besucher mit allgemein
bekanntem schlechtem Ruf an den Hof. Ihm zu Ehren wurde ein Festessen
veranstaltet, wobei ein ganz bestimmter Diener ihm seine Aufwartung
machen sollte. Der Knabe lehnte dies ab, obgleich er sich dabei bewußt
war, daß er sich damit den Zorn des Kabaka zuziehen würde. Doch zog er
es vor, gegebenenfalls lieber bestraft zu werden,als gegen Gottes Gebot
zu verstoßen. Dieses Mal sagte der Mwanga zwar nichts, hielt es aber im
Gedächtnis fest.
Bald nach diesem Ereignis kehrte der König, der den Pakst für kurze
Zeit verlassen hatte, schneller nach dort zurück, als man erwartet
hatte. Dabei waren einige Diener nicht sofort zur Stelle, um ihn zu
begrüßen. Sie befanden sich bei Charles, der sie im katholischen
Glauben unterwies. Obgleich Charles dem König versichterte, daß alles
für ihn bereitstünde, bildete dieser Vorfall für die Absichten des
Kabaka einen willkommenen Anlaß. Er verurteilte die Christen zur
Hinrichtung. Charles sagte den jungen Männern sofort, sie sollten
flüchten. Sie aber erwiderten ihm, daß dies einem Leugnen des Glaubens
gleichkäme. Dem Missionszentrum sandte man eine Nachricht. Die Knaben
wurden alle am 25. Mai eingekerkert. Gleichzeitig wurde Befehl erteilt,
Holz für Feuer zu sammeln.
DIE LETZTEN TAGE
Charles übernahm nun die Führung und machte seinen Glaubensbrüdern Mut.
Im Gefängnis erteilte er ihnen allen eine letzte Unterweisung und
taufte sie. Unter ihnen befand sich auch Nbaga, der Sohn des
Scharfrichters. Jede Nacht beteten sie alle zusammen.
Am folgenden Morgen, dem 26. Mai, wurde eine Erklärung veröffentlicht,
wonach die christliche Religion verboten wurde. Jeder, der betete,
sollte als Krimineller angesehen und entsprechendbehandelt werden.
Christen wurden als Verräter gebrandmarkt. Pater Laudel bemühte sich,
schnell zu vermitteln. Er bot sein eigenes Leben für das der Diener an,
Mwanga aber lehnte ab und befahl, daß er sich entferne. Dann wurden die
Diener herbeigerufen. Sie mußten sich vor dem König mit dem Gesicht auf
den Boden legen und sich anschließend in seiner Gegenwart aufstellen.
Er erklärte alsdann, daß diejenigen, die immer noch beten wollten, sich
zum anderen Ende des Raumes begeben sollten. Die gesamte Gruppe, und
außer ihr noch ein Knabe aus der Menge der Zuschauer, leisteten dieser
Aufforderung Folge. Sodann warf ein Wächter seinen Speer zu Boden und
stellte sich ebenfalls zu ihnen. Pater Laudel suchte abermals zu
vermitteln, Mwanga aber blieb hart und unnachgiebig.
Da die heidnischen Berater befürchteten, daß ihr König nachgeben
könnte, übten sie weiteren Druck auf ihn aus. Sie forderten von ihm die
Inhaftierung von Andrew Kaggwe. Er war einer der Häuptlinge und durch
seine Predigttätigkeit waren die meisten Leute seines Gebietes
Katholiken geworden. Er wurde gefangen genommen und hingerichtet. Drei
der Gefangenen starben im Gefängnis durch die Folterqualen, die sie
erlitten hatten. Ein anderer Gefangener, ein junger Mann namens Gonzag
Gonza, starb während des Todesmarsches nach Namugongo.
Die Menschen wurden aus allen Dörfern zusammengerufen, um Augenzeugen
der Hinrichtung zu werden. Man führte sie durch in der Hoffnung, damit
das Christentum im ganzen Lande ausrotten zu können. Weitere
Inhaftierungen folgten. Die Opfer wurden verstümmelt, aber nicht
getötet. Der Kabaka war jedoch immer noch entschlossen, seine Diener
sterben zu lassen. Pater Lourdel, die übrigen Missionare sowie Bischof
Livinhac, der apostolische Stellvertreter, begaben sich innerhalb
kurzer Zeit an Ort und Stelle und taten alles, was in ihrer Kraft
stand, um die Freilassung der Gefangenen zu erreichen. Diese, wie
Baumstämme zusammengebunden, beteten miteinander den Rosenkranz. Am 3.
Juni 1886 wurden sie zusammengebunden entlang den Feuerstellen
hingelegt. Die Zuschauer waren über den Mut und die Gelassenheit der
Gruppe sehr erstaunt. Ein kleiner Junge begann zu weinen, weigerte sich
aber dennoch, seine Glaubensbrüder zu verlassen. Charles tröstete und
ermutigte ihn. Pater Laudel erteilte ihnen seinen letzten Segen, als
sie vor ihm vorbeigingen. Später schrieb er an Kardinal Lavigerie:
"Charles Lwanga begleitete sie mit dem Ausdruck von Entschlossenheit,
großer Gelassenheit und innerem Frieden auf seinem Angesicht."
DIE KRONE DES MARTYRIUMS
Als die Gefangenen Namugongo erreicht hatten, dankten sie Gott dafür,
daß die Gruppe bis dahin durchgehalten hatte. Charles wurde dazu
bestimmt, als erster zu sterben. Man ließ das Feuer auf niedriger
Flamme brennen, um seinen Todeskampf und seine Qualen zu verlängern.
Dabei kam keinen Augenblick auch nur ein Wort der Klage über seine
Lippen. Erst unmittelbar bevor er verschied, rief er den Namen Gottes
an. Den übrigen bot man an, ihr Leben zu schonen für den Fall, daß sie
ihrem Glauben abschwörten, doch niemand von ihnen nahm dieses Angebot
an. Jeder von ihnen wurde daraufhin in eine rote Matte eingerollt.
Diese legte man zwischen Äste und Zweige, die hierzu bereitgelegt
waren, und zündete sie an. Alle zusammen beteten sie laut, bis sie
starben. Unter denjenigen, die man gezwungen hatte, Augenzeugen dieser
Hinrichtung zu werden, befanden sich auch einige katholische Kinder,
die den Märtyrern nicht nur Mut und Kraft gaben, sondern sich auch
anboten, mit ihnen zu sterben.
Der Tod der Märtyrer führte keinesfalls zur Ausrottung des Glaubens.
Ganz im Gegenteil: Er bewirkte noch viel mehr Bekehrungen und stärkte
den Glauben derjenigen, die bereits Christen geworden waren. Auch
nicht-katholische Christen opferten lieber ihr Leben, als dem Kabaka zu
gehorchen. Die übrigen Christen mußten sich eine Zeitlang versteckt
halten. Es erfolgten weitere Hinrichtungen, zuletzt diejenige von
Jeam-Marie Muzeyi. Er wurde enthauptet.
SELIGSPRECHUNG UND HEILIGSPRECHUNG
Im Jahre 1920 sprach Papst Benedikt XV. die Märtyrer selig (Festtag 3.
Juni). Dieser sehr bewegenden Feier wohnten auch drei Männer bei, die
sich als Kinder unter den Augenzeugen des Todes der Märtyrer befanden.
Auch sie hätten zu den Opfern des Kabaka gehören können. Sie aber
hatten überlebt und den Glauben weitergegeben. Der Heilige Vater
empfing sie in Audienz. Leute aus der Menschenmenge, die im Dom von St.
Peter versammelt war, traten auf sie zu, um ihnen die Hände zu küssen.
Leben und Tod jener erst kurz zuvor bekehrten Menschen zeigen, in
welchem Maße die durch die Sakramente erlangte Gnade Hindernisse und
Gefahren zu überwinden vermag. Die meisten von ihnen waren noch ganz
jung, einige von ihnen sogar noch Knaben. Doch sie hatten den Mut, den
unmoralischen Sitten ihrer Zeit zu widerstehen. Sie hatten es klar
verstanden, daß die Würde des Menschen nur dann wirklich geschützt ist,
wenn dem Hauptauftrag seiner natürlichen Anlage Achtung geschenkt wird.
Ihre Bereitschaft, lieber das Leben zu opfern, als der Todsünde zu
verfallen, ist für alle Ansporn, niemals das als 'normal' hinzunehmen,
was im 1. Buch Moses (Kap. 19,13 u. 23) schon immer und eindeutig
verdammt wurde und wo geschrieben steht: "Da ließ der Herr auf die
verunreinigten Stätten Gottes Schwefel und Feuer vom Himmel regnen und
vernichtete sie." Die Märtyrer von Uganda zeigen, daß jeder Mensch,
sofern er sich die Gnade Gottes bewahrt, unter allen Umständen ein
vollkommen christliches Leben zu führen vermag.
(aus SAKA-INFORMATIONEN Nr. 5, Mai 1990; mit freundlicher Genehmigung des Herausgebers)
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