MITTEILUNGEN DER REDAKTION
München, am Festtag des hl. Nikolaus 1995
Verehrte Leser,
ich danke für Ihre großzügige Nachsicht, wenn versprochene Beiträge
noch nicht erschienen sind, und bitte um ihr Verständnis, wenn ich
bereits verschobene noch einmal verschiebe, so den ausführlicheren
Nachruf auf den vor einem Jahr verstorbenen H.H. Pfr. Pniok, die
angekündigte Fortsetzung über die Philosophie des hl. Thomas. Mir
fehlte einfach die Zeit dazu! Ich hoffe aber, daß ich in den
Weihnachtstagen verschiedene Versprechen einlösen kann und u.a. im
nächsten Heft auch eine Ausarbeitung über eine eventuelle Rechtsform
zur Organisation der Kirchengemeinschaften liefern lann.
Sie werden mir sicherlich zustimmen, wenn ich unangenehmere Berichte
nicht in der Weihnachts-nummer publiziere, sondern diese auf das
nächste Heft verschiebe.
Für alle im letzten Jahr erwiesene Hilfe möchte ich Ihnen allen ein inniges "Vergelt's Gott" sagen.
Ihr Eberhard Heller
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"Laßt die Sonne über eurem Zorn
nicht untergehen" (Eph. 4,26)
von
Eberhard Heller
Verehrte Leser!
Kein Satz der letzten Sonntage hat mich mehr getroffen als die Mahnung
des Apostels Paulus in sei-nem Brief an die Epheser, wird doch in
dieser Setenz aus der Lesung zum 19. Sonntag nach Pfingsten auf eine
Situation eingegangen, in der sich viele Gläubige befinden. Angesichts
vielfältiger und grauenvoller Ereignisse - ich denke dabei nicht nur an
Ereignisse aus unseren Reihen, z.B. an die Anmaßung eines jungen,
rechtgläubig sein wollenden Geistlichen, partout Bischof zu werden, um
dann gleich darauf Betrügereien zu begehen und Gläubige, die sich ihm
anvertraut hatten, mit geist-lichen Mitteln noch zu erpressen, sondern
auch an das schreckliche Morden im Bosnienkrieg -, die uns schier zu
erdrücken scheinen und auf die wir nicht direkt einwirken, die wir
nicht verhindern können, bleiben häufig nur Ohnmacht, Resignation oder
Zorn. Gerechter Zorn als Ausdruck verletzten Gerechtigkeitsgefühls, der
einen übermannt, in die endgültige Verbitterung zu verbannen droht.
Denn alle Hoffnung, alle Zuversicht scheinen erstickt..., wenn es da
nicht das Licht der neu aufgegangenen Sonne gäbe: das Licht Christi.
In gewissen Situatonen sehen wir uns immer wieder zurückgeworfen auf
das Motto der hl. Theresa von Avilla "Gott allein genügt". Man kann
dieses Motto auch abwandeln: Nur in der Geborgenheit Gottes wird alles
erst erträglich, denn selbst die Liebe unserer Nächsten und die unsere
zu ihnen trägt doch nur, wenn sie sich in der Liebe Gottes festmacht
und aus ihr schöpft.
Die Sonne, von der der hl. Paulus in seiner Passage über den neuen
Menschen - befreit vom Joch der Sünde und unter ihr - spricht, ist
zugleich auch das Licht: Metapher für Christus, der die Sonne der
Gerechtigkeit ist, die uns eine höhere, ausgleichende, absolute
Gerechtigkeit verheißt und die uns deswegen vor der Verbitterung
bewahrt. Diese Sonne, die alle Nebel zerreißt, ist uns durch Seine
Geburt aufgegangen! Wenn ich nun voll Wehmut daran denke, daß wir in
einigen Wochen wieder Weihnachten feiern, dann möchte ich Ihnen die
hoffnungsvollen Worte des hl. Paulus zurufen:
"Laßt die Sonne über eurem Zorn nicht untergehen",
denn Er heilt auch Eure zerrissenen Herzen.
Im Namen des Freundeskreises und der Redaktion danke ich Ihnen allen
für Ihre Unterstützung, auch im Gebet, für Ihr Interesse und Ihre
Anteilnahme an unserer Arbeit und
wünsche ich Ihnen ein gnadenreiches Weihnachtsfest und Gottes Segen im Neuen Jahr.
wishing all a blessed Christmas and asking Our Divine Saviour to bestow
His blessings upon all during the coming New Year
Le deseo una feliz navidad y Dios bendiga este Año Nuevo
Joyeux Noël et Bonne Année
Buon Natale e felice Anno Nuovo
Gelukkig Kerestfeest en een voorspoedig Nieuwjaar
Pozehnané, radostné Vánoce a Bozí
pozehnaní v novém roce
Ihr Eberhard Heller
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Titelbild: Stephan Lochner, Anbetung des Kindes,1445, Alte Pinakothek, München
Redaktionsschluß: 06.12.1995
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FREIHEIT UND ERZIEHUNG
Platon sagte vor 2000 Jahren: "Wie steht es mit der Demokratie? Ist es
nicht so, daß sich die Demokratie selber auflößt durch die
Unersättlichkeit der Freiheit? Wenn sich die Väter daran gewöhnen, ihre
Kinder gewähren und laufen zu lassen, wie sie nur wollen und sich vor
ihren erwachsenen Kindern geradezu fürchten, ein Wort zu reden. Oder
wenn die Söhne schon so sein wollen wie die Väter, also ihre Eltern
weder scheuen noch sich um ihre Worte kümmern. Wenn die Lehrer vor
ihren Schülern zittern, wenn sie ihnen schmeicheln, statt sie sicher
und mit starker Hand auf einen geraden Weg zu führen. Wenn die Jüngeren
sich den Älteren gleichstellen, ja gegen sie auftreten in Wort und Tat,
die Alten aber sich unter die Jungen setzten und sich ihnen gefällig zu
machen suchen, indem sie ja nicht den Anschein erwecken, als seien sie
auf Autorität versessen, dann geht die Demokratie zugrunde, denn auf
diese Weise wird die Seele und die Widerstandskraft der Jungen
allmählich zerstetzt. Sie werden aufsässig und können es schließlich
nicht mehr ertragen, wenn man nur ein klein wenig Unterordnung von
ihnen verlangt. Am Ende verachten sie dann auch die Gesetze, weil sie
niemand mehr als Herr über sich anerkennen wollen. Und das ist der
schöne, jugendfrohe Anfang der Tyrannei."
(Quelle: Plato, "Die Republik". (K-6-10)) |