WER WAR JOHANNES XXIII.?
von
J.S. Daly (Britons Catholic Library)
übers. von Dr. Elisabeth Gerstner, KYRIE ELEISON Nr.4/1990
I. Vorbemerkung
Am 29.10.1958 wählte erstmals in der Geschichte das Kardinalskollegium
einen Mann zum Papst, der aufgrund vorausgegangener öffentlicher
Häresien für das Papstamt nicht wählbar gewesen wäre. Obwohl es sofort
offenkundig war, daß der neue 'Papst' ein "Papst mit einem Unterschied"
und ein äußerst Liberaler war, brauchte es mehrere Jahre, ehe er die
Leugnung der katholischen Lehre auf solche Art bekundete, daß sein
Status als Häretiker und daher als Nicht-Papst "notorisch" im Rahmen
der Auslegung des Kirchenrechts wurde.
Dies geschah am 11.4.1963 mit der Promulgation der Enzyklika "Pacem in
terris", welche die erste häretische These enthielt, die der Kirche als
authentische katholische Lehre präsentiert wurde. Indem diese Häresie
gutgeheißen wurde, verloren alle diejenigen, deren Pflicht es gewesen
wäre, dagegen Anklage zu erheben, ihre sämtlichen Ämter.
II. Die häretische These
Die häretische These, die in "Pacem in terris" enthalten ist, findet
sich im Einleitungssatz zum § 14. Die lateinische Version - wie in den
"Acta Apostolicae Sedis" Nr. 55, 257-304 veröffentlicht - lautet so:
"In hominis juribus hoc quoque numerandum est, ut et Deum, ad rectam
conscientiae suae normam, venerari possit, et religionem privatim et
publice profiteri." Dies bedeutet: "Wir müssen zu den Rechten des
Menschen zählen, daß er in die Lage versetzt sein sollte, Gott zu
verehren gemäß dem richtigen Antrieb seines Gewissens und (seine)
Religion privat und öffentlich zu bekennen."
Es ist natürlich katholische Lehre, daß der Mensch das Recht, hat, die
katholische Religion zu bekennen und auszuüben; daß er jedoch kein
Recht hat, irgendeine andere Religion zu praktizieren. Daher kann
nichts der Behauptung entgegengestellt werden, daß der "Mensch fähig
sein sollte, Gott gemäß dem richtigen Antrieb seines Gewissens zu
verehren", da das Wort "richtig" es klar macht, daß niemand das Recht
hat, seinem Gewissen einfach zu folgen bezüglich der Gottesverehrung,
es sei denn, daß sein Gewissen "richtig" ist, d.h. man setzt voraus,
daß es sich in Übereinstimmung mit der Lehre der Kirche befindet.
Was jedoch kein Katholik behaupten kann, ist, daß der Mensch fähig sein
sollte (seine) Religion privat und öffentlich zu bekennen. An diesem
Punkt angelangt, muß erwähnt werden, daß das lateinische Original eine
Zweideutigkeit enthält (fast mit Sicherheit eine gewollte, wie wir
sehen werden), welche dazu verführt, einige eine Rechtfertigung
versuchen zu lassen. Denn das Possesivum "seine", das in unserm Text in
Klammer gesetzt wurde, gibt es in diesem lateinischen Text nicht. Seine
Hinzufügung durch die Übersetzer ist aber keineswegs unberechtigt aus
zwei Gründen:
1.) Die lateinische Sprache läßt häufig solche Pronomina aus, da sich der Sinn aus dem Zusammenhang ergibt.
2.) Es kann reichlich belegt werden, daß die von Johannes XXIII.
gemeinte wahre Bedeutung aufgezeigt wird, wenn "seine" hinzugefügt
wird, was wir weiter unten ausführen werden.
Es ist wichtig zu erkennen, daß es an diesem Wort "seine" liegt, wovon
der ganze Fall abhängt; denn wenn wir dieses "seine" fortlassen, kann
der Satz eine rechtgläubige Interpretation zulassen: Sicherlich hat der
Mensch das Recht, öffentlich und privat die Religion auszuüben,
vorausgesetzt, daß die Religion die katholische Religion ist. Es möge
da niemand einwenden, daß eines Menschen Rechtgläubigkeit nicht aus
solch scheinbar trivialen Gründen angefochten werden kann als ein
debattierbarer Punkt der Semantik. Denn die Geschichte der arianischen
Kontroverse lehrt uns ja, daß der Unterschied zwischen Himmel und Hölle
abhängen kann von etwas anscheinend so Unbedeutendem wie dem
griechischen Buchstaben "i". Die Semi-Arianer waren unter dem Druck des
Kaisers bereit, jede Silbe des Credo von Nizaea anzunehmen, außer, daß
sie die Erklärung, daß unser Herr wesensgleich, also consubstantiell
mit dem Vater sei (homoousion), ablehnten, indem sie darauf bestanden,
daß unser Herr lediglich "wesensähnlicher" ("homoiousion") Substanz
sei.
III. Die richtige Übersetzung
Es ist unbestreitbar, daß die Bedeutung, welche Johannes XXIII.
vermitteln wollte, und wozu er bewußt seine Autorität einsetzte,
diejenige ist, daß der Mensch das Recht hat, seine Religion zu
bekennen, gleichgültig, welche, innerhalb der Grenzen der öffentlichen
Ordnung, privat und öffentlich. Der Beweis dafür ist folgender:
1. Die Enzyklika war nicht, wie
es Enzykliken traditionellerweise sind, an die Glieder der kath. Kirche
gerichtet, sondern an "alle Menschen guten Willens". - Hätte er nur an
die Katholiken geschrieben, könnte man argumentieren, daß diese
verstanden hätten, daß die Menschen nur dann die Erlaubnis haben, ihre
Religion zu bekennen, wenn diese Religion wahr ist. Es wäre aber ganz
unvernünftig zu erwarten, daß Protestanten, Juden und Atheisten dieses
aus dem Zusammenhang herauslesen würden. Die einzige Schlußfolgerung,
zu der sie möglicherweise hätten gelangen können, war, daß die
Enzyklika jedem einzelnen von ihnen das objektive Recht zugesteht,
seine spezielle Religion auszuüben.
2. Es ist bemerkenswert, daß in
der 32. Ausgabe von Denzingers "Enchiridion Symbolorum" (hrsg. von Fr.
Schönmetzer) der anstößige Satz eine Fußnote hat, der zu dem Vergleich
mit einem Auszug von Artikel 18 der "Universalen Erklärung der
Menschenrechte" anregt: "Jeder hat das Recht zur Freiheit des Denkens,
der Gewissens- und Religionsfreiheit, seine Religion oder seinen
Glauben zu wechseln, und die Freiheit, entweder alleine oder in der
Gemeinschaft mit anderen, öffentlich oder privat, seine Religion oder
seinen Glauben in Unterricht, Praxis, Gottesdienst und Observanz
bekunden zu können."
Es ist offenkundig, daß dieser Passus völlig unverträglich mit dem
katholischen Dogma ist, hingegen aber in völliger Übereinstimmung mit
der Ansicht, die in "Pacem in terris" vertreten wird. In der Tat würden
die verbalen Echos stark betonen, daß der Verfasser des inkriminierten
Satzes von "Pacem in terris" sich des Auszuges der "Universalen
Erklärung der Menschenrechte" bewußt war, als er sie niederschrieb. Des
weiteren zitiert dieselbe Fußnote im Denzinger noch eine Übereinkunft
der Menschenrechte, die besagt: "Die Freiheit, seine Religion oder
Überzeugungen zu bekennen, kann keinerlei Restriktionen unterliegen,
außer denen vom Gesetz festgelegten als Maßnahmen der Ordnung oder der
öffentlichen Gesundheit und Ethik oder zum Schutz der Rechte und
Freiheiten der anderen."
Wenn das noch nicht der katholischen Lehre widersprechen sollte, macht
es nichts: in der Tat ist es geradezu diese Lehre, die Vatikanum II
später unterschreiben sollte. Es ist möglich, dagegen vorzubringen, daß
es keinen Beweis dafür gibt, daß die Fußnote im Denzinger von Johannes
XXIII. genehmigt wurde. Doch solch ein Einwand ist hier fehl am Platze.
Der Denzinger hatte und hat immer (noch) einen halb-offiziellen Status
in der Kirche, wird er doch in päpstlichen Dokumenten oft nach den
"Acta Apostolicae Sedis" oder dem offiziellen Bullarium vorgezogen (ein
Bullarium ist eine Sammlung aller feierlichen päpstlichen Dokumente für
eine bestimmte Zeit). Und der Vatikan selbst ernennt die Editoren des
"Enchiridion" eben deshalb, damit ihre Zitate und Erklärungen offiziell
genehmigt werden. Ferner, die Mitverantwortung der höchsten Autoritäten
gerade bei der Herausgabe der 32. Auflage ist viel leichter zu beweisen
als bei jeder früheren Ausgabe, und zwar deshalb, weil man zum
erstenmal seit der Promulgation dieser Ausgabe von Denzinger
ausdrücklich den Kernpunkt von "Quanta cura" wegläßt, worin Papst Pius
IX. unfehlbar die Lehre von der Religionsfreiheit verurteilt. Dieses
wurde veranlaßt, damit der Konflikt zwischen "Quanta cura" und der
Bewilligung, welche Vatikanum II der Religionsfreiheit zubilligte,
nicht allzu offenkundig würde... Daher kann vernünftigerweise nicht die
Ansicht vertreten werden - soviel ist klar -, daß jene, die so große
Sorgfalt walten ließen, um einen Teil von "Quanta cura" wegzulassen,
nicht auch verantwortlich für die Fußnote zu jenem Teil von "Pacem in
terris" gewesen wären, welche dasselbe Thema behandelte. Da es außerdem
zu der Fußnote im Denzinger keinen Einwand gab, ist es sinnvoll
anzunehmen, daß sie als korrekte Interpretation gebilligt wurde.
3. Die Tatsache, daß der
entsprechende Satz von "Pacem in terris" gemäß dem häretischen Sinn der
"Universalen Erklärung der Menschenrechte" zu verstehen ist, wird auch
bestätigt durch die Tatsache, daß die Enzyklika selber ausdrücklich die
UN-Organisation und ihre Erklärung der Menschenrechte approbiert.
Johannes XXIII. Worte waren, daß sie "eine Anerkennung der Würde der
menschlichen Person beinhaltet, das Recht jedes Menschen auf Erden, in
Freiheit die Wahrheit zu suchen, moralische Normen zu befolgen, zu tun,
was die Gerechtigkeit verlangt, zu leben, wie es einem menschlichen
Wesen geziemt, und andere Rechte, die aus diesen folgen, zu genießen."
... und wenn diese "anderen Rechte" nicht das berühmte 'Recht' auf
Religionsfreiheit eingeschlossen hätten, ist es nicht klar, daß er
dieses deutlich gemacht hätte?
4. Es ist eine wohl bekannte
Tatsache, daß, nachdem Johannes XXIII. mit der ursprünglichen Idee der
Enzyklika über den Weltfrieden inspiriert wurde, er fast den ganzen
Entwurf davon einem alten Freund aus Venedig im Vatikan anvertraute, P.
Pietro Pavan, seinerzeit Lehrer an der Päpstlichen Lateran Universität
in Rom (vgl. dazu "Die Utopie Johannes XXIII." von Giancarlo Zizola,
ferner "Bilanz des Konzils" von P. René Laurentin, "Einführung in Pacem
in terris" von Lucien Guissard, usw.). Pavan kam von einem radikalen
politischen Hintergrund und die politisch-sozialen Ideen, die er
propagierte, sind mit denen von Maritain verglichen worden.
Nun hat Pavan selber, als er 1965 nach der Erklärung von Vatikanum II
über die Religionsfreiheit ("Dignitatis humanae") schrieb, es sehr
deutlich machen können, daß es nicht Vatikanum II, sondern "Pacem in
terris" gewesen war, welche zuerst das Prinzip der Religionsfreiheit so
hinterlistig mit der Autorität der katholischen Kirche sanktionierte:
"Wir erlangten dieses 'Recht der Person' nicht vom Konzil. Das Dekret
'Dignitatis humanae' entnahm es von 'Pacem in terris' und seinen
Formulierungen. Jene Enzyklika war zunächst so wie sie war angenommen
worden, doch ihre fortwährende Annahme hing von ihrer Verwässerung ab.
Jedoch die Erklärung 'Dignitatis humanae', als ganze genommen, ist
keine Zurücknahme. In der Tat, sie macht Schluß mit gewissen
Mehrdeutigkeiten, welche bewußt in 'Pacem in terris' beibehalten worden
waren." ("Liberta religiosa e publici poteri" - "Religionsfreiheit und
Öffentliche Gewalt")
Dieser aufschlußreiche Paragraph bestätigt nicht nur, daß jegliche
Mehrdeutigkeit in "Pacem in terris" ein kalkuliertes Mittel zur
Durchsetzung der Häresie gewesen ist, während weiter die Möglichkeit,
falls nötig, eines Rückzuges offengehalten wurde, sondern dieser Passus
zeigt auch, daß die Häresie von "Pacem in terris" weithin als noch
offenkundiger als diejenige von "Dignitatis humanae" eingeschätzt
worden war, weshalb Pavan ja sagt: "Ihre fortgesetzte Annahme hing von
ihrem Verwässertwerden ab".
5. Die Promulgation der
Enzyklika "Pacem in terris" wurde mit lärmender Zustimmung von den
freimaurerischen Speichelleckern um Johannes XXIII. in der Weltpresse
begrüßt. (Das TIME-Magazin hatte ihn gerade zum "Mann des Jahres"
ernannt!) Und ihre Lobreden interpretierten die Enzyklika einstimmig
als Billigung des Prinzips der Religionsfreiheit (cf. Lucien Guissard,
op.cit). Das Schweigen des Vatikans angesichts solcher Interpretationen
kann nur mit völliger Billigung derselben erklärt werden, denn nichts
wäre leichter zu bewerkstelligen gewesen, als bei irgendeinem
Mißverständnis einen offiziellen Protest vom Vatikanischen Pressebüro
aus zu erlassen.
6. Es ist die Pflicht aller
Katholiken und insbesondere der offiziellen Lehrer des Glaubens, bei
der Darlegung der theologischen Wahrheiten jegliche Mehrdeutigkeit zu
vermeiden. Aus diesem Grund muß jede beabsichtigte Mehrdeutigkeit als
gegen die Rechtgläubigkeit der Person, die diese zum Ausdruck bringt,
bewertet werden. Propositionen, die mehrdeutig sind oder die
verschiedene Interpretationen erlauben, welche sowohl rechtgläubig als
auch häretisch sein können, werden als "häretisch durch Mangel" (durch
mangelnde Transparenz, Anm.d.Red. EINSICHT) bezeichnet. Dieses wird
auch angewandt auf Propositionen, die zwar wahr sind, die aber
kalkuliertermaßen dazugehörige Wahrheiten oder Begriffe weglassen,
welche sie hätten einschließen müssen. Ein sehr treffendes Beispiel von
defekter Rechtgläubigkeit findet sich in der These der jansenistischen
Pseudo-Synode von Pistoja, die besagt: "Nach der Wandlung ist Christus
wahrhaft, wirklich und wesentlich gegenwärtig unter den Gestalten von
Brot und Wein, und die ganze Substanz des Brotes und des Weines hat
aufgehört zu existieren, so daß nur die Erscheinungen erhalten
bleiben."
Wir empfehlen, daß unsere Leser mehrmals jene These lesen sollten, um
darin den Irrtum zu lokalisieren... Haben Sie einen gefunden? Nun, in
der Tat ist die obengenannte These in der Bulle "Auctorem fidei" (Denz.
1529) als "gefährlich, der Darlegung der katholischen Wahrheit Abbruch
tuend bezüglich des Dogmas der Transsubstantiation und als Häresie
fördernd" verurteilt worden. Der Grund? Dieser findet sich im Dekret,
welches besagt, daß "sie völlig wegläßt jegliche Erwähnung der
Transsubstantiation oder der Umwandlung der ganzen Substanz von Brot in
den Leib und der ganzen Substanz des Weines in das Blut, welche das
Konzil von Trient als Glaubensartikel definiert hatte... insofern als
durch eine unautorisierte und verdächtige Auslassung dieser Art die
Aufmerksamkeit weggelenkt wird sowohl von einem Glaubensartikel und von
einem Bekenntnis jenes Artikels gegen Häresien und Tendenzen zu
schützen, so daß schließlich dieser Artikel in Vergessenheit geraten
wäre, so als wäre er nur eine scholastische Frage."
Nach diesem Passus ist es völlig klar, daß es unmöglich ist, Johannes
XXIII. von der Anklage der Häresie durch Defekt freizusprechen durch
das Argument, daß sein Satz auch rechtgläubig interpretierbar sei.
Selbst wenn sein Satz auch rechtgläubig interpretiert werden könnte, so
wäre er dennoch der Häresie durch Defekt schuldig, während - wie oben
gezeigt - der offenkundige Sinn des Satzes, im Text und Kontext
genommen, ganz eindeutig häretisch ist.
IV. Lehramtlich verurteilt
Obwohl die wahre Lehre der katholischen Kirche über den Gegenstand der
Religionsfreiheit dem gläubigen Katholiken recht wohl bekannt ist,
scheint es angebracht, die korrekte Lehre an diesem Punkt noch einmal
zu rekapitulieren, um den Fall zu fixieren gegen Johannes XXIII. und um
sicherzustellen, daß alle diesbezüglichen Informationen in diesem
einzigen Dokument enthalten sind.
"Pacem in terris" versichert uns, daß die Menschen ein objektives
moralisches Recht hätten, jegliche Religion öffentlich oder privat
auszuüben, ob die Religion nun wahr oder falsch ist. Die Lehre der
katholischen Kirche aber ist es, daß niemand ein objektives Recht hat,
eine falsche Religion zu praktizieren, und daher haben die staatlichen
Autoritäten aus dem guten Grund, daß sie den katholischen Glauben
fördern und Skandal vermeiden, das völlige Recht, das öffentliche
Bekenntnis irgendwelcher falscher Religionen zu unterbinden. Mit
anderen Worten: die einzige "Religionsfreiheit", welche die katholische
Kirche anerkennt, ist das Recht aller Menschen zu der Freiheit, die
eine, wahre Religion zu praktizieren und zu bekennen.
Dieses ist dargelegt lehramtlich in verschiedenen Dokumenten wie etwa
1. Der 77. Irrtum, den Papst
Pius IX. im "Syllabus der Irrtümer" verurteilt, ist die These: "In
dieser unserer Zeit ist es nicht länger zweckdienlich, daß die
katholische Religion die einzige Staatsreligion sei unter Ausschluß
jeglicher anderer Kulte."
2. Die unfehlbare Enzyklika
"Quanta cura" desselben Papstes verurteilt unmißverständlich "jene
irrige Meinung, so besonders fatal für die katholische Kirche und für
das Heil der Seelen, welche unser Vorgänger im Amt Gregor XVI.
Verrücktheit nannte: nämlich, daß Freiheit des Gewissens und des Kultes
das eigentümliche Recht jedes Menschen sei".
3. Natürlich, wenn man beweisen
will, daß Religionsfreiheit häretisch ist im striktesten Sinn des
Wortes, ist es nötig, daß es der göttlichen Offenbarung entgegengesetzt
ist, und dieses ist ausdrücklich bestätigt im Codex des Kirchenrechtes
(CIC) Canon 1322/2, welcher besagt: "alle Menschen sind durch
göttliches Recht verpflichtet, der wahren Kirche Gottes anzuhangen."
V. Noch eine Häresie in "Pacem in terris"
Das ganze von "Pacem in terris" stellt eine dramatische Preisgabe
traditionell katholischer Positionen und Anschauungen dar. Da jedoch
der ständige Wandel der sozialen Ordnung in der Welt es schwierig
macht, ein universell anwendbares System von sozialer Ordnung zu
formulieren, sind die vielen Neuheiten der Enzyklika schwierig
darzulegen durch autoritative Quellen, ohne noch eine - sicher
überflüssige - ergiebige Studie zu veranstalten. Da ist aber dennoch
wenigstens eine Passage, welche, wie wir glauben, die theologische
Qualifikation "häretisch" verdient.
Dieses ist der Passus in den Paragraphen 136 und 137 bezüglich der
Notwendigkeit einer "universalen öffentlichen Autorität", welche in der
Behauptung gipfelt: "Wir können daher nicht umhin, daß die moralische
Ordnung selber die Errichtung einer Art von Weltregierung erfordert."
Niemand kann leugnen, daß dieser Satz ein ganz ungeheurer Affront
gegenüber dem traditionellen katholischen Denken darstellt, welches
immer die Errichtung einer Weltregierung als das Hauptziel Satans und
nicht Gottes angesehen hat, wie Papst Benedikt XV. bemerkte in seinem
"Motu proprio" "Bonum sane" vom 25. Juli 192o: "Die Ankunft einer
Universellen Republik, welche verlangt wird von den schlimmsten
Elementen der Unordnung und welche vertrauensvoll von denjenigen
erwartet wird, ist eine Idee, welche reif ist für die Ausführung. Von
dieser Republik, welche basiert auf den Prinzipien absoluter Gleichheit
der Menschen und Gütergemeinschaft, würden jegliche nationalen
Unterschiede verbannt, noch würde in ihr die Autorität des Vaters über
seine Kinder oder der öffentlichen Macht über die Bürger oder Gottes
über die menschliche Gesellschaft weiter anerkannt. Wenn diese Ideen in
die Praxis umgesetzt werden, wird unausweichlich eine Regierung von
unerhörtem Terror folgen".
So stark und gewichtig diese Worte auch sein mögen, wäre es doch
schwierig, Papst Benedikts XV. Verurteilung den Status eines
Glaubensdogmas zu geben. Dieses aber ist auch keineswegs erforderlich,
um in unserem Fall zu beweisen, daß die Behauptung Johannes XXIII., die
oben zitiert wurde, häretisch ist, denn Johannes XXIII. sagte nicht,
daß eine Eine-Welt-Regierung eine gute Sache sei, noch beschränkte er
sich darauf zu sagen, daß seine Ansicht zugunsten einer
Eine-Welt-Regierung in unserer Zeit wäre. Er sagt vielmehr, daß die
moralische Ordnung selber die Errichtung einer Eine-Welt-Regierung
erfordere.
Das ist die Crux in der Sache! Die Worte von "Pacem in terris" sind so
stark, daß sie beinhalten, daß kein Katholik eine Eine-Welt-Regierung
ablehnen darf, daß es ein moralischer Imperativ ist und eine Forderung
des Naturrechtes! Indem er seiner Ansicht einen solchen Status
verleiht, wurde Johannes XXIII. schuldig dessen, was als "positive
Häresie" bezeichnet wird. Diese besteht darin, daß sie einen Irrtum
präsentiert oder eine zweifelhafte Sache als eine gesicherte Wahrheit
des Glaubens darlegt, d.h. durch illegitime Verpflichtung der Glieder
der Kirche für die Annahme der Wahrheit einer These, die sie vollkommen
frei sind abzulehnen.
In diesem Fall wäre es ein schweres Understatement, wenn wir sagen, daß
wir "vollkommen frei sind", die Idee einer Eine-Welt-Regierung
abzulehnen, weshalb "Pacem in terris" klar einer weiteren Anklage der
Häresie überführt ist.
(Daly, J.S.: "Does 'Pacem in terris' teach a heretical
doctrine of religious liberty" vom 6.1.1985 in BRITONS CATHOLIC
LIBRARY, übers, von Dr. E. Gerstner)
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