Dr. Eberhard HellerD - 81247 München
Anna-Dandlerstr. 5/II
Tel.: 089/811 95 68
den 06.06.1994
H.H.
Abbé Raphael Cloquell
Schellingstr. 136
80797 - MÜNCHEN
Offener Brief
Sehr geehrter Herr Abbé Cloquell,
Sie haben es vorgezogen, auf meine beiden Briefe vom 11. April und 11. Mai 94, in denen ich Sie bat, Auskunft
- über die Gültigkeit Ihrer Priesterweihe durch den Sektierer Mgr. Laborie / Toulouse und
- über Ihren kirchlichen Status
zu geben, nicht zu antworten und die erbetene Einsicht in Ihre
Weihe-Dokumente bzw. -Zeugnisse zu verweigern. Eine öffentliche
Erklärung Ihrerseits zu diesen Fragen ist bis heute leider auch nicht
erfolgt. Da aber Ihre Angelegenheit aus Verantwortung gegenüber den
Gläubigen einer dringenden Klärung bedarf, sehe ich mich gezwungen,
mich in der Form eines "Offenen Briefes" an Sie zu wenden.
Sie könnten mir entgegenhalten, Mgr. Storck, unter dessen Ägide Sie
zeitweise als Seelsorger in Deutschland tätig waren, habe bereits Ihre
Papiere geprüft. Da ich aber davon ausgehen muß, daß diesem sicherlich
eine ganze Reihe von Informationen, die nun nach längeren Recherchen
vorliegen, nicht zur Verfügung standen, können Sie sich auf dessen
Empfehlung nicht mehr berufen. Außerdem ist Mgr. Storck tot und kann
keine Erklärungen mehr zu Ihrer Person abgeben, auch nicht zu den
Gründen, warum er Sie damals entlassen hat.
Wie Ihnen die im Brief vom 11. Mai beigelegte Sukzessionsliste von Mgr.
Laborie, der zufolge er dreimal die Bischofsweihe (bzw.
'Bischofsweihe') erhalten hat, gezeigt haben dürfte, müssen die
Weihen (Priester- und Bischofsweihe(n) von den Herren Ch. M. Josepf
Poncelin d'Eschevannes, Tugdual I. und Canivet als ungültig angesehen
werden. Außerdem hatte Herr Laborie selbst Zweifel an diesen Weihen,
sonst hättte er sich am 8. Februar 1977 nicht noch einmal von Mgr.
Ngô-dinh-Thuc zumindest zum Bischof weihen lassen. Diese Konsekration
kann als gültig angesehen werden (wobei ich einmal davon ausgehe, daß
Laborie intentional entsprechend disponiert war). Strittig dagegen ist,
ob Laborie neben der Bischofsweihe, die belegt ist, auch die
Priesterweihe von Mgr. Ngo-dinh-Thuc erhalten hat. Einer Ihrer
Konfratres hier in München hat mir gegenüber behauptet, er hätte
entsprechende Dokumente eingesehen. Da dieser Konfrater auch die
Papiere von dem Betrüger Roux als unbedenklich beurteilt hatte, kann
ich dieser Auskunft zunächst wenig Vertrauen schenken.
Die Klärung dieser Frage ist wichtig. Denn hätte Laborie von Mgr.
Ngô-dinh-Thuc nur die Bischofsweihe erhalten, dann wäre diese unter der
Voraussetzung der Ungültigkeit seiner Priesterweihe wirkungslos, da nur
ein gültig geweihter Priester gültig die Bischofsweihe empfangen kann.
(Eine Bischofsweihe kann den Empfang der Priesterweihe nicht ersetzen
bzw. kompensieren.) Das hätte zur Folge, daß Laborie Laie geblieben
wäre und Sie dann von einem Laien die 'Priesterweihe' erhalten
hätten... d.h. Sie wären auch Laie geblieben.
Geht man aber davon aus, daß Laborie von Mgr. Ngo-dinh-Thuc vor der
Bischofskonsekration auch gültig zum Priester geweiht worden wäre, wäre
Ihre Priesterweihe zwar gültig, aber unerlaubt gespendet worden, da
Laborie aus einer üblen Sektierer-Ecke kam - Sie haben durch die Ihnen
gesandte Sukzessionsliste ja Einblick in dessen 'kirchliche'
Vergangenheit - und m.W. keine Abiuratio geleistet und um
Wiederaufnahme in die Kirche gebeten hat. Einmal abgesehen von
möglichen anderen (Glaubens-)Delikten, deren Prüfung ich hier übergehe,
wäre Laborie unter dieser Voraussetzung zumindest ein Schismatiker, der
dadurch ipso facto exkommuniziert wäre (CIC, Kanon 2314, n. 1). Auch
wenn Sie guten Glaubens von Laborie die Priesterweihe empfangen hätten,
dürften Sie nach CIC, Kanon 2372, Absatz b, Ihr priesterliches Amt
solange nicht ausüben, bis Sie Dispens erhalten hätten. Ansonsten wären
Sie sowieso der Suspension a divinis verfallen (CIC, Kanon 2372, Absatz
a), d.h. Ihnen wäre die Ausübung Ihrer priesterlichen Vollmachten
verboten.
Wenn Sie Mitglied der wahren Kirche sein wollen, dann müssen Sie sich -
wie das auch Rev. Fr. Krier vor seiner Priesterweihe tun mußte -
salvieren und sich von dem Sektierer Laborie öffentlich lossagen, was
Sie m.W. bisher noch nicht getan haben.
Abgesehen von diesem Skandal, den Sie durch Ihre Weigerung oder
Verschleppung der Aufklärung der besonderen Umstände Ihrer Weihe immer
noch verursachen, haben Sie einen weiteren im Seminar des verstorbenen
Bischofs Dr. Storck inszeniert, indem Sie Mgr. Oravec nach München
gerufen haben, damit dieser den philosophischen Unterricht im Seminar
be- und verurteilen solle - eine genau geplante Intrige!
Um zu verstehen, was durch die tatsächliche Visite von Oravec im April
dieses Jahres und die Verurteilung der philosophischen Grundausrichtung
- der dort immer gelehrten Transzendental-Philosophie - tatsächlich
geschah, ist es nötig, einiges zur Person von Oravec zu sagen:
- Promotion zum Dr. med. dent.
- privates Studium der Theologie an den Wochenenden über eineinhalb Jahre
- danach 1968 Priesterweihe durch Mgr. Davidek, der zu diesem Zeitpunkt
schon Anzeichen von Schizophrenie zeigte und ein dezidierter Anhänger
von Teilhard de Chardin war
- bis 1978 modernistischer Geistlicher in der CSSR
- legale Ausreise in den Westen über Rumänien
- Anschluß an die modernistischen Jesuiten in Rom
- Sub-conditione-'Priesterweihe' nach dem (ungültigen!) Ritus Pauls VI.
- Tätigkeit in Kanada als Traditionalist, wo er eine Gemeinde zerspaltete
- Weihe zum Bischof am 21. Oktober 1988 durch Mgr. McKenna
- Rückkehr in die Slowakei.
Oravec ist weder theologisch noch philosophisch gebildet, hatte also
von der Philosophie als System, über die er in München entscheiden
sollte, keine Ahnung. Gewährsleute aus der ehemaligen CSSR, die ihr
theologisches Wissen aus dem Unterricht durch + H.H. Dr. Katzer bezogen
haben, berichteten mir, daß das, was Oravec schriebe und predigte, sich
am Rande der Häresie bewegen würde, weswegen man bei mir bereits
anfrug, ob ich nicht einen Priester kennen würde, der die Seelsorge für
die Gläubigen in Prag übernehmen könnte. (Weitere Enthüllungen über
Oravec stehen noch aus und werden z.Zt. für eine eventuelle Publikation
vorbereitet.)
Was den philosophischen Unterricht an katholischen Seminarien betrifft,
so gibt es eine kirchenrechtliche Bestimmung, wonach die Dozierung des
Thomismus gewünscht, aber nicht vorgeschrieben wird (CIC, Kanon 1366,
§2 - Pius XII.: "... instruantur". Pius XII. spricht im
Konjunktiv!) D.h. wenn hier einseitig Propaganda für den Thomismus
gemacht wird, der systematisch viele Fragen ungelöst oder direkt falsch
beantwortet, dann handelt es sich um eine bewußte Fehlinterpretation
der betreffenden kirchlichen Bestimmungen!
Sie, sehr geehrter Herr Abbé Cloquell, haben mit der Hinzuziehung
dieser Person als Richter über das philosophisch-wissenschaftliche Erbe
von Mgr. Storck, der Sie damals entlassen hat, weil Sie sich weigerten,
sich theologisch weiterzubilden, der Sache einen schlechten Dienst
erwiesen! Da wurde nicht nur der Bock zum Gärtner gemacht, sondern der
Bock durfte noch darüber befinden, daß der Gärtner der eigentliche Bock
ist! Das ist Hochverrat am geistigen und wissen-schaftlichen Erbe von
Storck. Und Hochverrat haben auch Schw. Gertrud Hilbert und
Frau Fuchs begangen, die um Storcks außergewöhnliche Bildung auf
theologischem und philosophischem Gebiet wußten und dennoch die
Anmaßung von Oravec begeistert beklatschten.
Diese Attacke berührt aber nicht nur die bisherige philosophische
Ausbildung im Seminar des verstorbenen Mgr. Storck, sie triftt auch die
philosophische Grundlage der Zeitschrift EINSICHT, die ich schon im 20.
Jahr redigiere. Denn nur auf dem Fundament einer gediegenen
(transzendental-philosophischen) Ausbildung war es möglich, die
entscheidenden theologischen Grundsatzdebatten zu führen und klare
Lösungen anzubieten, die den katholischen Widerstand theoretisch und
praktisch weltweit geprägt haben.
Dies wäre nun schon der dritte in der Serie der öffentlichen Skandale,
die sich nach dem Tod von Mgr. Storck in seinem Seminar ereigneten, und
die ihren Anfang nahm, als der inzwischen auf sein priesterliches Amt
resigniert habende Abbé Marmodée sich letzen Jahres von dem Betrüger
Roux zum Abt hat weihen lassen wollen, in welche Position er auch von
der ehrgeizigen Schw. Hilbert mit hineingedrängt worden war. Zum Wohl
der gesamten Gemeinschaft konnte diese Aktion, wodurch sich diese nicht
nur ins Schisma begeben, sondern sich auch der Lächerlichkeit
preisgegeben hätte, gestoppt werden. (Wenn nun von Schw. Hilbert und
Frau Fuchs die Mär verbreitet wird, der arme Marmodée sei der
Verzweiflung nahe und man müsse für seine angeblichen 'Verfolger'
beten, dann geht diese Propaganda recht unbekümmert an der
Wahrheit vorbei: nach Auskünften, die ich in jüngster Zeit erhalten
habe, soll sich Marmodée, nachdem er sich seiner religiösen
Verpflichtungen entledigt hätte, noch nie so frei gefühlt haben wie
jetzt.)
Sehr geehrter Herr Abbé Cloquell, Sie werden sicherlich verstehen, wenn
ich darauf insistiere, daß die Probleme, die mit Ihrer Person verknüpft
sind, geklärt werden, weil seitens der Gläubigen ein berechtigtes
Interesse besteht, gültige Sakramente zu empfangen, die von einem
Priester der (wahren) Kirche gespendet werden. In der Hoffnung, bald
von Ihnen die entsprechenden Dokumente zur Einsicht vorgelegt zu
bekommen, verbleibe ich einstweilen mit freundlichen Grüßen.
Eberhard Heller
***
Anmerkungen:
Herr Abbé Cloquell fand es für gut, vorliegenden Brief ungeöffnet an
mich zurückgehen zu lassen. Nachdem ich ihm im Brief vom 11.5. noch
angeboten hatte, ihm bei der Beschaffung eventuell fehlender Unterlagen
behilflich sein zu wollen, finde ich seine Weigerung, über seine Weihe
und seinen kirchlichen Status Auskunft zu geben - auch gegenüber
seinen angeblichen Freunden und Konfraters nicht!!! - mehr als
sonderbar. (Ich hatte mich brieflich zweimal an Cloquell gewandt,
nachdem er gegenüber Gläubigen betont hatte, ich solle mich in dieser
Angelegenheit direkt an ihn wenden.)
Auf Grund dieser Verhaltensweise sehe ich mich leider gezwungen, diesen
"Offenen Brief" zu publizieren, um die Gläubigen auf die Person des
Herrn Cloquell aufmerksam zu machen. Ich behaupte nicht, daß seine
Weihe ungültig ist, ich sage nur, daß bestimmte Punkte unsicher und
deswegen geklärt werden müssen. Und ich fordere ihn hiermit noch einmal
auf, diese Angelegenheit zu regeln, wozu er n.b. verpflichtet ist.
Gerade unter den heutigen anarchischen Zuständen ist es von Abbé
Cloquell m.E. absolut unverantwortlich, diesen berechtigten Interessen
um Klärung nicht nachzukommen, zumal wir z.Zt. eine Infiltration von
Sektierern wie selten zuvor erleben und er obendrein Mgr. Storck durch
die dubiose Frau Hagen vermittelt wurde, was nicht unbedingt als eine
Empfehlung aufgefaßt werden kann. Solange also Herr Abbé Cloquell nicht
bereit ist, über die entsprechenden Punkte Auskunft zu geben, rate ich
den Gläubigen davon ab, seine priesterlichen - oder möglicherweise:
'priesterlichen' - Dienste in Anspruch zu nehmen.
Ich bin von verschiedenen Seiten gefragt worden, woher ich das Recht
nehme, die Weihedokumente von Abbé Cloquell einsehen und kontrollieren
zu wollen, da ich doch keine kirchliche Behörde sei. Darauf antworte
ich: eine feste Rechtsordnung und -autorität in den Reihen der
katholischen Christen bzw. der wahren Kirche gibt es z.Zt. leider
nicht. (Auf die Gefahren, die mit der Verschleppung der Restitution der
Kirche als Heilsinstitution verbunden sind, habe ich mehrfach in dieser
Zeitschrift hingewiesen.) Insofern fehlt mir jede primär rechtliche
Befugnis zu diesem Vorgehen, welche auch n.b. jedem Kleriker fehlt.
Jeder, der sich für die wirklichen Interesse der Kirche einsetzt, kann
dies also nicht von einer kirchlichen Amts- bzw. Rechtsbasis aus tun,
sondern nur aus moralischem Antrieb, nicht ex officio, sondern ex
caritate, wozu allerdings jeder Gläubige verpflichtet ist. Dieses
Handeln muß man vor Gott verantworten und gegenüber den Gläubigen
verständlich machen können. Herr Cloquell ist in den Reihen des
Widerstandes als Kleriker tätig. Meine Verpflichtung gegenüber den
betroffenen Gläubigen und auch gegenüber den Lesern dieser Zeitschrift
sehe ich darin zu erruieren - auch mit diesem "Offenen Brief" -, ob und
daß die Spendung der Sakramente durch ihn gültig und erlaubt
ist.
E.
Heller
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