Papa haereticus deponi potest
- Ein häretischer Papst kann abgesetzt werden
von
André Perlant
übersetzt von Eugen Golla
Sobald die Schein-Päpste mit der Zerstörung der Kirche begonnen hatten,
tauchten sogleich bestechende Argumente auf, um die Katholiken dahin zu
bringen zu glauben, es sei für einen Papst sehr wohl möglich, Häresien
zu predigen und zu promulgieren, denn das eigentliche Dogma über die
päpstliche Unfehlbarkeit sehe lediglich vor, daß das Charisma der
Unfehlbarkeit nur für den Fall zugesichert sei, wenn der Papst, für das
was er lehre, auch Unfehlbarkeit beanspruche. Es wäre daher vom Gesetz
her 'in Ordnung', wenn rein 'pastorale' Anordnungen die christliche
Herde zu den vergifteten Weideplätzen offenkundiger Häresie führen
dürften.
Der nächste Schritt wurde dann von der Econe-Schule unternommen, die
solchermaßen hintergangenen unschuldigen Gläubigen davon zu überzeugen,
es sei nötig, falls ein Papst Irrtümer aufzwingen würde, zu
protestieren und der festgesetzten Tradition zu folgen - trotz
Ungehorsam, der weit davon entfernt sei, Häresie oder Schisma zur Folge
zu haben, und der zur theologischen Tugend hochstilisiert wurde: "Ist
es nicht besser, Gott zu gehorchen, als einem skandalösen Papst?"
Heutzutage verbreiten etliche überlebende (angebliche)
'Sedisvakantisten' die unwahrscheinliche, aber schädliche und falsche
Auffassung, wonach ein (wirklicher) Papst in Häresie fallen kann, was
wohl manchem wahrscheinlich erscheinen mag, was aber so unrichtig wäre
(wie nachfolgend aufgezeigt wird): Obwohl ein Papst
beklagenswerterweise in Häresie fallen kann, hat die katholische Lehre
vorsorglich und glücklicherweise erklärt, ein häretischer Papst sei in
dem Augenblick ipso facto abgesetzt, sobald seine Häresie manifest
geworden sei. *)
Ein zweifacher Beweis ist für diese leicht mißverständliche Meinung
vorgeschlagen worden, welche ja in normalen Zeiten in hohem Maße dem
Anspruch des Papstes auf Gehorsam widerspricht und gegenwärtig ein
Entschuldigungsgrund für den status quo abgibt, d.h.: sich mit einer
allein auf episkopaler Stufe überlebenden Kirche zufriedenzugeben.
Der erste behauptete Beweis ist, daß die Diskussion der Theologen, ob
ein Papst in Häresie fallen könne oder nicht, eindeutig zeigt, daß die
Kirche die Möglichkeit anerkannt habe. Das jedoch bedeutet offenkundig,
das christliche Volk zu verhöhnen, denn dieses Argument könnte imstande
sein, jede Häresie zu fördern, auch eine solche, die wie diese
verurteilt worden ist. Um die jeweiligen Leser zu täuschen, verlassen
sich die Demagogen nicht mehr länger nur auf eine falsche
Interpretation der definitiven Erklärung auf dem Vatikanischen Konzil
von 187o. Sie zitieren außerdem den hl. Robert Bellarmin nur halb, wenn
er die Frage behandelt, die in seinem Jahrhundert (dem 16.) noch frei
zur Diskussion gestellt wurde: "Papa haereticus deponi potest?" ("Kann
ein häretischer Papst abgesetzt werden?") Denn zugegeben, Bellarmin
prüfte, wie das Problem gelöst werden könne, und er antwortete, ein
häretischer Papst müsse nicht abgesetzt werden, weil er es ipso facto
sei: "depositus, non deponendus". **)
Mittels dieses unvollständigen Zitates wagen sie die These
aufzustellen, ein Papst könne während seines Pontifikates in Häresie
fallen (und Papst bleiben?, Anfrage der Redaktion), welche sie dann
auch noch öffentlich verbreiten. Liest man jedoch das 30. Kapitel (Tom
I, liber II) der vollständigen "Opera Bellarmini", findet man durchaus
das Gegenteil: im ß 1 findet man unter der Überschrift "Papa haereticus
deponi potest" sofort folgende Erklärung - ich gebe hier nur eine
Übersetzung, kann aber auf Anforderung das lateinische Original
beschaffen:
"ich antworte, daß fünf Lösungen des Problems zu finden sind. Die erste
ist die, welche Albert Pighius ***) in seinen Werken gab ( "Über die
kirchliche Hierarchie", Kap. 8, Buch II): 'Ein Papst kann nicht
häretisch sein; infolgedessen kann kein Fall eintreten, der seine
Absetzung zur Folge hat'. Dieses Urteil ist wahrscheinlich richtig und
kann leicht gerechtfertigt werden, wie wir es später an passender
Stelle sehen werden. Indessen ist diese Wahrheit nicht sicher und
Einwänden ausgesetzt. Daher lohnt es sich, beim Studium zu überlegen,
welche Antwort auf das Dilemma eines häretischen Papstes zu geben ist."
Es ist also durchaus klar, daß der hl. Robert Bellarmin diese
schreckliche Hypothese nicht zur Diskussion gestellt hätte, wenn er
nach 187o gelebt hätte, als ein ökumenisches Konzil festlegte, eines
Papstes (!) Glaube könne nicht irren und sein Glaube sei unfehlbar,
wenn er ex cathedra spreche. Wir dürfen also nicht vergessen, daß ein
Papst als Privatperson auch etwas Falsches sagen kann und genauso ein
guter Katholik bleibt, wie jeder beliebige von uns, der nicht in
gleicher Weise den Beistand des Hl. Geistes besitzt. Wir können nicht
als Häretiker gebrandmarkt werden, wenn wir nicht hartnäckig unseren
falschen Auffassungen anhängen. +)
Um weiter zu zeigen, was Bellarmin wirklich meinte, lesen wir einen §
aus Kapitel VI (Tom II, liber IV) seiner Abhandlung "De Pontifice
Romano", deren Bücher alles erklären, was später als Teil des
Glaubensgutes (depositum fidei) definiert wurde. Die Überschrift dieses
IV. Buches lautet: "De potestate spirituali" ("Über die geistige
Macht"). Bevor er dieses 6. Kapitel verfaßte, behandelt der Heilige die
noch vorhandenen vier Thesen über die Ex-cathedra-Unfehlbarkeit. Er
entfernt sofort die ersten beiden von ihnen.
Die erste häretische Behauptung ist: "Auch wenn ein Papst in seiner
Machtfülle als oberster Pontifex spricht, könnte er sich als Häretiker
erweisen, auch wenn er ein Dogma unter dem Beistand eines Allgemeinen
Konzils definiert."
Die zweite Häresie besagt: "Ein Papst ist nur dann unfehlbar, eine
Häresie zu lehren, wenn er ohne den Beistand eines allgemeinen Konzils
ist." Der hl. Robert Bellarmin widerspricht dieser Meinung Gersons. ++)
Er will sich indessen nicht an die Stelle des Lehramtes setzen,
schreibt er doch: "Wir wagen nicht zu behaupten, diese Meinung sei
häretisch, denn wir können sehen, daß ihre Vertreter bis heute von der
Kirche geduldet worden sind. Indessen hört sie sich durchaus falsch an
und sie ist so nahe der Häresie, daß das Lehramt sie gerechterweise
häretisch nennen könnte." Dieser Wunsch ging 1870 in Erfüllung.
Daher sind die einzigen übrig gebliebenen Thesen die, in welchen gesagt
wird, der Papst (als solcher, Anm.d.Red.) könne keine Häresie lehren.
Der hl. Robert Bellarmin unterstützt jedoch nicht die gemäßigte
Auffassung, die folgendes behauptet: "Es ist irrelevant, ob er ein
Häretiker ist oder nicht, als Römischer Bischof kann er niemals
irgendeine häretische Doktrin definieren und verkündigen, die als
solche von der Gesamtkirche als ein Artikel des wahren Glaubens
anerkannt werden soll." Bellarmin lehnt die Dichotomie von Privat- und
Amtsperson (Funktion) genauso ab wie der hl. Alphons von Liguori,
welcher Einspruch dagegen erhob, daß es möglich sei, in der Person des
Papstes den privaten Charakter von seinem Auftreten im Lichte der
Öffentlichkeit zu unterscheiden und zu trennen. Er beweist im
Gegenteil, daß es nur eine (mit sich identische) Person sein kann, die
vom Haupte des mystischen Leibes erwählt wurde, eine Person, der vom
Hl. Geist beigestanden wird, um ihre Aufgaben zu erfüllen. Sein
Vertrauen in Petri Glauben ist genau so absolut wie das in die
Vertrauenswürdigkeit seiner Nachfolger.
Das 6. Kapitel erteilt sämtlichen Interpreten, die behaupten, daß der
hl. Robert den Päpsten eine Glaubensschwäche eingeräumt habe, eine
Absage:
"Es ist davon auszugehen und
gottesfürchtig, zu glauben, daß der oberste Pontifex nicht nur als
Stellvertreter Christi nicht irren kann, sondern daß er auch als
Privatperson betrachtet, kein Häretiker werden kann, indem er etwas
glaubt oder an etwas hartnäckig festhält, was dem Glaubensgut
widerspricht. Dies ist erwiesen durch die wohlwollende Güte der
göttlichen Vorsehung. Tatsächlich kann und darf der oberste Pontifex
keinerlei Häresie verkündigen, vielmehr ist er verpflichtet, die
Wahrheit zu lehren. Er tut es auch tatsächlich so - ohne jeden Zweifel
-, hat ihn doch der Herr damit betraut, den Glauben seiner Brüder zu
stärken, indem er ausdrücklich hinzufügte: 'Ich habe für dich gebetet,
daß dein Glaube nicht irregehe'. Dies meint wenigstens: 'Von deinem
Stuhle aus sollst du immer den wahren Glauben lehren.' Aber ich frage
euch, wie wäre der Römische Bischof imstande als Häretiker, den Glauben
seiner Brüder zu stärken, wie wollte er es einrichten, immer den wahren
Glauben zu verkünden? Sicherlich, Gott könnte auch ein böswilliges Herz
veranlassen, die Wahrheit zu verkündigen, die es gewöhnlich leugnet,
entrang er doch Worte dem Maule von Balaams Eselin. Aber das Volk unter
Druck setzen, wäre eine durch Gottes Vorsehung, die immer sanftes
Wohlwollen anwendet, ganz und gar ungewohnt auferlegte Knechtschaft. An
zweiter Stelle liefert die Geschichte für diese Darstellung einen
praktischen Beweis, denn bis jetzt fand man noch keinen Papst, der
Häretiker war."
Der hl. Robert widmet dann sechs Kapitel der Nachprüfung sämtlicher
Fälle, in denen Päpste der Häresie beschuldigt worden waren. Er zeigt
insbesondere, daß Honorius I. die Zielscheibe aller Verleumdungen
war... trotz seiner tadellosen Rechtgläubigkeit.
Es ist somit klar, daß ein eindeutiger Beweis für ein unbeabsichtigtes
Abgleiten eines Papstes in Häresie und Schlimmeres, nirgends in "De
Pontifice Romano" zu finden ist. Wir finden vielmehr das Gegenteil:
eine Widerlegung der Fehldarstellungen über die Tradition.
Wenn sie nicht bewußt fehlinterpretieren wollten, würden doch die
Verteidiger der Möglichkeit, daß ein Papst (ala Papst) in Häresie
fallen könne, auf diesem Gebiete einfach die entsprechenden
dogmatischen Definitionen von 1870 zitieren, die die Absicht verfolgen,
in ihren Artikeln eine Zusammenfassung der katholischen Tradition zu
geben. Hier folgt nun ein Zitat aus der dogmatischen Konstitution
"Pastoraeternus":
"Der Heilige Geist wurde Petri Nachfolgern nicht versprochen, um
irgendeine neue Lehre von ihm zu verkündigen, sondern um mit Hilfe
Seines Beistandes ehrfürchtig und gläubig die von den Aposteln
empfangene und verbreitete Offenbarung zu erklären, d.h. das
Glaubensgut."
Und dann folgt der praktische Beweis:
"Ihre apostolische Lehre wurde von allen ehrwürdigen Vätern angenommen,
verehrt und befolgt von sämtlichen heiligen Lehrern; wußten sie doch,
daß Petri Heiliger Stuhl von Irrtum freibleiben werde gemäß dem
Versprechen, das Unser Herr und Erlöser dem ersten Seiner Jünger gab,
'Ich bat für dich, daß du nicht irregehest, und nach der Rückkehr
stärke deine Brüder'."
Die krönende Enddefinition ist das allbekannte Dogma:
"Wenn der oberste Hirte ex-cathedra spricht, d.h. wenn er sein Amt als
Hirte und Lehrer der gesamten christlichen Herde ausübt und beschließt,
daß eine Lehre auf dem Gebiete des Glaubens oder der Sitten von der
allgemeinen (oder katholischen) Kirche anzunehmen ist, genießt er den
göttlichen Beistand, der ihm persönlich durch den Heiligen Petrus
verheißen wurde, und verfügt über die Unfehlbarkeit, mit welcher Unser
göttlicher Erlöser Seine Kirche ausstatten wollte."
Man darf dies nicht als eine Definition mit Einschränkungen verstehen, dann
1.) ist es weniger schwer, ein Gut zu
bewahren, als zu erklären, woraus es besteht, ein Urteil über strittige
Punkte zu fällen, als zu wiederholen, was deutlich übermittelt worden
ist;
2.) läßt der Text von "Pastor aeternus" keinen Zweifel, was die katholische Tradition bedeutet.
Unmittelbar vor dem Wortlaut des definierten Dogmas können wir
tatsächlich einen Auszug aus dem Depositum fidei über diesen Gegenstand
lesen, denn es ist nützlich zu wiederholen, was abzuändern sich
Fälscher nachträglich bemühen: "Dieses Charisma der Wahrheit und des
unfehlbaren Glaubens ist deshalb Petrus und seinen Nachfolgern
verliehen worden, damit sie die allerhöchste Aufgabe, die Rettung aller
durchführen können, damit sie imstande sind, die ganze Herde Christi
von den giftigen Weideflächen der Häresie fernzuhalten und sie mit der
himmlischen Lehre zu nähren."
Wir müssen glauben, was die Kirche zu allen Zeiten über die göttliche
Verfassung sagte, und nicht Satans Komplizen, die ständig darüber
Unwahrheiten verbreiten und schamlos Christi Gesandte mißbrauchen. Die
Frage der päpstlichen Unfehlbarkeit wurde bereits in der vortrefflichen
Formel von 519 besiegelt, über die sorgfältig tiefes Stillschweigen
verbreitet wurde, obwohl sie von den Vätern des IV. allgemeinen Konzils
von Konstantinopel für kanonisch erklärt und vom I. Vatikanischen
Konzil bestätigt wurde. Diese Formel wurde gemeinsam proklamiert vom
hl. Hormisdas, Diakon des Papstes Symmachus und seines Nachfolgers auf
dem Heiligen Stuhl, und vom Kaiser von Byzanz, Justinian I. Sie sprach
sich auch für die Vereinigung von West und Ost aus, die glücklich
erreicht wurde: "Wir wünschen in allen Dingen mit dem Apostolischen
Stuhl verbunden zu sein, worin die volle Einheit des christlichen
Glaubens besteht, wodurch die Religion unbefleckt bleibt." Ein
Jahrhundert zuvor hatte der hl. Augustinus schon geschrieben: "Roma
locuta, causa finita." ("Rom hat gesprochen, die Sache ist
entschieden.") Sobald Rom eine Entscheidung in einer ungeklärten Frage
gefällt hatte, ist keine Ablehnung mehr erlaubt, denn darin wurde die
Stimme Gottes gesehen.
Augustinus wiederholte, was Konstantin wenige Jahre vor dem Konzil von
Arles, welches das donatistische Schisma von 316 beendete, verkündigt
hat. Diese ständige Lehre konnte immer wieder geltend gemacht werden,
wenn ein Wirrwarr zu beseitigen war, wie in Bellarmins protestantischer
revolutionärer Periode. Das vatikanische Konzil und sämtliche heiligen
Lehrer lehrten tatsächlich nichts Neues. Wir geben als Schlußfolgerung,
was Leo IX. I053 an Michael Caerularios schrieb, als dieser die
Ostkirche in ein erneutes, langandauerndes Schisma führte: "Wird hier
etwa ein so törichter Mann auftreten, der es wagt zu glauben, daß ein
Wunsch von Ihm, für den Wollen und Durchführung gleichbedeutend sind,
nichts für gegenwärtige Ziele bewirken könne? Hat nicht der Stuhl des
Apostelfürsten, die Römische Kirche, entweder durch Petrus selbst oder
durch seine Nachfolger sämtliche häretischen Irrtümer abgewiesen,
besiegt und verurteilt? Stärkte er nicht die Herzen der Brüder in Petri
Glauben, der bis heute niemals irrte und bis zum Ende niemals irren
wird?"
Den Wahrheitsliebenden wird immer die Gelegenheit geboten werden, die
Stimme des Guten Hirten zu hören und sie werden sie (an)erkennen. Sie
sollen kein Ärgernis nehmen, wenn ein Schein-Papst es fertigbrachte,
als Satans Stellvertreter gerade von Petri Stuhl aus zu regieren! Wir
haben heute den Greuel der Verwüstung im Tempel Gottes. Das Opfer der
Erlösung wird in ihm nicht mehr länger dargebracht. Jetzt rufen alle
Völker voll Bewunderung: "Frieden, endlich Frieden!" Jetzt wird die
eine Weltherrschaft errichtet.
Laßt uns dennoch frohgemut sein, lassen wir den Kopf nicht hängen, denn
all diese Vorgänge wurden uns durch das Glaubensgut schon prophezeit.
Was Roncalli, der auf Petri Stuhl kroch, betrifft: man möge sicher
sein, er wurde niemals Gottes Stellvertreter, da Paul IV. uns schon
warnte, daß die Wahl eines Häretikers (und a fortiori eines Apostaten)
null und nichtig sei. Dies ist die einzige Möglichkeit: Roncalli war
bei seiner Wahl kein (lebendiges) Glied der Kirche Christi mehr. Wäre
er ein wahrer Nachfolger im Amte des Stellvertreters Christi gewesen,
hätten nicht die Pforten der Hölle wider ihn obsiegt, er hätte nicht in
aller Eile sein "Aggiornamento" durchgeführt.
Abgeschlossen am Fest der Unbefleckten Empfängnis Mariens 1989
Jean André Perlant
*) Anlaß zu Mißverständnissen bietet der vom hl.
Bellarmin benutzte, aber in sich eigentlich widersprüchliche Begriff
eines "Papa haereticus", eines "häretischen Papstes". Beide
Bestimmungen schließen sich gegenseitig aus: der Begriff des Papstes
(in sich enthaltend: oberste Lehrgewalt, Unfehlbarkeit) den Begriff
Häresie, die Häresie (willentliche Leugnung verschiedener
Glaubenswahrheiten) ist mit der Vorstellung eines unfehlbaren obersten
Lehramtes unvereinbar. Was vom hl. Bellarmin gemeint ist, ist ein
Grenzfall: eine Person, die als Papst erwählt wurde und in diesem Amt
offenkundige Häresien verbreitet, hört ipso facto auf, Papst zu sein.
Die Häresien verkündet diese Person dann nicht als Papst, sondern als
Privatperson ohne Amt. Darum wird von der Kirche über diese Person auch
nicht als über einen Papst geurteilt, sondern es wird von ihr lediglich
die Feststellung getroffen, daß die betreffende Person in Häresie
gefallen und daß der Stuhl Petri vakant sei. Die Ausführungen von Herrn
Perlant richten sich nicht gegen die Auffassung vom hl. Bellarmin "Papa
haereticus, deponi potest", "Papa haereticus depositus", sondern gegen
eine gewisse naive und zugleich gefährliche Interpretation dieser
Sätze, die zu suggerieren scheint, daß der Begriff Papa mit dem der
Häresie verknüpfbar erscheint. Weit davon entfernt, in den Okkupanten
des päpstlichen Stuhles (Paul VI., Johannes Paul I., Johannes Paul Paul
II.) legitime Amtsinhaber zu sehen - Herr Perlant ist ein echter
Sedisvakantist - möchte er aber auf der anderen Seite, daß das
Petrusamt in seiner Einzigartigkeit rein bewahrt bleibt - trotz der
Probleme, die in der jetztigen Situation mit ihm verbunden sind. E.
Heller
**) Diese Auffassung scheint der des hl. Cajetan zu widersprechen, der
sehr wohl sagt, "Papa haereticus deponendus est", in Wirklichkeit tut
sie es aber nicht. Was Cajetan meint, ist folgendes: ein in Häresie
gefallener (ehemaliger) Papst, der auch nach ihm ipso facto aufhört,
Papst zu sein, muß als nicht mehr amtsfähig, d.h. deponendus erklärt
werden, weil die Kirche eine sichtbare und juridisch verankerte
Gemeinschaft der Gläubigen ist, die über den Zustand des Stuhles Petri
informiert
werden muß.
***) Pighius Albert, 149o-1542, niederländischer Theologe.
+) Diese These ist dann gefährlich, wenn nicht angegeben wird, wann ein
Papst als Privatperson, wann als Amtsperson handelt und was er
verbreitet (über Gegenstände des Glaubens oder der Sitten oder über
andere Bereiche, etwa über Politik etc.).
++) Gerson, Johannes, 1363-1429, franz. Theologe und Kirchenpolitiker, führend auf dem Konzil von Konstanz.
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