54. Jahrgang Nr. 7 / Dezember 2024
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1. WEIHNACHTEN 1996
2. PREDIGT AUF DAS WEIHNACHTSFEST
3. Allen aber, die Ihn aufnahmen...
4. BEWUSSTER BETRUG JOHANNES PAULS II.?
5. Avantgarde eines neuen Faschismus
6. DIE HEILIGEN DREI KÖNIGE BESUCHEN DAS JESUSKIND
7. WIR KÖNNEN HELFEN, WIR KÖNNEN HELFEN...
8. Gedanken über Formen heidnischer Antizipationen der Jungfrauengeburt
9. Ein prachtvoller Raufbold des Herrn
10. DAS BLAUE KREUZ
11. PSALM VON DER GÖTTLICHEN GLÜCKSELIGKElT
12. Buchbesprechungen
13. DER HEILIGE AMBROSIUS
14. NACHRICHTEN, NACHRICHTEN, NACHRICHTEN
15. Mitteilungen der Redaktion
16. BUCHEMPFEHLUNGEN
DER HEILIGE AMBROSIUS
 
DER HEILIGE AMBROSIUS

von
Eugen Golla


Als Ambrosius etwa um 333 oder 340 in Trier geboren wurde, war erst ein Vierteljahrhundert vergangen, seit die Kirche die Katakomben verlassen und die erste Stufe in ihrer weiteren Entwicklung zur Reichskirche erreicht hatte, womit die Freiheit der Religionsausübung und die Gleichstellung mit den übrigen Religionen verbunden waren.

Sein Vater, als Präfekt höchster römischer Verwaltungsbeamter der Provinz Gallien - sie umfaßte außer dem heutigen Westdeutschland große Teile Westeuropas -, starb bereits im Jahre 354, worauf seine Mutter in ihre Heimatstadt Rom zurückkehrte. Als echter Römer widmete sich Ambrosius dem Studium der Rhetorik und der Rechtswissenschaften, um die Laufbahn eines Staatsmannes anzustreben. Aber wie bei der damaligen Oberschicht üblich, lernte Ambrosius auch die griechische Sprache und das so gut, daß er imstande war, sämtliche griechischen Klassiker zu studieren.

Bereits 370 wurde er Konsular von Aemilia und Liguria, deren Hauptstadt Mailand war und wo zur damaligen Zeit oft die Kaiser residierten. In dieser Stadt hatte er Gelegenheit, den Arianismus, jene Häresie, welche die Gottheit Christi leugnet, kennenzulernen, zumal der zuständige Bischof, Auxentius, der den überwiegend katholischen Mailändern vom Kaiserhof aufgedrängt worden war, selbst Arianer war.

Als Auxentius starb, entbrannte begreiflicherweise ein heftiger Streit darüber, wer neuer Bischof werden solle. Als sich Ambrosius in die Kirche begab, um den tumultartigen Szenen ein Ende zu machen, rief plötzlich das Volk: "Ambrosius soll unser Bischof sein!" Aber er war ja nicht einmal Priester! Vielmehr, er war sogar nach einer damals weit verbreiteten Unsitte trotz christlicher Erziehung nicht einmal getauft, sondern erst Katechumene!

Sein Versuch, sich dieser Aufforderung zu entziehen, indem er sich als unsittlich und grausam darstellte, ebenso sein Fluchtversuch, waren vergeblich: die Menge der Gläubigen ließ sich von ihrem Entscheid nicht abbringen, und auch der Kaiser verlangte, daß Ambrosius die Wahl annehmen solle. So empfing Ambrosius nacheinander in rascher Folge Taufe, Priester- und Bischofsweihe. Mit Recht konnte er daher später resumieren: "So kam es, daß ich, bevor ich lernte, anfing zu lehren. Lernen und lehren zugleich mußte ich sonach, da mir zu einem vorausgängigen Lernen keine Zeit übrig blieb."

Mailand besaß einen neuen Oberhirten, der die politischen Tugenden des alten Rom, die virtutes, mit glühender Christusliebe in eine Einheit zusammenfließen ließ. Seine einflußreiche Stellung zwang ihn gleichsam, zu sämtlichen Problemen und wichtigen Zeitereignissen - häufig handelte es um Vorgänge, die den Zerfall des Römischen Reiches betrafen - Stellung zu nehmen. Bald zeigte sich, daß er ein großer Kämpfer für die Überwindung des Arianismus, für die Missionierung der Heiden sowie für die Unabhängigkeit der Kirche gegenüber der Staatsgewalt war.

Die Nachfolger des 375 verstorbenen Kaisers Valentinian I., seine beiden jugendlichen Söhne Valentinian II. und Gratian, waren zwar der Kirche nicht feindlich gesinnt, besaßen jedoch wenig Interesse an einer vollständigen Überwindung des Arianismus, da sie unter dem Einfluß ihrer streng arianischen Mutter Justina standen.

Im Jahre 382 erreichte aber Ambrosius zumindest die Zurücknahme sämtlicher Privilegien, die der heidnische Kult noch immer besaß. Gleichzeitig legte der Kaiser auch den Titel "Pontifex Maximus" ab und ließ den Altar der Siegesgöttin Victoria im Hause des Senats entfernen. Vergebens hatte sich der edle Stadtpräfekt Symachus bemüht, daß diese Verordnungen zurückgenommen werden, wobei er darauf hinwies, daß die heidnische Tradition die Macht und den Wohlstand des Reiches gesichert habe. Ambrosius erwiderte, daß nur den Christen die Wahrheit anvertraut worden sei.

Noch mehr lehnte er jegliche Toleranz gegenüber der arianischen 'Bruderkirche' ab. Für ihn hatte der von der Kirche verurteilte Arianismus keinen Anspruch auf ein eigenes Gotteshaus. Als die Kaiserinmutter Justina den Arianern eine kleine Kirche überlassen wollte, wies er dies energisch zurück. Wenig später verlangte dann der Kaiser die Gleichberechtigung beider Bekenntnisse durch Anwendung der 359 abgeschlossenen Formel von Rimini und die Abtretung einer Kirche. Solchermaßen durch kaiserliche Erlasse bedroht, floh Bischof Ambrosius mitsamt seinen Gläubigen in das Gotteshaus, das daraufhin von Soldaten belagert wurde. Augustinus berichtete später  in seinen "Bekenntnissen", wie in dieser so kritischen Situation Ambrosius das Singen von Hymnen und Psalmen einführte, damit die Eingeschlossenen den Mut nicht sinken lassen sollten. Schließlich siegte die Standhaftigkeit des Bischofs und der Gläubigen: die kaiserliche Familie verzichtete auf eine weitere Begünstigung der Arianer und die Gläubigen konnten ihre Kirche behalten.

Sein Bischofsamt bot Ambrosius reichlich Gelegenheit, christliche Nächstenliebe zu üben. Er, der bisher im Wohlstand gelebt hatte, verzichtete zugunsten der Armen auf sein vom Vater ererbtes Ver-mögen und führte ein bescheidenes Leben. Trotz der karg bemessenen freien Zeit, die er meist mit Lesen zubrachte, hatte jedermann, ob angemeldet oder nicht, freien Zutritt zu ihm. Seine eigene Gastfreundschaft und Großzügigkeit hinderten ihn aber nicht daran, die Genußsucht, die Geldgier und Herzlosigkeit der Reichen zu geißeln. Genauso tadelte er aber auch die armen Taglöhner mit harten Worten, die ihr mühselig erworbenes Geld in den Kneipen vertranken.

Ambrosius gehört auch zu denen, die ein Beispiel gaben für die bereits in der Frühkirche vorhandene Verehrung der Reliquien. 386 wurden von ihm die Gebeine der Brüder Gervasius und Protasius gefunden, die der Legende nach unter Kaiser Marc Aurel, also mehr als zweihundert Jahre vorher, in Mailand den Märtyrertod erlitten haben sollen. Er ließ die Gebeine, die noch voller Blut waren, nach San Ambrogio überführen und berichtete: "Ihr erkanntet, ja saht, daß viele von den Dämonen gereinigt, die meisten aber, sobald sie die Gewänder der Heiligen berührt hatten, von ihren Krankheiten geheilt wurden. Somit sind die Wunder der alten Zeit wiedererstanden, in welcher sich durch die Ankunft unseres Herrn Jesus Christus mehr Gnaden über die Erde ergossen hatten". Scharf verurteilte er die Arianer, die diesen Wundern keinen Glauben schenkten.

Im Jahr 387 wurde ihm eine große Freude zuteil: Augustinus, der seit drei Jahren mit seiner Mutter Monika in Mailand lebte und als Lehrer der Rhetorik tätig war, bekehrte sich zum wahren Glauben und wandte sich von seinem lasterhaften und leichtfertigen Leben ab, welches er bis dahin geführt hatte. Hierzu hatten auch die Predigten des Bischofs beigetragen, der Zeuge dieser Bekehrung geworden war. So konnte Ambrosius dem späteren Kirchenlehrer Augustinus sowie seinem Sohne am Karsamstag das Sakrament der Taufe spenden.

Für kurze Zeit konnte sich das von der Völkerwanderung und den Thronkämpfen schwer gebeutelte Römische Reich erholen, als 381 Theodosius Herrscher der Osthälfte wurde und ab 392 die Herrschaft über das gesamte Reich ausübte. Er, ein bedingungsloser Anhänger des katholischen Glaubens, erreichte es, daß das Christentum zur Staatsreligion erhoben wurde, indem er zuerst auf dem von ihm einberufenen Konzil zu Konstantinopel die Lehrstreitigkeiten beendete, die jede Einheit unmöglich gemacht hatten. Das Ergebnis war das sogenannte nicäno-konstantinopolitanische Glau-bensbekenntnis, das - nochmals variiert - in unserer Messe gebetet wird. Danach vollendete er das Werk Kaiser Konstantins des Großen, indem er alle heidnischen Kulte verbot und die Olympischen Spiele abschaffte. Von nun an konnten die heidnischen Kulte nur noch im Verborgenen fortleben, auf dem Lande hielten sie sich aber weiter fort.

Es versteht sich von selbst, daß Ambrosius und Thedosius im Bereich der Kirchenpolitik eng zusammenarbeiteten. Sie schlossen sogar Freundschaft, was aber Bischof Ambrosius nicht hinderte, bisweilen Rechte der Kirche gegenüber dem sehr selbstbewußten mächtigen Herrscher zu verteidigen. So verweigerte er ihm einst den Ehrenplatz im Presbyterium, wie er den Kaisern des byzantinischen Reiches gewährt wurde, mit den Worten: "Der Purpur macht zum Kaiser aber nicht zum Priester".

Ein schwerer Konflikt entstand in Thessaloniki, als dort infolge eines Aufstand kaiserliche Beamtegetötet worden waren. Theodosius ließ zur Vergeltung eine große Anzahl der Einwohner töten; angeblich sollen es 7000 gewesen sein. Namens der natürlichen Moral warf Ambrosius dem Kaiser in ein Brief taktvoll, aber entschieden seine Untat vor und verließ sogar für einige Zeit Mailand, um dem jähzornigen Herrscher nicht begegnen zu müssen. Die von Malern - auch von Rubens - gerne dargestellte Szene, wie der mit den Pontifikalgewändern bekleidete Ambrosius dem vor dem Kirchenportal stehenden Theodosius mit vorgehaltenem Bischofsstab den Eintritt in das Gotteshaus verweigert, ist dramatisch zwar sehr wirksam, entspricht aber nicht dem historischen Geschehen. Hingegen gilt als erwiesen, daß er den Kaiser erst dann wieder in die Gemeinschaft der Gläubigen aufnahm, nachdem er sich der demütigenden öffentlichen Kirchenbuße unterworfen hatte.

Ambrosius starb am 4. April 397. Dieser Tag fällt meist in die Fastenzeit oder die Osterwoche, in welchen in der Frühkirche keine Feste gefeiert werden durften. Infolgedessen wurde sein Fest auf den 7. Dezember, den Tag seiner Weihe zum Bischof, der immer feierlich begangen worden ist, verlegt.

Ambrosius hinterließ zahlreiche Werke, die ihm mit Recht den Titel eines Kirchenlehrers eintrugen. Allerdings muß man berücksichtigen, daß sie meist seiner Tätigkeit als Prediger entstammen, in ihnen daher das pastorale Anliegen Vorrang vor philosophischen Spekulation genießt, sie daher nicht die Genialität eines hl. Augustinus oder die des hl. Hieronymus erreichen.

Originalität entwickelte er in seiner Behandlung der Jungfräulichkeit, zu deren Ausbreitung und Verehrung im Abendland er viel beitrug. Neu ist auch die Stellung, die die Jungfrau Maria hinfort in der Geschichte der Askese einnimmt. So schreibt er in einer Abhandlung in seinem Werk "De Virginitate": "Habt vor Augen das junfräuliche Leben der Mutter Jesu; sie wird euch als Spiegel dienen, in welchem ihr das Muster der Reinheit und der Tugend erblickt; von ihr entnehmt eure Lebensregeln, von ihr lernt, was ihr zu bessern, was ihr zu fliehen, was ihr zu bewahren habt. je erhabener das Muster ist, desto feuriger muß die Nacheiferung sein; was aber ist erhabener, was leuchtender, was reiner als die Mutter Gottes?"

Andererseits vermeidet er übertriebene Strenge, wie sie z.B. Tertullian und Hieronymus entwickelten, um die Frau von der Ehe abzuhalten. Denjenigen aber, die in der Propaganda der Jungfräulichkeit eine Gefahr für die Bevölkerungsentwicklung sahen, hält er entgegen: "Einige sagen, die Vermehrung des Menschengeschlechts leide durch die große Anzahl von Jungfrauen. Ich möchte doch wissen, wer noch kein Weib hat finden können. In den volkreichsten Gegenden findet man die mei-sten Jungfrauen."

Ambrosius ist ferner der Autor des ersten Handbuchs der christlichen Moral. Dieses dreibändige Werk "De officiis" ("Über die Pflichten") hat nicht nur den Titel mit dem berühmten Buch Ciceros gemeinsam; vielmehr war der von der Stoa beeinflußte Cicero seine Vorlage, wobei er allerdings die autarkeia, die Selbständigkeit durch den christlichen Gehorsam ersetzte. Ambrosius kann als begei-sterter Hymnendichter auch der Vater der abendländischen Hymnendichtung genannt werden. Auf ihn geht gleichfalls die Unterrichtung der Gemeinde im Psalmengesang mit Wechselchören zurück, wie er vorher nur im Orient gesungen worden war, und die Durchsetzung dieser Gesangsart mit den von ihm verfaßten Hymnen.

Bisweilen werden hervorragenden Personen Werke zugeschrieben, die sie nicht verfaßt haben; dies trifft auch auf Ambrosius zu. So trägt zwar das "Te Deum" auch den Namen "Ambrosianischer Lobgesang", die Autorschaft ist aber ungeklärt.

In wenig Worten kennzeichnet passend das dem Buch Ecclesiasticus entnommene Eingangslied der Festmesse für den Heiligen sein Wirken: "Inmitten der Kirche ließ ihn der Herr seinen Mund auftun; Er erfüllte ihn mit dem Geiste der Weisheit und des Verstandes; Er kleidete ihn mit dem Gewande der Ehre."

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Benützte Literatur:

Bibliothek der Kirchenväter, Bd. 1: "Des Heiligen Kirchenlehrers Ambrosius v. Mailand ausgew. Schriften.", München u. Kempten 1914.
Rosenberg, Hans: "Die Hymnen des Breviers", Bd. 1, Freiburg 1923,
Artikel "Ambrosius" in: "Dictionnaire des spiritualité", Bd. 1, Paris 1937.
Stadler, Joh. Ev.: "Vollständiges Heiligenlexikon in alphabet. Ordnung", Bd. 1, Augsburg 1858.
"Vies des Saints", Bd. 12, Paris 1956.

 
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