Avantgarde eines neuen Faschismus
Sekte mit satanistischem Hintergrund:
Die von Ron Hubbard gegründete "Scientology-Kirche"
von
Michael Widmann
(DEUTSCHE TAGESPOST, 17. August 1996)
WÜRZBURG (DT). Kritisch und zurückhaltend hat die Bundesregierung vor
kurzem auf den Vorwurf der amerikanischen Regierung reagiert, die
Scientology Organisation werde in Deutschland diskriminiert. Jüngster
Anlaß für den Streit sind Aufrufe deutscher Politiker, den Film
"Mission Impossible" mit dem bekannten Schauspieler und Mitglied von
Scientology, Tom Cruise, zu boykottieren. "Wir müssen feststellen, daß
die Vereinigten Staaten eine andere Einstellung zu der Sekte haben als
wir", stellte der stellvertretende Sprecher der Bundesregierung,
Herbert Schmülling, dazu fest. Die Sekte sieht sich in Deutschland als
"religiöse Minderheit" verfolgt. Der folgende Bericht schildert
Hintergründe und Ziele dieser Organisation, die sich selbst "Kirche"
nennt.
Lafayette Ron Hubbard war vermutlich der größte Satanist aller Zeiten.
Der 1911 in Tilden im amerikanischen Bundesstaat Nebraska geborene
Science-Fiction-Autor war 1945 beim kalifornischen Ableger des Ordo
Templi Prientis (OTO) eingetreten, den der englische Schwarzmagier
Aleister Crowley leitete. Von diesem Großmeister des wichtigsten
Satanistenordens lernte der Sohn eines amerikanischen Navy-Offiziers
die Maxime: "Tue was du willst, soll sein dein ganzes Gesetz." Der
Hintergrund des Ganzen ist die Lehre, das Universum werde von einer
vitalen Urenergie durchlebt, die göttlichen Ursprungs sei und den
Menschen durchströme. Gelinge es ihm, sich aus den Fesseln seiner
Kultur zu befreien, könne er diese Energie leben. Er werde göttlich und
stünde jenseits von Gut und Böse. Hubbard erkannte, daß diesen
theoretischen Grundgedanken des Satanismus zu leben
- erstens bedeutete, ihn zu einem praktikablen Lebenskonzept werden zu
lassen, statt alberne Grusel-Rituale zu veranstalten, und
- zweitens - ein negatives Zerrbild von Kirche zu errichten, statt deren Bekenntnisse verkehrt herum aufzusagen.
Er schrieb 1950 "Dianetik, die moderne Wissenschaft der geistigen
Gesundheit", wo mit er den Psycho- und Gesundheitskult wie den
pseudowissenschaftlichen Begriffswirrwarr der Esoterik äußerst clever
vorwegnahm, statt in die Schmuddelszene der Okkultisten einzusteigen.
Aus der Schulung von Beratern für das neue Selbstheilungskonzept
entwickelte sich um 1954 die "Scientology Kirche".
Der satanistische Hintergrund dieser Mischung aus Psycho-Sekte,
Multi-Konzern, Mafia-Bande und Staats-Unterwanderern wurde vom Sohn
Hubbards in Friedrich-Wilhelm Haacks Buch "Europas neue Religion",
Zürich 1991, S. 36, offengelegt und in der einschlägigen Literatur
(Guido und Michael Grant: Schwarzbuch Satanismus, Augsburg 1995, S.223
ff.) bestätigt.
Die Methode von Scientology besteht, neben Ernährungszusätzen, die auch
medikamentöse Manipulation ermöglichen, im wesentlichen darin, durch
beicht- und hypnoseähnliche Sitzungen ("Auditing") hemmende Eindrücke
("Engramme") abzubauen, um im obengenannten Sinne "clear" zu werden.
Vielleicht sollte man das mit "skrupellos" übersetzen. Man darf sich
dann OT ("Operating Thetan") nennen. Völlige Freiheit erreicht man aber
erst mit Stufe XV, und bis jetzt hat David Miscavige, Nachfolger des
1980 verschwundenen und 1986 totgemeldeten Hubbard, nur bis Stufe VIII
freigegeben. Ziel ist, die ganze Welt zu "clearen", das heißt
Scientology zu einer Art planetarischen Staatskult zu machen. Die Sekte
ist straff und hierarchisch organisiert. "Ethik-Offiziere" (Unter
"Ethik" versteht Scientology "Gegenabsichten aus der Umwelt zu
entfernen") überwachen die Aus-führung und die Mitglieder, die ein
Vermögen in die Kurse investieren.
Hubbard hat damit offenbar eine Marktlücke entdeckt: Seine "Kirche",
dieser Begriff fördert die Verbreitungschancen, "zählt heute
schätzungsweise acht Millionen Mitglieder, allein in Deutschland etwa
dreihunderttausend" (Renate Hartwig: "Scientology - Ich klage an!"
Augsburg 1994. S. 41). Neben der Unterwanderung der Wirtschaft (vgl.
zusätzlich Renate Hartwig: "Das Komplott und die Kumpane" Düsseldorf
1995) operiert die Organisation erfolgreich in der Prominentenszene.
Von den Einnahmen zu dem neuen Film sollen Millionen in die Sekte
fließen.
Renate Hartwig nennt in ihrem Buch noch weitere Scientology-Mitglieder
und Sympathisanten, unter anderem den Maler Gottfried Helnwein. Der
wehrt seit drei Jahren ab: Lediglich ein paar Kurse habe er besucht und
öffentlich gelobt, jetzt sei er Opfer einer intoleranten
Öffentlichkeit. Der Jazz-Pianist Chick Corea hingegen steht offen dazu,
Operating Thetan zu sein. Das Buch von Frau Hartwig zeigt ihn bei einer
Veranstaltung, auf der das Scientology-Buch "Haß" (!) vorgestellt
wurde, in dem - wie die offiziellen Reaktionen aus den Vereinigten
Staaten auf das deutsche Vorgehen gegen Scientology zeigen -
erfolgreich behauptet wird, es sei der alte und neue Nazi-Geist, der
hierzulande die Religionsfreiheit der Scientologen behindere
(Scientology, S. 223).
Beide Herren wurden dazu in der Sonderausgabe "Entartete Kunst" der
"Ketzerbriefe" (Okt. 1993) interviewt, die der Freiburger
Abriman-Verlag, der im Logo einen Teufel mit erigiertem Phallus hat,
herausgibt. Zu dessen Programm gehört neben dem "Haß-Buch" zum Beispiel
Literatur zur angeblichen Kumpanei der Kirche mit den
Ustascha-Faschisten. Kurioserweise bekommt man bei diesem Verlag auch
Video-Huldigungen des Hitler Fans Baghwan beziehungsweise Osho.
Als Herausgeber von Sonderdrucken fungiert der "Antiklerikale AK der
Bunten Liste Freiburg", an den auch Spenden für die Ketzerbriefe zu
richten sind. In deren Dunstkreis firmiert auch der "Bund gegen
Anpassung", der Frau Hartwig zufolge das Ehepaar Seler bei seinem Kampf
gegen Schul-Kreuze von Anbeginn massiv unterstützt hat, ein
"Steigbügelhalter und enger Kumpan von Scientology" (Das Komplott, S.
67 f.). Auch hier ist ein Blick in die Geschichte interessant: Der
okkult-heidnische Hintergrund des Nationalsozialismus (Thule-Orden, ONT
= Ordo Novis Templi) ist ja bekannt. Offiziell spielte er aber nie eine
Rolle. Aleister Crowley wurde 1923 von Mussolini ausgewiesen, der OTO
wurde 1935 in Deutschland verboten, obwohl er sich Hitler andienen
wollte. Nach Vorkämpfen in anderen deutschen Regionen ordneten 1941 die
Nationalsozialisten geheim (!) in Bayern an, die Schulkreuze
"allmählich ... durch zeitgemäße Bilder" (!) zu ersetzen.
Das Rezept Hubbards scheint in unserer Zeit auch dem Hitlers überlegen,
von den so ungeheuerlichen wie kläglichen Wiederbelebungsversuchen der
"Neonazis" ganz zu schweigen. Denn wenn man von der
Instrumentalisierung dieses Begriffes durch seine linken Antagonisten
einmal absieht - so ist doch Faschismus im Kern die Idee und Praxis
eines Übermenschen (vgl. Ex-Scientologin Silvia Redhead: "Der teure
Traum vom Übermenschen" München 1993). Die nicht mithalten können, sind
dann die Untermenschen, die ausselektiert werden. Den Vorläufer solcher
Haltung hat die Linke "Bourgeoisie" genannt. Und tatsächlich besinnt
die Bürgergesellschaft sich zunehmend ihrer naturrechtlichen
Voraussetzungen. Die Schwächsten werden bereits mit dem Tode bedroht:
Ungeborene und Alte. In Zukunft werden es vielleicht die Unangepaßten,
die Minderheiten, Kriminalitätsopfer, Obdachlosen, Behinderten, Armen
und Arbeitslosen sein. Deren "zeitgemäße Endlösung" durch den puren
Funktionalismus macht Scientology zur Avantgarde unseres alltäglichen
Faschismus.
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