54. Jahrgang Nr. 7 / Dezember 2024
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1. WEIHNACHTEN 1996
2. PREDIGT AUF DAS WEIHNACHTSFEST
3. Allen aber, die Ihn aufnahmen...
4. BEWUSSTER BETRUG JOHANNES PAULS II.?
5. Avantgarde eines neuen Faschismus
6. DIE HEILIGEN DREI KÖNIGE BESUCHEN DAS JESUSKIND
7. WIR KÖNNEN HELFEN, WIR KÖNNEN HELFEN...
8. Gedanken über Formen heidnischer Antizipationen der Jungfrauengeburt
9. Ein prachtvoller Raufbold des Herrn
10. DAS BLAUE KREUZ
11. PSALM VON DER GÖTTLICHEN GLÜCKSELIGKElT
12. Buchbesprechungen
13. DER HEILIGE AMBROSIUS
14. NACHRICHTEN, NACHRICHTEN, NACHRICHTEN
15. Mitteilungen der Redaktion
16. BUCHEMPFEHLUNGEN
Avantgarde eines neuen Faschismus
 
Avantgarde eines neuen Faschismus

Sekte mit satanistischem Hintergrund:

Die von Ron Hubbard gegründete "Scientology-Kirche"


von
Michael Widmann
(DEUTSCHE TAGESPOST, 17. August 1996)   


WÜRZBURG (DT). Kritisch und zurückhaltend hat die Bundesregierung vor kurzem auf den Vorwurf der amerikanischen Regierung reagiert, die Scientology Organisation werde in Deutschland diskriminiert. Jüngster Anlaß für den Streit sind Aufrufe deutscher Politiker, den Film "Mission Impossible" mit dem bekannten Schauspieler und Mitglied von Scientology, Tom Cruise, zu boykottieren. "Wir müssen feststellen, daß die Vereinigten Staaten eine andere Einstellung zu der Sekte haben als wir", stellte der stellvertretende Sprecher der Bundesregierung, Herbert Schmülling, dazu fest. Die Sekte sieht sich in Deutschland als "religiöse Minderheit" verfolgt. Der folgende Bericht schildert Hintergründe und Ziele dieser Organisation, die sich selbst "Kirche" nennt.

Lafayette Ron Hubbard war vermutlich der größte Satanist aller Zeiten. Der 1911 in Tilden im amerikanischen Bundesstaat Nebraska geborene Science-Fiction-Autor war 1945 beim kalifornischen Ableger des Ordo Templi Prientis (OTO) eingetreten, den der englische Schwarzmagier Aleister Crowley leitete. Von diesem Großmeister des wichtigsten Satanistenordens lernte der Sohn eines amerikanischen Navy-Offiziers die Maxime: "Tue was du willst, soll sein dein ganzes Gesetz." Der Hintergrund des Ganzen ist die Lehre, das Universum werde von einer vitalen Urenergie durchlebt, die göttlichen Ursprungs sei und den Menschen durchströme. Gelinge es ihm, sich aus den Fesseln seiner Kultur zu befreien, könne er diese Energie leben. Er werde göttlich und stünde jenseits von Gut und Böse. Hubbard erkannte, daß diesen theoretischen Grundgedanken des Satanismus zu leben
- erstens bedeutete, ihn zu einem praktikablen Lebenskonzept werden zu lassen, statt alberne Grusel-Rituale zu veranstalten, und
- zweitens - ein negatives Zerrbild von Kirche zu errichten, statt deren Bekenntnisse verkehrt herum aufzusagen.
Er schrieb 1950 "Dianetik, die moderne Wissenschaft der geistigen Gesundheit", wo mit er den Psycho- und Gesundheitskult wie den pseudowissenschaftlichen Begriffswirrwarr der Esoterik äußerst clever vorwegnahm, statt in die Schmuddelszene der Okkultisten einzusteigen. Aus der Schulung von Beratern für das neue Selbstheilungskonzept entwickelte sich um 1954 die "Scientology Kirche".   

Der satanistische Hintergrund dieser Mischung aus Psycho-Sekte, Multi-Konzern, Mafia-Bande und Staats-Unterwanderern wurde vom Sohn Hubbards in Friedrich-Wilhelm Haacks Buch "Europas neue Religion", Zürich 1991, S. 36, offengelegt und in der einschlägigen Literatur (Guido und Michael Grant: Schwarzbuch Satanismus, Augsburg 1995, S.223 ff.) bestätigt.   

Die Methode von Scientology besteht, neben Ernährungszusätzen, die auch medikamentöse Manipulation ermöglichen, im wesentlichen darin, durch beicht- und hypnoseähnliche Sitzungen ("Auditing") hemmende Eindrücke ("Engramme") abzubauen, um im obengenannten Sinne "clear" zu werden. Vielleicht sollte man das mit "skrupellos" übersetzen. Man darf sich dann OT ("Operating Thetan") nennen. Völlige Freiheit erreicht man aber erst mit Stufe XV, und bis jetzt hat David Miscavige, Nachfolger des 1980 verschwundenen und 1986 totgemeldeten Hubbard, nur bis Stufe VIII freigegeben. Ziel ist, die ganze Welt zu "clearen", das heißt Scientology zu einer Art planetarischen Staatskult zu machen. Die Sekte ist straff und hierarchisch organisiert. "Ethik-Offiziere" (Unter "Ethik" versteht Scientology "Gegenabsichten aus der Umwelt zu entfernen") überwachen die Aus-führung und die Mitglieder, die ein Vermögen in die Kurse investieren.  
 
Hubbard hat damit offenbar eine Marktlücke entdeckt: Seine "Kirche", dieser Begriff fördert die Verbreitungschancen, "zählt heute schätzungsweise acht Millionen Mitglieder, allein in Deutschland etwa dreihunderttausend" (Renate Hartwig: "Scientology - Ich klage an!" Augsburg 1994. S. 41). Neben der Unterwanderung der Wirtschaft (vgl. zusätzlich Renate Hartwig: "Das Komplott und die Kumpane" Düsseldorf 1995) operiert die Organisation erfolgreich in der Prominentenszene. Von den Einnahmen zu dem neuen Film sollen Millionen in die Sekte fließen.   

Renate Hartwig nennt in ihrem Buch noch weitere Scientology-Mitglieder und Sympathisanten, unter anderem den Maler Gottfried Helnwein. Der wehrt seit drei Jahren ab: Lediglich ein paar Kurse habe er besucht und öffentlich gelobt, jetzt sei er Opfer einer intoleranten Öffentlichkeit. Der Jazz-Pianist Chick Corea hingegen steht offen dazu, Operating Thetan zu sein. Das Buch von Frau Hartwig zeigt ihn bei einer Veranstaltung, auf der das Scientology-Buch "Haß" (!) vorgestellt wurde, in dem - wie die offiziellen Reaktionen aus den Vereinigten Staaten auf das deutsche Vorgehen gegen Scientology zeigen - erfolgreich behauptet wird, es sei der alte und neue Nazi-Geist, der hierzulande die Religionsfreiheit der Scientologen behindere (Scientology, S. 223).   

Beide Herren wurden dazu in der Sonderausgabe "Entartete Kunst" der "Ketzerbriefe" (Okt. 1993) interviewt, die der Freiburger Abriman-Verlag, der im Logo einen Teufel mit erigiertem Phallus hat, herausgibt. Zu dessen Programm gehört neben dem "Haß-Buch" zum Beispiel Literatur zur angeblichen Kumpanei der Kirche mit den Ustascha-Faschisten. Kurioserweise bekommt man bei diesem Verlag auch Video-Huldigungen des Hitler Fans Baghwan beziehungsweise Osho.   

Als Herausgeber von Sonderdrucken fungiert der "Antiklerikale AK der Bunten Liste Freiburg", an den auch Spenden für die Ketzerbriefe zu richten sind. In deren Dunstkreis firmiert auch der "Bund gegen Anpassung", der Frau Hartwig zufolge das Ehepaar Seler bei seinem Kampf gegen Schul-Kreuze von Anbeginn massiv unterstützt hat, ein "Steigbügelhalter und enger Kumpan von Scientology" (Das Komplott, S. 67 f.). Auch hier ist ein Blick in die Geschichte interessant: Der okkult-heidnische Hintergrund des Nationalsozialismus (Thule-Orden, ONT = Ordo Novis Templi) ist ja bekannt. Offiziell spielte er aber nie eine Rolle. Aleister Crowley wurde 1923 von Mussolini ausgewiesen, der OTO wurde 1935 in Deutschland verboten, obwohl er sich Hitler andienen wollte. Nach Vorkämpfen in anderen deutschen Regionen ordneten 1941 die Nationalsozialisten geheim (!) in Bayern an, die Schulkreuze "allmählich ... durch zeitgemäße Bilder" (!) zu ersetzen.
 
Das Rezept Hubbards scheint in unserer Zeit auch dem Hitlers überlegen, von den so ungeheuerlichen wie kläglichen Wiederbelebungsversuchen der "Neonazis" ganz zu schweigen. Denn wenn man von der Instrumentalisierung dieses Begriffes durch seine linken Antagonisten einmal absieht - so ist doch Faschismus im Kern die Idee und Praxis eines Übermenschen (vgl. Ex-Scientologin Silvia Redhead: "Der teure Traum vom Übermenschen" München 1993). Die nicht mithalten können, sind dann die Untermenschen, die ausselektiert werden. Den Vorläufer solcher Haltung hat die Linke "Bourgeoisie" genannt. Und tatsächlich besinnt die Bürgergesellschaft sich zunehmend ihrer naturrechtlichen Voraussetzungen. Die Schwächsten werden bereits mit dem Tode bedroht: Ungeborene und Alte. In Zukunft werden es vielleicht die Unangepaßten, die Minderheiten, Kriminalitätsopfer, Obdachlosen, Behinderten, Armen und Arbeitslosen sein. Deren "zeitgemäße Endlösung" durch den puren Funktionalismus macht Scientology zur Avantgarde unseres alltäglichen Faschismus.  

 
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