Messe "ohne Wandlungsworte"
von
P. Markus Heggenberger
Vorwort der Redaktion:
Wir übernehmen den Bericht aus dem "Mitteilungsblatt der
Priesterbruderschaft St. Pius X.", weil er neben der sachlichen
Argumentation auch die unterschiedlichen Konflikte aufzeigt, in die
sich die Priesterbruderschaft St. Pius X., die Petrusbruderschaft und
die Una-Voce-Korrespondenz, die alle drei die 'Konzils-Kirche' als
göttliche, d.h.legitime Heilsinstitution anerkennen, weswegen alle drei
es nicht wagen, eindeutige Häresien beim Namen zu
nennen.
E. Heller
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Seit einigen Monaten wird in traditionsorientierten Kreisen die Debatte
geführt ob der sog. Kanon des Addai und Mari in seiner assyrischen
Fassung gültig sei oder nicht. Zu dieser Kontroverse hatte eine
Entscheidung der Glaubenskongregation geführt, die die Gültigkeit
bejahte, obwohl das genannte Hochgebet keine Wandlungsworte enthält.
Die theologische Unhaltbarkeit der römischen Entscheidung (zugunsten
der Gültigkeit) hatten vor allem Dr. David Berger sowie Dr.
Heinz-Lothar Barth unterstrichen, eine Verteidigung hatten P. Lugmayr
(Petrusbruderschaft) und Dr. Kaschewsky (Schriftleiter der Una
Voce-Korrespondenz) unternommen. Rasch weitete sich die Diskussion zu
einer Debatte mit ekklesiologischen Implika-tionen aus: Die Verteidiger
der Gültigkeit der "Messe ohne Wandlungsworte" bemühten das Argument,
man dürfe eine kirchliche Entscheidung nicht beschädigen. Gleichzeitig
versuchten sie - mit einem theologischen salto mortale - verzweifelt,
Wandlungsworte zu finden bzw. hineinzuinterpretieren, wo keine
vorhanden sind, womit sie den gesunden Menschenverstand der Gläubigen
(und wahrscheinlich auch der Ungläubigen) eindeutig überfordern.
Da es sich bei beiden Diskussionspartnern um Vertreter von Gruppen oder
Einzelpersonen handelt die sich an der kirchlichen Tradition
orientieren wollen, wäre es sehr wünschenswert, wenn offener Streit
vermieden werden könnte. Andrerseits können theologische Entscheidungen
des Vatikans von offensichtlich großer Tragweite nicht einfach
ignoriert werden, wie es einige wohlmeinende Kenner beider Lager gerne
sähen. Zu befürchten ist vor allem eine zunehmende Entfremdung zwischen
der Una-Voce-Bewegung Deutschland und der Priesterbruderschaft St. Pius
X., da einige (aber nicht alle!) der Kritiker der römischen
Entscheidung dieser Bruderschaft nahestehen (z.B. Dr. H. Lothar Barth),
zumal gewisse ressentimentgeladenen gegen die Bruderschaft Töne nicht
zu überhören sind.
Was ist zu tun? Es ist zunächst darauf hinzuweisen, daß es sich um eine
römische Entscheidung handelt. Es ist gar nicht einzusehen, weshalb in
der vorliegenden Frage ausgerechnet traditions-orientierte Gruppen die
Verteidigung einer Theologie übernehmen, die durch die Tradition nicht
abgesichert ist und die von Rom revidiert werden könnte! Warum überläßt
man es nicht der Glau-benskongregation, eine dubiose Entscheidung zu
begründen oder zu revidieren? Warum muß ausgerechnet ein Priester der
Petrusbruderschaft den genialen Beweis antreten, daß eine hl. Messe
auch ohne Wandlungsworte gültig sein kann? Es ist weiterhin darauf
hinzuweisen, daß das Verdienst der Una Voce-Bewegung in der
Vergangenheit darin bestand, die kirchliche Tradition betreffende
theologische Fragen dargestellt und an kompetenter Stelle vorgetragen
zu haben. Es gibt wohl keine bessere Darstellung des Konfliktes
zwischen Erzbischof Lefebvre und Rom als das Buch "Apologia pro Marcel
Lefebvre" von Michael Davies (heutiger Präsident der Una
Voce-Bewegung). Und wie oft wurden nicht Fragen zum kirchlichen
Zeitgeschehen vom Vorgänger des jetzigen Vorsitzenden, Dr. de
Saventhem, im Vatikan vorgelegt!
Warum folgt die deutsche Abteilung der Una Voce-Bewegung nicht diesen
historischen Vorbildern, stellt den Konflikt des katholischen Gewissens
dar (ohne selbst Stellung zu beziehen) und richtet, falls sie sich in
dieser Frage weitergehend engagieren will, eine entsprechende Anfrage
an die Glaubenskongregation - statt sich vorschnell und aus eigener
Machtvollkommenheit auf eine Lösung festzulegen, die weder bei der
Priesterbruderschaft St. Pius X. konsensfähig ist noch bei jenen
Freunden der alten Liturgie, die seit Jahrzehnten für die überlieferte
Liturgie kämpfen oder geheime Sympathien hegen, sondern im Gegenteil
Staunen und Kopfschütteln hervorruft. Früher hieß es in der UVK, man
wolle in Zusammenarbeit mit glaubenstreuen Priestern "Inseln schaffen"
schön und gut! Man sollte jedoch überlegen, ob man durch derartige
theologische Positionen nicht die Frage aufwirft, wer hier eigentlich
in welchem Lager "Inseln schafft". Immerhin: Für eine Anfrage in Rom
ist es auch jetzt noch nicht zu spät...
(aus: "Mitteilungsblatt der Priesterbruderschaft St. Pius X.", Okt. 2003, Nr. 298, S. 16 f.) |