DAS ANGLIKANISCHE DRAMA
ODER: ANMERKUNGEN ZU DEN NEUEN WEIHERITEN
von
Dr. Rama P. Coomaraswamy, MD
übers, von Eugen Golla
EINLEITUNG
Es war ein echtes Gewissensdrama, das die anglikanischen 'Priester' der
Hochkirche, die noch das Gefühl für das Priestertum besaßen und sich
für wahre Priester hielten, erleben mußten, als Papst Leo XIII. seine
Bulle "Apostolicae curae" veröffentlichte, die in feierlicher Form die
Ungültigkeit der im reformierten Ritus Cranmers erteilten Weihen
verkündete. Die katholischen (?) Priester der postkonziliaren 'Kirche'
müssen gewärtigt sein, ein ähnliches Drama an dem Tage zu erleben, an
welchem sich die schließlich wiederhergestellte katholische Hierarchie
über den von Paul VI. reformierten Ritus äußern wird. (Diese
Restitution der Hierarchie ist zwar Aufgabe für jeden wirklich
gläubigen Christen; ob sie aber tatsächlich erreicht wird, ist eine
ganz andere Frage; bei dem momentanen Desaster innerhalb des sog. kath.
Widerstandes spricht eher alles dafür, daß wir in diesem Chaos
dahindriften, in einem Zustand der Anarchie, der nicht von außen
verursacht wurde, sondern von uns selbst produziert wurde!!! -
Anm.d.Red.)
Nach dem II. Vatikanischen Konzil änderte Paul VI. alle
Sakramentsriten. Eine derart allgemeine Reform wäre für sich betrachtet
schon in jedem Falle riskant gewesen. Wenn aber zusätzlich noch
wichtige Momente geändert worden wären, (die für die Gültigkeit
ausschlaggebend sind; Anm.d.Red.) dann hätten die neuen Riten keine
(sakramentale) Wirkung mehr, sie würden nicht mehr die entsprechenden
Gnaden hervorbringen, weil sie nicht mehr den von Christus eingesetzten
Sakramenten entsprächen. Trifft dies z.B. auf die neuen Riten der
Priester- und Bischofsweihe zu? Diese Frage ist von größter Bedeutung,
denn würde sich dieser Verdacht bestätigen, wäre die Übertragung des
Priestertums nicht mehr gesichert. Die Folgen wären unabsehbar: das
Erlöschen des katholischen Priestertums würde auch das Ende der
Eucharistie bedeuten (denn nur ein gültig geweihter Priester kann die
hl. Messe zelebrieren); kein Priestertum mehr, d.h. auch kein
Bußsakrament mehr zur Nachlassung der Sünden; keine letzte Ölung mehr
als Hilfe für die Sterbenden (...).
Infolge der Zerstörung nur dieses einen Sakramentes wäre die
Konzilskirche nicht mehr die Kirche Christi, sie wäre eine Sekte unter
vielen anderen. In dieser Studie geht es mir darum, die Folgen
darzulegen, welche diese Reformen für die Gültigkeit des
Weihesakramentes haben (...).
I. DAS WEIHESAKRAMENT ALS SOLCHES
Obwohl es nur ein Sakrament ist, wird es stufenweise gespendet, was die
erste Schwierigkeit bedeutet. Man unterscheidet allgemein sieben Stufen
(...) Diese Stufen werden in niedere und höhere Weihegrade eingeteilt.
In der Kirche des Westens zählt man vier niedere Weihegrade: Ostiariat,
Lektorat, Exorzistat, Akolythat; sowie drei höhere Weihegrade:
Subdiakonat, Diakonat und das Presbyterat (...).
Es ist festzuhalten, daß in sämtlichen Kirchen, die das Weihesakrament
anerkennen, (...) der Episkopat oder der Rang des Bischofs unter der
Rubrik "Priester" erscheint. Er wird als das oberste Priestertum oder
die "Fülle des Priestertums" bezeichnet, weil durch den Bischof die
apostolische Sukzession übertragen wird. (Die anderen Ränge der
kirchlichen Hierarchie - die eines Erzbischofs, eines Kardinals oder
Papstes, gehören nicht zum WeiheSakrament, sie werden als rein
rechtliche und nicht als sakramentale Rangstufen angesehen. (...)
II. KÜRZE GESCHICHTE DER ENTWICKLUNG DES RITUS FÜR DIE PRIESTERWEIHE
(...) Den unter dem Namen des hl. Papstes Leo bekannt gewordenen
Ordinationsritus dürfte man wahrscheinlich nicht diesem Papst
zuschreiben. Dieser kodifizierte nur die Praxis der Kirche so wie er
sie bei seinem Regierungsantritt vorfand. Man kann behaupten, daß seit
dem Tode dieses Papstes im Jahre 461 bis zur Reform Pauls VI. in der
Kirche des Abendlandes keine gravierende Änderung in den
Ordinationsriten vorgenommen worden ist.
Wesentliche Gesichtspunkte dieser Riten:
Ohne sich in Einzelheiten zu verlieren, kann man sagen, daß sich bis
zum 12. Jahrhundert die Theologen nicht damit befaßten zu eruieren, in
welchem Augenblick des Vollzuges des Ritus präzise die Weihegewalt
übertragen wurde noch welches die genauen und notwendigen Worte für die
Gültigkeit der Riten waren. (Anm.d.Red.: Seit apostolischer Zeit war
die Handauflegung die Form der Ordination.) Das sie leitende Prinzip
war, alles unversehrt zu bewahren, was ihnen von den Alten
weitergegeben wurde, ohne jedoch zu zögern, diese Erbschaft mittels
passender Ergänzungen sorgfältiger auszugestalten und zu verdeutlichen.
*)
Alle unterschieden aber das Wesentliche des Ritus von dem, was rein
zeremonielle Zutat war. Alle stimmten darin überein zu sagen, daß die
Gesamtheit des richtig vollzogenen Ritus die Priesterwürde übertrage.
Aber es genügt schon, die Erläuterungen über den Symbolismus der
verschiedenen Teile zu lesen, um zu der Überzeugung zu gelangen, daß
sie hinsichtlich des wesentlichen Teils des Ritus verschiedener Meinung
waren. Während also manche das Sakrament mittels Handauflegung
übertragen wurde, war es für andere der Augenblick, in dem der Bischof
dem Weihekandidaten die Hände salbte, für andere wiederum der Moment
der Darreichung der Geräte, d.h. jener Moment, in dem der Bischof dem
Kandidaten Kelch und Patene übergab. **)
Es war der hl. Albertus Magnus, der in seinem Kommentar über die
Sentenzen des Petrus Lombardus die Termini Materie und Form einführte,
um über diese Frage zu diskutieren. Ihm folgten der hl. Thomas v. Aquin
und der hl. Bonaventura sowie sämtliche Autoren, die über dieses Thema
geschrieben haben. Obwohl von allen angenommen, unterdrückte diese
Terminologie nicht die verschiedenen Abweichungen (...).
Aus all dem folgt, daß die Spendung des Weihesakramentes in ihrem
wesentlichen Teil, den man hinfort mit Materie und Form bezeichnet,
seit den Zeiten der Apostel, welche die ersten Diakone und Priester
geweiht haben, unverändert geblieben ist. Die von der Tradition
hinzugefügten Ergänzungen, die die Bedeutung der eigentlichen
Sakramentenspendung immer stärker verdeutlichen sollten, konnten seine
Gültigkeit nicht tangieren, wie es jedoch die Unterdrückung ganz
bestimmter Partien vermag.
Das Wesen (la "substance") einer sakramentalen Form:
(Anm.d.Red.: vgl. dazu auch Papst Pius XII.: "Sacramentum ordinis"
bezüglich der Substanz der Sakramente.) (...) Nur der Menschensohn
selbst konnte die Sakramente einsetzen, denn Er allein ist imstande,
dem wahrnehmbaren Sakramentsritus die innere Kraft zu verleihen, eine
übernatürliche Gnade hervorzubringen. In jedem Sakrament muß
unterschieden werden die Bezeichnung, d.h. die ihm eigene Gnade, die
der Herr durch das sichtbare Zeichen vermitteln will, und dieses
Zeichen selbst, welches aus Materie und Form besteht, d.h. aus
Gegenständen und Worten, die die Gnade ausdrücken, die das Sakrament
hervorbringt (...).
Sämtliche Sakramente des Neuen Bundes sind von Christus eingesetzt
worden. "Einige von ihnen wurden von Ihm nicht nur hinsichtlich der
Bezeichnung bestimmt, sondern auch bezüglich des Zeichens, das aus
Materie und Form besteht, z.B. die Taufe. Für andere Sakramente setzte
er nur die Bezeichnung fest, indem Er Seiner Kirche und deren
Jurisdiktion mittels unfehlbarem Beistand die Vollmacht gab, den
zeitlichen und örtlichen Umständen entsprechend Materie und Form zu
bestimmen." (Journet, Kardinal: "L'Eglise du Verbe incarne", Tom. I,
S.150.) Daraus folgt, daß die Kirche, welche die Gewalt hat, Materie
und Form für gewisse Sakramente festzusetzen, d.h. ihre Zeichen, auch
die Vollmacht besitzt, sie wieder zu ändern. Aber sie kann dies nur
unter der formellen Bedingung, daß die Änderung in nichts die Bedeutung
des Ritus verfälscht, von der die Form als der Ausdruck angesehen wird.
(...) ***)
Der hl. Thomas von Aquin gibt hierfür den Grund an: "Wenn ein
wesentlicher Teil der sakramentalen Form unterdrückt wird, ist der
eigentliche Sinn der Worte zerstört, was zur Folge hat, daß das
Sakrament ungültig wird." (Vgl. III, q.60, a.8) Diese Folgerung gilt
unbedingt. Wir müssen sie geistig präsent halten, um die Gültigkeit der
in den reformierten Riten Pauls VI. administrierten Sakramente zu
beurteilen.
Was während der Reformation geschah:
Luther und seine Epigonen leugneten unzweideutig, daß die hl. Messe ein
Sühnopfer sei, welches für Lebende und Tote dargebracht werden könne.
Deshalb erforderte ihre Liturgie keinen wahren Priester mehr. Folglich
verneinten die Protestanten, daß die Priesterweihe ein Sakrament sei.
Dies brachte sie jedoch in ernsthafte Schwierigkeiten: die Gläubigen
wollten im religiösen Bereich keine Personen als Hirten haben, die
nicht irgendeine Weihe empfangen hätten und an denen sie nicht
charakteristische Merkmale eines Priesters erkennen könnten, die ihnen
bis dahin vertraut gewesen seien. Um aus diesem Grund die ahnungslosen
Gläubigen besser täuschen zu können, fabrizierten die reformatorischen
Theologen neue Riten, denen sie - soweit wie möglich - den Anschein der
früheren zu geben versuchten, wobei sie aber ihre neue häretische
Theologie zugrunde legten, die den übernatürlichen Charakter des
Priestertums leugnete. Um also an ihr Ziel zu gelangen, entfernten sie
alles aus dem (katholischen) Ritus, was die Gnade und die Vollmachten
des katholischen Priestertums hätte bezeichnen können, und änderten so
auch seine Bedeutung. In dieser Weise reformiert, brachte dieser neue
Ritus keine übernatürliche Wirkung mehr hervor.
In England war es dann Cranmer - unter dem starken Einfluß von Luther
und Calvin -, der unter der Regierung Heinrichs VIII. und Eduards VI.
die Riten änderte. So entstand das anglikanische Ordinale. Zahllose
Kirchenälteste und Bischöfe wurden nach diesen Riten 'geweiht', die
jedoch das katholische Verständnis der Aufgaben des Priesters vermissen
ließen. Unter der Regierung Maria Tudors, der "Katholischen", wurde
dann der wahre Glaube im Königreich England wieder-hergestellt. Dabei
entstand das Problem bezüglich der Gültigkeit der nach den Riten
Cranmers 'geweihten' Personen, weshalb Rom befragt wurde.
Um diese Frage zu klären, sandte Papst Julius III. dorthin als Legaten
a latere den englischen Kardinal Reginald Pole. In seinem Schreiben vom
8. März 1554 an diesen Legaten machte Julius III. formell einen
Unterschied zwischen Personen, welche den Satzungen gemäß und dem Ritus
entsprechend geweiht wurden und deshalb ihre Weihegrade beibehalten
dürfen, und solchen, die keine heiligen Weihen empfangen haben, aber
geweiht werden können, falls sie würdig und geeignet sind. (...)
Im Februar 1555 sandten König Philipp und Königin Maria von neuem
Botschafter nach Rom mit dem Auftrag, den Papst ausführlich über die
religiöse Situation in England zu unterrichten. Paul IV.
veröffentlichte am 2o. Juni desselben Jahres seine Bulle "Praeclara
carissimi". In ihr liest man folgende Vorschriften hinsichtlich der
Weihen: "Jene, die zu kirchlichen Weihen zugelassen worden sind durch
Personen, die nicht gültig und rechtmäßig zu Bischöfen geweiht worden
waren, müssen die Weihen nochmals empfangen."
Wer waren nun jene Bischöfe, die "nicht gültig und rechtmäßig" geweiht
worden waren? Das waren jene, die zum Bischofsamt erhoben worden waren,
ohne daß man die überlieferte Weiheform beachtet hatte, welche die
Intention der Kirche ausdrückt. (...)
Von nun an war die Absicht des Papstes klar dargestellt: um gültig und
rechtmäßig eine Weihe zu empfangen, war es nötig und hinreichend, wenn
dies ' in der Form der Kirche" erfolgte. Die Tatsache, daß das
Sakrament von Häretikern gespendet wurde, hatte keinen Einfluß auf die
Gültigkeit des Ritus, sofern es sich um den traditionellen Ritus der
Kirche handelte. Nur im Falle eines Zweifels hinsichtlich des
angewandten Ritus vollzog man gemäß der traditionellen Praxis der
Kirche die Weihe "sub conditione" noch einmal.
Wenn auch der Papst klar die Notwendigkeit der katholischen Form für
die Gültigkeit des Weihesakramentes in Erinnerung brachte, regelte er
damit aber noch nicht die uns interessierende Frage: "Welches sind die
korrekte Form und die Materie dieses Sakramentes?" - Damals vermehrte
sich die Anzahl protestantischer Sekten sprunghaft. Mit ihnen kamen
eine Menge Riten in Gebrauch, die alle Arten von Abänderungen
(gegenüber dem katholischen Ritus) aufwiesen. (...)
Um die Verwirrung noch zu steigern, wurde die Anglikanische Kirche im
Laufe der Zeiten wieder konservativer (in ihrer Einstellung). Nach der
Regierung der Königin Elisabeth verstärkten die Puritaner, die radikal
gegen die Sakramente eingestellt waren, ihre Beaufsichtigung. Im Jahre
1662 erfolgte eine Reaktion, die die Errichtung der Hochkirche zur
Folge hatte. Obwohl diese hartnäckig die reformatorischen Prinzipien
der anglikanischen Kirche bewahrte, "romanisierte" sie dennoch stark
ihre Liturgie. Gewisse Worte wurden den Konsekrationsformen der Weihe
beigefügt, um sich der katholischen Praxis zu nähern. So wurden die
Begriffe "Priester" und "Bischof" in den Weiheformeln wieder eingefügt,
und man gab vor, daß die anglikanische Richtung genauso wie die
griechische Kirche getrennt, aber "orthodox" sei. Die Theorie der
"Zweig- und Schwester-Kirchen" war geboren.
Unabhängig von dem eventuellen Sinn der wieder eingefügten Begriffe
erinnern wir uns daran, daß der Beitritt der Anglikaner zu den sog. "39
Artikeln", in welchen der Opfercharakter der hl. Messe geleugnet wird,
in der Folge daraus auch der wahre Charakter des katholischen
Priestertums negiert wird, wodurch diese Riten mit einem Fehler
hinsichtlich der Intention belastet sind. (...)
Entsprechend der Definition soll ein Sakrament "das wahrnehmbare
Zeichen einer innewohnenden Gnade sein, das Christus unserer Heiligung
wegen eingesetzt hat." (Katechismus des Konzils von Trient). Wie es Leo
XIII. in "Apostolicae curae" formulierte, "sollen die Sakramente des
Neuen Bundes, sichtbare und wirksame Zeichen einer unsichtbaren Gnade,
die Gnade bezeichnen, die sie bewirken und die Gnade bewirken, die sie
bezeichnen. Wenngleich sich diese Bestimmung im gesamten wesentlichen
Teil, nämlich in der Materie und der Form finden soll, so gehört sie
doch hauptsächlich zur Form, denn die Materie ist jener Teil, der in
sich selbst nicht bestimmt ist, sondern durch die Form bestimmt wird."
Dies soll am Beispiel der Taufe aufgezeigt werden: ihre Materie ist das
ausgegossene Wasser, die Form: "Ich taufe dich im Namen des Vaters und
des Sohnes und des Heiligen Geistes." Die Form ist somit von einer
ursprünglichen Wichtigkeit. Mit ihr werden wir uns besonders
beschäftigen (müssen). (...)
Die Definition Pius XII.:
(...) Die Diskussionen über die Frage der Form wurden bis zum 3o.
November 1947 fortgesetzt. An diesem Tage publizierte Pius XII. die
Apostolische Konstitution "Sacramentum ordinis", die definitiv die
Frage von Materie und Form des Weihesakramentes in seinen drei Stufen
verbindlich festlegte (...)
Die Bezeichnung des Weihesakramentes, die unveränderlich ist, wurde in
der Kirche auch beibehalten. Immer meint sie die Übertragung kultischer
(und anderer) Vollmachten. Dagegen ändert sich im Abendland das
Zeichen, durch welches sie zum Ausdruck gebracht wurde: die
ursprüngliche Auflegung der Hände wurde ersetzt durch die Übergabe der
Geräte. Nichts konnte aber die Kirche daran hindern, den Ritus der
Handauflegung wieder aufzuwerten. Das geschah am 3o. November 1947
durch die Veröffentlichung der besagten Konstitution Pius XII. (...)
Der Papst hatte dabei die Absicht, in Bezug auf die Vergangenheit, ein
für allemal jede Diskussion über Materie und Form der heiligen
Diakonats-, Priester- und Bischofsweihe zu beenden, und für die Zukunft
jeden Disput oder jede Kontroverse darüber zu unterdrücken. Der
besondere Charakter, die Gnade sowie die Vollmachten zum Priestertum
werden gleichzeitig mit der ersten Handauflegung und den entscheidenden
Worten des Gebetes "Da, quaesumus..." übertragen. Die anderen
Zeremonien, das Anlegen des Priestergewandes, die Salbung der Hände,
die Übergabe der Geräte und die zweite Handauflegung übertragen (keine
Vollmachten mehr), sondern sie bezeichnen im einzelnen, was bereits
mittels Materie und Form erfolgte.
Halten wir fest und betonen es, daß Pius XII. nichts an den Weiheriten
änderte, sondern vielmehr befahl, sie zu vollziehen wie bisher: "Wir
befehlen, daß sämtliche Vorschriften des Pontificale Romanum
gottesfürchtig eingehalten und beobachtet werden."
Welches sind der Form nach die wesentlichen Worte für die Priesterweihe?
Für die Priesterweihe besteht die Form in den Worten der "Vorrede", von
denen die folgenden wesentlich, d.h. notwendig sind für die gültige
Spendung: "Da, quaesumus, omnipotens Pater, in hunc famulum tuum
presbyterii dignitatem; innova in visceribus eius spiritum sanctitatis,
ut acceptum a Te, Deus, secundi meriti minus obtineat censuramque morum
exemplo suae conversationis insinuet." ("Gib, allmächtiger Vater, wir
bitten Dich, diesem Deinem Diener die Würde des Priestertums; erneuere
in seinem Innersten den Geist der Heiligkeit, damit er das von Dir
erhaltene Amt des zweiten Ranges auf sich nehme und durch seinen
vorbildlichen Wandel eindringlich christliche Zucht und Sitte
nahelegen.")
Das Problem der "significatio ex adjunctis"
Die Gültigkeit oder Wirksamkeit der Sakramente garantiert Christus,
nicht die Kirche, und Christus wollte, daß sie nach Art natürlicher
Amtsträger wirken: "ex opere operato" (d.i. aus ihrem objektiven
Vollzug) - wie die Theologen sagen. (Anm.d.Red.: das "ex opere operato"
bringt die Wirkungsweise der Sakramente zum Ausdruck: die Sakramente
bringen ihre Wirkung durch sich selbst hervor. Der Terminus wurde in
der Frühscholastik geprägt.) Daher spendet ein unwürdiger Priester oder
ein Angehöriger einer häretischen Sekte, vorausgesetzt, daß er selbst
ordnungsgemäß geweiht wurde, sofern er sich ernsthaft der
entsprechenden Materie und Form bedient, mit der Intention, das zu tun,
was die Kirche tut, gültig ein Sakrament. Das ist die allgemeine
Ansicht der Theologen. Es könnte daher scheinen, als ob die übrigen
Teile des Weiheritus, diejenigen, welche nicht zu seinem wesentlichen
Teil gehören, für die Gültigkeit der Spendung unerheblich seien. Dies
trifft jedoch nicht zu. Papst Leo XIII. weist nach, daß die revidierte
Form der anglikanischen Weihen von 1662 ungültig ist, weil unter
anderem die von den Anglikanern verwendeten Termini "Priester" und
"Bischof" für sie etwas ganz anderes bedeuteten, als was sie für
Katholiken gelten. (...)
Hier spielt Leo XIII. auf das an, was man bei der Spendung des
Weihesakramentes die "significatio ex adjunctis" (die Bedeutung aus den
Nebenumständen) nennt, d.h.: die Bedeutung der Zeichen wird
verständlich gemacht durch die Zeremonien, die zu diesem Zwecke
eingefügt worden sind in den Ritus. Um die Wichtigkeit dieser
"significatio ex adjunctis" zu verstehen, müssen wir uns an
Entstehungsgrund der katholischen Riten erinnern.
In ihrem Libellum "Kurze kritische Prüfung des Novus Ordo missae"
schrieben die Kardinale Ottaviani und Bacci an Paul VI.: "(Das Konzil
von Trient) hat bei der definitiven Festsetzung des Kanons des Meßritus
eine unübersteigbare Barriere gegen jede Häresie, die die
Unversehrtheit des Mysteriums erreichen könnte, errichtet."
Im Weiheritus ist diese unübersteigbare Barriere durch die "significatio ex adjunctis" errichtet.
Das sind:
- die Salbung der Hände,
- die Darreichung der Geräte,
- die Entfaltung des Meßgewandes.
Sämtliche dieser Zeremonien sowie jede einzelne sind eingefügt, um die
Funktionen (und den Charakter) des Priesters zu kennzeichnen, wobei sie
hervorheben, daß seine wichtigste Funktion die Darbringung des
Meßopfers ist.
Aus alledem geht klar hervor, daß zwar keiner dieser Akte "ex
adjunctis" eigentlich wesentlich für die Gültigkeit des Sakramentes
ist, daß aber die beabsichtigte Unterdrückung des einen oder anderen, a
fortiori mehrerer von ihnen, die Bedeutung des Ritus abzuschwächen
vermag, wodurch seine Form zweideutig und das Sakrament letztlich
ungültig gemacht wird.
III. DER NACH-KONZILIARE RITUS DES WEIHESAKRAMENTES
Sobald man anfängt, den reformierten Ritus Pauls VI. zu studieren, kann
man nicht umhin, die Ähnlichkeit festzustellen, welche zwischen dieser
Reform und der von Cranmer im 16. Jahrhundert besteht. In beiden Fällen
taten die Reformer alles, um genau das im katholischen Ritus zu
unterdrücken, was
1.) eindeutig die Würde und die Aufgaben des Priesters hervortreten läßt,
2.) im traditionellen Ritus die sog. 'getrennten Brüder' verletzen könnte.
So enthält zwar der neue Ritus Pauls VI. in seiner lateinischen Form
den Terminus "Priester", aber der Charakter des Priesters als
Opferpriester wird in ihm nicht deutlicher definiert wie in dem
anglikanischen Prototyp.
In seiner Studie ("The Order of Melchisedech") bewertet Michael Davis
diesen Ritus wie folgt: "Der traditionelle Weiheritus wurde in
radikalster Form umgearbeitet, und nach dem Beispiel Cranmers wurde
dies vor allem durch die Unterdrückung der Gebete und Zeremonien
erreicht, die vorher in Gebrauch waren (...). Zwar erklärt dieses
Rituale , daß die Weihekandidaten zum "Priestertum" (?) erhoben werden
sollen, aber dies tut auch das anglikanische Rituale. Während es aber
im Kontext des traditionellen Pontificale Romanum nicht die geringste
Zweideutigkeit gab, ist diese im neuen Ritus Pauls VI. sicherlich
vorhanden. Ohne Zweifel behauptet zwar der neue Ritus nirgends, daß
nicht die Absicht besteht, Opferpriester zu weihen, aber wo man das
Meßopfer erwähnt, geschieht dies zurückhaltend. (...) Schließlich ist
nicht allein das neue Ordinale Pauls VI. beinahe jeder Beziehung auf
das Meßopfer beraubt worden, sondern wie bei Cranmer wurde der Terminus
"sacrificium missae" sowohl aus der lateinischen Version Pauls VI. als
auch aus der englischen Übersetzung von 1968 verbannt." (Anm.d.Red.:
der Autor Davis ist zu dem Personenkreis zu rechnen, denen es wie den
Econern nicht um eine klare Trennung zur 'Konzils-Kirche' geht, sondern
nur darum, um in ihr eine traditionalistische Fraktion zu bilden.)
Wenn einerseits die Form "unbestimmt" ist und andererseits der
restliche Ritus nicht die Intention, Opferpriester zu weihen, eigens
definiert, leidet der neue Ritus Pauls VI. genau an den gleichen
Fehlern wie sein anglikanischer Vorläufer. Da nun aus diesem Grunde der
anglikanische Ritus von Leo XIII. verurteilt worden ist, sind wir im
Recht, die Gültigkeit des von Paul VI. promulgierten Ritus zu
bezweifeln. (...)
Die Zweideutigkeit ist noch größer in der Übertragung in die
Volkssprachen, deren Gebrauch in der nach-konziliaren Praxis allgemein
ist. (...) Obwohl dies schon genügt, an der Gültigkeit der Weihen im
postkonziliaren Ritus zu zweifeln, müssen wir sagen, daß es noch
schlimmer ist. Zur Gültigkeit einer Priesterweihe ist es erforderlich,
daß sie von einem gültig geweihten Bischof vollzogen wird. Im
gegenteiligen Fall: wie gültig auch der vollzogene Ritus in sich sein
mag, diese Zeremonien wären nichts anderes als ein Trugbild einer
Priesterweihe, d.h. wenn der Ritus nicht von einem gültig konsekrierten
Bischof gespendet würde. Wir müssen uns nunmehr der Reform des Ritus
für die Bischofsweihe zuwenden.
(Fortsetzung folgt)
Anmerkungen der Redaktion:
*) In der orientalischen Kirche blieb die Handauflegung die Form
der Ordination. Nur die Armenier fügten seit dem 12. Jahrhundert in
Anlehnung an die Lateiner die Darreichung der Instrumente hinzu. In der
abendländischen Kirche trat im gallikanischen Ritus (Aquitanien) seit
dem 8. Jahrhundert als Bestandteil der Priesterweihe die Salbung der
Hände auf, dann auch für die Bischofsweihe (zeitweise auch für die
Weihe der Diakone). Für die Bischofskonsekration wurde dann auch die
Salbung des Hauptes eingeführt. Der Ritus der Salbung bei den
Weiheriten breitete sich im 8. und 9. Jahrhundert über Frankreich,
England und Deutschland nach Rom aus (in der 1. Hälfte des 10.
Jahrhunderts) und von dort in der gesamten lateinischen Kirche.
**) Bei der Vermischung von gallikanischen und römischen Weiheriten kam
noch die Darreichung der Instrumente (die "porrectio instrumentorum")
in Übung: dem Diakon
wurde das Evangelienbuch übergeben, dem Priester der Kelch mit Wein und
der Patene mit Hostie, dem Bischof die entsprechenden Insignien, dazu
die Formel: "Accipe
potestatem...". So wurden durch die Übergabe der Geräte die sachlichen Inhalte der jeweiligen Weihe bezeichnet.
***) Vgl. dazu auch Katzer, Otto: "Darf ein Papst den Ritus ändern?" in EINSICHT 111(7) 1-6 vom Oktober 1973.
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