Anhang:
Die wichtigsten Äußerungen des Lehramtes zu Thomas von Aquin
Pius IX., Gegen Bonnetty, 11. Juni 1855 (DH 2814)
Die Methode, derer sich der heilige Thomas, der heilige Bonaventura und
andere Scholastiker nach ihnen bedienten, führt nicht zum Rationalismus
und war nicht der Grund dafür, daß bei den heutigen Schulen die
Philosophie zum Naturalismus und Pantheismus neigt. Daher darf man
jenen Lehrern und Magistern nicht zum Vorwurf machen, daß sie diese
Methode zumal mit Zustimmung oder wenigstens stillschweigender Duldung
der Kirche benutzen. (Bonnetty mußte diese These unterschreiben)
Leo XIII., Enzyklika "Aeterni Patris", 4. August 1879 (CICF III, 136-150, n. 578; DH 3135 - 3140 (unvollständig))
Allerdings schreiben Wir der menschlichen Philosophie keine so große
Kraft und Autorität zu, daß Wir meinten, sie sei dafür geeignet,
schlechthin alle Irrtümer abzuwehren oder auszurotten: wie es nämlich
... durch das wunderbare Licht des Glaubens nicht durch überredende
Worte menschlicher Weisheit verbreitet, sondern im Erweis von
Geist und Kraft [l Kor 2,4] dem Erdkreis widerfuhr, in die
ursprüngliche Würde wiedereingesetzt zu werden, so ist auch gegenwärtig
in erster Linie von der all mächtigen Kraft und Hilfe Gottes zu
erwarten, daß die Geister der Sterblichen ... zur Einsicht kommen.
Jedoch sind die natürlichen Hilfsmittel, die dem Menschengeschlecht
durch die Wohltat der göttlichen Weisheit ... zur Verfügung stehen,
weder zu verschmähen noch geringzuschätzen; unter diesen Hilfsmitteln
ist der rechte Gebrauch der Philosophie sicherlich ein vorzügliches.
Nicht vergeblich hat nämlich Gott dem menschlichen Geist das Licht der
Vernunft eingepflanzt; und es liegt so fern, daß das darüber hinaus
gewährte Licht des Glaubens die Kraft des Verstandes auslösche oder
vermindere, daß es sie vielmehr vervollkommnet und mit vermehrten
Kräften fähig zu noch Größerem macht. (...)
Und zunächst nämlich vermag die Philosophie, wenn sie von Weisen
sachgemäß betrieben wird, gewisser maßen den Weg zum wahren Glauben zu
ebnen und zu festigen und die Herzen ihrer Zöglinge für die Aufnahme
der Offenbarung angemessen vorzubereiten. (...)
Und in der Tat hat der gütigste Gott in dem, was die göttlichen Dinge
anbelangt, nicht nur solche Wahrheiten mit dem Licht des Glaubens
eröffnet, die zu erreichen der menschliche Verstand unfähig ist,
sondern er hat auch einige geoffenbart, die der Vernunft nicht gänzlich
unzugänglich sind, damit sie nämlich mit Unterstützung der Autorität
Gottes sofort und ohne irgendeine Beimi-schung des Irrtums allen
bekannt würden. Aufgrund dessen geschah es, daß selbst die Weisen der
Heidenvölker bestimmte Wahrheiten, die entweder von Gott zu glauben
vorgelegt werden oder mit der Lehre des Glaubens durch gewisse enge
Bande verknüpft sind, erkannt, mit geeigneten Beweisen dargelegt und
sich angeeignet haben, wobei nur die natürliche Vernunft
vorausleuchtete. (...)
Diese Wahrheiten aber, die selbst den Weisen der Heiden bekannt sind,
zum Vorteil und Nutzen der geoffenbarten Lehre anzuwenden, ist höchst
zweckdienlich, damit tatsächlich gezeigt werde, daß auch die
menschliche Weisheit und selbst das Zeugnis der Gegner dem christlichen
Glauben beipflichten. (...)
Sind so [mit Hilfe der Philosophie] die festesten Grundlagen gelegt, so
ist immer noch der fortwährende und vielfältige Gebrauch der
Philosophie erforderlich, damit die heilige Theologie die Natur,
Beschaffen heit und den Geist einer wahren Wissenschaft annehme und
anziehe. In dieser vornehmsten der Wissenschaften ist es nämlich
überaus notwendig, daß die vielen und verschiedenartigen Teile der
göttlichen Lehren gleichsam zu einem Ganzen verbunden werden, daß alle
ihren jeweiligen Orten angemessen zugeordnet und aus ihren eigenen
Prinzipien abgeleitet durch ein geeignetes Band miteinander zu
sammenhängen; daß schließlich alle und die einzelnen durch ihre eigenen
und zwar unüberwindlieben Beweise bestätigt werden.
Auch soll jene genauere und reichere Erkenntnis der Dinge, die geglaubt
werden, und die soweit es geschehen kann um ein gutes Stück
liebevollere Einsicht in die Geheimnisse des Glaubens selbst nicht
schweigend übergangen oder geringgeschätzt werden, die Augustinus und
andere Väter sowohl lobten als auch zu erlangen suchten, und von der
das Vatikanische Konzil selbst erklärte, sie sei sehr fruchtbar. (...)
Schließlich ist es auch Aufgabe der philosophischen Wissenschaften, die
von Gott überlieferten Wahrheiten gewissenhaft zu schützen und denen,
die sie zu bekämpfen wagen, entgegenzutreten. In dieser Hin sicht ist
es ein großes Lob der Philosophie, daß sie als eine Schutzwehr des
Glaubens und als ein starkes Bollwerk der Religion gilt. Es ist zwar,
wie Clemens von Alexandrien bezeugt, die Lehre des Erretters durch sich
vollkommen und keiner <Ergänzung> bedürftig, da sie Kraft und
Weisheit Gottes ist. Die hinzukommende griechische Philosophie aber
macht die Wahrheit nicht mächtiger; da sie jedoch die Beweise der
Sophisten wider sie entkräftet und trügerische Nachstellungen wider die
Wahrheit abwehrt, wurde sie ein geeigneter Zaun und Wall des Weinbergs
genannt (...).
Unter den scholastischen Lehrern ragt als Fürst und Meister aller
Thomas von Aquin weit heraus, der, wie Cajetan bemerkt, weil er die
alten heiligen Lehrer aufs höchste verehrte, darum gewissermaßen die
Einsicht aller erlangt hat. Thomas sammelte ihre Lehren und fügte sie
wie zerstreute Glieder eines Leibes zu einem einzigen zusammen, teilte
sie in wunderbarer Ordnung ein und mehrte sie so mit großem Zuwachs,
daß er mit Fug und Recht als einzigartiger Schutz und Zierde der
katholischen Kirche gilt. (...) Indem Wir also verkünden, man solle mit
willigem und dankbarem Herzen alles aufnehmen, was weise gesagt, was
von irgend jemand nützlich erfunden und ausgedacht wurde, ermahnen Wir
Euch alle (...) nachdrücklich, zum Schutz und zur Zierde des
katholischen Glaubens, zum Wohle der Gesellschaft und zum Wachstum
aller Wissenschaften die goldene Weisheit des heiligen Thomas
wiederherzustellen und möglichst weit zu verbreiten. Die Weisheit des
heiligen Thomas, sagen Wir: denn wenn etwas von den scholastischen
Lehrern entweder mit zu großer Spitzfindigkeit erörtert oder zu wenig
überlegt gelehrt wurde, wenn etwas mit den Forschungsergebnissen der
späteren Zeit weniger im Einklang steht oder schließlich in irgendeiner
Weise nicht wahrscheinlich ist, so beabsichtigen Wir keineswegs, daß
dies unserer Zeit zur Nachahmung vorgelegt werde. Im übrigen mögen die
Lehrer, die ihr mit Umsicht auswählet, sich bestreben, die Lehren des
heiligen Thomas dem Geiste ihrer Schüler einzupflanzen und seine
besondere Gründlichkeit und Vorzüglichkeit recht anschaulich zu machen.
Die Akademien, die ihr errichtet habt oder noch errichten werdet,
sollen sie erläutern und verteidigen und zur Widerlegung der um sich
greifenden Irrtümer von ihr Gebrauch machen. (...)
Indem Thomas, wie es sich gebührt, zwischen Vernunft und Glaube genau
unterschied, beide aber wie in einem Freundschaftsbunde einte, hat er
die Rechte beider gewahrt, aber ebenso für beider Würde Sorge getragen.
Die Vernunft, gleichsam auf den Flügeln des heiligen Thomas zu höchster
Vollendung emporgetragen, vermag kaum noch höher zu steigen; der Glaube
hingegen kann noch weitere und wirksamere Hilfe fordern, als ihm durch
Thomas schon zuteil wurde. (...)
Leo XIII., Enzyklika "Providentissimus Deus", 18. November 1893 (CICF III, 410-428, n. 621)
[Seminaristen] werden [auf biblische] Studien bestens vorbereitet sein,
wenn sie auf diesem Weg, den wir selbst vorgeschrieben und aufgezeigt
haben, der Lehre der Philosophie und Theologie unter Führung des
heiligen Thomas gewissenhaft obliegen und diese gründlich in sich
aufnehmen.
S. Pius X., Motu proprio "Sacrorum Antistitum" n. 1, 1. September 1910 (CICF III, 774-790, n. 689)
Was die Studien betrifft, so wollen und befehlen wir passenderweise,
daß die scholastische Philosophie als Grundlage der heiligen Studien
angesehen werde. (...) Das bedeutet in der Hauptsache, daß wir unter
scholastischer Philosophie, die wir vorschreiben, die von Thomas von
Aquin überlieferte verstehen. Wa unser Vorgänger über diese festgesetz
hat, das wollen wir in voller Geltung gewahrt wissen und, wo vonnöten,
erneuern und bekräftigen, und befehlen strengstens, daß es von allen
eingehalten werden. (Wichtig insofern, als hier scholastische
Philosophie auf Thomas von Aquin eingeengt wird.-
Anm. Jerrentrup)
S. Pius X., Motu proprio "Doctoris
Angelici", 29. Juni 1914 (CICF III, 830-834, n. 701) für die
kirchlichen Lehranstalten Italiens.
(Die Aussagen des Motu proprio Sacrorum Antistitum werden zunächst
wörtlich wiederholt, dann:) Wenn aber die Lehre irgendeines Autors oder
Heiligen von Uns oder Unseren Vorgängern jemals mit einzelnen
Belobigungen gebilligt worden ist, dergestalt, daß zum Lobe die
Empfehlung und Anordnung ihrer Verbreitung und Verteidigung hinzutrat,
so ist das dahingehend als gebilligt zu verstehen, insofern es mit den
Grundsätzen des Aquinaten übereinstimmt oder diesen in keinster Weise
widerstreitet. (...)
Benedikt XV., Erklärung der Hl. Studienkongregation, 7. März 1916 (CICF VIII, 450, n. 6418; DH 3601, Vorwort)
Beantwortung zweier Anfragen zur Verbindlichkeit der thomistischen
Thesen vom 27. Juli 1914, nach zahlreichen Protesten von Philosophen
anderer Schulen. (Unter Pius X. waren der Hl. Studienkongregation am
27.7.1914 24 Thesen zur Entscheidung vorgelegt und von ihr
gebilligt worden.)
2. Alle jene 24 philosophischen Thesen [vom 27. Juli 1914] drücken die
echte Lehre des hl. Thomas aus und sie sollen als sichere Leitnormen
vorgelegt werden.
Zensur dieser Erklärung durch den Papst: "suprema sua auctoritate ratam
habuit et confirmavit" - "Mit seiner höchsten Autorität gebilligt und
bestätigt".
Benedikt XV., Brief "Quod de fovenda" an den Jesuitengeneral Wladimir Ledóchowski, 19. März 1917 (Vorwort zu DH 3601)
Mit nicht geringerer Genugtuung haben Wir festgestellt, daß Du mit
genauer Waage das Gewicht der Gründe erwogen hast, mit denen von beiden
Seiten in der Diskussion behauptet wird, wie man sich auf die Lehren
des hl. Thomas stützen müsse. Wir glauben nämlich, daß Du bei dieser
Beurteilung richtig gedacht hast, als Du annahmst, diejenigen hingen
dem Engelgleichen Lehrer zur Genüge an, die meinen, man müsse die
Thesen der Lehre des Thomas in ihrer Gesamtheit als sichere Leitnormen
vorlegen, ohne daß allerdings eine Pflicht auferlegt wäre, alle Thesen
anzunehmen. Im Blick auf diese Regel können die Studenten der
Gesellschaft mit Recht die Furcht ablegen, nicht mit dem angebrachten
Gehorsam den Geboten der Römischen Bischöfe zu folgen, deren beständige
Auffassung es war, daß der hl. Thomas als Führer und Lehrer bei den
Studien der Theologie und Philosophie angesehen werden müsse, wobei es
jedoch jedem unbenommen bleibt, darüber nach beiden Seiten zu
disputieren, worüber man disputieren kann und zu disputieren pflegt.
Pius XI., Apostolisches Schreiben "Officiorum omnium", 1. August 1922 (Mayer I, 385)
Das zweite, wofür Wir die besondere Wachsamkeit der Bischöfe verlangen,
bezieht sich auf die höheren Studien des heranwachsenden Klerus. Was
hierüber im kanonischen Recht (c. 1365, 1366) sehr weise bestimmt ist,
muß unbedingt gewissenhaft und unverletzt beobachtet werden, wenn wir
eine Schar von Priestern heranbilden wollen, die einem so erhobenen Amt
gewachsen sein sollen. Somit haben sich unsre Alumnen nach
Beendigung der humanistischen Studien wenigstens 2 Jahre sehr fleißig
dem Studium der Philosophie zu widmen, um sich für die heilige
Theologie entspre-chend vorzubereiten. Wir meinen die scholaslische
Philosophie, die von den heiligen Vätern und den Lehrern der 'Schule'
gewissermaßen in zusammenhängender Arbeit und mit großem Fleiß
ausgebildet und schließlich durch die Arbeit und den Genius eines
Thomas von Aquin zur höchsten Vollendung geführt wurde. (...) Ja, es
ist der große Ruhm Leos XIII. selbst, die christliche Philosophie durch
die Weckung der Liebe und Verehrung zum Doctor Angelicus
wiederhergestellt zu haben; (...) Deshalb sollen es sich die Lehrer der
Philosophie vor allem angelegen sein lassen, die Kleriker anzuleiten,
in diesem Fach nicht bloß der Methode, sondern auch der Lehre und den
Grundsätzen des heiligen Thomas zu folgen; und das sollen sie um so
eifriger tun, als sie wissen, daß kein anderer Kirchenlehrer den
Modernisten und den übrigen Feinden des katholischen Glaubens soviel
Furcht und Schrecken einflößt, wie der Aquinate. Was Wir von der
Philosophie sagen, gilt in gleicher Weise auch von der heiligen
Theologie. (...) Denn was die Theologie zu einer wirklichen
Wissenschaft macht, und daß sie (...) eine volle Erklärung
(soweit es der menschlichen Vernunft möglich ist) und eine unbesiegbare
Verteidigung der göttlich geoffenbarten Wahrheit bietet, kommt einzig
daher, daß die scholastische Philosophie (unter der Führung und Lehre
des Aquinaten) auf die Theologie selbst angewandt ist.
Pius XI., Enzyklika "Studiorum Ducem", 29. Juni 1923 (DH 3665-3667 )
Wir wollen aber, daß in erster Linie all jene, die in den Schulen der
Kleriker ein Lehramt für die höheren Unterrichtsfächer innehaben, alles
das sorgfältig beachten und unverletzt bewahren, was sowohl Unsere
Vorgänger - und zwar vor allem Leo XIII. und Pius X. - angeordnet als
auch Wir selbst Sie sollen aber überzeugt sein, daß sie dann ihrer
Pflicht Genüge tun und ebenso Unsere Erwartung erfüllen werden, wenn
sie begonnen haben, den Lehrer von Aquin durch die lange und vielfache
Beschäftigung mit seinen Schriften liebzugewinnen, die Glut dieser
Liebe durch die Auslegung dieses Lehrers den Schülern ihres
Unterrichtsfaches mitteilen und sie tauglich machen, ähnlichen Eifer in
anderen zu erwecken. (...)
Heilig also soll einem jeden von ihnen sein, was im Codex iuris
canonici [Kan. 1366 2] vorgeschrieben wird, daß
<nämlich> die Professoren die Studien der Philosophie und
der Theologie sowie den Unterricht der Schüler in diesen Lehrfächern
ganz und gar nach der Methode, der Lehre und den Grundsätzen des
Engelgleichen Lehrers gestalten und diese heilig halten sollen; und an
dieser Norm sollen sich alle so ausrichten, daß sie ihn selbst wahrhaft
ihren Lehrer nennen können.Die einen sollen von den anderen aber nicht
mehr fordern, als was die Kirche, die Lehrerin und Mutter aller, von
allen fordert, keiner soll nämlich daran gehindert werden, bei den
Dingen, über die in katholischen Schulen unter Autoren von höherem
Ansehen in entgegengesetzte Richtungen disputiert zu werden pflegt,
jener Auffassung zu folgen, die ihm wahrscheinlicher erscheint.
Pius XI., Apostolisches Schreiben "Unigenitus Dei Filius", 19. März 1924, Kap. 10 (Mayer I, 161)
c) Lehre. Als heilige und unverletzliche Pflicht muß sodann für euch
gelten, was Wir im Apostolischen Schreiben über die Seminarien und
theologischen Studien in Übereinstimmung mit dem Kir-chenrecht
verordnet haben: daß sich nämlich die Lehrer in ihrem philosophischen
und theologischen Unterricht an die scholastische Methode nach den
Grundsätzen und Lehren des Aquinaten halten. (...) Hat doch der
Englische Lehrer - so Unser Vorgänger unsterblichen Andenkens Leo
XIII.- "durch die Fülle seines göttlichen und menschlichen
Wissens der Sonne gleich ... es erreicht, allein alle Irrtümer früherer
Zeiten zu überwinden und zur Vernichtung der künftig in unablässiger
Folge auftauchenden Irrtümer das unbesiegbare Rüstzeug zu
liefern" (Encycl. Aeterni Patris). (...) Wie wichtig es ist, daß
eure Alumnen von der scholastischen Methode nicht abweichen, ergibt
sich auch daraus, daß die Scholastiker wegen der nahen Verwandtschaft
zwischen Philosophie und Offenba-rung beide in erstaunlichen Einklang
brachten, so daß die eine der andern reichlich Licht und Stütze bietet.
Pius XI., Apostolisches Schreiben "Deus scientarum Dominus", 24. Mai 1931, Art. 29 (Mayer II, 436)
a) In der theologischen Fakultät soll die heilige Theologie den ersten
Platz einnehmen. Dieses Fach ist nach der positiven wie nach der
scholastischen Methode zu lehren; sind daher die Glaubenswahrheiten
vorgetragen und aus der Heiligen Schrift und Tradition dargelegt, soll
die Natur und das in-nerste Wesen dieser Wahrheiten nach den
Grundsätzen und der Lehre des heiligen Thomas von Aquin erforscht und
erklärt werden. (...)
c) In der philosophischen Fakultät soll die scholastische Philosophie
gelehrt werden, und zwar so, daß die Hörer durch eine vollständige und
zusammenhängende Synthese der Philosophie nach der Methode und den
Grundsätzen des heiligen Thomas von Aquin ausgebildet werden. Nach
dieser Lehre aber sollen die verschiedenen Systeme der Philosophen
geprüft und beurteilt werden.
Pius XI., Rundschreiben "Ad catholici sacerdotii", 20. Dezember 1935, III.1 (Mayer II, 87)
Damit die künftigen Priester jenes zeitgemäße Wissen besitzen, wie Wir
oben gesagt haben, ist es von höchster Bedeutung, daß sie nach einer
gründlichen Ausbildung in den klassischen Studien auch gut in der
scholastischen Philosophie nach Art, Lehre und Grundsätzen des
Doctor angelicus (CIC, c. 1366, 2) unterrichtet und geübt
werden. Diese Philosophia perennis, wie sie Unser großer Vorgänger Leo
XIII. genannt hat, ist ihnen nicht nur für die Vertiefung des Dogmas
nötig, sondern bewahrt sie auch wirksam gegen alle Arten moderner
Irrtümer: sie befähigt ihren Geist, das Wahre vom Falschen genau zu
unterscheiden, und verleiht ihnen in den verschiedensten Fragen oder
späteren Studien eine Klarheit des Denkens, die dem anderer, die diese
philosophische Schulung nicht erhalten haben, weit überlegen ist, auch
wenn diese mit einem ausgedehnteren Einzelwissen ausgerüstet sind.
Pius XII., Ansprache "Solemnis conventus", 24. Juni 1939 (Mayer II, 424f.)
(...) Ferner ist sehr weise bestimmt und gehörig zu beobachten,
daß die Professoren in ihren Studien der systematischen
Philosophie und Theologie und im Unterricht der Alumnen in diesen
Fächern durchaus der Methode, Lehre und den Grundsätzen des heiligen
Thomas folgen und sich daran gewissenhaft halten (c. 1366, 2). Denn die
Weisheit des Aquinaten erläutert lichtvoll die Wahrheiten der
natürlichen Vernunft und vereinigt sie trefflich zu einer harmonischen
und unerschütterlichen Einheit; die Weisheit des Aquinaten eignet sich
vorzüglich, die Dogmen des Glaubens zu erklären und zu verteidigen; sie
vermag endlich die Hauptirrtümer jedes Zeitalters wirksam abzuwehren
und unwiderleglich zu besiegen. Bringt daher, geliebte Söhne, ein Herz
mit voll von Liebe und Interesse für den heiligen Thomas: strengt eure
ganze Kraft an, daß ihr seine lichtvolle Lehre mit dem Verstande
erfaßt; nehmt gern alles an, was zu ihr offenbar gehört und was mit
Sicherheit als wesentlich in ihr gilt. (...) Wenn all das, wie Wir
vertrauen, beobachtet wird, darf man reichen Gewinn für die
Wissenschaft erwarten. Denn der Wetteifer im Suchen und Verbreiten der
Wahrheit durch Empfehlung der Lehre des heiligen Thomas wird nicht
unterdrückt, sondern vielmehr angespornt und behutsam geleitet.
Pius XII., Enzyklika "Humani generis", n. 31, 12. August 1950 (Mayer IV, 478)
31. Erfaßt man diese Sachlage klar, so sieht man leicht ein, warum die
Kirche verlangt, daß die künftigen Priester ihre philosophische
Ausbildung nach der Methode, der Lehre und den Grundsätzen des Doctor
Angelicus erhalten. Ist ihr doch aus jahrhundertelanger Erfahrung
bekannt, daß die Methode und Eigenart des Aquinaten besondere Vorzüge
besitzt, sei es für die Ausbildung der Anfänger, sei es für die
Durchdringung noch unerforschter Wahrheiten; seine Lehre aber weiß sie
in harmonischem Einklang mit der göttlichen Offenbarung und kennt
sie als überaus wirksam, um die Grundlagen des Glaubens sicherzustellen
und die Früchte eines gesunden Fortschritts mit Nutzen und ohne Gefahr
zu ernten.
Pius XII., Ermahnung "Menti Nostrae", 23. September 1950, III.3 (Mayer IV, 78)
(...) Obwohl bei der intellektuellen Bildung der jungen
Seminaristen auch die anderen Fächer nicht vernachlässigt werden
dürfen, wie etwa das heute so wichtige Studium der sozialen Frage, so
muß doch besonderes Gewicht auf die philosophische und theologische
Ausbildung nach der Lehre des heiligen Thomas von Aquin
(Vgl. C.I.C., can. 1366, 2) gelegt werden, und zwar unter Anpassung an
die heutige Zeit und mit Rücksicht auf die Irrtümer der
Gegenwart. (...) Irrtümer können nicht wirksam bekämpft werden, wenn
man die unerschütterlichen Grundsätze der katholischen Philosophie und
Theologie nicht gründlich kennt. In diesem Zusammenhang ist es
angebracht, daran zu erinnern, daß die scholastische Methode besonders
geeignet ist, klare Begriffe zu vermitteln und darzulegen, wie die der
Kirche als Lehrerin aller Christen anvertrauten Glaubenswahrheiten
untereinander organisch verbunden sind. Heute aber gibt es manche, die
unter Außerachtlassung der jüngsten Anweisungen des kirchlichen
Lehramtes sich wenig um die Klarheit und Genauigkeit der Begriffe
bemühen. Sie haben sich nicht nur von der scholastischen Lehrmethode
entfernt, sondern bereiten, wie eine traurige Erfahrung lehrt,
Irrtümern und Verwirrungen geradezu den Weg. (...) Um daher zu
verhindern, daß in den kirchlichen Studien Haltlosigkeit und
Unsicherlieit um sich greifen, ermahnen Wir euch, ehrwürdige Brüder,
beständig darüber zu wachen, daß die genauen, vom Apostolischen Stuhl
für die Studien erteilten Anweisungen getreu angenommen und ausgeführt
werden.
CIC c. 1366 § 2
Philosophiae rationalis ac theologiae studia et alumnorum in his
disciplinis institutionem professores omnino pertractent ad Angelici
Doctoris rationem, doctrinam et principia, eaque sancte teneant.
Die Lehrer in den Priesterseminarien sollen / müssen ihre Forschungen
der Philosophie und Theologie und die Unterrichtung der Alumnen in
diesen Fächern ganz und gar nach der Methode, der Lehre und den
Prinzipien des Thomas von Aquin betreiben und diese gewissenhaft
einhalten.)
***
Quellen
CIC Codex Iuris Canonici, Rom 1917 u.ö.
CICFCodicis Juris Canonici Fontes, hrsg. von P. Gasparri u. Justiniàn Serédi, Rom 1929-1939
DenChDenifle, Henri Chatelain, Emile, Chartularium Universitatis Parisiensis, Paris 1889 ff.
DHDenzinger-Hünermann, Enchiridion Symbolorum definitionum et
declarationum de rebus fidei et morum, Barcelona-Freiburg-Rom 197636
FlaschFlasch, Kurt, Aufklärung im Mittelalter? Die Verurteilung von 1277, Mainz 1989 (ex cerpta classica VI)
LThK2Lexikon für Theologie und Kirche, hrsg. von Josef Höfer und Karl Rahner, 2. Auflage, Freiburg 1957ff.
MayerMayer OSB, Suso, Neueste Kirchenrechts-Sammlung, Freiburg 1953-1961
MörsdorfMörsdorf, Klaus, Die Rechtssprache des Codex Juris Canonici, Paderborn 1937, Ndr.1967
Steenberghenvan Steenberghen, Fernand, Die Philosophie im 13. Jahrhundert, München, Paderborn, Wien 1977
Torrell Torrell, Jean-Pierre, Magister Thomas. Leben und Werk des Thomas von Aquin,
Freiburg, Basel, Wien 1995
WeisheiplWeisheipl, James, Thomas von Aquin, Graz, Wien, Köln 1980
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