54. Jahrgang Nr. 7 / Dezember 2024
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Zum Problem der gegenwärtigen Vakanz des römischen Stuhles
 
Zum Problem der gegenwärtigen Vakanz
des römischen Stuhles


von
Gloria Riestra De Wolff
übers, von Annemarie Leutenbauer

Einleitung

Wenn wir bei diesem Thema zu dem Schluß gelangen, daß der päpstliche Stuhl wie auch alle mit ihm vereinten Bischofsstühle unbesetzt sind, müssen wir die Lehre der katholischen Kirche in bezug auf die Vakanz der Amtsstühle einschließlich des päpstlichen Stuhles in Erinnerung rufen. Hierzu haben wir das alte und wahreKirchenrecht (CIC 1917) zu verwenden, wobei wir die Lehren der Päpste und Kirchenlehrer zugrunde legen, die diese Frage behandelt haben. Da sich die Darlegung der Häresien Johannes Pauls II. im Text weiter unten findet, werden wir in dieser kurzen Einleitung nur einen Abriß über die Frage der Sedisvakanz und den Fall dieses Pseudopapstes zum besseren Verständnis des Lesers geben.

Das neue Kirchenrecht (CIC 1983) erkennen wir nicht an, da es als illegitimer Akt aus dem unrechtmäßigen Pontifikat Johannes Pauls II. hervorgegangen ist (dessen Reform bei Paul VI. ihren Anfang nahm, der gleichermaßen amtsunfähig war). Es ist ein Produkt der postkonziliaren, neomodernistischen Reform und von deren falschen Prinzipien inspiriert, angefangen bei dem konfusen Begriff der Kirche, die "in der katholischen Kirche verwirklicht (ist)". (CIC 1983, can. 204, § 2)

Für uns Katholiken existiert nur das von Benedikt XV. 1917 approbierte Kirchenrecht sowie die Lehren von Päpsten und Kirchenlehrern zu dieser Materie.

Der unzerstörbare Zusammenhang zwischen Glaube und Jurisdiktion

Ein Häretiker kann nicht das Haupt der katholischen Kirche sein. Dies ist eine Behauptung, die eigentlich keiner Beweisführung bedarf, weil sie auf der Logik beruht. Sie ist aber auch Bestandteil der ältesten Canones. Diese Bestimmung ist auch auf den Papst anzuwenden. Katholische Lehre ist, daß nur derjenige rechtmäßig Jurisdiktion (Amts- oder Regierungsgewalt) innehaben kann, der den katholischen Glauben bekennt. Diese Rechtmäßigkeit endet, wenn entdeckt wird, daß die Person Apostat ist, oder erklärt wird, daß sie dieses Recht niemals besaß. Dies gilt auch für den Inhaber des Römischen Stuhls. Wenn es um die Papstfrage geht, so ist eben auch das Bekenntnis des katholischen Glaubens Legitimation für das Amt, nicht ausschließlich die Wahl durch die Mehrheit der Kardinale, und auch nicht die Anerkennung durch den größeren Teil der Gläubigen.

Die Form der Wahl eines Papstes variierte in den verschiedenen Zeiten sehr. Die Kardinale als ausschließliche Wähler des Papstes treten erst im Jahre 1059 in Erscheinung. In den ersten Jahrhunderten wählte der Klerus und das Volk von Rom den Papst, gelegentlich durch Zeichen, die anzuerkennen uns heute schwer fallen würde. Obwohl es durch Fehler in den verschiedenen Papstwahlmodi Usurpatoren und Häretiker auf dem Stuhle Petri gab, hat die Kirche es niemals zugelassen, daß eine solche Person weiterhin auf dem Hl. Stuhl verbleiben konnte. 29 illegitime Päpste hat es in der Kirche gegeben. Aber gerade hier bewirkt der Beistand des Hl. Geistes das Hervortreten der Kirche. Immer erfolgte die Entdeckung und Abweisung des Usurpators mitsamt der gebührenden Strafe - wie bei Honorius I. mit der postumen Exkommunikation wegen seiner Sympathien für die Häresie. Wenn man zwanzig Jahrhunderte hindurch geduldet hätte, daß jeder X-beliebige, der sichtbar auf dem Römischen Stuhle sitzt, nach Herzenslust die Lehre, den Kult und die Disziplin der Kirche zerstört, dann wurde die katholische Kirche schlichtweg nicht mehr existieren.

Die Kirche kennt in ihrer Geschichte sehr viele Falle von Zurückweisung und Verurteilung illegitimer Papste. Berühmt ist der Fall von Anaklet II., dem vormaligen Kardinal Petrus Pierleoni (aus einer Familie jüdischer Herkunft, seit ca. 1050 konvertiert), der im Jahre 1130 als Eindringling auf den Römischen Stuhl gelangte, anerkannt von der Mehrheit der Kardinale, akzeptiert vom größten Teil der katholischen Welt, den aber der große hl. Bernhard zusammen mit Abt Peter von Cluny entdeckte und entlarvte. Sie erreichten, daß er für abgesetzt erklärt wurde und brachten den wahren Papst Innozenz II. auf den Thron.

Papst Honorius I. (625-638) wurde vom 6. Ökumenischen Konzil zu Konstantinopel 681 und vom hl. Leo II. 682 mit folgenden Formulierungen exkommuniziert:

"(...) (A)uch Honorius, der ehemalige Papst Altroms, (soll) aus der heiligen Kirche Gottes ausgestoßen und mit dem Anathema belegt werden, weil wir in dem Brief, der von ihm an Sergius (Anm.: einen Häretiker) verfaßt wurde, fanden, daß er in allem dessen Auffassung folgte und seine gottlosen Lehren bekräftigte." (6. Allgemeines Konzil von Konstantinopel, 13. Sitzung vom 28. März 681, DS/DH 552, in D nicht enthalten, deutscher Text nach DH)

"Die aber als Feinde gegen die Reinheit der apostolischen Überlieferung aufgetreten waren, (...) wurden mit der Verurteilung bestraft, nämlich (...) Honorius, der die Flamme der häretischen Lehre nicht, wie es sich für die apostolische Autorität gehört hatte, gleich zu Beginn ausgelöscht, sondern durch seine Nachlässigkeit auch noch begünstigt hatte." (Brief des hl. Leo II. Cum diversa sint an die Bischöfe Spaniens, etwa August 682; MaC 11, 1050E-1053B, PL 96, 413A-415C, JR 2119; deutscher Text nach Vorwort zu DH 561-563)

Damals war es der hl. Sophronius, der den Kampf gegen Honorius anführte. Seine Arbeit erreichte ihr Ziel in der erwähnten postumen Exkommunikation desselben. Hervorzuheben ist also die Tatsache, daß die Kirche einen Honorius verdammte, obwohl dieser schon gestorben war. Man konnte es nicht ohne Sanktion und warnenden Hinweis auf sich beruhen lassen.

Wie ist es dann möglich, daß der Papst in der katholischen Kirche unfehlbar ist ? Das fragen sich vielleicht jene, die glauben, ein Papst könne als Privatperson niemals mehr irren. Wir geben hier die Antwort.

Lehre der Kirche über die päpstliche Unfehlbarkeit

Die päpstliche Unfehlbarkeit ist ein Dogma, welches lehrt, daß der Römische Pontifex, wenn er ex Cathedra spricht, das heißt, wenn er in seiner Eigenschaft als Hirte und Lehrer aller Katholiken kraft seiner höchsten Apostolischen Autorität definiert, daß eine Lehre betreffend Glauben und Sitten in der gesamten Kirche für wahr gehalten werden muß. Dann genießt er den göttlichen Beistand, den Unser Herr Jesus Christus dem hl. Petrus und seinen Nachfolgern versprach, wobei er Seine Kirche mit Unfehlbarkeit ausstattete. Dadurch, und nicht aufgrund der Billigung durch die übrigen Gläubigen, sind die Definitionen des Römischen Pontifex selbst unreformierbar. So sind Gegenstand der Unfehlbarkeit nur die Lehren, die den Glauben und die Sitten und eng mit ihnen in Verbindung stehende Lehren betreffen. Dies ist die Definition des (I.) Vatikanischen Konzils, auf dem das Dogma der päpstlichen Unfehlbarkeit definiert wurde.

Wenn ein Papst ein Dogma definiert, tut er nichts anderes als mit seiner höchsten Autorität zu erklären, daß dies eine Wahrheit ist, die im Depositum der göttlichen Offenbarung (Hl. Schrift und Tradition) enthalten ist, und die deswegen von allen geglaubt werden muß. Aus dem Bereich der Unfehlbarkeit hinaus fällt alles, was der Papst als Privatgelehrter lehren mag, selbst wenn er theologische Werke schreibt: sie sind nicht Gegenstand der Unfehlbarkeit, auch nicht die Ansprachen und Ermahnungen, die er an Gläubige oder Pilger richtet. Es gibt also einen Unterschied bei dem, was in den Bereich der päpstlichen Unfehlbarkeit fällt und was nicht. Wenn der Papst ein Dogma verkünden will, ist es erforderlich, daß er die Absicht, eine Lehre als solche zu verkünden, deutlich äußert, (vgl. Vaticanum I, Dogmatische Konstitution Pastor aeternus, 18. Juli 1870, D 1832-1840, DS/DH 3065-3075, COeD 811-816)

So kann also der Papst als privater Lehrer irren, er kann nachlässig in der Bekämpfung von Häresien handeln, er kann sie als Privatperson gar selbst praktizieren. Es ist Lehre der Kirche, daß er in diesem Falle irren kann und, wenn er entdeckt wird, für abgesetzt erklärt werden muß, denn

" (es) konnte der Papst, der alle richtet, und der von niemandem gerichtet werden kann, durch die alleinige Sünde gegen den Glauben von der Kirche gerichtet werden." (PL 217,656)

Diese Lehre Papst Innozenz' III. (1198-1216) zeigt prägnant das Rechtsempfinden der ersten und ältesten Kanoniker. Von anderen Päpsten und Gelehrten wird diese Lehre ausführlich und im selben Sinne erklärt (es fehlt der Platz, denn der Zitate wäre kein Ende). Aber die radikalste Aussage in Bezug auf einen Usurpator des Römischen Stuhls finden wir in der Bulle Cum ex apostolatus officio von Papst Paul IV. (1555-1559). Wir geben nur die relevanten Abschnitte wieder.

Da Uns aufgrund Unseres apostolischen Amtes eine grenzenlose Sorge um die Herde des Herrn obliegt (...), sind Wir zu ständiger Wachsamkeit verpflichtet und dazu, mit besonderer Aufmerksamkeit Sorge zu tragen, daß jene aus der Herde Christi ausgeschlossen werden, die sich gegen die Disziplin des wahren Glaubens erheben (...) mit der Absicht, die Einheit der katholischen Kirche zu spalten, und damit sie nicht in der Lehre des Irrtums fortfahren (...)

Angesichts des besonderen Ernstes dieser Situation und ihrer Gefahren, im Hinblick darauf, daß der Römische Pontifex (der auf Erden der Stellvertreter unseres Herrn und Gottes ist) alle Macht über die Völker erhalten hat, und alle richtet und von niemandem auf dieser Welt gerichtet werden kann, doch, falls er bei einer Abweichung vom Glauben entdeckt würde, angeklagt werden könnte (...) Und damit es nicht eines Tages geschehe, daß Wir den Greuel der Verwüstung an heiliger Stätte, der vom Propheten Daniel vorhergesagt wurde, erblicken (...) setzen Wir mit dieser Unserer auf alle Zeiten gültigen Apostolischen Konstitution, die sich gegen ein so großes Verbrechen richtet, wie es ein größeres in der Kirche Gottes nicht geben kann, gemäß der Fülle Unserer Apostolischen Befugnis (...) fest, dekretieren Wir und definieren Wir (...)

Wir fügen noch hinzu, daß, sollte es zu einer Zeit vorkommen, daß ein Bischof oder auch Erzbischof, oder ein Patriarch, Primat oder Kardinal der Römischen Kirche, oder sogar auch ein Römischer Pontifex vom katholischen Glauben abgewichen sein oder in irgendeine Häresie gefallen sein sollte, oder sollte er sich ein Schisma zuschulden kommen lassen haben oder solche Dinge hervorgerufen oder sich ihrer schuldig gemacht haben, so ist in diesem Falle der Aufstieg im Amt oder die Übernahme von Ämtern, selbst wenn diese in Übereinstimmung und Einmütigkeit mit allen Kardinalen geschehen sein mag, null und nichtig und wirkungslos; und in keiner Weise darf man glauben, daß eine solche Amtsübernahme etwa Gültigkeit erlangt hatte durch Annahme der Amtspflicht und die Weihe der Person, oder durch das darauffolgende Innehaben oder Quasi-Innehaben von Regierung oder Verwaltung, oder selbst durch die Inthronisation des Römischen Pontifex, oder seine Verehrung, oder durch den Gehorsam, den ihm alle geleistet haben, welcher Zeitraum auch von den oben genannten Voraussetzungen an verstrichen sein mag. Eine solche Amtsübernahme wird in keinem ihrer Teile für legitim zu halten sein (...) Alle samt und sonders von unter solchen Umstanden auf diese Weise in Ämter eingesetzte Personen, all ihre Taten, Akte und Resolutionen, sowie deren Folgen, entbehren der Wirkkraft und verleihen niemandem irgendeine Gültigkeit oder irgendein Recht. Infolgedessen sind diejenigen, die auf solche Weise zu Ämtern gekommen sein und deren Funktion übernommen haben sollten, aus diesem Grunde selbst und ohne die Notwendigkeit irgendeiner weiteren Erklärung bar jeder Wurde, Stelle, Ehre, jedes Titels, jeder Autorität, Funktion und Gewalt (...)

Allen untergeordneten Personen, sowohl Welt- als auch Ordensgeistlichen, ebenso wie den Laien, den Kardinalen, einschließlich jenen, die bei der Wahl dieses Römischen Pontifex, der schon vorher vom Glauben abwich und Häretiker oder Schismatiker war, dabei gewesen sein sollten, oder die in anderen, weniger wichtigen Dingen und Details einer Meinung mit ihm gewesen und ihm Gehorsam geleistet haben sollten (...), ist es in jedem beliebigen Augenblick gestattet, sich jederzeit der Gehorsamspflicht und Ergebenheit jenen gegenüber zu entziehen, die auf diese Weise Ämter erlangten. Sie werden sie zu meiden haben, wie wenn sie Zauberer, Heiden, Steuereintreiber und Häresiarchen waren; nichtsdestoweniger müssen jedoch dieselben Personen den zukünftigen Bischöfen (...) oder dem kanonisch gewählten Römischen Pontifex unbedingte Treue und strikten Gehorsam erweisen.

Niemandem wird es erlaubt sein, gegen den Text dieses Dekretes zu verstoßen oder ihm mit vermessener Kühnheit zu widersprechen. Sollte sich jemand anmaßen, es zu versuchen, so wisse er, das er sich den Zorn des allmächtigen Gottes und der Apostelfürsten Petrus und Paulus zuziehen werde." (Übersetzung aus dem Lateinischen, Originaltext in BullCocq IV/l, 354-357)

Nun aber stellt diese Bulle kein Dokument dar, das nur für vergangene Zeiten Gültigkeit besäße, denn es handelt von einem Thema immerwährenden Rechts in der Kirche, weil der Zusammenhang zwischen Glaube und Jurisdiktion immer bestehen bleibt; andernfalls wäre die Kirche ungestraft ihren Feinden ausgeliefert. Die Bulle sammelt die Lehre der besten Kanoniker, der Papste und Kirchenlehrer bezüglich des in Häresie vorgefundenen Papstes, faßt sie zusammen und macht sie verpflichtend.

Da es hier unmöglich ist, in größerer Ausführlichkeit Beispiele dieser Lehre der Kirche quer durch die Reihe ihrer Gelehrten hindurch zu bringen, greifen wir zwei der bedeutendsten heraus: den hl. Thomas v. Aquin und den hl. Robert Bellarmin.

Der hl. Thomas lobt den öffentlichen Tadel von sehen des hl. Paulus am hl. Petrus, d.h. des Apostels am ersten Papst, mit folgenden Worten:

"Man muß wissen, daß den Prälaten auch öffentlich durch ihre Untergebenen Vorwürfe gemacht werden müssen, wenn für den Glauben eine drohende Gefahr besteht. Deshalb kämpfte Paulus (...) wegen der drohenden Gefahr eines Glaubensskandals gegen Petrus, und gab so ein Beispiel. Der Tadel des hl. Paulus am hl. Petrus war nützlich und richtig, und das Motiv, das ihn ausloste, war nicht geringfügig; denn es handelte sich darum, daß die Erhaltung der Wahrheit des Evangeliums in Gefahr war. Die Art, wie der Tadel erfolgte, war angebracht, denn er war öffentlich und deutlich" (Kommentar zum Galaterbrief, 2, 11-14, Lect. III. nn. 83-84).

Der hl. Thomas lehrt, daß die Jurisdiktion vakant wird wegen erwiesener Häresie der Person. Der hl. Robert Bellarmin erklärt, daß,

"(...) sollte der Römische Pontifex in notorische und öffentlich verbreitete Häresie fallen, er durch die Tatsache selbst und bevor noch irgend ein erklärendes Urteil der Kirche ergeht, seiner Jurisdiktionsvollmacht verlustig gegangen ist; es ist dies das allgemeinste und sicherste Urteil (...) Der häretische Papst ist von Gott selbst abgesetzt, und deshalb kann er gerichtet und abgesetzt werden, das heißt, für abgesetzt erklärt werden." (De Romano Pontifice I, II, Kap. 30)

Noch einmal: diese ganze Lehre gehorcht der logischen Notwendigkeit, daß in der Kirche der Zusammenhang zwischen Glaube und Jurisdiktion vorhanden sein muß, ohne den sie keinen Bestand hatte. Das kanonische Recht nimmt diese Lehre im Kanon 188 auf, wo es heißt:

"Durch stillschweigenden Verzicht, der von rechts wegen erlaubt ist, wird jedes beliebige Kirchenamt ipso facto und ohne weitere Erklärung erledigt, wenn der Kleriker (...) 4∞ öffentlich vom katholischen Glauben abfallt" (CIC 1917, can. 188, n. 4)

Im gegenwärtigen Fall hilft uns noch ein weiterer Kanon, welcher besagt:

"Alle vom christlichen Glauben Abgefallenen sowie Häretiker und Schismatiker samt und sonders ziehen sich ipso facto die Exkommunikation zu (...)." (CIC 1917, can. 2314, § 1, n. 1)

Wie muß nun im Fall der erwiesenen Häresie eines Papstes in der Kirche vorgegangen werden? Die Lehre, die wir uns vergegenwärtigt haben, fordert die Erklärung, daß der Papst von Gott selbst abgesetzt worden ist, und er wird erst nach dem Beweis seiner Vergehen für abgesetzt erklärt. Aber damit ist noch nicht alles getan: es ist außerdem ein katholischer Papst zu wählen. Zu diesem Zweck

"... ist es in dieser außergewöhnlichen Lage, wie beim abendländischen Schisma, die Kirche, ist es der Klerus von Rom, sind es die Kardinale, die Bischöfe, sind es sogar die zeitlichen Machthaber, die sich in einem - nennen wir es: unvollständigen - Konzil 1) vereinigen können, das nicht eigentlich den Papst richtet noch ihn absetzt; der Papst ist derjenige, welcher sich freiwillig und aufgrund seiner Kompromisse außerhalb des Leibes der Kirche gestellt bat; in diesem Falle ist es der Papst selbst, der schon durch Gott selbst gerichtet und abgesetzt ist Das Urteil wäre, wie wir schon sagten, nichts anderes als eine öffentliche und feierliche Erklärung, daß Sedisvakanz herrscht, daß wir keinen Papst haben; das bedeutet jedoch nicht, daß das Papsttum aufgehört hatte zu existieren." (vgl. Joaquín Sáenz y Ariaga, Sedisvakanz, S. 160-161)

Bis hierher Padre Sáenz. Nach der Erklärung der Sedisvakanz konnte man unmittelbar zur Wahl eines katholischen Papstes fortschreiten. Dieses Konvent wäre, wie Padre Sáenz erläutert, kein Allgemeines Konzil, denn ein solches kann nur von einem Papst einberufen werden, weil seine Dekrete und Definitionen notwendigerweise von ihm approbiert werden. Es handelt sich um einen extremen Notbehelf zur Rettung der Kirche, denn, wie der hl. Robert Bellarmin sagt,

"... es fehlte gerade noch, daß die Kirche von so elender Beschaffenheit wäre, daß sie nicht imstande wäre, die Wölfe aus ihrer Herde hinauszuwerfen." (a.a.O.)

Die Rechte des Apostolischen Stuhles bleiben in diesem Falle nicht nur unangetastet, sondern werden sogar verteidigt, denn es geht darum, auf ihm wahre Papste zu erhalten, die unter dem Beistand des Hl. Geistes das Depositum des Glaubens unversehrt bewahren sollen.

In bezug auf die juristischen Schritte gegen den Okkupanten des Hl. Stuhles, die auf diesem Konvent ergriffen werden wurden, und die Aufforderung, sich hinsichtlich der der Kirche zugefügten Schaden zu erklären, worüber Padre Sáenz auch spricht, sind die für diesen Fall vorgesehenen Maßnahmen anzuwenden. Bei einer Person, die illegitim gewählt wurde, weil sie vor ihrer Wahl schon Häretiker war, wäre überhaupt keine Korrektur, die diese hinsichtlich der Zerstörung der Kirche treffen wurde, gültig, da diese Person keinerlei Recht m der Kirche hat; auch wurde diese Richtigstellung ihre ungültige Wahl nicht gültig machen. In jedem Falle wäre sie vom Augenblick einer eventuellen Bekehrung an wie eine Privatperson anzusehen, die zum katholischen Glauben zurückkehrt. Dies gilt es zu beachten, wo wir doch just dem Fall gegenüberstehen, bei dem aufgrund der Überfülle an Beweisen die Bestätigung schon erbracht werden kann, daß die drei letzten unrechtmäßigen Inhaber des Stuhles Petri Personen waren, die als neomodernistische Häretiker unwählbar waren. Johannes Paul II. ist als Erbe der vorausgehenden Häresien seiner Vorgänger ein solcher Fall.

Andererseits haben wir im Kirchenrecht selbst eine offene Tür: in der Empfehlung, in den Fallen, für die kein ausdrückliches Gesetz besteht, auf das allgemeine Gutdünken der Gelehrten zu rekurrieren. So wird für die Losung möglicher Notfalle Vorsorge getroffen.

"Existiert über eine bestimmte Materie weder eine allgemeine noch eine besondere Gesetzesvorschrift, so ist, wenn es sich nicht um eine Strafanwendung handelt, die Norm von den für ähnlich gelagerte Falle gegebenen Gesetzen zu nehmen, von den mit kanonischer Billigkeit angewandten Rechtsgrundsätzen; vom Stil und der Praxis des Römischen Gerichtshofes, vom allgemeinen und beständigen Gutdünken der Gelehrten." (CIC 1917, can. 20)

Dieser Kanon wird der Tatsache gerecht, daß in jeder Gesetzgebung Mängel - die sog. juridischen Lücken - unvermeidbar sind. Wir glauben, daß wir auch auf Beispiele rekurrieren können, die die Kirchengeschichte gibt, wenn der päpstlichen Stuhl von Pseudopäpsten besetzt war. Vorläufig öffnet der Kanon 20 das Tor zu einer Lösung, die, auch wenn sie ohnehin in jeder Hinsicht legitim ist, außerdem noch in den legalen Rechtsmitteln enthalten ist.

Verwendete Abkürzungen

BullCocq: Bullarum, Privilegiorum ac Diplomatum Romarum Pontificum amphssima collectio, opera et studio Caroli Cocquehnes, Rom 1739 ff.
CIC 1917: Codex Iuris Canonici iussu Benedicti Papae XV auctoritate promulgatus. Rom 1917.
CIC 1983: Codes Iuris Canonici auctoritate Ioannis Pauli PP. II promulgatus, Rom 1983.
COeD: Conciliorum Oecumenicorum Decreta, ed. Centro di Documentazione, Istituto per le Scienze Religiöse, Bologna-Freiburg-Rom 1973.
D: Enchiridion symbolorum, defimtionum et declarationum de rebusfidei et morum, ed. Henricus Denzinger et alii, Barcelona-Freiburg-Rom 1957 und früher.
DH: Enchiridion symbolorum, defimtionum et declarationum de rebus fidei et morum, ed. Denzinger-Hünermann, Barcelona-Freiburg-Rom 1991 (lat.-dt. Parallelausgabe).
DS: Enchiridion symbolorum, defimtionum et declarationum de rebusfidei et morum, ed. Denzinger-Schönmetzer, Barcelona-Freiburg-Rom 1963-1976.
JR: Philipp Jaffé, Regesta Pontificum Romanorum, ed. S. Lowenfeld, F. Kaltenbrunner, P. Ewald, Leipzig 1885-1888.
MaC: Sacrorum Concihorum nova collectio, ed. loh. Dominicus Mansi, Florenz 1759 ff., Paris-Leipzig 1899-1927, Graz 1960-1961.
PL: Patrologiae Cursus completus, Series Latina, ed. Jacques-Paul Migne, Paris 1844 ff.

(Fortsetzung folgt)

1) In der Rechtssprache ist für ein unvollständiges Konzil (d.h. ohne Papst) der lateinische Terminus Conventus (dt Konvent) üblich. Um Verwechselungen zu vermeiden, wird dieser im folgenden als Bezeichnung für ein unvollständiges Konzil verwendet (Anm. der Redaktion)

 
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