§ 10. Heiligkeit durch Christus allein und Seine Gnade
Das Heiligwerden—Können hängt vom göttlichen Menschensohn und der
göttlichen Gnade ab; das Heiligwerden—Wollen hingegen von uns selbst,
von jedem einzelnen. Wer aber will heutzutage heilig werden,
vorausgesetzt er weiß, was er will, wenn er heilig werden möchte?
Viele, die sich als Christen bezeichnen, werden dies gar nicht wollen,
wenn ihnen von Christus gesagt wird, was das bedeutet. Ernsthaft und
ehrlich heilig werden zu wollen ist nämlich unmöglich ohne eine
freiwillige und willige Annahme und Aufsichnahme des Joches und der
Bürde Christi. Hier aber steht man vor einem schwerwiegenden Problem,
das die ganze Kirche und alle ihre Glieder betrifft. Denn das
Rein—werden durch das Wort Christi ist, selbst wenn man in ihm zu
bleiben vermag, noch kein Heilig—werden, und nicht einmal die Befolgung
der Zehn Gebote genügt hierfür, denn dadurch befindet man sich zwar auf
dem richtigen Wege, aber noch lange nicht am Ziel. Darüber hat Christus
einen sich um die Heils—Wahrheit bemühenden Schriftgelehrten
ausdrücklich belehrt, indem Er zu ihm sagt: "Du bist nicht weit vom
Reiche Gottes!" (Mk 12,34), aber eben noch nicht in ihm und am Ziel.
Nur der göttlichen Menschensohn hat den Weg zur Heiligkeit offenkundig
gemacht, da nur Er "der Heilige Gottes" und "der Weg IST". Es kann
jedoch niemand durch sich selbst und aus sich selbst Ihm auf Seinem
Wege, den Er gegangen ist, nachfolgen. Dazu ist ein Mensch völlig
unvermögend, ganz abgesehen von der Erbsünde und ihren realen Folgen
sowie von den persönlichen Sünden und sonstigen sittlichen
Verfehlungen. Was ist das wohl für ein sonderbares Christentum
'religionsmündiger' Leute 'in Kirche und Welt', das von alledem nichts
mehr weiß und dem das Wort von der "sancta Ecclesia" so leicht über die
Lippen geht, ohne Magenbeschwerden zu verursachen? Das geoffenbarte
"Geheimnis der Finsternis und des Bösen" hat sich weltweit ausgebreitet
und unzählig viele ergriffen, d.h. sie verblendet und ihren Verstand
verdunkelt, so daß sie zwangsläufig falsche Wege gehen und falschen
Ziele verfolgen, die vom wahren Heil des Menschen wegführen,
schnurstracks ins Verderben. Auch jenen 'Gläubigen', denen aus Mangel
an Gotteserkenntnis die Gottesfurcht fehlt, geht nie ein heilsames
Licht auf, das ihre Finsternisse erhellt; denn "Gottesfurcht ist ihnen
fremd" (Röm 3,18), genau so wie den alten und den neuen Heiden in ihrem
Hochmut. Viele sind sogar der Überzeugung, ein "katholischer Glauben"
und die "heilige Messe" würden genügen, um heilig zu werden und
'todsicher' in den Himmel zu kommen, obwohl in Wirklichkeit nicht
einmal ein Rein—sein erreicht wird, da bereits das Nachfolgen Christi
und der unbedingte Gehorsam in bezug auf Sein heiliges, heiligendes und
gebietendes Wort fehlt. Doch erst dann, "wenn ihr meine Gebote haltet,
bleibt ihr in meiner Liebe" (Joh 15, 10), und zwar in einer Liebe, die
euch zu heiligen vermag. Diese Liebe übersteigt jedoch schlechthin jede
geistige natürliche Liebe (dilectio naturalis), einschließlich der
besonderen Liebe der Freundschaft (amor amicitiae), da sie
übernatürlichen Ursprungs ist und auf einer reinen Gnade "des Heiligen
Geistes" beruht. Die echte christliche Gottes- und Nächstenliebe
(caritas), die man im übrigen nicht voneinander trennen kann, ist nur
ein ganz schwaches Abbild davon. Auch darüber gibt es heutzutage keine
klaren und wahren Erkenntnisse mehr, da die sog. Christliche
Nächstenliebe vernaturalisiert (vermenschlicht), versentimentalisiert
und verballhornt wurde. Dadurch aber verlor die (übernatürliche)
"caritas" ihren Sinn und ihre Kraft.
Es genügt im Rahmen unserer Thematik, darauf hinzuweisen, daß nur diese
normative Liebe zu Christus dem Erlöser, die aus der Erkenntnis der
Heiligkeit des göttlichen Menschensohnes hervorgehrt, Sein Joch sanft
und Seine Bürde leicht macht bzw. machen kann, obwohl dies an sich
keineswegs der Fall ist. Sich darüber so oft getäuscht zu haben und
sich zu täuschen, das gehört zu den übelsten Dingen im Leben der Kirche
und ihrer Glieder. Dabei sprechen wir hier noch gar nicht von der
"Nachahmung (imitatio) Christi," die einer besonderen Gnade bedarf,
sondern nur von der allgemeinen Nachfolge (assecutio) Christi auf
Seinem Wege und im Zuge des Gründungsprozesses Seiner Ek—klesia. Denn
auch die "sancta Ecclesia" ist nicht urplötzlich vom Himmel
heruntergefallen oder aus dunklen mysteriösen Quellen hervorgegangen,
um dann als zweifelhafte "Heilsanstalt" nirgendwo zu existieren, es sei
denn in der Phantasie von klerikalistischen Theologen, die im stillen
sogar der Überzeugung waren, der Satz "extra Ecclesiam nulla salus"
beziehe sich auf sie selbst oder auf ihren Status. Wer will das
leugnen? Ach ja, man erinnere sich doch oder sehe genau hin und
durchschaue "tote Glieder" mit Hilfe der alten Weisheit: "Eine tote
Fliege verdirbt einen Becher Fett des Salbenmischers; ein wenig Torheit
kommt teurer zu stehen als (eingebildete) Weisheit und Ehre. – Bei
Faulheit senkt sich das Gebälk, bei lässigen Händen regnet es ins Haus.
Sie nehmen Brot zur Belustigung; Wein erfreut das Leben, und das Geld
ermöglicht alles" (Pred 10,1;18-19)! Auch Christus warnte
unmißverständlich: "Wehe euch, die ihr jetzt satt seid; denn ihr werdet
hungern. Wehe euch, die ihr jetzt lacht; denn ihr werdet klagen
(jammern) und heulen. Wehe euch, wenn euch alle Menschen umschmeicheln;
ebenso nämlich haben ihre Väter den falschen Propheten getan" (Lk
6,25-26). Wer kennt sie nicht, die da "im Glauben" satt und voller
Torheit sind oder sich einbilden, "spirituell" gesättigt zu sein, indes
jedem falschen Heilspropheten nachlaufen, aber gar nichts wissen vom
Joch und der Bürde in der Nachfolge Christi?! Darum schrieb schon der
hl. Petrus von Rom aus an die Kirche in der Diaspora; "Was ist das für
ein Ruhm, wenn ihr wegen Verfehlungen Züchtigung erduldet?". (Denn das
ist ruhmlos und ohne Wert in Sachen 'Heiligkeit', da ihr ja selbst
daran schuld seid.) "Aber wenn ihr Gutes tut und geduldig leidet"
(gemeint ist: ausschließlich um Christus willen!), "so bedeutet das
Gnade vor Gott. Dazu seid ihr ja berufen, da auch Christus für euch
litt und euch ein Beispiel hinterließ, damit ihr seinen Fußstapfen
nachfolgt. 'Er tat keine Sünde, und in seinem Munde fand sich kein
Trug' " (Is 53,9) (1 Petr 2,20-22).
Christi Lehr- und Schwert—Worte sind das Joch, unter dem der
menschliche Geist in die Heils—wahrheit gezogen wird; und Christi
Gebote sind die Bürde, die man auf sich zu nehmen hat, wenn sich das
Tor zum Heilig—werden der menschlichen Seele öffnen soll. Wahre
Nachfolge Christi ist nur möglich durch ein wirkliches Sich—unterwerfen
Seinem Worte und Willen, verbunden mit einer wahrhaftigen Liebe zu Ihm,
dem Messias und Erlöser. Nur Seine Schafe kennen Ihn und folgen Ihm
nach. Deshalb wäre es auch sinnlos, sich die Frage zu stellen: "wo ist
eigentlich die 'heilige Kirche'?". Wer, wie bereits vorgekommen, so
fragt, weiß nicht, wovon er redet. Denn das Rein- und Heilig—werden
vollzieht sich im Verborgenen und wird niemals "sichtbar" oder
wahrnehmbar. Darum gab es immer schon Heilige in der Kirche, von denen
niemand jemals etwas gewußt hat. Außerhalb der Kirche aber gibt es
keine. Was jedoch immer "sichtbar" wird und leicht erkannt werden kann,
das ist die Unheiligkeit vieler Glieder der Kirche. Doch sollte man
sich davon hüten, diese Leute als bereits von Gott verworfen zu halten.
Denn darüber steht niemandem ein Urteil zu, nicht einmal dem
kirchlichen Lehramt. Dennoch aber ist jedes Glied der Kirche
verpflichtet, sich von Publikanen, d.h. von "öffentlichen Sündern" und
allen Feinden Christi fernzuhalten und keinen Umgang mit ihnen zu
pflegen. 'Sage mir, mit wem du umgehst, so sag ich dir, wer du bist',
heißt ein altes wahres Sprichwort. Und wer will behaupten, es sei
leicht, der Forderung Christi nachzukommen: "Seid vollkommen, wie euer
Vater im Himmel vollkommen ist. – Denn wenn ihr die liebt, die euch
lieben, was sollt ihr da für einen Lohn haben? Tun das gleiche nicht
auch die Zöllner? Und wenn ihr nur eure Brüder grüßt, was tut ihr da
Großes? Tun das gleiche nicht auch die Heiden?" (Mt 5,46-48). M.a.W.:
die natürliche Menschenliebe führt nicht, auch wenn sie ehrlich und
wahr ist, zur Heiligkeit. Dazu ist sie untauglich.
Das Christentum ist keine Religion der natürlichen und allgemeinen
Menschliebe, auch nicht im privaten Bereich. Christus hat nie gesagt
und verheißen: 'Kindlein, liebet euch und seid immer nett zueinander,
dann werdet ihr auch in den Himmel kommen, heim ins 'liebe Vaterhaus',
in dem euch die 'lieben Engelein' schon sehnsüchtig erwarten'. –
Vollkommen zu sein wie, d.h. ähnlich wie "euer Vater im Himmel", ist
allerdings nur approximativ und allein durch eine göttliche Gnade
möglich, da zwischen Gott und seinem Geschöpf, das er 'über dem Nichts
hält', ein Abgrund besteht, der auch durch die verheißene "visio
beatifica" nicht beseitigt wird. Nur blinde Phantasten und dumm—dreiste
'Visionäre', denen der Teufel durch Suggestionen etwas vorgaukelt, sind
hier anderen 'Glaubens'. Man hüte sich vor solchen 'Begnadeten', die
sich auch für 'auserwählt' halten, aber noch nie etwas vom Joche und
der Bürde Christi verstanden, geschweige denn begriffen haben. Diese
Leute reden auch ständig von 'Liebe' und 'Barmherzigkeit', was sie aber
bereits verdächtig macht. Das gleiche gilt für diejenigen, welche
ständig und mit sanften Tönen vom 'lieben Jesus', von der 'lieben
Gottesmutter' oder von den 'lieben Heiligen' reden; manche behaupten
sogar, daß sie mit ihnen in 'heiliger Gemeinschaft' stehen und einen
persönlichen Umgang pflegen würden. Es gibt nicht wenige 'Gläubige',
die diesen Scharlatanen so etwas auch noch glauben und ihre Weisheiten
verbreiten (in frommen Heftchen, Gebetszetteln, Kettenbriefen etc.).
Wer einmal in diesem Dunstkreis aufgewachsen ist und lebt, kommt nicht
mehr von ihm los. Das von Christus verheißene Ewige Leben ist nur
deswegen ein ewiges, weil es durch eine göttliche Gnadenwirkung zu
einem übernatürlichen erhoben, geheiligt und heilig wird, so daß es
dadurch weder von innen noch von außen zerstört werden kann. Im Ewigen
Leben wirkt sich die heilig-machende Gnade hinsichtlich der
Wesens—Natur des Menschen vollständig aus, so daß sich auch jeder
einzelne so zu erkennen vermag, wie er von Gott erkannt ist. Die
Verwirklichung von Verheißungen aber ist an Bedingungen geknüpft, die
zuerst einmal erfüllt werden müssen, um dann mit Hilfe der Gnade den
Weg zur Heiligkeit beschreiten zu können. Eine gute und gewissenhafte
Lebensführung moralischer Natur und die Befolgung der fünf Gebote der
Kirche sind hierfür nicht um mindesten ausreichend. Aber auch ein
"Klosterleben" führt nicht, weil es ein solches ist, auf diesen Weg,
wie schon die Erfahrung lehrt. Die Gebote Christi beziehen sich nämlich
auf alle Glieder der Kirche, die Ihm nachfolgen sollen und dies auch
können. (Nur Kinder, Jugendliche und Schwachsinnige sind dazu aus
naheliegenden Gründen nicht fähig.) Viele haben sich in dieser Sache
schon den größten Illusionen hingegeben, da man die Worte Christi weder
mit Vernunft hörte noch auf sie hörte. Viele und nicht bloß naive oder
ungebildete 'Gläubige' (in der Mehrzahl Frauen) haben sich von 'frommen
Büchlein' einer sog. "Erbauungsliteratur", die eine geistlose und
gefühlsbetonte 'religiöse Innerlichkeit' als Heilmittel predigte,
verführen und vom Wege Christi wegführen lassen. Dies begann schon im
frühen 19. Jhd. und wurde immer schlimmer. Ihre Autoren waren zum
größten Teil "Klosterleute" verschiedener "Orden", die mit solchen
Dingen das 'Kirchenvolk' "belehrten". Das Christentum wurde so in eine
vernunftwidrige Gefühlreligion mit einem dumpfen 'Gefühlsglauben'
umgemodelt. Seither fühlt man sich auch in seinen 'religiösen Gefühlen
verletzt', wenn jemand auf einen solchen Unsinn hinweist oder ihn
kritisiert. Schnell sind diese heuchlerischen Leute auch mit dem Worte
vom "glimmenden Docht" bei der Hand, den man doch nicht auslöschen
dürfe! Es ist fürwahr erstaunlich, mit welchen Mitteln eine
Verlogenheit zuzudecken versucht wird.
Den Weg zu einem Heilig—werden hat der göttlichen Menschensohn deutlich
genug gekennzeichnet und festgeschrieben, als Er im Zuge der Gründung
Seiner Ek—klesia die Heils—wahrheit offenbarte: "Wer sein Kreuz nicht
auf sich nimmt und mir nachfolgt, ist meiner nicht wert. Wer sein Leben
findet, der wird es verlieren; und wer sein Leben um meinetwillen
verliert, der wird es finden. – Wer mir nachfolgen will, der verleugne
sich selbst, nehme sein Kreuz auf sich und folge mir nach" (Mt
10,38-39; 16,24). Es geht also um ein tödliches physisches Übel, das
sich auf die menschliche Natur bezieht, sei es im Geistigen oder im
Seelischen oder im Leiblichen, und das man freiwillig und willig
annehmen bzw. auf sich nehmen soll, aber – doch dies wird leider
generell nicht mehr gewußt – nicht um unserer selbst willen, sondern um
Christi willen. Auch das bekannte "ein jeder trage des anderen Last"
hat keinen Heiligungswert, wenn es nicht um Christi willen geschieht.
Nun hat aber jedes tödliche physische Übel (auch Dummheit kann tödlich
werden, obwohl viele darunter gar nicht leiden) seine Ursache und ein
schmerzliches Leiden (passibilitas) zur Folge. Dennoch aber ist ein
solches Übel, an dem man schmerzlich leidet, im Sinne Christi noch
lange nicht ein Kreuz, sondern nur dann ein solches, wenn diese Übel
ein persönlich unverschuldetes ist (wie z.B. der allgemeine leibliche
Tod oder die ständige Neigung der menschlichen Natur, die bei allen
gleich ist, zum Irrtum im Denken und zum Bösen im Willen). Wenn jemand
einen anderen kaltblütig ermordet und dann dafür die Todesstrafe
erleidet, dann hat diese Übel nicht die Qualität des Kreuzes. Wenn aber
jemand eine ungerechte Tötung erleidet (die nur fälschlich als
Todesstrafe bezeichnet wird) und diese als Buße für seine Sünden
annimmt bzw. auf sich nimmt, dann ist dies ein schmerzliches Leiden,
das die Qualität des Kreuzes besitzt. Der eine von Christus erlöste
Verbrecher am Kreuze, der seine Sünden bereut und sich bekehrt hatte,
ist dafür kein Beispiel.
Zu den tödlichen physischen Übeln, die sowohl den Leib als auch die
geistige Seele betreffen, gehört auch die lebensbedrohende Verfolgung
von Christen um Christi willen, um Seines heiligen Namens und Seiner
Ehre willen (Rufmord eingeschlossen), wogegen man nicht revoltieren,
d.h. innerlich aufbegehren soll, sondern dies willig annehmen und
durchtragen soll. Das bedeutet aber nicht, sich alles gefallen zu
lassen oder den Mund zu halten und öffentlich zu schweigen. Denn eine
öffentliche Sünde muß auch öffentlich gebrandmarkt werden, wie dies ja
auch Christus getan hat. 'Verfolgung leiden' ist keine Sache für
Feiglinge, Duckmäuser und Schwächlinge. Auch hier gilt: man "verleugne
sich selbst", d.h. man ertöte (mortifiziere) bei sich selbst die feige
Gesinnung und Menschenfurcht um Christi willen und mache sich nicht
'mit der Welt gemein'. Wer so "sein Leben findet", d.h. wer so sein
'christliches' Leben führt, um am Leben zu bleiben, der nimmt sein
Kreuz nicht auf sich, folgt Christus nicht nach und ist Seiner nicht
wert. Ein solcher Mensch wird nie heilig werden, auch wenn er einmal
das Sakrament der Taufe empfangen hat, und braucht dann auch nicht
einmal mehr, wenn es so bleibt, zu hoffen, das von Christus verheißene
Ewige Leben zu erlangen. Der göttliche Menschensohn litt (nicht im
Verborgenen, sondern in aller Öffentlichkeit) an Leib und Seele und an
der Ehre, die man Ihm nicht bloß verweigerte, sondern die man voller
Haß besudelt hat. Wie viele von den Berufenen und Herausgerufenen
(Jüngern, Aposteln und Anhängern) sind seinerzeit Christus nachgefolgt?
Wie viele waren wirklich und tatsächlich Seine Schafe, echte Glieder
Seiner heiligen Ek—klesia? "Der Heilige Gottes" litt als Mensch alles
mit dem willigsten Gehorsam und mit der allergrößten Geduld. Es gibt
keine Nachfolge Christi ohne das Kreuz des Gehorsams und der Geduld,
das aufgerichtet ist gegen den Hochmut, die Eitelkeit, den leeren Ruhm,
die Hoffart des Lebens, die Selbstsucht und einen unwahren religiösen
Glauben. Schon von Natur aus neigt der Mensch wegen der Erb—sünde und
ihren realen Folgen nicht zum Beschreiten des Kreuz—weges, der im
Denken mit einem radikalen Umdenken und im Tun und Sichverhalten mit
einem ebenso radikalen Umkehren anfängt. Vielmehr neigt er von Geburt
an bis zum leiblichen Tode immer zum Gegenteil. Denn der Mensch ist
schon von Natur aus nicht moralisch gut, sondern defekt und unrein und
deshalb auch nicht fähig, etwas Heiliges zu zeugen. Er tradiert das,
was er hat, nicht aber das, was er nicht hat. Diesbezüglich macht auch
die Kirche keine Ausnahme, da sie nur heilig ist durch ihren Gründer
und in denen, die Er rein macht und heiligt. Denn "breit ist der Weg,
der ins Verderben führt; und es sind viele, die da hineingehen. Wie eng
aber ist das Tor und wie schmal der Weg, der zum Leben führt; und
wenige sind es, die ihn finden" (Mt 7,13-14), nämlich den Weg der
Nachfolge Christi, die die Annahme bzw. Aufsichnahme eines wahren
Kreuzes voraussetzt. Noch viel weniger aber sind es, die diesen
Nachfolge—weg dann auch wirklich bis zum Ende beschreiten, was wiederum
ohne Gnade nicht möglich ist. Denn auch hier gilt; nur "aus Gnade seit
ihr zum Heil gekommen (...), nicht auf Grund von Werken, damit keiner
sich rühme" (Eph 2,8-9), d.h. nicht kraft eigener sittlicher
Leistungen, auf die man sich etwas einbilden oder auf die man in seinem
Hochmut pochen könnte. Wer kennt nicht die Leute, die, auch wenn sie
das nie offen zugeben, der Überzeugung sind, das Ewige Leben bereits in
der Tasche zu haben?! Es war immer schon kinderleicht (leicht für
unmündige Kinder), aber ein Fallstrick, ohne Vernunft und gedankenlos
die Verheißung Christi salbungsvoll zu predigen: "Selig die
Herzensreinen; denn sie werden Gott schauen" (Mt 5,8), da das
menschliche "Herz", d.h. die seelisch—geistige Mitte des Menschenwesens
gar nicht rein ist. Vielmehr muß sie zuerst einmal auf einem mühsamen
Wege rein werden, ja rein gemach werden, und was wiederum nur mögliche
ist durch eine Kreuzannahme und die Nachfolge Christi. Dies allein sind
die Kriterien für ein Rein—und Heilig—werden in willigem Gehorsam (und
in echter Demut) und ausdauernder Geduld bis zum Tode, dem niemand
entrinnt.
Was denkt sich eine klerikale und laikale kirchliche Gesellschaft in
ihrer 'Christlichkeit', wenn sie ohne wahre Glaubens—Erkenntnis bekennt
und plappert; Credo "sanctam Ecclesiam"?! Was ist geschehen in der
"catholica Ecclesia", daß man so leicht vom Wege des Heils abweichen
konnte und ihn dann massenweise verlassen hat? Das ist doch nicht
plötzlich eingetreten. Denn so etwas setzt innerkirchlich einen
längeren Zersetzungsprozeß voraus, der sehr viele Glieder der Kirche
zumindest infiziert haben muß, zumal da, wie einmal der hl. Paulus
sagt, die Glieder der Kirche nicht bloß Einzelglieder
(Individualpersonen), sondern auch "untereinander Glieder sind". Ein
Glied hängt vom anderen ab und alle Gleider vom Ganzen, das in sich
hierarchisch geordnet ist und eine reale hierarchische Ordnungs—Einheit
darstellt im Sinne einer Real—union von zur Heiligkeit berufenen
Gliedern, aber berufen aus reiner Gnade. So war es schon am Anfang im
Zuge der Gründung einer Ek—klesia durch den göttlichen Menschensohn in
Seiner Heiligkeit "voll Gnade und Wahrheit". Und so bleib es auch bis
heute – vorausgesetzt daß man nach reiflichen Überlegungen die Heils
–wahrheit klar erfaßt und zu der Einsicht kam: "Wer sein Kreuz nicht
auf sich nimmt und (so) mir nachfolgt, ist meiner nicht wert." Wer im
Dunstkreis abartiger Religiosität sein sog. "Seelen—heil" auf
angebliche "Nachfolger" von Aposteln setzte und sich von ihnen abhängig
machte (wie viele Traditionalisten und Konservative), hatte auf Sand
gebaut, denn er hatte sein Heil auf Menschen gesetzt. Aber nur einer
ist der Heilige, nur einer der Herr und nur einer der Weg. "Wer nicht
mit mir ist, der ist gegen mich"; 'wer nicht Mein Freund wird und in
Mir lebt, der ist Mein Feind und bleibt in der Sünde!' Es wäre
verständlich, wenn jetzt jemand fragen würde: wer kann da noch gerettet
werden?!
Es gibt keine "pilgernde Kirche", die irgendwo in der Welt umherpilgert
oder irgendwohin pilgert, und ebenso keine Kirche, die, wie das
Vatikanum 2 so abgründig unwahr gelehrt hat (Dogmatische Konstitution
über die Kirche, 1. Kap., Nr.6), "hier auf Erden in Pilgerschaft fern
vom Herrn lebt" – so vegetiert nur die 'römische Konzilskirche' -,
sondern nur ein "Ecclesea militans" auf dem Wege zum Kreuze Christi,
durch das der göttlichen Menschensohn für uns das Heil ermöglicht und
die Erlösung vollbracht hat, damals in der "Fülle der Zeit" und geltend
für immer, für alle Zeit. Kein lebendiges Glied der Kirche lebt fern
von Ihm, auch wenn er noch nicht vollkommen rein und heilig ist. Das
wissen Seine Schafe sehr genau, weil sie Ihn wirklich kennen und danach
streben, Seiner wert zu werden. Christus hat nur Seine Herde geliebt,
nicht jedoch die Herden "Fremder", und "sich selbst für sie hingegeben,
um sie zu heiligen und rein zu machen im Wasserbad durch das Wort" (Eph
5,25-26). Das Vatikanum 2 hat dies alles auf eine geschickte Weise
verfälscht und die ihm 'Glaubenden' ins Verderben geführt. Auf diesem
'unheiligen Konzil' waren, bildlich gesprochen, die alten
Hohenpriester, Schriftgelehrten und Pharisäer wieder aus den Gräbern
gekrochen, auferweckt von einem unwahren und unheiligen Geiste, der
dann in Rom sein 'neues Pfingsten' veranstaltete, das der Häretiker
Roncalli 'verheißen' hatte und worüber jeder Kleriker 'informiert' war.
Nur die Lügner und Heuchler haben später behauptet und das Märchen
verbreitet, sie hätten davon nichts gewußt. Jeder Katholik, der ein
Christ sein will, ist verpflichtet, diese falschen
'Frohbotschafts—apostel' und ihr sektiererisches Cliquenwesen mit den
Schwert—Worten Christi zu bekämpfen. Wo aber sind denn die scharfen
Schäferhunde der Herde Christi, die diese Falschmünzer und Wölfe im
Schafpelz aus dem Tempel treiben? Sind ihnen die Zähne ausgefallen? Wer
oder was hindert Katholiken denn daran, ihre schuldige Pflicht zu tun?
Etwa ihr 'religiöses Leben' in falscher Demut und knechtischer
Gesinnung? Warum erinnert man sich nicht (oder hat man bereits sein
Gedächnis verloren?) an den Weg, den der göttlichen Menschensohn
gegangen ist und der auf eine ähnliche Weise "in der Kirche fortlebt"?
Wer begreift noch wirklich die Heilswahrheit Seiner Worte und den
Heilssinn Seiner Werke? Wem ist dies alles noch lebendige Gegenwart und
bewußtseinsimmanent? Wer immer nur "sein" dürftiges, minder—wertiges
und auf den Tod bezogenes "Leben findet" und sich daran klammert, "der
wird es" auf eine heil—lose Weise "verlieren" und nie das wahre Leben
finden, zu dem man auf dem Wege Christi berufen ist und 'wandeln' soll.
Niemand rede von der "christlichen Existenz", die er angeblich lebt,
wenn er von dem auf sich zu nehmenden Kreuze und der Nachfolge Christi
im Gehorsam zu Ihm nichts weiß und von der "Krankheit zum (ewigen)
Tode" befallen ist. Ähnlich verhält es sich bei dem sog. "christlichen
Gebetsleben", so daß man sich gar nicht darüber zu wundern braucht,
wenn Gott diese 'inbrünstigen Gebete' niemals erhört, da es sich in der
Regel um egoistische und sinnwidrige Bittgebete handelt, die Gott in
Wahrheit beleidigen. Warum soll man beten, obwohl man weiß und wissen
kann, daß Gott nicht zum Bösen versucht: "und führe uns nicht in
Versuchung"?! Wer weiß noch, daß und warum das christliche Gebet kein
Akt des Glaubens, sondern ein Akt der Religion ist? Und wie ist es doch
heutzutage so schön und ungefährlich, als 'Christ' ein Jude und Heide
zugleich zu sein, da ja Christus schließlich 'alle Menschen erlöst
hat', sagen die Leute. Wir aber fragen: wovon eigentlich und zu welchem
Zweck? Aber warum gehen dann so viele 'liebe Mit—menschen' nach wie vor
so leicht und frohgemut ins Verderben? Wem folgen sie nach? Denn jeder
folgt jemandem nach, da man sich selbst nicht nachfolgen kann. Im
übrigen ist es auch dann eine schwere Beleidigung Jesu Christi und
Seines Vaters, wenn man Ihn nur über Buddha, Sokrates Abraham oder
Moses stellt oder hochmütig von einer "Sache Jesu" redet, die "weiter
geht", so als ob das heilige und heiligende Werk Christi von Menschen
abhängig sein würde, insbesondere 'natürlich' von klerikalistischen und
modernistischen 'Theologen'. Warum ging denn die "Sache Jesu" auf
Seinem Wege nach Gologotha nicht unter, worauf doch das "verderbte
Geschlecht" des Tempeljudentums und der Herodianer gehofft hatte. Man
war verblendet und kalkulierte falsch, als man sich sagte: die Tötung
des Hirten in aller Öffentlichkeit wird auch seine Herde treffen und
den Weg frei machen für die Wölfe, um leichter über sie herfallen zu
können. Auch heute wird der einzig und allein "gute Hirt" und "rex
Christus" im Bewußtsein der Menschen auf die verschiedenste Weise
umgebracht und ausgetilgt. Zudem geschieht dies mit System und Methode
und global, was auf einen anderen Lenker und Herrscher schließen läßt,
der sich wie ein "Engel des Lichts" aufspielt, so daß ihm viele mit
Begeisterung folgen. Die Menschen sind nur ihrer Wesens—Natur nach
gleich, nicht aber sind sie alle gleich oder untereinander gleich und
auch nicht vor Gott gleich. Darum sind auch weder im Himmle noch in der
Hölle alle gleich. Ja nicht einmal der leibliche Tod macht alle gleich,
wie unverweste Leiber von Heiligen beweisen, die an sich hätten verwest
sein müssen, da andere unter den gleichen Bedingungen und Umständen
sofort in Verwesung übergingen. Gott, der Vater, ist genau so wenig wie
Jesus Christus ein Gleichmacher. Darum besteht sogar im Hinblick auf
die Heiligkeit ein erheblicher Unterschied zwischen dem "Reinsein" und
der "Makellosigkeit". Die Kirche in ihrer Ganzheit aber ist nur heilig
in ihrem göttlichen Gründer und Erlöser.
Im Gründungsprozeß (nicht außerhalb desselben) einer und Seiner
Ek-klesia zog der göttliche Menschensohn aus Gnade und Barmherzigkeit
viele (aber noch nicht alle) an sich und begründete dadurch ihr
Heiligwerden—Können auf eine doppelte Weise, in der eine Ordnung in
Erscheinung trat, die für das Sozial—Gebilde der Kirche und sein Leben
wesentliche ist: zunächst onto—logisch durch die (intellektiv) zu
erfassende und (voluntativ) zu ergreifende Heils—Wahrheit Seiner Worte
– denn nur diese Wahrheit bringt Licht in den menschlichen Geist und
macht frei von einem falschen Denken und Wollen - ; und dann ontisch
durch "das Tun der Wahrheit", d.h. durch die tatsächliche Befolgung
Seiner Worte und Gebote sowie durch Seine Nachfolge auf dem Wege einer
willigen Annahme bzw. Aufsichnahme eines (unseres) Kreuzes um
Seinetwillen und aus selbstloser Liebe zu Ihm, die den Charakter der
Hingabe an sich trägt. Nur unter diesen Voraussetzungen wird Sein Joch,
das ein Joch bleibt, sanft und Seine Bürde, die eine Bürde bleibt,
leicht. Alles andere ist dumpfe Sentimentalität, religiöse
Gefühlsduselei, geistlose Religiosität und abartiges Christentum. Der
hl. Paulus kannte seine sich in ihrer "gläubigen" Selbsteinschätzung
maßlos überschätzenden Pappenheimer, als er schrieb: entfernt euch
nicht und weicht nicht ab, sondern "haltet fest am Wort des Lebens";
bildet euch nichts ein und vertraut nicht auf euch selbst, sondern
"wirkt euer Heil mit Furcht und Zittern" und "gehorsam", d.h. in
schuldigem Gehorsam gegenüber den heiligenden Geboten Christi. Denn
allein "Gott ist es, der in seiner Heilsabsicht in euch das Wollen
bewirkt wie auch das Vollbringen" (Phil 2,16, 12-13), nicht ihr selbst.
Im übrigen sollte ein erwachsener Mensch, der ein 'mündiger Christ'
sein will, sich darüber klar werden (denn jeder geht auf den Tod zu),
daß ein Gerettet—werden durch den heils—notwendigen wahren Glauben an
Ihn, der bereits vor der Verdammnis bewahrt, dennoch nicht dasselbe ist
wie ein Heilig—werden durch Ihn. Daraus aber folgt nicht, daß diese
beiden Sach—verhalte voneinander getrennt werden könnten. Denn das sog.
"Gesetz der Gnade" ist ein einfach—eines. Man kann es als eine Art
'Rahmengesetz' bezeichnen, da es sich auf die Einheit der menschlichen
Wesens—Natur bezieht, um sie zu heiligen und in ein übernatürliches
Leben zu erheben, das der Mensch durch eigens Verschulden verloren
hatte. Alles hängt von der göttlichen Gnade ab und einer gerichtlichen
Begnadigung des Menschen, der dem leiblichen Tode verfallen und dem
Ewigen Tode ausgesetzt ist. Darum offenbarte Christus: "Denn wie der
Vater die Toten erweckt und lebendig macht, so macht auch der Sohn (=
der göttlichen Menschensohn), die er will, lebendig. Ja, es richtet der
Vater auch niemand, sondern er hat das ganze Gericht dem Sohn
übergeben, damit alle den Sohn ehren, (genau so) wie sie den Vater
ehren. Wer den Sohn nicht ehrt, der ehrt den Vater nicht, der ihn
gesandt hat" (Joh 5,21-23). Als Christus nach der Überzeugung
irrgläubiger Juden den 'heiligen Sabbat' brach und angeblich dadurch
eine Todsünde beging und dann zu ihnen auch noch sagte "Mein Vater
wirkt bis jetzt, und auch ich wirke" (genau so wie er), da kam der
blanke Haß zum Vorschein, denn "daraufhin trachteten die Juden noch
mehr, ihn zu töten, weil er nicht nur den Sabbat brach, sondern sogar
Gott Seinen Vater nannte und damit sich Gott gleichsetzte" (Joh
5,17-18). M.a.W.: auch die "kleine Herde" der "Ecclesia sua" 'wandelte'
bereits auf des Messers Schneide und wurde von einem
feindselig—tödlichen Übel ("malum hostile", Thomas von Aquin) bedroht.
Christus aber tat nichts, um Seine Schaft zu 'trösten' oder ihnen Mut
zu machen, sondern verwies sie auf das Kreuz und verlangte Nachfolge.
Schon der Gründungsprozeß der Kirche beweist, daß es keine 'christliche
Liebe' gibt, die stärker ist als der Tod, mit welcher Behauptung schon
früher der Geist der 'Gläubigen' verwirrt wurde, sondern nur eine
Liebe, die so stark ist und sein kann wie der Tod. Diese Liebe aber
zeigt sich allein in der Liebe zum göttlichen Menschensohn durch freie
und willige Unterwerfung unter Seine Offenbarungswahrheit sowie in
einer Hingabe unseres Lebens an Ihn. Der Extremfall aber ist ein
moralisch unverschuldetes Martyrium um Seinetwillen, das allerhärteste
Zeichen und Kreuz—Zeichen der Treue. Nur die Liebe Christi ist stärker
als der Tod. Und warum? Nun, weil nur Seine Liebe eine Erlösungs—liebe
ist und weil nur Er die Macht hat, die Ihn wirklich und wahrhaft
Liebenden in Seinen Tod und in die Auferstehung zum Ewigen Leben zu
ziehen. Dies aber geht nicht ohne das Erkennen und Tun der
Heils—Wahrheit auf einem Kreuz—Wege. Es war immer schon 'verdammt
leicht', den 'lieben Gläubigen' pathetisch zu predigen, "ziehet
Christus an", wenn Prediger nicht einmal gewußt haben, was dies
eigentlich bedeutet. Mit inhaltlich leer gewordenen Worten wurde der
Heilige und heiligende "Geist Christi" 'exorzisiert'. Noch nie war es
leicht und ein Kinderspiel gewesen, "reinen Herzens" zu werden,
geschweige denn zu sein. Doch davon hatte man ja schon lang nichts mehr
gewußt, angefangen mit der neuzeitlichen Verdrehung der
christlich—religiösen Moral in einen blinden und entnervenden
Gesinnungs—Moralismus und –Subjektivismus, der den Tod in sich trug.
Nun aber setzte das Heiligwerden—Können der ins Leben gerufenen "una
Ecclesia" in ihrer Ganzheit noch etwas anderes als unbedingt notwendig
voraus, das sich nicht bloß auf einige wesentlichen Teile derselben
bezog (d.h. auf die durch Erwählung Christi direkt Berufenen und
Herausgerufenen, von denen wir obern sprachen), sondern auf alle Teile
der Glieder gleichermaßen, um sie dafür dispositive zu befähigen oder
geeignet zu machen (causa dispositiva vel disponens), da niemand aus
sich selbst und durch sich selbst in seiner geistigen Seele rein und
heilig werden kann (auch nicht wenn jemand ins Kloster geht und
vermeintliche 'der Welt entsagt', was sich nicht wenige nur
einbildeten). Darum "gab" der göttlichen Menschensohn "allen", die Ihn
wirklich aufnahmen, wahrhaft (ungeheuchelt) an Ihn glaubten und "aus
Gott geboren sind", Vollmacht (= eine machtvolle Befähigung, potentia
spiritualis), "Kinder Gottes zu werden" (Joh 1,12-13) (aber nicht
'Kleinkinder' oder 'liebe Kindlein', sondern Söhne und Töchter durch
Adoption). Damit aber stehen wir im Gründungsprozeß der Ek-klesia vor
einem Vorgang, der wiederum einzigartig ist und den es
heilsgeschichtlich vor Christus nicht gegeben hat. Auch diese Sache
wiederholt sich im sozialen 'Lebekörper' der Kirche auf eine
eigentümliche und ihm eigene Weise, da er ja durch Christus ein
Eigenwesen besitzt, das wiederum nur in Ihm sein entitatives
übernatürliches und natürliches Fundament hat. Wer diese Sache
übersieht oder nur falsch einordnet, verkennt und verfälscht das Wesen
der Kirche und kommt nie zu einem sachgerechten und vernünftigen
Kirchenbegriff. Die Folge davon aber war und ist immer noch u.a. ein
ganz übler Klerikalismus, der in dem bekannten Worte von der "Klerisei"
zum Ausdruck kam.
Nebenbei sei bemerkt und eigens darauf hingewiesen, daß unter den
Kirchenvätern auch der hl. Augustinus in seinem Johanneskommentar die
nämliche Textstelle mißverstanden und die hier vorliegende Problematik
einfach übersprungen hat. Erst der hl. Thomas von Aquin hatte Licht in
die Sache gebracht, da er sich nicht von einem, wie Pius XII. sagte,
"falschen Mystizismus" infizieren ließ. Schon der alte, vor allem aber
der neuzeitliche Augustinismus war eine Brutstätte für Mystizismen, von
denen auch der hl. Franz von Sales (1567-1622) nicht ganz frei war und
noch viel weniger seine 'Nachfolger'. (Bei den echten Mystikern, z.B.
dem hl. Johannes vom Kreuz oder der hl. Theresia von Avila, ist nichts
davon zu entdecken und zu spüren.) Man muß den lebendigen Anfang des
Seins und Werdens der Kirche intellektiv erfassen, um Einsichten in ihr
Wesen zu gewinnen, nicht aber sozusagen das Pferd am Schwanze aufzäumen
wollen, wie es so oft im Rahmen der "traditio ecclesiastica" geschehen
ist, die nicht selten maßlos überschätzt wurde. Von der "traditio
divino—apostolica" aber wußte man herzlich wenig.
Vor Christus gab es weder eine Kirche noch Christen, d.h. Menschen, die
aus Gott geboren waren und die "potentia spiritualis" besaßen, Kinder
Gottes zu werden. Nicht einmal die sog. "Gerechten" des Alten Bundes
waren Kinder Gottes, auch nicht im uneigentlichen Sinne. Darum hatte
Christus zum Ratsherrn Nikodemus, der davon aber auch gar nichts wußte
und in heilsgeschichtlichen Illusionen lebte, mit Nachdruck gesagt:
"Wahrlich, wahrlich, ich sage dir: Wenn einer nicht geboren wird von
oben her, kann er das Reich Gottes nicht schauen." "Ihr müßt geboren
werden von oben her." (Joh 3,3;3,7) M.a.W.: ein noch so werthaftes und
hochgeschätztes Geboren—werden von unten her, d.h. auf dem Fundament
und dem Vermögen der reinen Wesens—Natur des Menschen, die eine
leibliche und geistige Substanzialeinheit ist, wäre im Hinblick auf
sein übernatürliches Heil, das in der verheißenen "visio beatifica"
besteht, dennoch wertlos und ohne Bedeutung. Dies sollte man sich
heutzutage einmal deutlich zu Bewußtsein bringen, anstatt in seiner
'Christlichkeit' auf religiösen Irrwegen zu 'wandeln'. Nikodemuns
verstand diese Offenbarungswahrheit nicht, sondern "wunderte" sich nur.
Aber auch die Apostel dürften sie seinerzeit noch nicht verstanden
haben, wie aus anderen Schriftstellen hervorgeht. Doch darüber braucht
sich niemand zu wundern. Denn diese Sache ist nun einmal nicht so
leicht zu verstehen. Es setzt nämlich auch das "von oben her" oder "aus
Gott" Geboren—werden und -sein eine Zeugung voraus, da nichts geboren
werden kann, das nicht zuvor gezeugt worden ist, gleichgültig ob auf
eine natürliche oder übernatürliche Weise. Bereits das Übersehen dieses
Faktums hat immer schon auf mystizistische, dunkle und verworrenen
Abwege geführt, die dann durch nichts mehr 'geheilt' werden konnten.
Auch das ist ein Faktum.
Nun aber hat Gott, wie durch göttliche Offenbarung und Vernunft gewußt
werden kann, noch nie einen Menschen oder gar einen 'neuen Menschen'
gezeugt. (Eine solche 'Weisheit' ist nichts anderes als neuplatonischer
oder idealistischer Mystizismus und Gnostizismus.) Daraus jedoch folgt
unmittelbar: weder Gott, der Vater, noch Gott, der Heilige Geist,
sondern nur Gott, der Mensch gewordene Logos—Sohn, der göttliche
Menschensohn, zeugt auf eine geistig—übernatürliche Weise den auf den
Weg zur Heiligkeit ge—rufenen 'neuen Menschen', damit ein jeder Mensch
"von oben her" oder "aus Gott" geboren werde und ein "Kind Gottes"
werden kann. Diese Zeugung aber geschieht durch die heiligende Wahrheit
Seines Wortes und Sein heiligendes Tun oder Tatwirken in einem
Erlösungs—Werk, das nur Er zu vollbringen die Macht hatte. Der
hl.Paulus fomuliert den gleichen Sachverhalt in aller Kürze so: "Aus
ihm (Gott) aber seid ihr in Christus Jesus (d.h. nur durch den
göttlichen Menschensohn), der uns von Gott zur Wahrheit geworden ist,
zur Gerechtigkeit, Heiligung und Erlösung" gezeugt geworden (1 Kor
1,30), so daß wir Kinder Gottes werden können. Unter "Zeugung", was
nicht mit einer Er—zeugung von etwas verwechselt werden sollte, aber
versteht man schon im allgemeinen "die Hervorbringung eines anderen
lebendigen Wesens in die Ähnlichkeit von etwas gleicher Art" (Thomas
von Aquin). So kann z.B. schon im natürlichen Bereich ein Sohn dem
Vater oder eine Tochter der Mutter 'verblüffend ähnlich' sein (aber
nicht umgekehrt, weil hier eine Ursprungsrelation vorliegt). Nur der
göttliche Menschen—sohn, "der heilige Gottes", der da ist "voll Gnade
und Wahrheit", zeugt auf eine geistig—übernatürliche Weise 'Heilige',
d.h. Er bringt Menschen hervor, die Er in die Ähnlichkeit Seiner selbst
nach Seinem Willen und nach Seiner Zumessung der Gnade, einer wirklich
heilig—machenden (gratia sanctificans), erhebt und umwandelt (nicht
jedoch ver—wandelt, sondern nur um—gestaltet). Diesen sich auf die
seelisch—geistige Natur des Menschen beziehenden übernatürlichen Akt
und Vollzug hat Christus als "Wiedergeburt" bezeichnet, als ein
übernatürliches Neu—geboren—werden "aus Gott", das durch Christi Taufe
geschieht und sich auf alle Menschen beziehen kann und auch sollte. Nur
"wer glaubt (= den wahren Glauben besitzt) und sich taufen läßt, wird
gerettet werden" (Mk 16,16), und er wird dadurch auch die dispositive
"potentia spiritualis" erhalten, als ein "Kind Gottes" das Ewige Leben
in der "visio beatifica" zu erlangen. Diese Aussage Christi bezieht
sich nicht bloß auf die Erwachsenen, sondern auch auf die unmündigen
Kinder. Darum sagte Christus ausdrücklich zu den noch unverständigen
Jüngern und Aposteln: "Lasset (auch) die Kinder zu mir kommen und
wehret es ihnen nicht; denn (sogar) für solche ist das Himmelreich!"
(Mt19,14), nämlich aufgrund der heilig—machenden Gnaden—Gabe Seiner
Taufe, und dann "legte er ihnen die Hände auf" als ein sichtbares
Zeichen hierfür; doch notwendig war das nicht, da bei Christus Sein
Wort und ein einziges Wort genügt hat, um einen Menschen vom ewigen
Tode der Hölle zu erretten. Dieses unmittelbare Rein- und
Heilig—machen, das die Schuld der Erbsünde und die Schuld persönlicher
Sünden tilgte (auslöschte), vermochte nur der göttliche Menschensohn zu
erwirken. Kein Mensch hat dazu aus sich selbst und durch sich selbst
diese Macht.
Dies alles läßt sich mit Thomas von Aquin auf die kurze Formulierung
bringen: in der eine Zeugung voraussetzenden Wiedergeburt erweitert
sich die heiligende "causa disponens" zu einer verähnlichenden "causa
congruitatis: nam causa nostrae regenerationis est Verbum incarnatum,
quia enim Christus dedit eis potestatem filios Dei fieri." Hier sei nur
noch darauf hingewiesen, daß vor dem Erlösungstode Christi in seinem
Auftrag nur der Vollzug des Sakramentes der Taufe überflüssig gewesen
war, nicht aber die heiligende Taufe selbst "aus Wasser und Geist."
Darauf wieß bereits der hl Johannes der Täufer hin, indem er sagte:
"Ich taufe euch mit Wasser zur Bekehrung; der aber nach mir kommt, ist
stärker als ich; ich bin nicht würdig, ihm die Schuhe zu tragen. Der
wird euch taufen mit Heiligem Geiste und mit Feuer" (Mt 3,11). Wie
konnte man bloß auf den absurden Gedanken verfallen, der göttlichen
Menschensohn habe nicht getauft? Ja, jedes mündige Glied der Kirche,
das Er getauft hatte, besaß ebenfalls die Vollmacht, zu taufen. Oder
war der hl. Paulus etwa nicht getauft?! Gewiß war er das, aber weder
von Christus selbst noch von einem Apostel noch von einem Priester,
sondern von einem Jünger Christi in Damaskus. Doch zugleich wurde der
zuvor zur Strafe physisch blind gemachte Saulus auch "sehend und vom
Heiligen Geiste erfüllt" (Apg 9,17-18), was mit seinem besonderen
apostolischen Auftrag zusammenhängt, den er von Christus unmittelbar
empfangen hat.
Es war heilgeschichtlich notwendig, daß sich bereits im Gründungsprozeß
der sozialen "una Ecclesia" ihre Heiligung durch den göttlichen
Menschensohn vollziehen mußte und dabei alle ihre lebendigen Glieder
miteinbezog, damit auch wirklich und wahrhaftig eine "sancta Ecclesia"
werde – aber immer nur auf einem Kreuz—Wege, was viele, die sich
großspurig Christen nennen, nicht wahr haben wollen. Darum galt für
jede Zeit des Reiches Gottes 'in der Welt' das Wort seines "rex
Christus": "Fürchte dich nicht, du kleine Herde! Denn es hat eurem
Vater gefallen, euch das Reich zu geben" (Lk 12,32). Warum versteht man
heutzutage weitgehendst auch den programmatischen Satz des hl. Paulus
nicht mehr, als er schon damals forderte: "Ein Herr, ein Glaube, eine
Taufe" und dann darauf hinwies: "Einem jeden aber unter uns wurde die
Gnade verliehen nach dem Maß der Gabe Christi" (Eph 4,4;4,7). Darum
kann sich niemand darauf herausreden, Gott oder Christus habe ihm die
Gnade verweigert oder nicht zureichend gegeben, um ein lebendiges Glied
der "una et sancta Ecclesia" zu werden und zu sein. Ein Glied der
Kirche aber stirbt ab und wird zum Ballast eines "toten Gliedes", wenn
es sein Kreuz nicht annimmt und auf sich nimmt und die Nachfolge
Christi nicht leistet; gleichgültig wie, wenn dies nur tatsächlich
geschieht. Die Ek—klesia ist kein plötzlich vom Himmel
heruntergefallenes "Haus Gottes" auf Erden, das irgendwo steht und das
man wie einen Palast ('voll Glorie schauet') besichtigen könnte, aber
auch keine "heilige Stadt auf dem Berge", zu der man hinpilgern oder
wallfahren könnte, um dort ein großes Fest zu feiern und dann wieder
'freudig bewegt' nach Hause zu gehen, sondern sie ist ein lebendiges
Sozial—Gebilde im Menschengeschlecht und unter den Menschen, das sowohl
natürlichen als auch übernatürlichen Ursprungs ist und das die Bürde
und das Joch Christi trägt. Dies lehrt schon ihr Gründungsprozeß, der
sich heils—geschichtlich ständig wiederholt, solange echte Christen 'in
dieser Welt' existieren. Sie besteht 'in dieser Welt' auch nicht aus
Heiligen (aber auch nicht aus Todsündern), sondern aus Menschen, die,
wenn sie einmal das Tauf—Sakrament empfangen haben, im Sinne Christi
wahr, gerecht und heilig werden sollen und was sie mit Hilfe Seiner
Gnade auch können, sofern sie dazu willens sind. Zwingen tut sie
niemand, nicht einmal Gott, da er den Menschen die Möglichkeit gegeben
und gelassen hat, sich frei entscheiden zu können, sei es zum Guten
oder zum Bösen, zum Heil oder zum Unheil, zum Ewigen Leben oder zum
ewigen Verderben. Sicherlich will Gott, daß alle Menschen vom ewigen
Tode gerettet werden und das Ewige Leben erlangen – aber eben nur durch
Christus und nur auf Seinem Wege. Denn Er allein "IST der Weg" und hat
ihn auch aufgezeigt. Für alle erwachsenen Glieder der Kirche aber gilt
die alte, harte Heilswahrheit, von der der hl. Paulus so viel gewußt
hat: wirket euer Heil mit Furcht und Zittern aufgrund einer wahren
Hoffnung (anstatt in Vermessenheit) und solange es Tag ist; denn es
kommt die Nacht, wo niemand mehr wirken kann.
Über 'Christentum und Kirche' wurde immer schon viel und oft geredet,
aber ohne dabei die Wesens—Gestalt des göttlichen Menschensohnes klar
erfaßt zu haben, der als Mensch, d.h. in Seiner heiligen Menschheit,
das HAUPT der Kirche ist, als Gott jedoch ihr HERR. Ein Papst ist weder
das Haupt noch der Herr der Kirche, sondern ein sündiger Mensch und ein
Glied derselben, auch wenn es 'heilige Päpste' gegeben hat. Im übrigen
sind Christus und Seine Ek—klesia nicht identisch. Auch dies beweist
bereits ihr Gründungsprozeß, und das wissen alle Glieder, die sich auf
dem Wege der Nachfolge Christi befinden. Zu erwähnen aber sei noch, daß
die reale Kirche weder ein "Ur—sakrament" noch ein "Sakrament des
Heils" ist; vielmehr besitzt sie nur heilige Sakramente, d.h.
heiligende Gnaden—Mittel, die ihr Christus aus Gerechtigkeit und Liebe
hinterlassen hat, um ihren Angehörigen den Weg zum Heil zu erleichtern
und sicherer zu machen, angefangen mit dem tatsächlichen Ur—Sakrament,
nämlich der sakramentalen Taufe, ohne die alle übrigen Sakramente
nichtig sind. |