54. Jahrgang Nr. 7 / Dezember 2024
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1. WEIHNACHTEN 1996
2. PREDIGT AUF DAS WEIHNACHTSFEST
3. Allen aber, die Ihn aufnahmen...
4. BEWUSSTER BETRUG JOHANNES PAULS II.?
5. Avantgarde eines neuen Faschismus
6. DIE HEILIGEN DREI KÖNIGE BESUCHEN DAS JESUSKIND
7. WIR KÖNNEN HELFEN, WIR KÖNNEN HELFEN...
8. Gedanken über Formen heidnischer Antizipationen der Jungfrauengeburt
9. Ein prachtvoller Raufbold des Herrn
10. DAS BLAUE KREUZ
11. PSALM VON DER GÖTTLICHEN GLÜCKSELIGKElT
12. Buchbesprechungen
13. DER HEILIGE AMBROSIUS
14. NACHRICHTEN, NACHRICHTEN, NACHRICHTEN
15. Mitteilungen der Redaktion
16. BUCHEMPFEHLUNGEN
DIE HEILIGEN DREI KÖNIGE BESUCHEN DAS JESUSKIND
 
DIE HEILIGEN DREI KÖNIGE BESUCHEN DAS JESUSKIND

- NACH DEN GESICHTEN DER GOTTSELIGEN

ANNA KATHARINA EMMERICH -


Ich sah, daß sie [die hl. drei Könige: Mensor, Sair und Theokeno] hier [d.i. in Bethlehem] lange unentschieden verweilten und noch immer unruhig waren, bis ich ein Licht jenseits Bethlehems über der Gegend, wo die Krippe war, am Himmel aufsteigen sah. Es war ein Leuchten, als wenn der Mond aufgeht. Ich sah, daß sie sich wieder aufsetzten und um die Mittagsseite von Bethlehem herum gegen die Morgenseite hinzogen, so daß sie das Feld zur Seite hatten, wo den Hirten die Geburt Christi war verkündigt worden. Sie mußten an einem Graben hin und um verfallene Mauern herum-ziehen. Sie machten diesen Weg, weil sie in Bethlehem nach dem Tale der Hirten als einem guten Lagerplatz gewiesen wurden. Es liefen ihnen auch einige Leute von Bethlehem nach. Sie sagten diesen aber nicht davon, wen sie hier suchten.   

Der heilige Joseph schien um ihre Ankunft zu wissen. Ob er es von Jerusalem aus erfahren oder durch ein Gesicht, weiß ich nicht; aber ich hatte ihn schon unter Tags allerlei aus Bethlehem holen gesehen, Früchte, Honig und Grünes. Ich sah auch, daß er die Höhle sehr geräumig gemacht, seine abgeschlagene Kammer im Eingange ganz zusammengestellt und das Holz und Küchengestell hinaus vor die Ture unter das Obdach gebracht hatte. Als der Zug in das Tal der Krippenhöhle hinabkam, stiegen sie ab und fingen an, ihr Lager aufzuschlagen; die Leute aber, die ihnen aus Bethlehem nach-gelaufen waren, gingen wieder zur Stadt zurück. Schon hatten sie einen Teil des Lagers aufgeschlagen, als sie den Stern über der Höhle wieder erblickten und in ihm ganz deutlich ein Kind. Er stand gerade über der Krippe und zeigte mit seiner Lichtbahn senkrecht darauf nieder. Sie entblößten das Haupt und sahen den Stern wachsen, als nähere er sich und senke sich nieder. Ich meine, daß ich ihn so groß wie ein Bettuch werden sah. Anfangs waren sie ganz verwundert. Es war schon dunkel, kein Haus war hier zu sehen, nur der Hügel der Krippe, wie ein Wall. Bald aber wurden sie ungemein freudig und suchten den Eingang zur Höhle. Mensor öffnete die Türe und erblickte die Höhle voll Glanz und Maria und das Kind im Ende sitzend ganz wie die Jungfrau, die sie immer im Sternbilde gesehen hatten. Der König trat zurück und sagte es den beiden anderen. Nun gingen sie alle drei in den Eingang. Ich sah, daß Joseph mit einem alten Hirten zu ihnen herauskam und gar freundlich mit ihnen sprach. Sie sagten ihm einfältig, sie kämen den neugeborenen König der Juden, dessen Stern sie gesehen, anzubeten und ihm Geschenke zu bringen. Joseph hieß sie demütig willkommen. Sie zogen sich nun zurück, um zu ihrer Zeremonie sich vorzubereiten. Der alte Hirte aber ging mit den Dienern der Könige in das kleine Tal hinter dem Krippenhügel, wo Schuppen und Hirten-ställe waren, um ihre Tiere zu versorgen. Der Zug nahm das ganze kleine Tal ein.   

Ich sah nun die Könige ihre weiten fliegenden Mäntel von gelber Seide von den Kamelen herabnehmen und sich umhängen. Um die Mitte des Leibes befestigten sie an den Gürteln mit Kettchen Beutel und goldene Büchsen mit Knöpfchen wie Zuckerdosen. Sie wurden dadurch ganz breit in ihren Mänteln Sie hatten auch eine kleine Tafel auf niedrigem Fuße bei sich, die sie auseinanderklappen konnten. Sie diente als Präsentierteller, wurde mit einem Teppich, woran Quasten, bedeckt, und darauf die Geschenke in Büchsen und Schalen gestellt.   

Jeder König hatte die vier Begleiter aus seiner Familie bei sich. Alle folgten dem heiligen Joseph mit einigen Dienern unter das Vordach der Krippenhöhle.   

Die Höhle sah ich voll von übernatürlichem Licht. Dem Eingang gegenüber auf der Stelle der Geburt war Maria in mehr liegender als sitzender Stellung auf einen Arm gelehnt, neben ihr Joseph und ihr zur Rechten lag das Jesuskind in einer mit Teppich bedeckten, erhöht stehenden Mulde. Beim Eintritt Mensors richtete Maria sich in sitzender Stellung auf, verschleierte sich und nahm das Kind verhüllt vor sich auf den Schoß. Sie öffnete aber die Hülle, daß der Oberleib bis unter die Ärmchen unbe-deckt erschien, und hielt es aufrecht an ihre Brust gelehnt, ihm das Köpfchen mit einer Hand stützend. Es hielt die Händchen vor der Brust, wie betend, war sehr freundlich und leuchtend und griff auch um sich her. Mensor ließ sich vor Maria auf die Knie nieder, beugte das Haupt, kreuzte die Hände vor der Brust und sprach, die Geschenke anbietend, andächtige Worte. Dann nahm er aus dem Beutel am Gürtel eine Handvoll fingerlanger, dicker schwerer Stäbchen hervor, die oben spitz, in der Mitte körnig und goldglänzend waren, und legte sie demütig als seine Gabe Maria neben das Kind auf den Schoß, und Maria nahm sie liebevoll und demütig an und bedeckte sie mit dem Zipfel ihres Mantels. Die Begleiter Mensors standen hinter ihm tiefgebeugten Hauptes. Mensor gab das Gold, weil er voll Treue und Liebe war und mit unerschütterlicher Andacht und Anstrengung immer nach dem Heile suchte.   

Als er und die Seinen sich zurückzogen, ging Sair mit seinen vier Begleitern hinein und ließ sich auf die Knie nieder. Er trug in der Hand ein goldenes Weihrauchschiffchen voll kleiner grünlicher Körner wie Harz. Er gab den Weihrauch, denn er war der, welcher sich willig und ehrerbietig anschmiegte und liebreich dem Willen Gottes folgte. Er setzte sein Geschenk auf die kleine Tafel und kniete lange da.   

Nach ihm nahte Theokeno der älteste. Er konnte nicht knien, er war zu alt und zu dick. Er stand gebeugt und stellte ein goldenes Schiffchen mit grünem Kraut auf die Tafel. Es war noch frisch und lebendig, es stand aufrecht wie ein ganz feiner grüner Busch mit weißen Blümchen. Er brachte Myrrhen; denn Myrrhen bedeuten Abtötung und überwundene Leidenschaften. Dieser gute Mann hatte schwere Anfechtungen zum Götzendienst und zur Vielweiberei bekämpft. Er blieb sehr lange vor dem Jesuskinde, daß ich bange war für die guten Leute vom Gefolge, welche gar geduldig draußen vor dem Eingange harrten, bis auch sie das Jesuskind noch sehen könnten.   

Die Reden der Könige und aller, welche nach ihnen zu- und abtraten, waren ungemein kindlich und wie liebestrunken. Sie begannen: "Wir haben seinen Stern gesehen und daß er der König über alle Könige ist. Wir kommen ihn anzubeten und ihm Geschenke zu bringen." Unter zärtlichsten Tränen empfahlen sie dem Jesuskinde mit heißen Bitten sich, die Ihrigen, ihr Land, ihre Leute, ihr Hab und Gut, alles, was ihnen nur auf Erden einen Wert hatte. Er solle ihre Herzen, ihre Seelen, alles, ihr Tun und Denken, hinnehmen, er solle sie erleuchten und ihnen alle Tugend schenken und der Erde Glück, Frieden und Liebe. Es ist nicht zu sagen, wie sie in Liebe und Demut glühten und wie die Tränen der Freude über ihre Wangen und den Bart des Ältesten flossen. Sie waren ganz selig, sie glaubten in dem Sterne drin angekommen zu sein, nach dem ihre Vorfahren sich so lange redlich gesehnt und in den sie so begierig geschaut hatten. Alle Freude der erfüllten Verheißung von vielen Jahrhunderten war in ihnen.   

Joseph und Maria weinten auch und waren so freudig, wie ich sie nie gesehen. Die Ehre und Anerkennung ihres Kindes und Heilandes, den sie so arm betten mußten, und dessen hohe Würde in der stillen Demut ihrer Herzen verschwiegen ruhte, erquickte sie unendlich. Sie sahen ihm durch Gottes Allmacht aus der Ferne gesendet, trotz aller Menschen, was sie Ihm selbst nicht geben konnten: die Anbetung der Mächtigen rnit heiliger Pracht. Ach, sie beteten mit an, seine Ehre beseligte sie.   

Die Mutter Gottes nahm alles ganz demütig und dankbar an; sie sprach nicht, nur eine Bewegung unter ihrem Schleier drückte alles aus. Das Jesuskind hielt sie zwischen dem Schleier und dem Mantel, und sein Leibchen sah so leuchtend unter dem Schleier heraus. Erst zuletzt sprach sie auch einige freundliche Worte mit jedem und schlug, wenn sie redete, den Schleier ein wenig zurück. Die Könige gingen nun heraus nach ihrem Zelt. Es war Licht darin und recht schön.   

Ich sah sie nachher in dem Zelt auf einem Teppich um ein niederes Tischchen liegen und daß Joseph Tellerchen mit Früchten, Brötchen, Honigwaben und Schüsselchen mit Kräutern hinbrachte und mitten unter ihnen saß und mitaß. Er war so fröhlich und gar nicht blöde und weinte immer vor Freude. Ich dachte dabei an meinen Vater, wie er bei meiner Profeß im Kloster unter so vielen vornehmeren Leuten sitzen mußte, wovor er in seiner Demut und Einfalt sich so gescheut hatte, wie er aber doch so fröhlich war und vor Freude weinte.   

In Bethlehem sah ich an diesem Abende und in der Nacht nur bei dem elterlichen Hause Josephs ein Getümmel, und als die Könige kamen, ein Gelaufe in der Stadt; bei der Krippe war es anfangs sehr still. Hernach sah ich hier und da in der Ferne lauernde und murrende Juden zusammenstehen und hin und wieder gehen und in die Stadt berichten. In Jerusalem hatte ich an diesem Tage noch vieles Gelaufe von alten Juden und Priestern mit Schriften zu Herodes gesehen; dann aber wurde alles still, als wolle man nicht mehr davon gesprochen haben.   

Am folgenden Tag waren alle abwechselnd nochmals in der Krippenhöhle. Den Tag über sah ich sie viel verschenken, besonders an die Hirten draußen auf dem Felde, wo sie ihre Tiere stehen hatten. Ich sah, daß sie armen alten Weibern, die ganz krumm gingen, Decken über die Schultern hängten. Ich sah auch ein großes Zudringen von den Juden aus Bethlehem, sie drückten den guten Leuten auf alle Weise Geschenke ab und sahen ihnen aus Prellerei ihre Sachen durch. Ich sah auch die Könige mehrere ihrer Leute entlassen, welche hier im Lande bei den Hirten bleiben wollten. Sie gaben ihnen von den Tieren welche, und diesen packten sie allerlei Decken und Geräte auf, auch Goldkörner schenkten sie ihnen und entließen sie freundlich. Ich weiß nicht, warum es heute so viel weniger Leute waren. Sie haben vielleicht in der Nacht schon viele entlassen und nach Hause geschickt. Am Abend sah ich sie an der Krippe Abschied nehmen. Mensor ging zuerst allein hinein. Die Heilige Jungfrau gab ihm auch das Jesuskind in seine Arme. Er weinte sehr und leuchtete ganz vor Freude. Dann kamen auch die anderen und nahmen Abschied und weinten. Sie brachten noch viele Geschen-ke: einen großen Haufen von Zeug, Stücke von ganz blasser und von roter Seide, auch blumichte Zeuge und viele ganz feine Decken. Auch ihre großen, feinen Mäntel ließen sie da; sie waren fahl und von dünner Wolle, ganz leicht und flogen im Winde.

Die Heilige Jungfrau habe ich da auch stehend bei ihnen gesehen, als sie Abschied nahmen. Die Art, wie sie die Geschenke nahm, war ohne Freude an den Sachen, aber ungemein rührend, demütig und wahrhaftig dankend gegen den Geber. Ich habe keine Empfindung von Eigennutz an ihr gesehen bei diesem wunderbaren Besuch, als daß sie anfangs in Liebe zum Jesuskind und aus Mitleid mit dem hl. Joseph gedachte, nun würden sie vielleicht mehr Schutz haben und nicht mehr so verächtlich in Bethlehem behandelt werden wie bei der Ankunft, denn die Betrübnis und Beschämung Josephs hatte ihr so leid getan.   

Danach bewirtete sie Joseph in ihrem Zelte bei der Krippe wieder, und die Häupter kehrten wieder in ihre Herberge nach Bethlehem. Inzwischen aber hatte die Obrigkeit in Bethlehem, ich weiß nicht, ob auf Herodes geheimen Antrag, oder aus eigenem Diensteifer, den Entschluß gefaßt, die Könige, die in Bethlehem waren, gefangenzunehmen und sie bei Herodes als unruhstiftend zu verklagen. Ich weiß nicht, wann dieses geschehen sollte. In der Nacht aber hatten die Könige in Bethlehem und zugleich die anderen, welche im Gezelt bei der Krippe zur Ruhe gezwungen waren, im Schlafe die Erscheinung eines Engels, der sie mahnte, aufzubrechen und auf einem anderen Wege zurückzueilen. Die bei der Krippe weckten sogleich Joseph und sagten es ihm.

(aus: "Das arme Leben unseres Herrn Jesu Christi" nach den Gesichten der gottseligen Anna Katharina Emmerich, Augustinerin des Klosters Agnetenberg zu Dülmen, Aschaffenburg (Pattloch) 1971, S. 38 ff.)
 
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