MITTEILUNGEN DER REDAKTION
München, den 1.11.96
Fest Allerheiligen
Verehrte Leser,
das vorliegende Heft sollte ursprünglich anders aussehen. Doch die
Probleme, mit denen wir uns seit dem Spätsommer konfrontiert sehen,
erforderten eine gründliche und hoffentlich nachhaltige Aufarbeitung,
um zumindest den Versuch zu machen, uns aus den Fußangeln des
immanenten Sektierertums zu befreien. Ich kann nur hoffen, daß auch
Sie, verehrte Leser, nach der Lektüre der Beiträge in diesem Heft
ebenfalls alarmiert sind und Interesse dafür zeigen, daß diese
Verhältnisse bereinigt werden. Wenn man einmal überlegt, wie es zu
dieser Situation kommen konnte, wird man feststellen, daß sie
einerseits durch schon länger beobachtete Fehleinstellungen zumindest
ermöglicht wurde, daß es sich andererseits hier aber bemerkbar macht,
wenn seit Jahren keine Debatten mehr um die Restitution der Kirche und
um die Klärung, wo diese denn heute zu finden ist und wer ihr in
Wahrheit angehört, geführt wurden. Darum hat sich bei vielen Gläubigen
so eine Art religiös-sakramentale Versorgungsmentalität breitgemacht,
die ihr Genügen darin findet, nur die 'alte' Messe besuchen zu können.
Sicherlich ist die hl. Messe die Quelle vieler Gnaden, aber sie wird
nicht im luftleeren Raum gefeiert, sondern legitim nur von Priestern,
die der wahren Kirche angehören. Und darüber gibt sich fast niemand
Rechenschaft. Es gibt z.B. eine ganze Reihe von Klerikern, die zwar die
'alte' Messe feiern, ohne jedoch die Verweigerung der Zelebration des
sog. N.O.M. zu begründen und ohne sich klar von der Konzils-'Kirche'
abzusetzen. Im Sinne 'ihrer' Kirche sind sie schlicht 'ungehorsam', sie
ignorieren den expliziten Befehl 'ihres' Bischofs, 'ihres' Papstes. Sie
bilden in der Tat einen konservativ-'schismatischen' Flügel innerhalb
dieser Konzils-'Kirche'. Und das gleiche gilt natürlich auch von den
ebenso disponierten Gläubigen. Ich kann in diesem Zusammenhang nur das
wiederholen, was + H.H. Dr. Katzer den Gläubigen immer predigte, sie
hätten nur dann das Recht, an seiner Messe teilzunehmen, wenn sie den
neuen Meßritus als ungültig und Paul VI. als Häretiker ansähen. (N.b.
wenn man allein unter diesem Aspekt die Econe-Position betrachtet, wird
offenkundig, daß wir aus kirchlich-dogmatischen Gründen Grenzlinien zu
ihnen ziehen müssen: wir wollen weder der Konzils-'Kirche' als
konservativ-'schismatische' Fraktion angehören noch päpstliche
Vollmachten usurpieren, wie Mgr. Lefebvre das tat.)
Sieht man einmal vom Defizit theologischer Reflexion ab, so ist mir bei
der Bearbeitung der sektiererischen Versumpfung eines immer wieder
begegnet: viel Bosheit, viel Arroganz und eine enorme Faulheit im
traditionalistischen Lager, wobei alles in einen elenden Triumphalismus
mündet. Was berechtigt jemand zu solch einer Überheblichkeit? "Wir
haben die Wahrheit!" tönt es mir entgegen. Haben wir sie denn? Wir
haben teilweise die absolut unverdiente Gnade, an ihr, der lebendigen
Wahrheit partizipieren zu dürfen. Und wenn jemand meint, er hat sie -
wie Erbsen in einem Topf -, dann hat er sie schon verloren. Jeder
sollte Gott danken, wenn die Wahrheit ihn hat, d.h. wenn er von ihr
gehalten wird.
Wenn man sich einmal unseren Aktivismus aus einer gewissen Distanz
anschaut, fällt die Ineffizienz sämtlicher Anstrengungen auf. Warum ist
das so? Weil wir keine Demut haben und nicht in Geduld dienen wollen.
Ihr Eberhard Heller
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Titelbild: Urbino, die Città der Renaissance mit Dom; Photo C. Francioni (Ausschnitt)
Redaktionsschluß: 1.11.1996
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