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DER HEILIGE AMBROSIUS |
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DER HEILIGE AMBROSIUS
von
Eugen Golla
Als Ambrosius etwa um 333 oder 340 in Trier geboren wurde, war erst ein
Vierteljahrhundert vergangen, seit die Kirche die Katakomben verlassen
und die erste Stufe in ihrer weiteren Entwicklung zur Reichskirche
erreicht hatte, womit die Freiheit der Religionsausübung und die
Gleichstellung mit den übrigen Religionen verbunden waren.
Sein Vater, als Präfekt höchster römischer Verwaltungsbeamter der
Provinz Gallien - sie umfaßte außer dem heutigen Westdeutschland große
Teile Westeuropas -, starb bereits im Jahre 354, worauf seine Mutter in
ihre Heimatstadt Rom zurückkehrte. Als echter Römer widmete sich
Ambrosius dem Studium der Rhetorik und der Rechtswissenschaften, um die
Laufbahn eines Staatsmannes anzustreben. Aber wie bei der damaligen
Oberschicht üblich, lernte Ambrosius auch die griechische Sprache und
das so gut, daß er imstande war, sämtliche griechischen Klassiker zu
studieren.
Bereits 370 wurde er Konsular von Aemilia und Liguria, deren Hauptstadt
Mailand war und wo zur damaligen Zeit oft die Kaiser residierten. In
dieser Stadt hatte er Gelegenheit, den Arianismus, jene Häresie, welche
die Gottheit Christi leugnet, kennenzulernen, zumal der zuständige
Bischof, Auxentius, der den überwiegend katholischen Mailändern vom
Kaiserhof aufgedrängt worden war, selbst Arianer war.
Als Auxentius starb, entbrannte begreiflicherweise ein heftiger Streit
darüber, wer neuer Bischof werden solle. Als sich Ambrosius in die
Kirche begab, um den tumultartigen Szenen ein Ende zu machen, rief
plötzlich das Volk: "Ambrosius soll unser Bischof sein!" Aber er war ja
nicht einmal Priester! Vielmehr, er war sogar nach einer damals weit
verbreiteten Unsitte trotz christlicher Erziehung nicht einmal getauft,
sondern erst Katechumene!
Sein Versuch, sich dieser Aufforderung zu entziehen, indem er sich als
unsittlich und grausam darstellte, ebenso sein Fluchtversuch, waren
vergeblich: die Menge der Gläubigen ließ sich von ihrem Entscheid nicht
abbringen, und auch der Kaiser verlangte, daß Ambrosius die Wahl
annehmen solle. So empfing Ambrosius nacheinander in rascher Folge
Taufe, Priester- und Bischofsweihe. Mit Recht konnte er daher später
resumieren: "So kam es, daß ich, bevor ich lernte, anfing zu lehren.
Lernen und lehren zugleich mußte ich sonach, da mir zu einem
vorausgängigen Lernen keine Zeit übrig blieb."
Mailand besaß einen neuen Oberhirten, der die politischen Tugenden des
alten Rom, die virtutes, mit glühender Christusliebe in eine Einheit
zusammenfließen ließ. Seine einflußreiche Stellung zwang ihn gleichsam,
zu sämtlichen Problemen und wichtigen Zeitereignissen - häufig handelte
es um Vorgänge, die den Zerfall des Römischen Reiches betrafen -
Stellung zu nehmen. Bald zeigte sich, daß er ein großer Kämpfer für die
Überwindung des Arianismus, für die Missionierung der Heiden sowie für
die Unabhängigkeit der Kirche gegenüber der Staatsgewalt war.
Die Nachfolger des 375 verstorbenen Kaisers Valentinian I., seine
beiden jugendlichen Söhne Valentinian II. und Gratian, waren zwar der
Kirche nicht feindlich gesinnt, besaßen jedoch wenig Interesse an einer
vollständigen Überwindung des Arianismus, da sie unter dem Einfluß
ihrer streng arianischen Mutter Justina standen.
Im Jahre 382 erreichte aber Ambrosius zumindest die Zurücknahme
sämtlicher Privilegien, die der heidnische Kult noch immer besaß.
Gleichzeitig legte der Kaiser auch den Titel "Pontifex Maximus" ab und
ließ den Altar der Siegesgöttin Victoria im Hause des Senats entfernen.
Vergebens hatte sich der edle Stadtpräfekt Symachus bemüht, daß diese
Verordnungen zurückgenommen werden, wobei er darauf hinwies, daß die
heidnische Tradition die Macht und den Wohlstand des Reiches gesichert
habe. Ambrosius erwiderte, daß nur den Christen die Wahrheit anvertraut
worden sei.
Noch mehr lehnte er jegliche Toleranz gegenüber der arianischen
'Bruderkirche' ab. Für ihn hatte der von der Kirche verurteilte
Arianismus keinen Anspruch auf ein eigenes Gotteshaus. Als die
Kaiserinmutter Justina den Arianern eine kleine Kirche überlassen
wollte, wies er dies energisch zurück. Wenig später verlangte dann der
Kaiser die Gleichberechtigung beider Bekenntnisse durch Anwendung der
359 abgeschlossenen Formel von Rimini und die Abtretung einer Kirche.
Solchermaßen durch kaiserliche Erlasse bedroht, floh Bischof Ambrosius
mitsamt seinen Gläubigen in das Gotteshaus, das daraufhin von Soldaten
belagert wurde. Augustinus berichtete später in seinen
"Bekenntnissen", wie in dieser so kritischen Situation Ambrosius das
Singen von Hymnen und Psalmen einführte, damit die Eingeschlossenen den
Mut nicht sinken lassen sollten. Schließlich siegte die Standhaftigkeit
des Bischofs und der Gläubigen: die kaiserliche Familie verzichtete auf
eine weitere Begünstigung der Arianer und die Gläubigen konnten ihre
Kirche behalten.
Sein Bischofsamt bot Ambrosius reichlich Gelegenheit, christliche
Nächstenliebe zu üben. Er, der bisher im Wohlstand gelebt hatte,
verzichtete zugunsten der Armen auf sein vom Vater ererbtes Ver-mögen
und führte ein bescheidenes Leben. Trotz der karg bemessenen freien
Zeit, die er meist mit Lesen zubrachte, hatte jedermann, ob angemeldet
oder nicht, freien Zutritt zu ihm. Seine eigene Gastfreundschaft und
Großzügigkeit hinderten ihn aber nicht daran, die Genußsucht, die
Geldgier und Herzlosigkeit der Reichen zu geißeln. Genauso tadelte er
aber auch die armen Taglöhner mit harten Worten, die ihr mühselig
erworbenes Geld in den Kneipen vertranken.
Ambrosius gehört auch zu denen, die ein Beispiel gaben für die bereits
in der Frühkirche vorhandene Verehrung der Reliquien. 386 wurden von
ihm die Gebeine der Brüder Gervasius und Protasius gefunden, die der
Legende nach unter Kaiser Marc Aurel, also mehr als zweihundert Jahre
vorher, in Mailand den Märtyrertod erlitten haben sollen. Er ließ die
Gebeine, die noch voller Blut waren, nach San Ambrogio überführen und
berichtete: "Ihr erkanntet, ja saht, daß viele von den Dämonen
gereinigt, die meisten aber, sobald sie die Gewänder der Heiligen
berührt hatten, von ihren Krankheiten geheilt wurden. Somit sind die
Wunder der alten Zeit wiedererstanden, in welcher sich durch die
Ankunft unseres Herrn Jesus Christus mehr Gnaden über die Erde ergossen
hatten". Scharf verurteilte er die Arianer, die diesen Wundern keinen
Glauben schenkten.
Im Jahr 387 wurde ihm eine große Freude zuteil: Augustinus, der seit
drei Jahren mit seiner Mutter Monika in Mailand lebte und als Lehrer
der Rhetorik tätig war, bekehrte sich zum wahren Glauben und wandte
sich von seinem lasterhaften und leichtfertigen Leben ab, welches er
bis dahin geführt hatte. Hierzu hatten auch die Predigten des Bischofs
beigetragen, der Zeuge dieser Bekehrung geworden war. So konnte
Ambrosius dem späteren Kirchenlehrer Augustinus sowie seinem Sohne am
Karsamstag das Sakrament der Taufe spenden.
Für kurze Zeit konnte sich das von der Völkerwanderung und den
Thronkämpfen schwer gebeutelte Römische Reich erholen, als 381
Theodosius Herrscher der Osthälfte wurde und ab 392 die Herrschaft über
das gesamte Reich ausübte. Er, ein bedingungsloser Anhänger des
katholischen Glaubens, erreichte es, daß das Christentum zur
Staatsreligion erhoben wurde, indem er zuerst auf dem von ihm
einberufenen Konzil zu Konstantinopel die Lehrstreitigkeiten beendete,
die jede Einheit unmöglich gemacht hatten. Das Ergebnis war das
sogenannte nicäno-konstantinopolitanische Glau-bensbekenntnis, das -
nochmals variiert - in unserer Messe gebetet wird. Danach vollendete er
das Werk Kaiser Konstantins des Großen, indem er alle heidnischen Kulte
verbot und die Olympischen Spiele abschaffte. Von nun an konnten die
heidnischen Kulte nur noch im Verborgenen fortleben, auf dem Lande
hielten sie sich aber weiter fort.
Es versteht sich von selbst, daß Ambrosius und Thedosius im Bereich der
Kirchenpolitik eng zusammenarbeiteten. Sie schlossen sogar
Freundschaft, was aber Bischof Ambrosius nicht hinderte, bisweilen
Rechte der Kirche gegenüber dem sehr selbstbewußten mächtigen Herrscher
zu verteidigen. So verweigerte er ihm einst den Ehrenplatz im
Presbyterium, wie er den Kaisern des byzantinischen Reiches gewährt
wurde, mit den Worten: "Der Purpur macht zum Kaiser aber nicht zum
Priester".
Ein schwerer Konflikt entstand in Thessaloniki, als dort infolge eines
Aufstand kaiserliche Beamtegetötet worden waren. Theodosius ließ zur
Vergeltung eine große Anzahl der Einwohner töten; angeblich sollen es
7000 gewesen sein. Namens der natürlichen Moral warf Ambrosius dem
Kaiser in ein Brief taktvoll, aber entschieden seine Untat vor und
verließ sogar für einige Zeit Mailand, um dem jähzornigen Herrscher
nicht begegnen zu müssen. Die von Malern - auch von Rubens - gerne
dargestellte Szene, wie der mit den Pontifikalgewändern bekleidete
Ambrosius dem vor dem Kirchenportal stehenden Theodosius mit
vorgehaltenem Bischofsstab den Eintritt in das Gotteshaus verweigert,
ist dramatisch zwar sehr wirksam, entspricht aber nicht dem
historischen Geschehen. Hingegen gilt als erwiesen, daß er den Kaiser
erst dann wieder in die Gemeinschaft der Gläubigen aufnahm, nachdem er
sich der demütigenden öffentlichen Kirchenbuße unterworfen hatte.
Ambrosius starb am 4. April 397. Dieser Tag fällt meist in die
Fastenzeit oder die Osterwoche, in welchen in der Frühkirche keine
Feste gefeiert werden durften. Infolgedessen wurde sein Fest auf den 7.
Dezember, den Tag seiner Weihe zum Bischof, der immer feierlich
begangen worden ist, verlegt.
Ambrosius hinterließ zahlreiche Werke, die ihm mit Recht den Titel
eines Kirchenlehrers eintrugen. Allerdings muß man berücksichtigen, daß
sie meist seiner Tätigkeit als Prediger entstammen, in ihnen daher das
pastorale Anliegen Vorrang vor philosophischen Spekulation genießt, sie
daher nicht die Genialität eines hl. Augustinus oder die des hl.
Hieronymus erreichen.
Originalität entwickelte er in seiner Behandlung der Jungfräulichkeit,
zu deren Ausbreitung und Verehrung im Abendland er viel beitrug. Neu
ist auch die Stellung, die die Jungfrau Maria hinfort in der Geschichte
der Askese einnimmt. So schreibt er in einer Abhandlung in seinem Werk
"De Virginitate": "Habt vor Augen das junfräuliche Leben der Mutter
Jesu; sie wird euch als Spiegel dienen, in welchem ihr das Muster der
Reinheit und der Tugend erblickt; von ihr entnehmt eure Lebensregeln,
von ihr lernt, was ihr zu bessern, was ihr zu fliehen, was ihr zu
bewahren habt. je erhabener das Muster ist, desto feuriger muß die
Nacheiferung sein; was aber ist erhabener, was leuchtender, was reiner
als die Mutter Gottes?"
Andererseits vermeidet er übertriebene Strenge, wie sie z.B. Tertullian
und Hieronymus entwickelten, um die Frau von der Ehe abzuhalten.
Denjenigen aber, die in der Propaganda der Jungfräulichkeit eine Gefahr
für die Bevölkerungsentwicklung sahen, hält er entgegen: "Einige sagen,
die Vermehrung des Menschengeschlechts leide durch die große Anzahl von
Jungfrauen. Ich möchte doch wissen, wer noch kein Weib hat finden
können. In den volkreichsten Gegenden findet man die mei-sten
Jungfrauen."
Ambrosius ist ferner der Autor des ersten Handbuchs der christlichen
Moral. Dieses dreibändige Werk "De officiis" ("Über die Pflichten") hat
nicht nur den Titel mit dem berühmten Buch Ciceros gemeinsam; vielmehr
war der von der Stoa beeinflußte Cicero seine Vorlage, wobei er
allerdings die autarkeia, die Selbständigkeit durch den christlichen
Gehorsam ersetzte. Ambrosius kann als begei-sterter Hymnendichter auch
der Vater der abendländischen Hymnendichtung genannt werden. Auf ihn
geht gleichfalls die Unterrichtung der Gemeinde im Psalmengesang mit
Wechselchören zurück, wie er vorher nur im Orient gesungen worden war,
und die Durchsetzung dieser Gesangsart mit den von ihm verfaßten Hymnen.
Bisweilen werden hervorragenden Personen Werke zugeschrieben, die sie
nicht verfaßt haben; dies trifft auch auf Ambrosius zu. So trägt zwar
das "Te Deum" auch den Namen "Ambrosianischer Lobgesang", die
Autorschaft ist aber ungeklärt.
In wenig Worten kennzeichnet passend das dem Buch Ecclesiasticus
entnommene Eingangslied der Festmesse für den Heiligen sein Wirken:
"Inmitten der Kirche ließ ihn der Herr seinen Mund auftun; Er erfüllte
ihn mit dem Geiste der Weisheit und des Verstandes; Er kleidete ihn mit
dem Gewande der Ehre."
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Benützte Literatur:
Bibliothek der Kirchenväter, Bd. 1: "Des Heiligen Kirchenlehrers
Ambrosius v. Mailand ausgew. Schriften.", München u. Kempten 1914.
Rosenberg, Hans: "Die Hymnen des Breviers", Bd. 1, Freiburg 1923,
Artikel "Ambrosius" in: "Dictionnaire des spiritualité", Bd. 1, Paris 1937.
Stadler, Joh. Ev.: "Vollständiges Heiligenlexikon in alphabet. Ordnung", Bd. 1, Augsburg 1858.
"Vies des Saints", Bd. 12, Paris 1956.
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