54. Jahrgang Nr. 7 / Dezember 2024
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1. OSTERN 1979*)
2. Die Papstwahl von 1903
3. Das Ende Luthers
4. WAHLHILFE BESONDERER ART -
5. WARNING REGARDING A SUPPOSED BISHOP
6. Nachruf auf Herrn Jean André Perlant
7. DER HL. KONRAD VON PARZHAM
8. ÜBER DAS GEBET
9. FÜR DEN GEGENWÄRTIGEN AUGENBLICK
10. Der hl. Ignatius von Antiochien
11. NACHRICHTEN, NACHRICHTEN, NACHRICHTEN
12. MITTEILUNGEN DER REDAKTION
OSTERN 1979*)
 
OSTERN 1979*)

von
+ H.H. Dr. Otto Katzer


Liebe Christen!

Die vorausgegangenen Tage, besonders der Gründonnerstag und der Karfreitag waren und sollten auch keine Tage der Freude sein. Das deutet schon der Name Gründonnerstag an: "grün", welches von "greinen" kommt und klagen, jammern bedeutet. Ein Tag also des Jammerns und des Klagens haben wir begangen wegen des Verrates des Menschen an Gott, so wie wir es bei Judas sehen, dem wir - leider nicht so selten - in der einen oder anderen Form nachgefolgt sind. Der Karfreitag ganz besonders aber war und sollte ein Tag der Besinnung sein, einer Besinnung, in der wir ernsthaft Rechenschaft abzulegen haben, bevor wir einst selbst gerichtet werden. Da hätten wir den Herrn bitten sollen, er möge - so wie er es einst in das Schweißtuch der Veronika getan hat - sein mit Blut überströmtes, mit Wunden besätes, mit Dornen gekröntes Haupt tief eindrücken in unser Herz, damit wir immer und überall seine liebevollen Augen sehen, die uns verfolgen auf Schritt und Tritt, und damit wir aus seinem vom Fieber ausgedorrten Mund die Worte hören: "Das alles habe ich aus Liebe zu Dir getan. Was wirst Du aus Liebe zu mir tun?" Karfreitag, das heißt: ein Tag der Besinnung. Und wenn wir uns überprüft haben, dann wurde uns vielleicht bewußt, daß nicht wenige "Dornen und Stacheln", welche dem Heiland am Kreuze so viel Leid verursachten, von uns stammten, von unseren Sünden. Und wenn wir seinen vom Fieber ausgedorrten Mund betrachten, dann mußten wir uns eingestehen, daß es der heiße Hauch des Hasses war, die Lieblosigkeit jener Worte, die aus unserem Mund kamen und unseren Mitmenschen verletzten, die ihn so leiden ließen. All diese Bilder der menschlichen Bosheit müssen tief in uns eindringen, damit wir überhaupt eine Vorstellung davon enwickeln, daß wir der Erlösung bedürfen, wenn wir überhaupt noch Hoffnung haben dürfen, gerettet zu werden. Denn das Bild des Herrn, der mit Wunden übersät, mit Dornen gekrönt ist, sollte immer klar vor unseren Augen dastehen.

Als Moses sah, daß das Volk Israel das Gebot, das Gott ihm gegeben hatte, mißachtete, zerschmetterte er die Gesetzestafeln und damit zugleich das Glück der ihm anvertrauten Herde. Denn das Gesetz und die gewissenhafte Einhaltung der Gebote Gottes waren die einzige Bürgschaft, die einzige Bürgschaft für das zeitliche und einst das ewige Leben. Ähnlich wie die Israeliten befinden wir uns, meine Lieben, auf dem Weg aus der Gefangenschaft, aus dem 'Ägypten der Sinne' in die ewige Heimat. Aber Verrat begleitet uns, so wie es auch unter Moses geschah; denn nicht Gott ist unser letztes Ziel, sondern Brot (Geld), Ehre und Macht. Dafür sind wir bereit, alles herzugeben, zuletzt auch unseren Gott im Allerheiligsten Altarsakrament. Und da hat der 'Moses des Neuen Testamentes', Jesus Christus, die 'Gesetzestafeln' zerschmettert. Und ich frage euch: Wer kennt heute noch die 10 Gebote Gottes? Wir könnten vielleicht sagen - wie das z.B. in Frankreich geschehen ist: Die sieben bzw. zehn Gebote Gottes lauten eigentlich ganz anders, nicht so und so; denn sie sind angeblich nur Gebote, die sich an das jüdische Volk richteten. Nein, das sind Gebote Gottes, Naturgesetze! Und wenn die Menschen sie nicht einhalten werden, dann sind sie es, die sich damit selbst zum Leiden und Sterben, ja zum ewigen Tode verurteilt haben. Fragt nur nach, wieviele Kinder die 10 Gebote Gottes noch kennen. Wenn es überhaupt noch welche gibt, die davon eine Vorstellung haben, wer beobachtet sie?

Christus hat uns seine Lehre zu glauben aufgegeben, die im Katechismus aufgezeichnet ist. Ich möchte gerne einmal fragen: In welchem Haus ist er überhaupt noch zu finden? Vielleicht auf dem Dachboden des Großvaters oder Großmutter? Und wenn er noch irgendwo zu finden ist, wer liest ihn? Und wenn er gelesen wird, wer richtet sich nach ihm? Weshalb herrscht heute - sogar in den Reihen des Klerus - dieses Chaos, dieses Unwissen selbst in elementarsten Glaubenswahrheiten vor, warum? Weil niemand mehr den Katechismus kennt, die Grundwahrheiten des heiligen Glaubens. Daran scheitern u.a. auch jene, die vielleicht mit hohen kirchlichen Würden bekleidet sind (korrekt: waren). Glaubt ja nicht, daß ihr, wie Eva es versucht hat, euch entschuldigen könnt: "Ach was, der Pfarrer hat mich verführt, mein Bischof hat mich verführt, der Papst hat das ja gesagt, und ich mußte gehorchen." Nein, gehorchen muß auch er den Wahrheiten in diesem Buch, welches die meisten nicht haben, nicht kennen und nicht kennen wollen. Ja, es ist sonderbar hier in dieser Welt. Da hört man heute nur gar zu oft die Worte: "Wo zwei oder drei in meinem Namen versammelt sind, da bin ich mitten unter ihnen." Mit keinen Worten des Heilandes wird solcher Unfug getrieben, als eben mit diesen Worten. Der Herr sagt nämlich auch: "Nicht jeder, der zu mir sagt: 'Vater, Vater', wird eingehen in das Himmelreich, [o nein!] nur der, der den Willen meines Vaters tut, der wird eingehen in das Himmelreich." Und der göttliche Heiland betont: "Der Vater und ich, wir sind eins!" Deshalb ist das, was ich sage, auch das, was der Vater sagt. Und folgendes sagte Christus beim Letzten Abendmahl: "Tut dies zu meinem Andenken." D.h. wir sollen das Opfer darbringen, und nicht nur allein der Priester in Verbindung mit Christus, sondern in Verbindung mit dem Priester auch die Gläubigen, also auch Ihr. Ich habe bereits einigemale darauf hingewiesen, wie das zu verstehen ist und daß sich der Altar in der Kirche gleichsam ausdehnen soll zu einer Bühne, auf der sich das gesamte Leben abspielt, die also auch euer Arbeitsplatz ist. Und wie das Opfer überall und jederzeit dargebracht werden kann, wie es sichwiederholt in den drei wesentlichen Teile der hl. Messe, so sollen alle Äußerungen unseres Lebens in dieses Opfer eingebunden sein. Wir müssen dafür Sorge tragen, daß es wohlgefällig ist, damit auch wir mit verwandelt werden und zuletzt eine innige Verbindung mit Christus, mit dem Gottessohn eingehen. Wer nun vermeint,  mit Christus vereint zu sein glaubt, das Opfer aber ausschließt oder nicht opfert in jedem Augenblick seines Lebens, der ist auch nicht vereint im Namen Jesu. Christus ist nämlich dort nicht gegenwärtig, wo das Buß- und Sühneopfer ausgeschlossen wird.

Wenn wir nun bedenken, was Christus alles für uns getan hat, dann müßten wir eigentlich auch einmal Rechenschaft ablegen für unser vergangenes Leben.

Die hl. Messe ist - wie wir wissen - die Vergegenwärtigung und unblutige Erneuerung des Kreuzesopfers Christi. Daran also nehmen diesmal auch wir teil, denn wir müssen mit Ihm leiden, mit Ihm sterben, wenn wir wieder mit Ihm auferstehen wollen. Wir müssen das Kreuz auf uns nehmen, unser Ich begraben, daß nicht mehr wir leben, sondern Christus in uns, daß unsere Gedanken fürderhin Christi Gedanken sind, unsere Worte Christi Worte und unsere Taten Christi Taten! Und wir müssen uns immer wieder fragen und prüfen, ob wir dem Willen Christi wirklich entsprechen oder ob wir Unserem Herrn nur Liebe vorheucheln?

Der bitterste Augenblick im Leben Jesu war wohl der - den meisten dürfte dieser Moment wohl unbekannt sein, der heute sogar noch heuchlerisch retouchiert wird -, als er nämlich die Worte sprach: "Das ist der Kelch meines Blutes, des Neuen und Ewigen Bundes, der für euch und [leider nur] für viele [nicht für alle!] vergossen wird." "Denn nicht alle gehen den Weg, den ich angedeutet hatte." Ich habe euch ja gesagt: "Ich bin der Weg, die Wahrheit und das Leben". Und im Schlußevangelium der hl. Messe heißt es: "Er kam sein Eigentum, aber die Seinigen nahmen ihn nicht auf. Allen aber, [wieviele es auch sein mögen! im Vergleich mit allen andern, die den Weg des Verderbens gehen, wohl doch nur ein kleines Häuflein!] die ihn aufnahmen , [nur diesen und diesen allein] gab er Macht, [wahrhaft] Kinder Gottes zu werden, denen nämlich, die an seinen Namen glauben, die nicht aus dem Fleische, nicht aus dem Blute, nicht aus dem Willen des Mannes, sondern aus Gott geboren sind." (Joh. 1,11-13) Diese Feststellung, daß so viele verloren gehen würden, - während Er dabei ist, sein Erlösungswerk zu vollenden - treffen zu müssen, war wohl der bitterste Augenblick im Leben des Heilandes, der im Begriff ist, sein Leben herzugeben, um uns zu retten. Unsere Aufgabe in den vergangenen Tagen hätte es sein sollen, über all das nachzudenken: Wie groß war doch sein Opfer und dasjenige seiner Mutter! Wir hätten zu der Einsicht gelangen sollen, daß nur ein Gottmensch dies alles hatte auf sich nehmen können. Wir können es kaum begreifen, denn wir sind gefühllos geworden, gefühllos bis zum Stein! Glaubt ja nicht, daß das übertrieben ist. Darüber sollte bitte jeder ernsthaft nachdenken! Jeder braucht sich nur einmal mit den Augen des Heilandes betrachten, gleichsam in Seinen Spiegel schauen, da wird er gleich die entsprechende Antwort bekommen.

Beim Propheten Isaias lesen wir: "Einen Weinberg hatte mein Geliebter auf einem üppigen Gebirgshügel. Er umzäunte ihn, entfernte die Steine, bepflanzte ihn mit edlen Reben, baute einen Turm in seiner Mitte und in den Turm eine Kelter und wartete, daß er ihm Trauben brächte, aber er brachte nur Herblinge. Höret also ihr Bewohner Jerusalems und ihr Männer Judas, und richtet zwischen mir und meinem Weinberge. Was hätte ich meinem Weinberge noch tun sollen und habe es nicht getan? Ich wartete, daß er mir Trauben brächte. Warum bringt er nur Herblinge? Ich weiß schon, was ich mit meinem Weinberge anfangen werde: Wegnehmen will ich seinen Zaun, daß er geplündert, niederreißen seine Mauer, daß er zertreten werde. Ich will ihn in eine Wüste verwandeln!" (Is. 5,1-5) Wenn wir uns vor Augen halten, was der Heiland für uns getan hat, welche Heilsmittel er uns gegeben hat in den Sakramenten, in den Sakramentalien, in den zahllosen Gebeten, um uns zu retten, wenn wir die gesamte Kirche und die Heiligen im Himmel betrachten, die auch auf unsere Rettung aus sind, und an die armen Seelen im Fegefeuer denken ... und wenn wir dem gegenüber den kaum nennenswerten, mäßigen Erfolg, den wir aufzuweisen haben, gleichsam als Resultat unseres gesamten Leben ansehen, was dann? Haben wir da nicht allen Grund traurig zu sein, so traurig, wie es der Herr beim Letzten Abendmahl war?!

Was bleibt uns da übrig? Wir können nur darauf hoffen, was uns das heutige Fest andeutet: durch Gottes übergroßes Erbarmen auferstehen zu einem neuen Leben! In der heutigen Welt, welche - und ich betone, es ist nicht übertrieben, dieser Vergleich untertreib eher noch - mit Sodom zu vergleichen ist, sollen wir uns die Warnung des Engels, die er der Familie des Lot gegeben hatte, zu Herzen nehmen: "Rette deine Seele, eile geschwind auf den Berg, auf den Kalvarienberg, und dort zu den Füßen des Kreuzes suche dein Heil! Bleib ja nicht stehen, dreh dich ja nicht um, damit nicht auch du umkommst!"  Amen.

Anmerkung:
*) Vorstehende Predigt hat + H.H. Dr. Katzer am Osterfest 1979 gehalten, einige Monate vor seinem überraschenden Tod.

 
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