Wir feiern Gottes wertvollstes Werk:
den Freikauf des Menschengeschlechts!
von H.H. Frantisek Spinler
übersetzt von Johannes Lorek
• Warum wollte Jesus, der in Bethlehem geboren war, in Jerusalem leiden?
1. Weil nur dort die Opfer gebracht wurden, die das Leiden des Herrn
vorweggenommen hatten. Vor allem das Osterlamm, das ausschließlich in
Jerusalem geschlachtet wurde. Bereitete sich doch bereits Abraham dort
- auf dem Berge Morija - darauf vor, seinen Sohn zu opfern. Und damit
zeichnete er deutlich das eigentliche Opfer Christi vor.
2. Gott hatte beschlossen, daß das Leiden des Herrn Jesus Christus zum
Wohle der ganzen Welt dienen sollte! Es war daher angemessen, das Opfer
im Mittelpunkt der damaligen Welt - und das war eben Jerusalem -
darzubringen (also dort, wo Asien, Afrika und Europa zusammenstoßen)
damit die Kunde vom wichtigsten Geheimnis unseres Glaubens, vom Leiden
Christi, der ganzen Welt besser kundgetan würde. Zuerst gelangte sie
nach Asien, dann kam sie über das Mittelmeer nach Afrika, und bald
darauf auch nach Europa.
3. Christus wollte die größten Leiden auf sich nehmen - ja die größten
Schmähungen. Diese wurden sicherlich deswegen auf wunderbare Weise
gemehrt, weil er in der damals bekanntesten Stadt gekreuzigt wurde! Für
Seine Verklärung suchte sich der Herr den abgelegenen Berg Tabor aus,
einen - bis dahin - unbedeutenden Ort. Für Seine Kreuzigung jedoch
wählte er einen möglichst bekannten Berg! Auch für uns ziemt es sich,
außergewöhnliche Taten eher verborgen zu halten, was uns aber beschämt,
nicht zu vertuschen!
• Warum wollte Christus zu Ostern leiden?
Das Osterlamm wurde zum Paschafest geschlachtet und dargebracht. Und
dieses Lamm war das Vorbild für Christi Aufopferung, Er: das wahre
Osterlamm.
Zu jener Zeit versammelten sich die Juden des ganzen Landes in
Jerusalem. Und Christus wollte eben vor den Augen so vieler Menschen
leiden! So wie die Frucht Seines Leidens die gesamte Menschheit
betreffen sollte, so wollte Er auch, daß Seine Erniedrigung möglichst
publik würde, damit seine Kreuzigung auch um so bekannter würde!
• Und warum wollte Christus leiden?
Zur größeren Ehre und zum größeren Ruhm Seines ewigen Vaters! Auf Ihn
hin war all sein Wirken ausgerichtet! Deutete er doch an: "Ich bin
nicht auf meine Ehre bedacht." (Joh. 8,50) - "Mußte nicht Christus
leiden, um so in seine Herrlichkeit einzugehen?" (Luk. 24, 26) - Weil
Er für die Erlösung des gesamten Menschengeschlechtes litt: "...denn er
wird sein Volk von seinen Sünden erlösen." (Mat. 1,27)
• Warum pries Christus Seinen Vater, bevor er den Ölberg hinaufstieg?
1. Damit zeigte er seine Opferbereitschaft an und begrüßte es, daß die
Stunde Seines Leidens gekommen war, sagte Er doch: "Mit einem großen
Verlangen sehnte ich mich..." - " Das war der Tag, den Abraham sah, und
jauchzte!" - "Auf jenen Tag wartete die ganze Welt!"
2. Er deutet damit an, daß der Gerechte sich eher freuen solle, anstatt
zu weinen, je näher sein Tod heranrückt. So wie berichtet wird, daß ein
Schwan, wenn er die Nähe seines Todes verspürt, anfangen würde zu
singen... So handelt auch ein unschuldiger Mensch, und das guten
Gewissens, so wie der heilige Franziskus, der bei einem Vers des 141.
Psalms sein Sterben ergeben annahm: "Die Gerechten warten auf mich, bis
Du mir vergiltst..." - Oder der heilige Nikolaus: "In Deine Hände
empfehle ich meinen Geist..." (Psalm 30,6) - Oder der heilige Ludwig,
König von Frankreich : "Ich trete in Dein Haus und werde mich verbeugen
in Deinem heiligen Tempel..."
3. Überdies belehrt Er uns, daß wir für alles Gott danken sollen...
damit wir uns nicht wie die Ferkel verhalten, die ihre Augen nicht
einmal zum Eichbaum emporheben, von dem die Eicheln herunterfallen.
• Warum nahm Er drei Vertraute mit sich in den Garten Gethsemani?
1. Weil jene schon mit auf dem Berge Tabor Seine Herrlichkeit geschaut
hatten. Sie waren schon Teilhaber an Seinem Ruhm und sollten es nun
auch an Seinem Leidensweg werden. Wem mehr Gnaden zugeteilt werden, von
dem wird auch mehr an Mühen gefordert. Sich mehr für Christus mühen,
mit Ihm zu leiden, das ist der Same des Ruhms.
2. Damit sie bezeugen, was Er zu tun und zu leiden gedachte. Er hatte
nicht die Gewohnheit, etwas im Verborgenen oder ohne Zeugen zu tun...
Deswegen pflegte Er zu sagen: "Was ich euch im Ver-borgenen sage, das
sagt öffentlich! Was man euch ins Ohr flüstert, das verkündet von den
Dächern aus...!" So führte Christus auch seine Apostel in die Arena
(seines Todeskampfs). Nicht um mit Ihm zu kämpfen, sondern damit sie
Ihn dabei ansehen und sich die Ursachen und den Zweck dieses Kampfes
gut veranschaulichen... Damit Er sie dazu aufmunterte, selbst auch in
diesen Kampf einzugreifen. Also wie diejenigen, die selbst einmal den
Kampfring betreten sollen. Ähnlich wie der Adler seine Jungen zum Flug
ermuntert, so erhob auch Er sich über sie...
• Warum überschritt Er den Bach Cedron?
Doch wohl nicht nur deswegen, weil zufällig über ihn der Weg zum Ölberg
führte. Nein, sondern vornehmlich deswegen, um uns zubelehren, daß wir
zuerst den "Cedron des Kreuzes und des Leids" überschreiten müssen,
wenn wir auf den "Ölberg" gelangen wollen - das bedeutet zur
Herrlichkeit, welche darin besteht, daß wir uns am Tage der
Auferstehung erhobenen Hauptes mit Freude und Frohmut zeigen dürfen!
Es ist schon einmal so bestimmt: Erst nach vielen Leiden dürfen wir in
das Königreich Gottes eintreten. Christus war uns Vorbild wie z.B. der
Anführer Johannes (1 Makk. 16,6). Dem zögernden Heer gab Er Mut. Als
erster überschritt Er den Bach. - Und die anderen folgten Ihm nach.
Im Tod besteigen auch wir den "Ölberg", d.h. den Berg der göttlichen
Barmherzigkeit, welcher die Gnaden bedeutet, die uns auf Grund von
Christi Todesopfer aus den Sakramenten der Beichte und der Heiligen
Kommunion zuteil werden.
• Was war der Grund dafür, daß er Blut geschwitzt hat?
Er sah deutlich Seine künftigen Qualen voraus. Er sah alle Sünden aller
Menschen, auch der kommenden! - Die Beleidigung der göttlichen
Gerechtigkeit erforderte eine gerechte Wiedergutmachung! Er sah aber
auch, daß Sein Leiden für viele vergeblich dargebracht werden würde! Er
hatte Mitleid schließlich auch mit denjenigen, die für Ihn ihr Leben
opfern würden.
• Warum werden am Gründonnerstag die Altäre entblößt?
Damit auf die mehrfache Entblößung Christi in den Tagen Seines Leidens
- insbesondere bei der Auspeitschung und bei der Kreuzigung -
hingewiesen wird.
• Warum wollte Christus - mit Dornen gekrönt - seinen Leidensweg antreten?
Deshalb, weil der Kopf auch der Hauptsitz der Sinne ist. Und Er wollte
mit einer Dornenkrone leiden, um die Genugtuung für die Sünden der
Sinne zu leisten.
Christus trug Sein Kreuz selbst, wie ein entschlossener Soldat die Lanze trägt, mit der er seinen Feind niederwirft.
Christus wird zwischen zwei Verbrechern gekreuzigt, die an das Judentum und an das Heidentum erinnern.
Simon von Cyrene wird gezwungen, Jesus beim Tragen Seines Kreuzes zu
helfen. - Auch wir werden oft zum Tragen von Christi Kreuz gezwungen...
Christi Worte "Weint nicht über mich..." (Luk. 23,28) erinnern daran,
daß Sein Tod freiwillig war, uns zum Heile und zu Seiner Glorie! Sein
Tod würde in absehbarer Zeit durchgestanden sein! "Weint aber über euch
und eure Kinder" (Luk. 23,28), weint über das verkehrte Jerusalem,
wegen des baldigen Untergangs und wegen all der Verworfenen beim
Untergang der Welt!
Christus starb auf dem Kalvarienberg, auf der Schädelstätte. Gemäß
jüdischer Tradition befand sich dort der Schädel Adams. Dort, wo der
Ursprung des ewigen Todes war, dort sollte auch die Quelle des Lebens
sprudeln...
Er kostete den Wein, wollte ihn jedoch nicht trinken. Er kostete die
Bitterkeit des Todes, aber er verharrte nicht in ihr. Er starb am
Kreuz. Am Holze des verbotenen Baums hatte einst der Teufel gesiegt. -
Auf dem Holz des Kreuzes Christus wurde er überwunden... Der Mensch
gehorchte Gott in einer so einfachen Sache nicht, dafür gehorchte der
Gottessohn dem Vater in einer Angelegenheit, die so voll Pein sein
sollte: Es ist vollbracht!
Die Vorläufer hatten ihre Funktion erfüllt: Der schuldlose Abel wurde
von seinem Bruder ermordet! Isaak vom Vater auf das Holz des Kreuzes
gelegt, um geopfert zu werden. Das Osterlamm geschlachtet! David
besiegte Goliath, den Teufel. Bereitet ist das Gastmahl, zubereitet für
alle, die sich in den Armen der Kirche aufhalten. Denen, die sich nicht
beteiligen wollen, wird gesagt: "Aus dir stammt nur Unheil, Israel, aus
Mir nur Hilfe für dich."
Der Soldat öffnete mit einer Lanze Seine Seite: Aus ihr flossen die
Sakramente der Kirche heraus, ohne die niemand in das Leben, welches
das wahre Leben ist, eingehen wird!
• Warum wollte Christus an einem Freitag sterben?
Deswegen, weil der Mensch an einem Freitag erschaffen wurde. Durch den
Sühnetod Christi wurde er so wunderbarerweise an dem gleichen Wochentag
wieder zu neuem Leben erweckt. Geschaffen wurde er allerdings mühelos,
erlöst jedoch durch ein unsagbares Leiden! An jenem Tag sündigten nach
den hl. Väter die ersten Menschen und wurden aus dem Paradies
vertrieben. Und also erneuert dem Paradies wieder zurückgegeben, wie es
exemplarisch dem reuigen Schächer erging. Zu Recht halten die Christen
den Freitag in Ehren und heiligen ihn durch das Fasten. Durch das Essen
der verbotenen Frucht haben wir uns die Vertreibung aus dem Paradies
zugefügt, durch Enthaltsamkeit kehren wir dorthin zurück!
• Warum erschien der Engel den Frauen auf der rechten Seite?
Weil mit der linken Seite die Gegenwart angedeutet wird, mit der
rechten dafür das ewige Leben. Der Engel war mit einem weißen Gewand
bekleidet. Er kündigte doch die Freuden unseres Festes an! Sagten wir
unseres Festes? War es nicht Sein Fest? Um es wahrheitsgemäß
auszudrücken: Es ist Sein und unser Festtag! Die Auferstehung unseres
Erlösers ist auch unser Fest. Denn nur so führt Er uns zur
Unsterblichkeit.
• Warum ist Christus von den Toten auferstanden?
1. Damit sich die Prophezeiungen und die Vorbilder erfüllen: z.B.
Isaias, Jonas - dieser befand sich drei Tage lang im Bauch des
Walfischs wie in einem Grab, um dann wieder ausgespieen zu werden.
2. Damit Er - durch Sein Vorbild - in uns den Glauben an die Auferstehung von den Toten festige.
3. Um uns zur Beschleunigung unserer geistlichen Auferstehung zu
ermuntern, damit wir uns in allen Beschwernissen vollkommen in den
Göttlichen Willen ergeben und uns in ihn fügen.
• Warum stieg Er herab zur Hölle?
Deswegen, um durch Seinen Sieg über den Satan ihm doch noch dessen
Beute aus den Händen reißen zu wollen. Deshalb war er drei Tage im
Grab, damit sein Tod für alle ganz gewiß würde! Wäre Er früher
auferstanden, hätte man einwenden können, daß es nicht so sicher sei,
daß Jesus wirklich ganz tot war...Wäre Er länger im Grab geblieben,
hätte eingewandt werden können, ob es sich noch um denselben Christus
handeln würde.
• Warum zeigte Er sich zuerst den Frauen?
Sowie Eva die erste Verkünderin des Todes war und als erste die
todbringende Frucht kostete, so wollte Gott, daß Frauen auch
Künderinnen des Lebens werden und daß sie an der Freude der
Auferstehung teilnehmen. Sie zeichneten sich durch Eifer und
Frömmigkeit aus. Sie weinten über Christus, standen unter dem Kreuz,
sie waren am Grab - im Gegensatz zu den Aposteln, die davonliefen.
Zuerst zeigte sich Jesus Seiner Mutter: Sie war die treue Begleiterin
Seines Lebens, Seines Leidens und Seines Todes. Es ist nur gerecht, daß
sie auch Seine erste Begleiterin in der Freude der Auferstehung wurde.
• Warum wurden die Frauen zu den Aposteln gesandt?
Weil es den Aposteln bestimmt war, Christi Auferstehung zu verkünden.
Da sie durch das Leiden des Herrn im Grunde ihres Wesens zutiefst
erschüttert waren, bedurften sie - vor allen anderen - auch einer
Aufmunterung. So wurden sie des Anblicks Ihres Meisters gewürdigt und
befähigt, tiefer zu glauben. Besonders Petrus wurden von den Frauen
aufmunternde Worte übermittelt! Gerade er, der durch seine Verleugnung
am meisten beschämt worden war, hatte es nötig, daß er vom "Arzt der
Seelen" zur Reue ermuntert wurde. Er war das Haupt der Apostel.
Christus wollte ihn in der früheren Freundschaft bestärken! So vergaß
die Güte Christi schleunigst die Sünden, welche die Tränen abgewaschen
hatten. Um diejenigen, welche Seiner besonderen Gunst teilhaftig
werden, bemüht Er sich auch, damit sie sich schnell wieder erheben
können!
• Warum behielt Christus Seine Wundmale?
Damit dauernde Zeugnisse Seiner Liebe zu Gott und zu den Menschen
verbleiben, um durch sie beim gerechten Gott Barmherzigkeit für
Lebendige und für Tote zu erbitten. Damit fromme Seelen in ihnen eine
sichere Zuflucht haben. Damit am Tag des Gerichts den Verworfenen ein
schrecklicher Vorwurf gemacht werden kann, den Gerechten dafür aber
Trost zuteil wird!
• Warum stieg Christus vom Ölberg aus in den Himmel empor?
Deshalb, weil Er eben von dort in Seine Herrlichkeit eingehen wollte,
von wo Er auch Seinen Leidensweg angetreten hatte. Derselbe Weg, der
zur Geduld führt, führt auch zum Ruhm. An einem Mittag hatte er das
Kreuz getragen, an einem Mittag fuhr Er auf in die ewige Herrlichkeit.
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