ZUM PROBLEM DER INTENTIONALITÄT
BEI DER SPENDUNG DER SAKRAMENTE
Anmerkungen zu Herrn Prof. Wendlands Beitrag
über die "Zerstörung des sakramentalen Priestertums"
von
Johannes Rothkranz
Vorwort der Redaktion
Es gibt in der Sakraments-Theologie ein Problem, um dessen Lösung schon
seit langem gerungen wird: Wie läßt sich nachweisen, ob die geforderte
Intention bei der Sakramentenspendung, deren konstitutive Notwendigkeit
in dogmatischer Hinsicht beim Zustandekommen eines Sakramentes
unbestritten ist (vgl. Tridentinum, 7. Sitzung, Kanon 11: "Wenn jemand
sagt, es werde von den Kirchendienern, wenn sie die Sakramente
zubereiten und erteilen, nicht wenigstens die Willensmeinung erfordert,
zu tun, was die Kirche tut, der sei im Bann.")? tatsächlich beim
Spender vorhanden ist (war). Diese Intention besagt, eben das zu tun,
was die Kirche beim Spenden des jeweiligen Sakramentes tut. Dieses Tun,
obwohl es von vielen Theologen auf den rein objektiven Vorgang des
rituellen Vollzugs beschränkt seiend angesehen wird, meint aber
keineswegs nur diesen rein äußerlichen Vorgang, sondern einen
Willensakt zum Handeln (Tun), in dem sich die Willensabsicht des
Spenders mit der der Kirche eint. "Der Spender muß die deutliche
Absicht haben, durch seine Handlung das tun zu wollen, was die Kirche
tut, wenn sie dieselbe vornimmt. Durch die Intention schließt sich der
Spender mit Christus und seiner Kirche zusammen, und seine Handlung
wird eine sakramentale, übernatürliche. Er macht sich dadurch bewußt
und frei zur Instrumentalursache in der Hand Christi". (Bartmann,
Bernhard: "Lehrbuch der Dogmatik" Freiburg 1929, Bd. 1, S.234.)
Die Schwierigkeit zu erkennen, ob die geforderte Intention beim Spender
tatsächlich vorhanden ist, besteht für Außenstehende, d.h. für den
Empfänger bzw. Teilnehmer einer sakramentalen Handlung darin, daß sich
im bloß äußeren Bereich ein (juridisch relevantes) objektiv
wahrnehmbares Kriterium nicht angeben läßt, an welchem sich die
Intention qua Intention, ablesen läßt. Denn eine fremde Intention qua
Intention ist nur unmittelbar, jedoch im Akt des Vermittelns dieser
Unmittelbarkeit selbst zuerkennen. Auf die Sakramentenspendung bezogen
heißt das: die Intention muß im Tun des Spenders selbst aufleuchten.
Um dieser erkenntnistheoretischen Problematik auszuweichen, hat man
gesagt, es genüge eine rein "äußere Intention", worunter man zu
verstehen hat, daß es genüge, wenn der Spender den jeweiligen Ritus
richtig vollzöge. Dann sei auch die geforderte Intention mitgegeben.
Ein Hauptverteidiger dieser bloß "äußeren Intention" war der
Dominikaner Ambrosius Catharinus (+ 1553), der noch im 18. Jahrhundert
viele Anhänger hatte. Abgesehen davon, daß mit dieser Definition der
Begriff der Intention pervertiert wird - einen rein äußeren Vollzug
kann auch eine Maschine leisten oder durch eine bewußtlose Person
ausgelöst werden, die z.B. im Fallen eine andere Person mit umreißt (in
beiden Fällen kann man nicht von intentional gerichtetem Handeln reden)
-, kann man an folgendem Beispiel leicht einsehen, daß mit dem rein
äußeren Vollzug die geforderte Intention nicht notwendig mitgegeben
sein muß: Man kann einer armen Person helfen und ihr materielle Güter
schenken, weil man mit ihr Mitleid hat, sie also aus Nächstenliebe
unterstützt Man kann aber auch sehr wohl anderen etwas schenken, weil
man in den Augen seiner Mitmenschen und/oder denen des Beschenkten als
mildtätig gelten will, also nur hilft aus Geltungssucht... und nicht
aus Nächstenliebe. (Dies geschieht im öffentlichen Leben fast
ausschließlich.) Auf den Fall der Sakramentenspendung angewandt,
bedeutet dies, daß ein Spender zwar den Sakramentsritus richtig
vollzieht, ohne jedoch die Intention zu haben, das tun zu wollen, was
die Kirche tut. Die Intention des Spenders wäre in einem solchen Fall
nicht mit der der Kirche geeint, das Sakrament käme nicht zustande.
(N.b. dieses Problem tangiert nicht die Tatsache, daß die Sakramente ex
opere operato wirken.) Daß es sich hierbei um keine nebensächliche
Betrachtung handelt, bedarf keines eigenen Hinweises. Es macht eben
doch einen Unterschied aus, ob ein Priester ein Priester oder nur ein
'Priester' oder ein Bischof ein Bischof oder einer in Anführungszeichen
ist.
In der Kontroverse zwischen Herrn Prof. Wendland und Herrn Mag.
Rothkranz geht es darum, ob und welche Auswirkungen die jeweilige
Intention des Spenders auf das Zustandekommen des Sakramentes hat. Ohne
den Schlußfolgerungen von Herrn Rothkranz zustimmen zu können, haben
wir seine Einwände in unsere Publikationen übernommen, damit in einer
weiteren Diskussion der Sinn für diese Thematik geschärft bzw. einer
Lösung näher gebracht wird. An dieser Diskussion können sich
selbstverständlich auch weitere Personen beteiligen.
Eberhard Heller
***
Die als Sondernummer von "EINSICHT" im April erschienene Abhandlung von
Professor Dr. Diether Wendland über "Die Zerstörung des sakramentalen
Priestertums" wirft sicherlich eine ganze Reihe kritischer Fragen auf.
Die folgende Untersuchung greift daraus nur die beiden wichtigsten
heraus, nämlich die Frage, unter welchen Bedingungen vor der
sogenannten Liturgiereform des TT. Vatikanums die heiligen Weihen
gültig bzw. ungültig gespendet werden konnten, und die analoge Frage,
wie es sich diesbezüglich nach der "Reform" der Weiheriten verhält.
Zwar hat Prof. Wendland dieselben Fragen auch bereits gestellt und zu
beantworten versucht, ist jedoch m.E. zu teilweise unzutreffenden
Ergebnissen gelangt.
Für die Beantwortung beider Fragen vorausgesetzt ist die Klärung der
Frage, was denn überhaupt grundsätzlich zum gültigen Zustandekommen
eines Sakramentes vonnöten ist. Und um das zu klären, muß man zunächst
die dogmatische Definition des Begriffs "Sakrament" analysieren. Die
bekannte, in den Dogmatikhandbüchern und einschlägigen Einzelstudien
zur Sakramentenlehre näher erläuterte Katechismus-Definition lautet:
"Ein Sakrament ist ein von Christus eingesetztes äußeres Zeichen, das
die innere Gnade bewirkt." Von den drei in dieser Definition genannten
Wesensmerkmalen des Sakraments ist das erste (die Einsetzung durch
Christus persönlich) theologisch sicher (theologice certum), während
die beiden anderen (äußeres, d.h. sicht- und hörbares Zeichen;
Bewirkung innerer Gnade) Dogmen sind. Dogma ist also, daß bei allen
sieben Sakramenten jeweils ein bestimmtes äußeres Zeichen eine innere
Gnadenwirkung hervorbringt. Dogma ist gleichfalls - viertes, in der
obigen Definition nicht explizit enthaltenes Wesensmerkmal -, daß diese
Wirkung durch den bloßen Vollzug des jeweiligen (rituellen) Zeichens
zustandekommt: aus dem verrichteten Werk - ex opere operato.
Das alles dürfte kaum umstritten sein, da derjenige, der einen der
genannten vier Punkte leugnete, sich einer Häresie schuldig machen
würde. Umstritten ist jedoch ein bisher noch nicht erwähntes fünftes
Moment: die Intention (Absicht) von Sakramentenspender und/oder
-empfänger, ein Sakrament auch tatsächlich als solches zu spenden bzw.
zu empfangen. Hier tobt der Streit, ob insbesondere zur gültigen
Sakramentenspendung (für den gültigen Empfang gilt aber genau dasselbe)
eine bloß äußere oder sogar eine innere Intention des Spenders
notwendig sei oder nicht. Dabei unterscheidet die Theologie jedoch
nicht bloß zwei, sondern vier verschiedene Arten von Intention:
1) eine rein äußere, 2) eine äußere, 3) eine virtuelle (oder direkte)
innere, 4) eine explizite (oder reflexe) innere. Was ist unter diesen
vier Arten von Intention näherhin zu verstehen?
1) Die rein äußere Intention besteht darin, daß der Spender lediglich
das äußere rituelle Zeichen korrekt setzt, ohne sich aber überhaupt
dessen bewußt zu sein, was er tut. Sie wäre also bei einem schwer
Betrunkenen, einem Schlafwandler, einem schwer Geistesgestörten oder
einem unmündigen Kind gegeben. Allgemein spricht man bei Tätigkeiten
von Personen des soeben aufgezählten Personenkreises von "Akten eines
Menschen", die aber keine "menschlichen Akte" sind. D.h. sie werden
zwar tatsächlich von Menschen verrichtet, aber ohne hinreichende
Beteiligung des menschlichen Verstandes und Willens, um sie als
spezifisch menschlich bezeichnen zu können; u.U. könnte nämlich auch
ein Tier (beispielsweise ein "intelligenter" Affe) dasselbe mit einem
ähnlichen Bewußtseinsgrad verrichten.
2) Die äußere Intention besteht darin, daß der Spender das äußere
rituelle Zeichen korrekt setzt und sich seiner Handlung auch voll
bewußt ist. Er weiß, was er will und tut auch, was er will. Er will
also tatsächlich genau dieses rituelle Zeichen und kein anderes setzen,
und zwar, weil er es will. Gänzlich außer Betracht bleibt jedoch das
spezielle Motiv, der individuelle Beweggrund, aus dem er dieses
rituelle Zeichen setzen will: er kann es also setzen in heuchlerischer
Absicht, widerwillig, gleichgültig oder unwissend gegenüber" seiner
spezifischen religiösen Bedeutung und Wirkung, falsch unterrichtet über
seinen Sinn und Zweck, etc. etc., ohne daß diese Art von Absicht
dadurch beeinträchtigt würde. Er setzt einen spezifisch menschlichen
Akt und nicht bloß einen "Akt eines Menschen"; ein Tier, selbst das
"intelligenteste" könnte niemals mit einer solchen Absicht handeln.
3) Die virtuelle oder direkte Intention berücksichtigt auch schon den
Kenntnisstand und das Motiv des Sakramentenspenders: er ist wenigstens
in groben Zügen darüber unterrichtet, welchen allgemeinen Sinn und
Zweck die Verrichtung dieser bestimmten rituellen Handlung besitzt, und
er strebt diesen Sinn und Zweck auch tatsächlich an. Diese virtuelle
innere Intention kann beispielsweise auch dann noch gegeben sein, wenn
der Spender infolge unfreiwilliger Zerstreuung das rituelle Zeichen
setzt, ohne im Augenblick ausdrücklich an seinen objektiven Sinn und
Zweck zu denken.
4) Die explizite oder reflexe Intention ist die vollkommenste; der
Sakramentenspender, der das rituelle Zeichen mit reflexer Absicht
setzt, ist genau über Sinn und Zweck dieses Zeichens unterrichtet und
strebt aufmerksam, mit ungeteiltem Willen, genau diesen Zweck an,
während er die heilige Handlung vollzieht.
5) Eigens zu nennen ist eine von den Theologen meist nur am Rand
erwähnte fünfte Form von möglicher Absicht, ein Sakrament zu "spenden",
nämlich die uneigentliche Intention, wie ich sie einmal nennen möchte.
Das Wort "spenden" setze ich dabei ausdrücklich in Anführungszeichen,
weil eben in diesem Fall gerade gar keine wirkliche Absicht vorliegt,
einen sakramentalen Ritus als solchen zu vollziehen. Aber nicht wie
oben unter 1) bei der bloß äußeren Intention wegen mangelnder
Zurechnungsfähigkeit des "Spenders", sondern wegen ausdrücklichen,
reflexen, auch äußerlich unzweifelhaft erkennbaren Nichtwollens des
"Spenders". Dieser Fall liegt vor, wo ein sakramentaler Ritus zwar
möglicherweise korrekt, jedoch in der unzweifelhaft erkennbaren Absicht
vollzogen wird, zu schauspielern, Spott zu treiben oder (beispielsweise
bei Neupriestern) den Ritus lediglich einzuüben.
Welche der fünf skizzierten möglichen Intentionen ist nun für die
gültige Spendung der Sakramente erforderlich? Nr. 1 und Nr. 5 scheiden
offenbar von vornherein aus, weil in beiden Fällen überhaupt keine
eigentliche Absicht oder Intention zur Sakramentenspendung vorliegt.
Überlicherweise behaupten die Dogmatiker, notwendig sei wenigstens die
virtuelle oder, direkte Intention; das bezeichnen sie als theologisch
sicher. Prof. Wendland ist sogar der Auffassung, der sakramentale Ritus
müsse vom
Spender mit reflexiver Intention vollzogen werden, um das Sakrament
gültig zu spenden. Damit dürfte er allerdings ziemlich allein auf
weiter Flur stehen. Womöglich - ich weiß es nicht - hat er aber auch
nur die für eine auf selten des (zumindest des ordentlichen) Spenders
Gott wohlgefällige Sakramentenspendung erforderliche Intention mit der
für die bloße Gültigkeit notwendigen verwechselt. Vom ordentlichen
Spender und gewöhnlich auch vom außerordentlichen ist seitens Gottes
und der Kirche nämlich selbstverständlich verlangt, daß er das heilige
Zeichen andächtig, also im vollen Bewußtsein und mit ganzer Hingabe des
Willens, setzt. Wer sich absichtlich mit einer virtuellen oder gar bloß
äußeren Intention bei der Sakramentenspendung begnügt, also sich
entweder nicht näher dafür interessiert, was er da überhaupt zu welchem
Zweck tun soll, oder innerlich einfach nicht bei der Sache ist, obwohl
er es sein könnte, begeht je nach Umständen eine Unvollkommenheit, eine
läßliche oder eventuell sogar eine schwere Sünde, ohne dadurch aber die
Gültigkeit der Sakramentenspendung zu gefährden. Von einem taufenden
Heiden beispielsweise kann eine reflexe Intention jedoch in der Regel
nicht verlangt werden.
Sicher ist also, daß die explizite oder reflexe Intention zur
Gültigkeit nicht erfordert ist. Ebenso sicher ist aber, und das
entgegen der Meinung der meisten Dogmatiker, daß auch die virtuelle
oder direkte Intention nicht verlangt ist, um ein Sakrament gültig zu
spenden. Das ergibt sich aus ihren eigenen Aussagen. Denn sie erklären
es (mit Recht) zum Dogma, selbst der Stand der Todsünde oder - noch
schlimmer - die fehlende Rechtgläubigkeit des Spenders mache die
Sakramentenspendung nicht ungültig. So hat ja die Kirche tatsächlich im
berühmten Ketzertaufstreit mit Unfehlbarkeit entschieden. Nur haben die
meisten Theologen den offenen Widerspruch zwischen diesem Dogma und
ihrer Annahme übersehen, es sei eine innere wenigstens virtuelle
Intention zur Gültigkeit verlangt. Denn es steht fest, daß die Kirche
ohne Einschränkung definiert hat, die Taufe von Seiten welcher Ketzer
auch immer sei gültig, sofern nur der erforderliche katholische Ritus
vollzogen worden sei. Nun steht aber fest, daß viele häretische Sekten
die sakramentalen Wirkungen" der Taufe und damit den Sinn und Zweck des
Sakraments vehement leugnen, so z.B. sämtliche Protestanten gleich
welcher Richtung. Was man aber ausdrücklich leugnet, d.h. ablehnt und
für nicht möglich oder nicht existent erklärt, kann man nicht
gleichzeitig innerlich intendieren (beabsichtigen). Wenn nach
protestantischer Auffassung die Taufe weder die Erbsünde abwäscht noch
die heiligmachende Gnade eingießt, kann kein überzeugter Protestant
eine dieser beiden Wirkungen des Taufsakraments auch bloß virtuell
anstreben, wenn er den korrekten Ritus vollzieht. Dennoch tauft er -
und das ist katholisches Dogma - gültig. Was anders soll man daraus
schließen als daß die korrekte, bewußte und gewollte Setzung des
äußeren Zeichens hinreicht, um die innere Gnade zu bewirken? Genau das
beinhaltet ja auch die oben zitierte Definition des Begriffs
"Sakrament".
Wie steht es aber dann mit einer weiteren begrifflichen Präzisierung
der zur gültigen Sakramentenspendung erforderlichen Intention, die
bisher noch gar nicht erwähnt wurde? Nach der dogmatisch verbindlichen
Lehre des Konzils von Trient ist nämlich genau jene Absicht oder
Intention auf Seiten des Spenders erforderlich, "wenigstens das zu tun,
was die Kirche tut". Nun, schon andere haben darauf hingewiesen, daß
dieser Begriff des Tridentinums keineswegs mit der Formel zu
verwechseln ist: "wenigstens das zu tun, was die Kirche lehrt, daß sie
es tut". Letztere Formel würde ja kaum verschleiert wieder dasselbe
behaupten, was die Kirche bei der Entscheidung über die Gültigkeit der
Ketzertaufe ein für allemal verneinte, daß nämlich zur gültigen
Sakramentenspendung der rechte Glaube im Spender erforderlich sei. Nein
der ist nicht vonnöten, und damit auch nicht die rechtgläubige Absicht.
Nötig ist nur die Absicht, zu tun, was die Kirche tut. Die Kirche aber
tut nichts anderes, als daß sie das äußere Zeichen setzt. Wer nun
dasselbe äußere Zeichen setzt wie die Kirche, tut dasselbe wie sie, tut
das, was die Kirche tut. Und falls es sich nicht gerade
unglücklicherweise um einen Säugling, einen Berauschten, einen
Schlafwandler, einen Vollidioten oder einen Schauspieler auf der Bühne
(etc., etc.) handelt, hat er auch unzweifelhaft die Absicht, das zu
tun, was die Kirche tut; hätte er, obwohl unzweifelhaft bei Verstand
und Herr seines Willens - diese Intention nicht, würde er ja das äußere
Zeichen auch nicht (bewußt bzw. als solches) setzen, ja könnte er es
gar nicht setzen!
Die bisherige Argumentation hat gezeigt, daß es nach unfehlbarer Lehre
der Kirche so ist: die äußere Intention genügt zur gültigen
Sakramentenspendung. Die nachfolgenden Überlegungen werden überdies
zeigen, daß es auch so sein muß. Jedenfalls dann, wenn Christus die
Sakramente nicht vergeblich einsetzen wollte. Entgegen einer kaum
nachvollziehbaren Behauptung von Prof. Wendland gibt es die perfekte
Heuchelei und die perfekten Heuchler. Einer von ihnen war schon Judas
Iskariot, den außer Christus, dem Gottmenschen, keiner seiner
vertrautesten Gefährten, nämlich der übrigen elf Apostel, im geringsten
durchschaute, so daß sie sich noch in der Nacht des längst geplanten
und in die Wege geleiteten Verrats absolut nicht denken konnten, wer
von ihnen denn nun der Verräter sein solle. Dieses biblische Beispiel,
an dem überhaupt nicht zu deuteln ist, mag genügen. Nach dem heiligen
Paulus bzw. der einhelligen Interpretation seiner Worte im zweiten
Thessalonicherbrief durch die Kirchenväter und Kirchenlehrer besteht
das "mysterium iniquitatis", das schon zu seiner Zeit am Werk war,
jedoch bis zum endzeitlichen Auftritt des Antichristen aufgehalten
(nicht etwa vernichtet!) werden soll, in den Heuchlern unter den
Gläubigen und insbesondere unter dem geweihten Klerus.
Schon unter der Voraussetzung, daß wenigstens die virtuelle innere
Intention des Spenders zur Gültigkeit der Sakramentenspendung nötig
sei, ergeben sich fatale Konsequenzen gerade im Fall der heiligen
Weihen, insbesondere der Bischofsweihen. Von der gültigen Weitergabe
der Bischofsweihe hängt nämlich die Gültigkeit des Meßopfers sowie
aller anderen Sakramente außer Taufe und Ehe ab. Nimmt man nun bloß
einen einzigen heuchlerischen Bischof beispielsweise im fünften
Jahrhundert an, der insgesamt zwei andere Bischöfe weihte, dabei aber
aus Bosheit eine sogenannte "Gegen-Intention" erweckte, also innerlich
das Nichtzustandekommen der Wirkungen des Sakraments beabsichtigt,
während er äußerlich mit allem Anschein von frommer Beteiligung den
vorgeschriebenen Ritus vollzog, und geht man davon aus, daß diese
beiden Weihen ungültig waren, ohne daß die beiden neu "geweihten"
"Bischöfe" oder irgendjemand sonst das jemals gewußt hätte, dann hätte
womöglich dieser eine Fall fehlender innerer Intention genügt, im
weiteren Verlauf schließlich die ganze Kirche des Meßopfers und aller
fünf an das Priestertum gebundenen Sakramente zu berauben.
Wieso das? Nun, bekannt ist doch die Geschichte von dem antiken König,
der eines Tages seinem treuesten Vasallen zur Belohnung seiner
Verdienste die Hälfte seines Reiches anbot. Der jedoch lehnte
bescheiden ab und bat statt dessen darum, der König möge ihm ein
Schachbrett mit seinen 64 Feldern schenken, und auf dem ersten Feld
dieses Schachbretts ein Weizenkorn, auf dem zweiten Feld zwei
Weizenkörner, auf dem dritten vier, auf dem vierten ach Körner und
immer so fort. Der König lachte über diese Idee und gab den Befehl ,
das Gewünschte sofort herbeizuschaffen. Aber die Sache verzögerte sich
unerwartet lange und schließlich kamen die Verantwortlichen zum König
und erklärten ihm verzweifelt, sie könnten aus dem ganzen Land nicht
genügend Wagen voll Korn herbeischaffen, um auch bloß das 4o. Feld des
Schachbretts ordnungsgemäß mit Körnern zu belegen.
Kurz und gut, wenn jeder der beiden ungültig "geweihten" Bischöfe bis
zu seinem Tod wiederum nur zwei weitere Bischöfe unwissentlich ungültig
"geweiht" hätte, hätten vielleicht dreißig, vierzig oder höchstens
fünfzig Generationen genügt, das katholische Weihepriestertum auf
"kaltem Wege" einfach auszulöschen. Dabei wäre es sogar unerheblich
gewesen, wenn alle nachfolgenden "Bischofs"generationen bei allen ihren
Weihehandlungen ausnahmslos die nach unserer oben gemachten Annahme zur
Gültigkeit erforderliche innere virtuelle Intention besessen bzw.
erweckt hätten; die hätte ihnen nämlich überhaupt nichts mehr genützt!
Hinzu kommen die Heuchler unter den Weiheempfängern, aus deren
mangelhafter innerer Intention gleichfalls Ungültigkeit der Weihe
gefolgert werden müßte, selbst wenn der weihende Bischof alle zur
Gültigkeit erforderlichen Bedingungen erfüllte! Nun ist aber sicher,
daß es mehr als einen Heuchler unter den Bischöfen gegeben hat.
Dutzende von Bischöfen gehörten allein in Frankreich oder Österreich zu
einer Zeit insgeheim der Freimaurerei an (was von den Logen erst viele
Jahrzehnte nach ihrem Tod bekanntgegeben wurde), als die Zugehörigkeit
zur Satanssynagoge von den Päpsten auf das strengste verboten und mit
härtesten Kirchenstrafen bedroht wurde. Wenn also Zugehörigkeit zur
(Hochgrad)Freimaurerei schon mit Satanismus identisch wäre (was
unabhängig von allem anderen so nicht stimmt) und deshalb eine gültige
innere Intention eines (hochgrad)freimaurerischen Bischofs bei
sakramentalen Weihehandlungen automatisch ausschlösse, gäbe es allein
deshalb höchstwahrscheinlich heute keinen einzigen gültig geweihten
Bischof mehr, was auch Erzbischof Thuc, Msgr. Carmona und alle anderen
Hoffnungsträger der sogenannten Traditionalisten einschlösse.
Entsprechend existierten erst recht keine gültig geweihten Priester
mehr, also auch kein Meßopfer und keine Sakramente. Zumindest wüßte man
in keinem einzigen Fall, ob eine angeblich heilige Messe oder eine
angebliche Sakramentenspendung noch gültig wäre, müßte vielmehr
schärfste Zweifel daran hegen.
Tatsächlich scheuen sich viele Dogmatiker nicht, zu behaupten, es gebe
nun einmal nur eine moralische, nicht aber eine absolute Gewißheit, ein
Sakrament gültig, d.h. von einem gültigen Spender und in - kraft dessen
verborgener innerer Intention - gültiger Weise zu empfangen. Eine bloß
moralische und dabei größere oder geringere Gewißheit ist aber niemals
eine Sicherheit. Nach durchgehender Lehre der Moraltheologen wäre
jedoch der Empfang eines Sakraments oder die Teilnahme an einem
Meßopfer, von dessen Gültigkeit man bloß eine größere oder geringere
moralische Gewißheit hat, sündhaft, weil man wissentlich und
willentlich in Kauf nehmen würde, einem ungültigen Ritus beizuwohnen;
dadurch würde man nämlich die heiligen Sakramente geringschätzen bzw.
verachten. Nun kann Gott aber nicht einen Zustand herbeiführen, in dem
alle Menschen bzw. alle Gläubigen zum Sündigen gezwungen sind. Auch
kann die Kirche nichts zwingend gebieten, was in sich sündhaft wäre.
Nun verpflichtet aber die Kirche im Namen Gottes alle Gläubigen zum
regelmäßigen Empfang der Sakramente und zur regelmäßigen Teilnahme am
heiligen Meßopfer. Folglich muß die Kirche sicher Sein, daß alle
Gläubigen prinzipiell die Möglichkeit haben, an unzweifelhaft gültigen
heiligen Messen und Sakramentenspendungen teilzunehmen. Also kann die
Gültigkeit der hl. Messe und der Sakramente gemäß der gottgesetzten
Heilsordnung nicht von einer unsichtbaren inneren Intention des
Zelebranten bzw. Spenders, sei sie nun virtuell oder gar reflex,
abhängen.
Aus allem Gesagten ergibt sich also, daß vor der fragwürdigen
Liturgiereform des II. Vatikanums - und zwar seit der Zeit der hl.
Apostel! - alle Sakramente und damit auch alle heiligen Weihen gültig
waren, die von ihrerseits gültig geweihten Spendern in äußerlich
korrekter Form bei klarem Verstand und mit freiem Willen vollzogen
wurden.
Bleibt zu erörtern, was sich an diesem Sachverhalt durch die
Liturgiereform geändert hat. Nun, der neue Weiheritus aller drei
Weihestufen (Diakonat, Priestertum, Bischofsweihe) weist einen
doppelten Mangel auf: erstens wurde er gegenüber dem traditionellen
Ritus verunklart, so daß die die entscheidende Handauflegung (Materie
des Sakraments) begleitenden erläuternden und vereindeutigenden Worte
(Form des Sakraments) eben überhaupt nicht mehr eindeutig zum Ausdruck
bringen, was die Handauflegung bewirken soll; zweitens wurde der
frühere Ritus nachweislich genau zu dem Zweck und mit der Absicht
geändert, die Sakramente der Kirche, in diesem Fall das Weihesakrament,
zu zerstören.
Der erste Mangel, d.h. eine dem nackten Wortlaut nach nicht hinreichend
eindeutige sakramentale Form allein würde das Weihesakrament nicht
ungültig machen, da die ostkirchlichen Weiheformeln den nunmehrigen
reformierten ganz ähnlich sind und vom katholischen Lehramt bzw. den
Theologen dennoch immer als gültig betrachtet und anerkannt wurden. Der
zweite Mangel jedoch in Verbindung mit dem ersten müßte (wie
bekanntlich Papst Leo XIII. im Hinblick auf die Beurteilung der
anglikanischen "Weihe"riten unfehlbar festgestellt hat) die
reformierten Weihen als solche sicher ungültig machen - wenn dem nicht
die gegenüber der seinerzeitigen Einführung der anglikanischen
Weiheriten völlig andersgearteten Umstände entgegenstünden. Wurden jene
in offener Auflehnung gegen Rom und unter blutiger Verfolgung der
romtreuen Katholiken von einem abtrünnigen König aufgezwungen, so
wurden diese von der scheinbaren höchsten kirchlichen Autorität der
katholischen Kirche selber, nämlich von "Papst" Paul VI. persönlich als
angeblich genauso wie vordem katholische Riten eingeführt. Für die
allerwenigsten Gläubigen und sogar Priester bzw. Bischöfe war damals
und ist bis heute der Betrug erkennbar. Darum besteht keine wirkliche
Parallelität zwischen Ritenreform Pauls VI. und der Einführung der
anglikanischen Weihen.
Dennoch sind die neuen Weiheriten in sich ungültig. Aber aus einem
anderen Grund. Sie wurden nämlich von einem Pseudopapst promulgiert.
Folglich sind sie zunächst einmal rechtlich ungültig. Das aber
bedeutet, daß sie gar nicht Riten der katholischen Kirche sind. Wer
diese Riten korrekt setzt, tut also ungeachtet dessen zumindest
objektiv nicht mehr das, was die katholische Kirche tut! Er kann auch
objektiv gar nicht 'die (äußere!) Absicht haben, zu tun, was die
katholische Kirche tut. Und wer sich nun auch innerlich in irgendeiner
Form der dem Ritus erkennbar innewohnenden häretischen Tendenz
anschließt, hat weder äußerlich noch innerlich die Intention, das zu
tun, was die Kirche tut, d.h. er vollzieht einen sakramental ungültigen
Ritus, das Weihesakrament kommt nicht zustande.
Allerdings muß das nicht unbedingt der Fall sein. Die innerliche,
rechtgläubige Intention (virtuell oder reflex) vermag den Defekt der
äußeren Form auszugleichen bzw. zu ersetzen. Daß dem so ist, geht aus
einer einschlägigen lehramtlichen Entscheidung des hl. Papstes
Zacharias hervor, die sich im "Denzinger" unter der Nr. 297 findet und
übersetzt folgendermaßen lautet (es handelt sich um einen Brief an den
hl. Bischof Bonifatius aus dem Jahre 764): "Man hat freilich berichtet,
daß in derselben Provinz ein Priester war, der die lateinische Sprache
überhaupt nicht kannte und, wenn er taufte, ohne die lateinischen Worte
zu verstehen, radebrechend sprach: 'Ich taufe dich im Namen Vaterland
und Tochter und des Heiligen Geistes.' Und deshalb hast Du ehrwürdiger
Bruder, eine erneute Taufe in Betracht gezogen. Aber ... wenn jener,
der taufte, nicht einen Irrtum oder eine Häresie einführte, sondern
einzig aus Unkenntnis der römischen Sprache beim Taufen so gesprochen
haben sollte, wie wir oben gesagt haben, können wir dem nicht
zustimmen, daß (die so Getauften) nochmals getauft werden sollen."
Der Priester hatte demnach mit einer dem äußerlichen Wortlauf nach
total falschen, ja sinnlosen und sicherlich ungültigen Formel dennoch
gültig getauft! Und das aufgrund seiner in diesem Fall offenbar
hinreichend feststellbaren korrekten inneren Intention, das zu tun, was
die Kirche tut, wenn sie tauft. Wer kann nun aber ernstlich bezweifeln,
daß viele Bischöfe mit korrekter innerer Intention, das zu tun, was die
wahre katholische Kirche tut, die Weihen nach dem reformierten Rituale
spenden, weil sie dieses Rituale eben aus unüberwindlichem Irrtum
heraus für ein authentisch katholisches halten, so wie jener Priester
seine unsinnige Taufformel aus unüberwindlichem Irrtum heraus für die
gültige hielt? Folglich kann auch eine Weihe nach dem reformierten
Ritus noch gültig sein. Nur ist ihr Empfang niemandem erlaubt, der die
objektive Ungültigkeit und den schismatischen Charakter der neuen Riten
erkannt hat, weil er erstens das bewußte und damit sündhafte Risiko
einginge, eine bloß moralisch sicher gültige Weihe zu empfangen und
sich zweitens dem Schisma anschließen würde.
Abschließend danke ich dem Herausgeber und Chefredakteur von
"Einsicht", Herrn Dr. E. Heller, vielmals für sein freundliches
Entgegenkommen und seine Bereitschaft, diesen Beitrag hier abzudrucken.
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