DER HL. KLEMENS MARIA HOFBAUER
von
Eugen Golla
Sein Leben, welches sich vom Rokoko Maria Theresias bis in die
Biedermeier-Zeit Metternichs erstreckt, war ein gewaltiges, ja man kann
sagen, kaum glaubhaftes Wirken im Dienste der religiösen und sittlichen
Erneuerung seiner Zeitgenossen, deren Glaube und Moral durch die
josephinische Aufklärung, die Französische Revolution und die
napoleonischen Kriege Schaden erlitten hatte. Sein unermüdlicher
Einsatz, der ihn als einen zweiten Canisius erscheinen läßt, erweitert
seine Biographie zu einem Stück Kirchen-, Welt-, ja Geistesgeschichte
und beweist, wie verdient der ihm verliehene Ehrenname "Apostel Wiens"
ist Nicht sehr weit von der Kaiserstadt entfernt, etwa auf halben Wege
nach Bruiti im fruchtbaren Südmähren, liegt Taßwitz, wo Klemens Maria
Hofbauer am 26. Dezember 1751 als neuntes von zwölf Kindern des
tschechischen Metzgers Dvorak, der seinen Namen in Hofbauer
verdeutschte, und einer Deutschen, das Licht der Welt erblickte. Bevor
er sein 7. Lebensjahr erreicht hatte, starb der Vater, so daß
frühzeitig die ganze Verantwortung für die Erziehung des kleinen
Johannes - dies war sein Taufname - auf seiner sehr gottesfürchtigen
Mutter lastete. Daß er nicht nur religiös veranlagt war, sondern
bereits im Kindesalter auch anderen schon gute Ratschläge erteilen
konnte, sieht man daran, daß er Leuten, die sich langweilten, empfahl:
"Wenn Sie nichts zu tun haben, sollen Sie beten!"
Des Knaben sehnlichster Wunsch war es, Priester zu werden. Die
minderbemittelte und kinderreiche Witwe war natürlich außerstande, die
Kosten für ein Studium aufzubringen, sie mußte sogar froh sein, daß
Johannes als Bäckerlehrling in der nicht weit entfernten Stadt Znaim
arbeiten konnte. Geselle geworden, trat er seine erste Wallfahrt nach
Rom an. Wie es in damaligen Zeiten für die ärmeren Klassen
selbstverständlich war, unternahm er die weite Reise zu Fuß, was zwei
Monate in Anspruch nahm. Aus Rom zurückgekehrt, begann er als Bäcker im
Prämonstratenser-Stift Klosterbruck in Südmähren zu arbeiten, wohl ohne
Hoffnung, daß sein Wunsch, Priester zu werden, jemals in Erfüllung
gehen würde. Aber gerade im Kloster zeichneten sich die ersten Schritte
zur Realisierung dieses Zieles ab. Ein wohlhabender Vetter von ihm, der
in dieses Kloster eingetreten war, ermöglichte ihm die Aufnahme in das
Stiftsgymnasium; die Kosten dafür verdiente er sich als Tafeldecker. Im
Jahre 1777, also mit 26 Jahren, schloß er sein Studium an der
Klosterschule ab. Nichts wäre natürlicher gewesen, als sich nun als
Novize ins Kloster aufnehmen zu lassen bzw. um diese Aufnahme zu
bewerben. Aber ihn stieß der Reichtum dieses Klosters ab... und zum
Eintritt in ein Priesterseminar fehlte ihm noch ein zweijähriger Kurs
in Philosophie.
So machte sich der junge Mann wiederum auf den Weg nach Rom. Über diese
Reise existieren keine genaueren Berichte. Fest steht nur, daß er im
Eremitengewand in seine Heimat zurückkehrte, nachdem er in Tivoli die
Profeß abgelegt und den Ordensnamen Klemens angenommen hatte. Er
errichtete nun in der Nähe von Taßwitz eine Einsiedelei und begleitete
als Bruder Klemens Wallfahrer in eine nicht weit entfernte
Wallfahrtskirche, wobei er ein großes Kreuz auf seinen Schultern trug.
Diese Lebensweise vermochte ihn jedoch auf Dauer nicht zu befriedigen;
denn mehr denn je verlangte es ihn danach, ein Apostolat auszuüben, was
allerdings eine theologische Ausbildung erforderte. Bereits ein Jahr
nach dieser Feststellung unterzog er sich daher dem Studium der
Katechetik in Wien, wobei er seinen Lebensunterhalt wiederum als
Bäckergeselle verdiente. Obwohl sein Meister es gerne gesehen hätte,
wenn er seine Tochter geheiratet hätte, um auch später das Geschäft zu
übernehmen, blieb Klemens seinem Vorsatz treu. Als er einmal im
Stephansdom ministrierte, besorgte er drei Töchtern eines hohen Beamten
eine Kutsche, weil plötzlich ein heftiger Regen einsetzte. Als er bei
dieser Gelegenheit von seinem Leben und seinem sehnlichen Wunsch,
Priester zu werden, berichtete, boten ihm diese drei jungen Damen an,
ihm zu helfen und ihn auch finanziell zu unterstützen. So begann er
schließlich im Jahre 1780 mit dem Studium der Theologie und Philosophie
im Wien Kaiser Josephs II., dessen Aufklärung und eine vom Jansenismus
stark beeinflußte Kirchenpolitik - bekannt geworden als Josephinismus -
eine völlige Neuordnung des Verhältnisses von Kirche und Staat, aber
auch schwerwiegende Eingriffe in das innerkirchliche Leben als Programm
hatte.
Hofbauer, dessen Glaube sein ganzes Leben hindurch frei von inneren
Krisen, Problematik und Zweifeln geblieben ist, konnte auch ein
Theologiestudium, für welches der Kaiser sogar die Lehrbücher, vielfach
sogar protestantisierende, ja einfach häretische, vorschreiben ließ,
und dessen Professoren teilweise sogar glaubenslos waren, nicht vom
rechten Weg ablenken. Einmal aber wurde es sogar diesem Dulder zu bunt,
er konnte sich nicht mehr zurückhalten und unterbrach den Vortrag eines
Dozenten mit den Worten: "Herr Professor, was Sie da lehren, ist nicht
mehr katholisch", und er verließ den Hörsaal. Damals wie heute gilt: es
ist einfacher, stumm zu bleiben.
Als 1784 Kaiser Joseph II. die Generalseminare einführte, d.s.
Anstalten, in welchen die Seminaristen unter staatlicher Aufsicht auf
das Priestertum vorbereitet wurden, verließ Klemens Wien und trat seine
dritte Reise in die ewige Stadt an, zumal die vom Kaiser befohlene
Aufhebung der meisten Klöster den Eintritt in eine Ordensgemeinschaft
fast unmöglich gemacht hatte. In Rom angekommen, trat er in die gerade
gegründete Kongregation des Allerheiligsten Erlösers ein, den
Redemptoristenorden, dessen Gründer, der hl. Alfons von Liguori, damals
schon hochbetagt, noch lebte. Klemens und sein ihn begleitender Freund
waren die ersten deutschen Mitglieder dieses Ordens, dessen
Haupttätigkeit auf dem Gebiete der Volksmission, der Exerzitien sowie
der Jugenderziehung liegt. Die Priesterweihe erhielt er am 29. März
1785, wahrscheinlich vom Bischof von Alatri im Kirchenstaat.
Gleichzeitig fügte er seinem Eremitennamen Klemens noch den der hl.
Maria bei. Im Herbst desselben Jahres kehrte er mit seinem Freund nach
Wien zurück, voll Verlangen, in Österreich als Priester eingesetzt zu
werden, um nach Möglichkeit auch Ordensniederlassungen in seiner Heimat
zu gründen. Zunächst gab es aber nichts als Enttäuschungen, und er
mußte froh sein, als Ersatz in Warschau ein schier unermeßliches und
zugleich dornenreiches Arbeitsfeld zu erhalten, auf dem er die nächsten
zwanzig Jahre wirkte und welches ihn festhielt. In der polnischen
Hauptstadt war an die dem hl. Benno geweihte Kirche eine Bruderschaft
angeschlossen, welche die Aufgabe hatte, Ausländer, insbesondere
Deutsche, zu betreuen. Klemens Maria übernahm die Kirche mit der
Verpflichtung, für die Deutschen Gottesdienste zu halten, sich der
Armen anzunehmen und eine Armenschule zu errichten. Gerne übernahm er
diese Aufgaben, wobei er sich nicht damit begnügte, sich lediglich der
Pflegebedürftigen anzunehmen, die zu ihm kamen. Zugleich sammelte er
die verwahrlosten Kinder von der Straße, reinigte sie, entfernte ihr
Ungeziefer, kleidete sie ein und ging auch für sie betteln. Bei solch
einem Bettelgang geschah es, daß ein Kartenspieler ihm ins Gesicht
spuckte. Hofbauer blieb ruhig, putzte sein Gesicht und wandte sich dann
an den Kartenspieler mit den Worten: "Das war für mich, geben Sie mir
jetzt auch etwas für meine armen Kinder!" Beschämt spendete dieser Mann
eine große Summe, später ging er sogar zu ihm, um zu beichten.
Als 1795 die Preußen, die Russen und die Österreicher das noch übrig
gebliebene Königreich Polen unter sich aufteilten, fiel Warschau an
Preußen. Damals begann der Redemptoristenorden sich rasch auszubreiten.
Es traten Novizen ein, man zählte acht Patres und 16 weitere
Ordensmitglieder. Hofbauer lag neben der Betreuung der Ärmsten ganz
besonders das Laienapostolat am Herzen. Er hielt gleichsam eine
immerwährende Mission, um die Sittenlosigkeit einzudämmen und den wenig
gefestigten Glauben zu stärken. So hielt er in St. Benno allein in
einem Jahr einmal insgesamt 2000 Predigten auf Deutsch und Polnisch ab.
Auch Protestanten, besonders preußische Beamte und Offiziere, die
anfangs nur wegen der vortrefflichen Kirchenmusik kamen, wurden bald
eifrige Zuhörer. Und so sah die Gottesdienstordnung für St. Benno für
die Sonn- und Feiertage aus:
5 Uhr: Unterricht für Hausgehilfen und -gehilfinnen, anschließend hl. Messe;
6 Uhr: Segensmesse vor dem ausgesetzten Allerheiligsten mit
Volksgesang; dann eine Predigt in polnischer Sprache; während der
Predigt eine hl. Messe für die, welche nicht Polnisch verstanden;
8 Uhr: Choralamt mit deutscher und polnischer Predigt;
10 Uhr: feierliches Hochamt;
14 Uhr: Christenlehre für Kinder;
15 Uhr: die Bruderschaft singt die kleine Tageszeit zu Ehren der Muttergottes;
16 Uhr: Predigt auf Deutsch, feierliche Vesper, polnische Predigt; Besuch des Allerheiligsten.
Während der Zeit, in der Klemens Maria in St. Benno wirkte, wuchs die
Zahl der Kommunionempfänger von 2000 im Jahre auf über 100 000.
Preußen hatte schon durch seine Eroberung Schlesiens eine große Anzahl
von katholischen Christen eingegliedert bekommen und mußte daher schon
seine bloße Duldung des Katholizismus aufgeben. Dennoch konnte sich die
Regierung von dem Gedanken einer kirchlichen Jurisdiktionsgewalt auch
über die Katholiken nicht lossagen, wodurch - bedingt durch die
protestantische Bürokratie - es immer wieder zu Schikanen und
Konflikten zwischen Regierungsstellen und katholischen Einrichtungen
bzw. Personenkreisen kam. So verbot Preußen Novizen, die jünger als 24
Jahre waren, in die Ordensgemeinschaften aufzunehmen, was die Probleme
des priesterlichen bzw. mönchischen Nachwuchses nicht gerade
abmilderte. Klemens Maria sah sich deshalb gezwungen, seine Bemühungen
zu verstärken, den Redemptoristenorden in Ländern außerhalb Preußens
bzw. außerhalb seines Hohheitsbereiches auszubreiten. Von diesen neuen
Gründungen waren die am meisten Erfolg versprechenden die
Niederlassungen in Triberg im Schwarzwald sowie in Jestetten bei
Schaffhausen. Sie gehörten zum Bistum Konstanz, dessen Generalvikar
Wessenberg war. Dieser Vorläufer der 'Konzilskirche', der das
katholische Christentum nach dem Vorbild "der ersten Jahrhunderte
'reiner' gestalten wollte und u.a. auch ein deutsches reformiertes
Rituale einführte, mußte in Hofbauer und seinen Redemptoristen einen
gefährlichen Gegner sehen. Seinen Intrigen gelang es, sie zu
vertreiben, wobei er sich der Beihilfe der Regierung bediente.
Schon trug sich Klemens Maria mit dem Gedanken, nach Kanada
auszuwandern. Da setzte Napoleon seine Eroberungszüge durch Europa
weiter fort und besiegte Preußen, das ihm den Krieg erklärt hatte. Aus
dessen polnischen Besitzungen schuf nun Napoleon einen französischen
Vasallenstaat, das Herzogtum Warschau. Als der französische Marschall
Davout, der Militärkommandant von Warschau, aus Zeitungsnachrichten
erfuhr, daß die Redemptoristen wegen Unruhestiftung aus dem
südwestdeutschen Raum und der Schweiz ausgewiesen worden waren, befahl
er, daß die "Bennoniten" wegen ihrer Preußenfreundlichkeit und ihrer
Beziehungen zu den Bourbonen und den Jesuiten auszuweisen seien. Nach
Hausdurchsuchungen und einem Verbannungsdekret Napoleons wurden
sämtliche Ordensmitglieder auf die Festung Küstrin gebracht und nach
ein paar Wochen Gefangenschaft in die jeweiligen Heimatstädte
entlassen.
Pater Hofbauer fühlte sich am Ende seiner Kräfte, als er schließlich in
Wien ankam. Es hatte den Anschein, als sei sein Lebenswerk zerstört
worden. Zudem mußte er über sich noch die Demütigung ergehen lassen,
als Kirchendieb behandelt zu werden, weil er aus Warschau Paramente
mitgebracht hatte. Sein Wirken in den ersten Jahren, in denen er nun in
Wien weilte, war einer Seelsorge im Stillen gewidmet. Zusätzlich kam
während der Belagerung Wiens durch die Franzosen im Jahre 18o9 der
aufreibende Dienst in Krankenhäusern und Lazaretten hinzu.
1813 wurde er, der ja seit 1788 auch noch Generalvikar seines Ordens
für den Bereich nördlich der Alpen war, zum Kirchendirektor von St.
Ursula ernannt, womit die geistliche Betreuung der dortigen
Klosterfrauen verbunden war. Wie nicht anders zu erwarten, führte er
auch in diesem Gotteshaus, ähnlich wie in St. Benno in Warschau, das
40-stündige Gebet und den Gottesdienst mit Kerzen- und Blumenschmuck
ein. In der Nähe der Kirche bezog er eine Wohnung, die trotz ihrer
Bescheidenheit berühmt werden sollte. In den ärmlich eingerichteten
Räumen, die auch als Beichtzimmer und als Hausoratorium zu dienen
hatten, empfing er Besuch aus sämtlichen Schichten der Bevölkerung. Und
so wurde er langsam zu dem, wie er in seinem Ehrennamen genannt wird,
"Apostel Wiens".
Von diesem schlichten Mönch ging eine solche Ausstrahlung, ein solches
Charisma aus, daß er nicht nur die eigentlichen Funktionen eines
Priesters ausübte, sondern darüber hinaus der Seelenführer, Berater, ja
Mittelpunkt einer bedeutenden literarischen Bewegung, der jüngeren
Romantik wurde. Er besprach und beurteilte die Werke jener damals in
Wien sich aufhaltenden Dichter und Philosophen, wies sie auf das hin,
was ein Erkennen und Erleben aus dem Glauben gerade für die
verschiedenen Zweige der Kunst bedeuten kann und weckte ihr Interesse
an den Schriften der Kirchenväter und Mystiker. Er zügelte aber auch
die in der Romantik häufig auftretende Neigung zu Überspanntheit und
Ablehnung der sittlichen Ordnung sowie ihre Vorliebe für einen nur
ästhetisierenden Katholizismus. Und dabei war Klemens Maria Hofbauer
kein eigentlicher Kenner der Literatur! Vielmehr betrachtete er ähnlich
wie z.B. die hll. Petrus Canisius oder Pius V. die Welt der Kunst eher
als etwas Nebensächliches.
Betrachten wir nun sein Wirken als Seelsorger und Seelenführer im
einzelnen: Das wichtigste Mittel für sein Apostolat war natürlich die
Predigt. Dabei war er so ganz anders , die mit rhetorischen Mitteln -
und das waren zu jener Zeit: pathetische Übertreibungen, süßliche Reden
vom alles verzeihenden lieben Jesulein und eine Anhäufung von Zitaten
aus den Klassikern - auf ihre Zuhörer zu wirken suchten. Ohne eine
andere Vorbereitung als das Gebet und Meditationen hielt er seine
Predigten in einem schlichten, dialektgefärbten Deutsch. Er begann mit
dem Vorlesen des Evangeliums sowie seiner Auslegung und schreckte im
Gegensatz zu den meisten seiner zeitgenössischen, durch den
Josephinismus geprägten Mitbrüdern nicht davor zurück, von Umkehr, Buße
und auch Gottes Strafen zu predigen, häufig aber auch vom Rosenkranz,
den er seine "Bibliothek" nannte, oder von der Verehrung der
Allerseligsten Jungfrau Maria, also Themen, die damals sehr selten oder
gar nicht behandelt wurden. So predigte er einmal: "Wenn sich jemand
unter euch befindet, der seinen Glauben verloren hat oder im Glauben
schwach ist, für den weiß ich kein kräftigeres Mittel, um im Glauben zu
erstarken, als täglich auf den Knien mit Andacht ein "Ave" zu beten.
Seine bedrängte Seele wird Ruhe finden."
Diese von Glaubenskraft geprägten Predigten, zu denen alle
Bürgerschichten, u.a. Intellektuelle, Adlige, Dienstpersonal, Bürger
und Handwerker kamen, bewirkten, daß viele Leute, die vom Glauben
abgefallen waren, wieder zur Kirche zurückfanden und auch viele
Protestanten wieder zurückkehrten. Als Beichtvater entfaltete P.
Hofbauer eine Wirksamkeit, die mit der des hl. Pfarrers von Ars
vergleichbar ist. Besonders von Skrupeln geplagte Seelen fanden bei ihm
Trost und Hilfe. Ähnlich wie der hl. Philipp Neri verstand es auch
Klemens Maria, die studierende Jugend, die bei ihm freien Zutritt hatte
und mit der er bei gutem Wetter Spaziergänge unternahm, an sich zu
fesseln. Diese Kontakte trugen gute Früchte: nicht weniger als sieben
seiner Schüler wurden Bischöfe in Österreichischen Diözesen, unter
denen sich auch solche befanden, die mit großer Energie sein
Lebenswerk, die Wiederbelebung des Katholizismus, weiterführten.
Schließlich darf auch seine Betreuung der Konvertiten und seine Haus-
und Straßenseelsorge nicht vergessen werden. Oft konnte man ihm in den
Wiener Straßen in seiner abgetragenen Soutane begegnen, wie er sich vor
allem mit Kindern unterhielt oder für verschämte arme Leute etwas unter
dem Mantel trug. So war er auch noch in der Armenpflege sehr
segensreich. Mit einer gewissen Sorge betrachtete Klemens Maria das
hohe Ansehen, welches Johann Michael Sailer genoß, und den Einfluß, den
er ausübte, dessen edlen und sittenreinen Charakter er jedoch voll und
ganz anerkannte. Aber für Hofbauer, der den Weg des Glaubens immer ohne
die geringste Abweichungen gegangen war, gaben Sailers vorübergehende
Verbindungen mit pseudomystischen Gruppen genügend Grund, einem
persönlichen Kontakt mit ihm auszuweichen. Mag auch sein Gutachten, das
in Rom vorerst die Ablehnung Sailers als Bischof von Regensburg zur
Folge hatte, nicht frei von Voreingenommenheit gewesen sein, so könnte
auch Sailer selbst Gründe für ein gewisses Mißtrauen gegen seine Person
geliefert haben.
Während der gesamten Dauer der metternichschen Ära herrschte in
Österreich der Geist des Josephinismus weiter, der die Kirche an ihrer
vollen Entfaltung hinderte, da er in gewisser Weise die Auffassung
favorisierte, die Religion - und mit ihr die Kirche - sei ein probates
Mittel der Staatsführung. So waren also auch die letzten Jahre Klemens
Marias von schweren Kämpfen um die Zulassung seines Ordens in
Österreich überschattet, besaß er doch zahlreiche Feinde, nicht nur
unter den Beamten, sondern auch im Klerus. Zermürbt durch Verhöre,
Hausdurchsuchungen und ähnlich demütigende Verfahren erklärte er sich
schließlich schriftlich bereit, auszuwandern, da er aus dem
Redemptoristenorden nicht austreten wolle. Nachdem jedoch Kaiser Franz
von dem schikanösen Verhalten gegen Hofbauer erfahren hatte, erklärte
er sich bereit, die Ordensstatuten überprüfen zu lassen. Schließlich
siegte der unverdrossene Kämpfer - aber erst an seinem Todestage
erfolgte die Zulassung des Ordens in Österreich.
In seinen letzten Lebensjahren ging auch ein weiterer Wunsch von ihm in
Erfüllung: die Redemptoristen erhielten in Wien die schöne gotische
Kirche Maria am Gestade, die längere Zeit zweckentfremdet war.
Seit 1819 war seine Gesundheit schwer angegriffen. Anfang März 182o war
er noch im Beichtstuhl tätig und predigte am dritten Fastensonntag das
letzte Mal, das war kurz vor seinem am 15. März erfolgten Tod. Seine
letzte Ruhestätte fand er 1862 in der Kirche Maria am Gestade. Die
Seligsprechung erfolgte 1888 durch Papst Leo XIII. Papst Pius X. sprach
ihn am 2o. Juni 1909 heilig. Unmittelbar vor Ausbruch des Ersten
Weltkrieges erklärte ihn dieser heilige Papst zum Patron Wiens, ihn den
Überwinder des Jansenismus, des Josephinismus und der Aufklärung. Die
Kirche feiert sein Fest am 15. März.
Literaturhinweise:
Brück, Heinrich: "Geschichte der katholischen Kirche in Deutschland" 1. Bd., Mainz 1887.
Hosp, Ed. CSSR: "Der hl. Klemens Maria Hofbauer" Wien 1951.
Kranz, Gisbert: "Klemens Maria Hofbauer", in: "Engagement und Zeugnis. Elf Lebensbilder" Regensburg 1977.
Schwaiger Georg: "Michael Sailer" in: Bruno Moser: "Große Gestalten des Glaubens" München 1982.
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