54. Jahrgang Nr. 7 / Dezember 2024
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Ausgabe Nr. 4 Monat April 2004
Offener Brief an H.H. Bischof M. Pivaruns


Ausgabe Nr. 5 Monat Juni 2004
Papst Leo d.Gr.: Predigt über das Pfingstfest (Sermo LXXVI)


Ausgabe Nr. 6 Monat Juli 2004
Eberhard Heller: Der Fall Y. Yurchik: Aufnahme in die röm.-kath. Kirche?


Ausgabe Nr. 8 Monat Oktober 2004
Open Letter to most Reverend Bishop M. Pivarunas


Ausgabe Nr. 7 Monat Dezember 2005
In memoriam Frau Dr. Elisabeth Gerstner


Ausgabe Nr. 1 Monat April 1971
Zur Promulgation der Neuen Messe


Ausgabe Nr. 1 Monat Februar 2003
Über das Papsttum der Römischen Bischöfe


Ausgabe Nr. 4 Monat April 2003
La silla apostólica ocupada


Ausgabe Nr. 11 Monat December 2003
The Apostolic See Occupied


Ausgabe Nr. 5 Monat September 2002
Über das Papsttum der Römischen Bischöfe


Ausgabe Nr. 5 Monat September 2002
Der Apostolische Stuhl


Ausgabe Nr. 8 Monat December 2002
Le Siège apostolique < occupé >


Ausgabe Nr. 8 Monat December 2002
La sede apostolica


Ausgabe Nr. 2 Monat Juni 2000
RECHTFERTIGUNG EINER KÜNFTIGEN PAPSTWAHL


Ausgabe Nr. 3 Monat August 2000
¡VIVA EL CHRISTO REY! - STATIONEN EINER REISE DURCH MEXIKO -


Ausgabe Nr. 6 Monat Dezember 2000
Zum Problem einer möglichen Papstwahl


Ausgabe Nr. 7 Monat März 2001
Korrektur zu: Zum Problem einer möglichen Papstwahl


Ausgabe Nr. 6 Monat Februar 1999
DER HL. CYRILLUS VON JERUSALEM


Ausgabe Nr. 1 Monat April 1993
Mitteilungen der Redaktion


Ausgabe Nr. 4 Monat November 1996
VERSINKT DER KATHOLISCHE WIDERSTAND IM SEKTIERERTUM?


Ausgabe Nr. 4 Monat November 1996
VERSINKT DER KATHOLISCHE WIDERSTAND... (Anmerkungen)


Ausgabe Nr. 3 Monat Oktober 1995
NACHRICHTEN, NACHRICHTEN, NACHRICHTEN


Ausgabe Nr. 4 Monat Dezember 1995
NUR NOCH AUSLAUFMODELL?


Ausgabe Nr. 4 Monat Dezember 1995
DER HL. MARTIN


Ausgabe Nr. 3 Monat September 1994
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Leserbriefe zu dem Beitrag Am Scheideweg


Ausgabe Nr. 1 Monat Mai 1991
PREDIGT ÜBER DAS PFINGSTFEST


Ausgabe Nr. 5 Monat Dezember 1990
DER HL. DAMASUS PAPST UND BEKENNER, + 384


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DER HEILIGE KLEMENS VON ROM, PAPST UND MÄRTYRER


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Ausgabe Nr. 5 Monat August 2024
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VERSINKT DER KATHOLISCHE WIDERSTAND IM SEKTIERERTUM?
 
VERSINKT DER KATHOLISCHE WIDERSTAND
IM SEKTIERERTUM?


von
Eberhard Heller


EINLEITUNG

Gewisse, ineinandergreifende, miteinander verflochtene Vorkommnisse der letzten Zeit haben gezeigt, daß das so selbstsichere Herumpaddeln im angeblich so klaren Quellwasser des wahren Glaubens in Wirklichkeit mit dem berühmten "Fischen im trüben" verglichen werden muß.

Um was geht es? Um die Durchdringung unseres Widerstandes durch ein latentes Sektierertum, das seine Hauptursachen nicht in der Infiltration durch gewisse Vagantenkleriker, die sich betrügerischerweise bei uns eingeschlichen haben - die gibt es auch -, sondern in den Fehleinstellungen vieler Gläubige hat, die nicht willens sind, die kirchliche Situation mit dem nötigen Ernst so zu sehen, wie sie in Wirklichkeit ist, die die Notsituation, in der wir uns in der Tat befinden, als Vorwand benutzen, um ihrem Heilsegoismus, ihrem eingeschränkten, ja falschem Kirchenverständnis und ihrem Triumphalismus, der an Arroganz teilweise kaum noch zu überbieten ist, zu frönen.

Wenn wir deshalb unser vorgebliches Engagement für die Bewahrung des christlichen Glaubens und unser religiöses Leben ernst nehmen, d.h. unsere Überzeugung nicht auf geistiger Erstarrung basiert, dann müssen wir - so schmerzlich das auch für viele von uns sein wird - unseren Finger auf eine Wunde legen, die schon lange in unseren Kreisen schwelt, die anfangs nur schwer auszumachen war wie Krebsgewebe, welches sich langsam im Körper ausbreitet, um dann plötzlich mit aller Schrecklichkeit auszubrechen. Ich selbst muß gestehen, daß ich über das Ausmaß dieses Krebsschadens, dieser immanenten Sektiererei und ihrer unkontrollierten und weitgehend unbeachteten Ausbreitung, auf die ich auch schon früher sehr massiv hingewiesen hatte 1), selbst überrascht war, nachdem ich mich aufgrund bestimmter Vorgänge neuerdings damit beschäftigen mußte. Eine dringende Durchforstung dessen, was sich in den Meßzentren abspielt, muß dringend durchgeführt werden. Überprüft werden müssen auch die, die auf der einen Seite die Akteure rufen oder für sie Propaganda machen 2) und auf der anderen die, welche ungültige Sakramente spenden oder blasphemische Spektakel dort aufführen. Ohne schmerzhafte Selbstkontrolle, d.h. ohne Überprüfung gewisser bequemer Vorurteile, die die Ursache dieser Skandale bilden, setzen wir unser Heil auf's Spiel. Unser angeblicher, vorgeblicher oder wirklicher Einsatz für den wahren Glauben würde dann zur absoluten Groteske. Man stelle sich vor: auf der einen Seite liefern wir den theologischen Beweis für die Ungültigkeit der neuen Weiheriten, um dann einer (alten!) 'Messe' beizuwohnen, die von einem Sektierer zelebriert wird, der Laie ist.

Geistige und pastorale Säuberung ist angesagt, die gründlich und nachhaltig wirken müßte. Vielen werden die nachfolgenden Ausführungen sicherlich unangenehm, ja penetrant erscheinen oder auch Kopfschmerzen bereiten. Aber es hat keinen Zweck, die Augen zu verschließen vor den Problemen, die sich im eigenen Haus wie ekelerregende Dreckhaufen angesammelt haben und alles zu verschmutzen drohen. Ich zähle es weiterhin zu meinen Aufgabe als Redakteur, dem Parteiegoismus fremd ist, Hand mit anzulegen, solche Ansammlungen zu beseitigen. Ob dieser geistige Krebsschaden jedoch in den Köpfen der Gläubigen 'heilbar' ist, kann ich nur hoffen... um des Heiles willen für uns alle... 3)

1. 'PRIESTERWEIHE' VON HERRN LINGEN

Was ist geschehen? Hier zunächst die Ereignisse, wie sie mir von den Betroffenen größtenteils selbst mitgeteilt wurden. Am 2. März dieses Jahres weihte Bischof Schmitz / Villingen, Titularbischof von Constantia, der eine Zeit lang der von Thiesen gegründeten Alt-römisch-katholischen Kirche, dann der Old Roman Catholic Church in England angehörte, um sich schließlich 1978 für drei Jahre der Jurisdiktion von Mgr. Lefebvre zu unterstellen, Herrn Rolf Hermann Lingen zum Priester. Lingen hatte nach eigener Aussage während seines Studiums in den modernistisch-theologischen Insituten der Universitäten von Bochum und Köln die Irrtümer der Konzils-'Kirche' kennengelernt, hatte sein Studium der kath. Theologie in Chur unter dem konservativen Reformer-'Bischof' Haas fortgesetzt und abgeschlossen, um sich zeitweise als Alumne des von Bischof Dr. Storck gegründeten Seminars "Hl. Blut" zu betrachten. 4) Lingens Priesterweihe kam auf Bitten des damaligen Leiters des Seminars, Hw. Herrn James Baird, zustande 5), welcher nach dem Tod von Storck durch ein Komplott - eingefädelt durch Abbé Cloquell - von Bischof Oravec als Regens eingesetzt worden war (gegen den Willen seiner Konfratres). Bald nach seiner Weihe - von niederen Weihen oder den Weihen zum Subdiakon bzw. Diakon liegen keine Angaben vor - hat sich Lingen wieder von seinem Ordinator Schmitz getrennt, um sich der "Jurisdiktion" von Bischof Bartholomäus Schneider F.F.E./ Bonn zu unterstellen, der nach Auskunft von Herrn Lingen durch Bischof DDr. Lopez-Gaston wieder in die kath. Kirche aufgenommen worden sein soll, jenem Bischof, der von Frau Gerstner als "papabile" gehandelt wurde und zu den Wählern von Linus II. zählte und somit dessen 'Kirche' angehört. 6) Lingen, der - ohne Ordensmann zu sein - sich den Titel "P." (d.i. Pater) zugelegt hat, betrachtet sich als "röm.-kath. Priester" (so immer in seinem Briefkopf), d.h. als Kleriker des katholischen Widerstandes bzw. der wahren Kirche, der von den Gläubigen Meßstipendien annimmt und im Oktober-Dezember-Heft 1996 von KYRIE ELEISON (Redakteur: Herr Manfred Böker) als Anlaufstelle "für seelsorgliche Dienste nach Terminvereinbarung" empfohlen wird.

2. DIE PROBLEMATIK DIESER 'WEIHE'

Diese scheinbar so ganz normalen Geschehnisse - Priesterweihe durch Bischof Schmitz / Villingen, Unterstellung unter die Jurisdiktion von Bischof Schneider, Ankündigung der Bereitschaft zur Übernahme seelsorglicher Aufgaben in der Zeitschrift KYRIE ELEISON - , die als Ereignisse des kath. Widerstandes gehandelt werden, bergen bei näherem Hinsehen eine Reihe von immensen Problemen in sich, die ich in der Einleitung als Krebsschaden unseres Kirchenkampfes apostrophiert habe. Warum? Zum einen bedarf der kirchliche Status von Schmitz einer Klärung, außerdem bestehen Zweifel an der Gültigkeit seiner eigenen Weihen, zum anderen ist die Inanspruchnahme der Jurisdiktionsgewalt eines vagierenden Bischofs, die sich nicht kirchlich legitimieren läßt, ein wei-teres Problem, über welches aufgeklärt werden muß. Schließlich offenbart die Ankündigung von Lingen als pastorale Anlaufstelle in einer Widerstandszeitung wie KYRIE ELEISON, die zwar in ihrem selbsterteilten IMPRIMATUR versichert, daß "Kyrie eleison [...] nichts gegen den katholischen Glauben enthält" 7), einen höchst leichtfertigen Umgang mit der Frage nach der Erlaubtheit und der Gültigkeit bei der Sakramentenspendung.

All die angesprochenen Probleme, die in der Tat teilweise zu den unbewältigten oder blauäugig ignorierten in unserem Widerstand gehören, tangieren die Lingenschen Vorfälle, die sich gleichsam wie ein roter Faden durch das 'Unterholz' des katholischen Widerstandes ziehen. Lingen wird somit ein Fall, der alle kirchlichen, rechtlichen und dogmatischen Schwachstellen bloßlegt, an denen sich aber zugleich zeigen läßt, welche Positionen bezogen werden müssen, damit wirklicher und effektiver Widerstand entstehen und geleistet werden könnte. Und Lingen wird darüber hinaus zum Testfall, ob überhaupt noch Interesse an der Lösung unserer Krise besteht. 8) Falls nicht, dürfen wir uns nicht wundern, wenn unser gesamter Aktivismus für den angeblich wahren Glauben im Sektierertum versickert.

In den nachfolgenden Ausführungen möchte ich sowohl die angespochenen Probleme klären, zum anderen aber auch einige Ausführungen machen, wie die betreffenden Schwierigkeiten gelöst werden könnten.

3. ERKLÄRUNG

Ich erkläre ausdrücklich, daß es mir dabei nicht um persönliche Kritik der Betroffenen geht - mir sind weder Herr Schmitz noch Herr Lingen noch Herr Schneider persönlich bekannt -, sondern nur darum, wie unter Berücksichtigung der kirchlichen Rechtsbestimmungen die oben aufgelisteten Vorgänge zu bewerten sind und um die Klärung, welchen kirchlichen Status die Akteure haben, ob sie in der Tat den angegebenen Weihegrad (Priester, Bischof) besitzen. Zum anderen sind die Autoren der Ansicht, daß die vorgelegten Resultate - besonders hinsichtlich der Bewertung der Weihegültigkeit - unter dem Vorbehalt einer autoritativen und endgültigen Entscheidung der Kirche (sobald diese wieder als Heilsinstitution restituiert ist) zu sehen sind, auch wenn die Autoren aufgrund langwieriger Recherchen von dem Wahrheitsgehalt ihrer Analysen überzeugt sind.

4. IMMANENTE FEHLEINSTELLUNGEN BEI DEN SOG. TRADITIONALISTEN

Zunächst aber noch einige Bemerkungen zur Genesis gewisser Fehlpositionen und zur Mentalität einer bestimmten Gruppe von Traditionalisten. Natürlich müssen diese auf dem Hintergrund des weitgehend autoritätslosen Zustandes plaziert werden, in dem sich der Widerstand befindet. Der latente Priestermangel hat zu den seltsamsten Übungen bei der Beschaffung von Ersatz-Seelsorgern geführt, zumal die angeblich rechtgläubigen Priester hinsichtlich der eigenen Orthopraxie häufig recht zögerlich waren. Ich habe schon vermehrt den verfehlten Heilsegoismus angesprochen, der die Kirche nur als Versorgungseinrichtung betrachtet, aus dem man sich wie aus einem Supermarkt das herausholt, was man angeblich für sein Seelenheil braucht, z.B. die "alte Messe" 9). Der Heilsegoismus, dem diese Leute frönen, hat nur ein sehr naheliegendes Ziel: wie komme ich in den Himmel. Die Spielart dieses metaphysischen Egoismus verkennt, daß die Kirche von Christus als Heilsinstitution gegründet wurde, um die gefallene Menschheit insgesamt zu erlösen. Man lädt also Kleriker dubiosester Provenienz ein, ohne deren kirchlichen Status zu klären nach der Devise "Hauptsache gültig". Und mit ihr verzichtet man eo ipso auf die Legitimierung der eingeladenen Kleriker als römisch-katholischer Priester der wahren Kirche... und das ist so gewollt! Mit der Devise "Hauptsache gültig" (in der Diktion der Heilsegoisten: "Hauptsache ich bekomme sie") verzichtet man auf die wahre Kirchlichkeit... und schon hat man einen gewaltigen Sprung ins Sektierertum getan. Ich denke da an die Meßzentren von Heilbronn und Karlsruhe, die solch sektiererische Kleriker - u.a. Herrn Schöbel - schon lange als angebliche Seelsorger wirken ließen und immer noch lassen. Meistens reicht's, wenn sie nur schwarz gewandet sind.

Um diesen Verzicht auf die wahre Kirchlichkeit an einem Beispiel zu illustrieren: man kann nicht in ein Kaufhaus gehen und dort einfach Waren 'mitgehen lassen', ohne auf die Rechtsverhältnisse an ihnen zu schauen. Dann wird man schlicht zum Dieb. Genauso verhält es sich mit den Sakramenten, die unter Verzicht auf die wahre Kirchlichkeit bei irgendwelchen Sektierern empfangen werden. Auch sie sind 'geklaut'! Denn Christus hat die Sakramentenspendung erlaubterweise nur der von Ihm gegründeten Kirche anvertraut, und nicht Personen, die sich von ihr getrennt haben. 10) Und da die wenigsten, die nach der Devise "Hauptsache gültig" handeln und mit schismatischen bzw. sektiererischen, vagierenden Klerikern - auch mit Anführungszeichen zu lesen - zusammenarbeiten, in der Lage sind zu überprüfen, ob ein solcher Vagans tatsächlich gültig geweiht ist - was gelinde gesagt, in den wenigsten Fällen zutrifft -, verkehrt sich diese Devise in ihr Gegenteil bzw. hat einen gegenteiligen Effekt: die empfangenen Sakramente sind nicht nur 'geklaut', sondern auch ungültig. 11)

Weil viele nicht mehr wahrhaben wollen, daß es nicht (nur) um die Tradition des Ritus, sondern primär um die Bewahrung der Kirche als Heilsinstitution mit dem gesamten ihr anvertrauten Depositum gehen muß, aus dem man nicht nach Belieben bestimmte Partien herauslösen kann, sich also auch nicht (nur) auf die Spendung der Sakramente beschränken darf - man muß immer die Sanierung der Gesamtkirche im Auge haben, auch wenn sich diese uns heute als Torso darbietet -, ist weitgehend diese immanente sektiererische Fehleinstellung daran schuld, wenn heute in verschiedenen Zentren der Zutritt Sektierern gestattet ist (St. Antonius in Stuttgart, Karlsruhe, Heilbronn, St. Theresia in Ulm). Denn man kann nicht sagen, die Sektierer und Vaganten hätten sich uns aufgedrängt - auch wenn es verschiedene von ihnen wie z.B. Herr Anton Pohl versucht haben -, gerufen wurden sie von den Heilsegoisten unter uns. Aus einem verengten bzw. direkt falschem Kirchenverständnis wird nicht mehr nach der Rechtmäßigkeit und der Erlaubtheit bestimmter Handlungen gefragt.

Ein weiterer Punkt, der das Abgleiten ins sektiererische oder schismatische "Aus" bedeuten kann, ist die unberechtigte Berufung auf den "Notstand". Natürlich leben wir in einer Notstandssituation, das kann wahrlich niemand leugnen. Aber auch in ihm gelten Regeln und (Rechts)Vorschriften, die es einzuhalten gilt. Unsere Situation ist nicht "rechtsfrei". Selbstverständlich gelten die Vorschriften des CIC auch weiterhin, und nur da, wo menschliches gegen göttliches Recht stößt, hat das göttliche den Vorrang! Es geht also nicht an, sich Vollmachten anzumaßen, die man z.B. als einfacher Kleriker nicht hat - eine solche Anmaßung offenbart eo ipso eine latent schismatische Haltung. Eine ganze Reihe von Traditionalisten sehen diesen Notstand als willkommene Gelegenheit, endlich einmal eigene Vorstellungen zu entwickeln und sie in der Praxis umzusetzen, die allerdings mit der Lehre und den Vorschriften der Kirche nicht vereinbar sind. 12) Es geht z.B. nicht an, Willkürlichkeiten oder Eigenwilligkeiten in die Liturgie einfließen zu lassen, bewußte Verstöße gegen die kirchenrechtlichen Vorschriften billigend in Kauf zu nehmen oder sich Rechte und Vollmachten anzumaßen, die man nicht hat, um sie dann als "Notstandsmaßnahmen" zu deklarieren. Apropos wirkliche und angemaßten Vollmachte: man kann zwar im Auftrag eines anderen z.B. dessen Haus verkaufen - dann ist man bevollmächtigt -, aber man hat keine Vollmachten, ein Haus zu verkaufen, wenn man nicht Eigentümer dieses Haus ist.

Eine weitere Fehleinstellung, die man vornehmlich bei Klerikern antreffen kann, besteht in einem gewissen 'Kasten'- oder Corpsdenken. Dieser ist nicht primär die Zugehörigkeit zur Kirche wichtig, sondern die zur 'Kaste' (der Priester). Man ist in gewisser Weise unter sich, unter Standesgenossen, mögen diese nun 'echte' sein oder nicht. In Abwandlung zu dem Slogan "Hauptsache gültig" könnte man dieses Kastendenken unter dem Schlagwort "Hauptsache schwarz" subsumieren. Eine solche Einstellung führt in der Konsequenz zu einer unstatthaften Toleranz gegenüber Personen, deren kirchlicher Status ungeklärt ist. Die Vertreter dieser Richtung operieren häufig mit einem höchst diffusen und wohl kaum ganz durchreflektierten Kirchenbegriff... oder beschränken sich darauf, Ähnlichkeiten in der 'Uniform' (als signifikantes Merkmal der 'Kaste') festzustellen. Dieses 'Kastendenken' verhinderte oder beeinträchtigte schon in der Vergangenheit eine klare Abgrenzung gegenüber sektiererischen oder häretischen Gruppierungen. 13)

Ich möchte die Einleitung mit diesen Anmerkungen über mögliche Fehlhaltungen, die einen latenten Hang zum immanenten Sektierertum bei den Traditionalisten bloßlegen, hier abschließen. Sie sollen dazu beitragen, ein bestimmtes Problembewußtsein zu erzeugen bzw. Sie, verehrte Leser, für die nachfolgenden Ausführungen zu sensibilisieren.

UNTERSUCHUNG DER DURCH BISCHOF SCHMITZ
GESPENDETEN PRIESTERWEIHE


I. IST SCHMITZ MITGLIED DER KATH. KIRCHE?

Wie ist nun Lingens Priesterweihe durch Bischof Schmitz zu bewerten, die eingangs angeführt wurde? Bischof Schmitz (nach eigenem Bekunden: Titularbischof von Constantia) ist Mitglied der Alt-römisch-katholischen Kirche (gewesen), die sich in ihrer Sukzession auf das Utrechter Schisma von 1723 beruft, konkret aber auf der Gründung durch Thiesen aus dem Jahre 1949 basiert. Sieht man einmal von dem Problem des Sektierertums ab, ist diese Ausbildung zumindest als schismatisch zu betrachten, was ja auch von Schmitz bestätigt wird. Als Mitglied der Alt-römisch-katholischen Kirche - nach der Trennung von Thiesen - genauer: der Old Roman Catholic Church in England 14) - hatte Schmitz eifrigen Kontakt sowohl zu Vertretern der Reform-'Kirche' aus Freiburg 15) als auch mit Mitgliedern der Traditionalisten. So hatte er nicht nur Kontakt u.a. zu Pfr. Leutenegger, Hw. H.Dr. Katzer, Herrn Eisele, Hw.H. Dr. Storck, sondern auch zu Abbé Schmidberger und Mgr. Lefebvre, die ihn nach zweijähriger Bekanntschaft 1978 "abschwören" ließen und ihn in ihre angebliche Jurisdiktion eingliederten 16) mit der Auflage, seine bischöflichen Vollmachten vorerst nicht auszuüben, ihn aber in Reutlingen als Seelsorger einsetzten. Von daher kursiert die Meinung, Schmitz sei in die röm.-kath. Kirche aufgenommen worden. Und diese Meinung hält sich bis heute hartnäckig. 17)

Man muß es ganz klar sagen: es geht hier um das Problem der wahren Kirchlichkeit. Ist Schmitz durch die Abjuratio (Abschwörung) vor Lefebvre Mitglied der wahren Kirche geworden oder nicht? Und kann er erlaubterweise Weihen spenden? Über die Bedeutung dieses Aktes gehen die Meinungen auseinander. So behauptete z.B. der inzwischen verstorbene Bischof Dr. Storck in einer am 1.7.84 gehaltenen Predigt, in der er auf die von mir gemachten Vorwürfe bezüglich der Erlaubtheit seiner Konsekration durch Mgr. Guérard des Lauriers eingeht 18), folgendes: "Bischof Schmitz, den ich 1977 in Weissbad kennenlernte, ist ein echter Konvertit; er hat eine echte Konversion zur katholischen Kirche vollzogen. Er hat sich also mit der Kirche versöhnt, und zwar ist diese Versöhnung durch Msgr. Lefébvre vollzogen worden." 19)

Dieser Version, die so oder in ähnlicher Form auch von anderen verbreitet wurde, muß entschieden widersprochen werden, und zwar aus mehreren Gründen.

Als wir von dieser Abjuratio erfuhren, baten wir H.H. Jeker aus der Schweiz, der in Rom gerade seine Doktorarbeit über ein kirchenrechtliches Thema anfertigte, uns über die Konversions-Bedingungen eines Schismatikers zu informieren. Seine diesbezüglichen Ausführungen über "Die Bekehrung eines Schismatikers", die bereits in EINSICHT Nr. 3, Okt. 1978, S. 102, erschienen waren und die wir jetzt in diesem Heft wieder veröffentlichen, geben ganz klar die Bedingungen an, unter denen ein schismatischer Bischof in die kath. Kirche aufgenommen werden kann. Wie das Resultat der Studie zeigt, kann die Aufnahme nur durch den Papst oder einen durch ihn bevollmächtigten Bischof geschehen. Ein Bischof von sich aus ist gar nicht berechtigt, einen schismatischen Bischof - als solcher wurde Schmitz von Lefebvre angesehen - (wieder) in die Kirche aufzunehmen. D.h. unter der Voraussetzung, daß Lefebvre Bischof der (wahren) katholischen Kirche gewesen wäre, hätte er widerrechtlich gehandelt. Gehört aber Lefébvre und die von ihm ausgelöste Ecône-Bewegung der (wahren) Kirche an? Diese Frage muß man entschieden verneinen. Trotz allen Ungehorsams gegenüber dem häretischen bzw. apostatischen Rom hat er immer wieder beteuert, daß er die Position des Sedisvakantismus ablehnt und die Häretiker Paul VI. und seine Nachfolger Johannes Paul I. und Johannes Paul II. als legitime Päpste anerkennt, 20) d.h. er gehört der Konzils-'Kirche' als konservativer Flügel an, auch wenn gelegentlich orthodoxe Positionen beansprucht oder schismatische Akzente gesetzt werden, d.h. Absetzbewegungen in Richtung Rechtgläubigkeit unternommen werden. 21) Sieht man deshalb einmal von der Unerlaubtheit bzw. Nicht-Bevollmächtigung ab und konzediert, eine Aufnahme habe stattgefunden, dann würde das jedoch nur bedeuten, daß Schmitz in die Konzils-'Kirche' aufgenommen wäre... und nicht, wie Bischof Storck behauptet hat, in die wahre Kirche. Der Sachverhalt ist ganz einfach: man kann nur jemanden in den Verband aufnehmen, dem man selbst angehört. 22) Tatsächlich hat dann Schmitz in der Zeit, in der er mit bzw. unter Econe und seinem Chef arbeitete, wie dieser zeitweise die Messe "una cum Papa nostro Paulo VI." gelesen - soweit mir die diesbezügliche Ankündigung in seinem Pfarrbrief von 1978 erinnerlich. Damit dürfte auch zweifelsfrei klar, welcher Kirche bzw. 'Kirche' Schmitz angehören wollte.

Wegen der Problematik mit seinem damaligen "Umfeld", die Schmitz aus heutiger Sicht "vorprogrammiert" schien 23) schied er mit Schreiben vom 27.4.1981 aus Lefebvres "Jurisdiktion" aus und legte auch das ihm von Lefebvre ausgestellte Celebret bei... ein Celebret, das dieser einem von ihm als Bischof anerkannten Kleriker ausgestellt hatte!!!

Schmitz's kirchliche Einordnung ist unter den gegebenen Umständen tatsächlich nicht leicht. Obwohl er mit der Konzils-'Kirche' über Mitglieder des Freiburger Ordinariats guten Kontakt hält, ist er jedoch nicht in diesen Verband eingetreten. Aus der Old Roman Catholic Church in England war er 1978 ausgetreten, weil diese beschlossen hatte, den tridentinischen Ritus, der bis dahin in usu war, dem inzwischen von der röm. Amtskirche approbierten N.O.M. anzugleichen. Andererseits hat Schmitz meines Wissens von sich aus auch keinen Kontakt mehr zu den Bischöfen des Widerstandes aufgenommen. Schmitz gehört also weder der Konzils-'Kirche' noch dem wahren Widerstand noch der Alt-römisch-katholischen Kirche an, von der er sich schon bei seinem Übertritt in die Old Roman Catholic Church in England getrennt hatte. 24)

Bischof Storcks Zuordnung von Schmitz zur wahren katholischen Kirche ist auch deshalb so verwunderlich, da er diese Behauptung zu einem Zeitpunkt (1984) machte, nachdem Schmitz Econe längst wieder verlassen hatte. Nimmt man einmal an, Storck sei der Auffassung gewesen, Lefebvre sei Mitglied der wahren Kirche und berechtigt gewesen, Schmitz in diese aufzunehmen, so hätte gerade das Verlassen dieses Verbandes, dem Storck damals (1978) selbst noch angehört hatte, jede Unklarheit beseitigen müssen. (N.b. ich gehe auf Storcks Version von Schmitz's Zugehörigkeit zur wahren Kirche deshalb so ausführlich ein, weil sie noch heute von einem Teil der von ihm geweihten Priester vertreten wird und H.H. Baird es war, der Schmitz um die Weihe von Lingen gebeten hatte. 25)

II. IST SCHMITZ GÜLTIG GEWEIHTER BISCHOF?

Im Fall von H.H. Schmitz handelt es sich aber nicht nur um einen schismatischen (sektiererischen) Bischof, sondern - wie eine Überprüfung seiner Sukzession durch Herrn Jerrentrup zeigt - man vgl. die betreffende Abhandlung in diesem Heft - um einen Kleriker mit "unterbrochener" (ab-gerissener) Sukzession. Ich bitte die Leser, die von Herrn Jerrentrup erarbeitete Sukzessionsliste, die mit viele Mühe und großer Sorgfalt erstellt wurde und die zeitraubende Recherchen erforderte, vorurteilsfrei und aufmerksam zu studieren. Das Resultat wurde H.H. Schmitz zur Kontrolle und Überarbeitung zugesandt. Seine Ergänzungen und Korrekturen - soweit sie die theologischen Probleme hinsichtlich der Sukzession betrafen - wurden eingearbeitet. 26)

Die Liste setzt da ein, wo die Sukzession nach Mattews Abspaltung von den Altkatholiken im Jahre 1910 - von da ab gibt es die Vaganten mit ihren sog. Kirchengründungen - zweifelhaft wird.

Nach diesen Ergebnissen, d.h. aus katholischer Sicht, und unter der Voraussetzung, daß die gegebenen Informationen und Quellen fehlerfrei sind, muß Bischof Schmitz wegen der Unterbrechung der Sukzession als Laie angesehen werden, und mit ihm auch die von ihm 'geweihten' Kandidaten, Herr Yoshiyuki Kawakatsu, ebenso Herr Lingen.

Ich muß gestehen, daß mich dieses Ergebnis selbst betroffen gemacht hat. Und es ist für mich schlecht nachvollziehbar, daß Personen wie z.B. Schmidberger oder Storck, die doch nicht nur für sich handeln durften, sondern Verantwortung für ihre Gemeinschaft hätten tragen sollen, der Genesis von Schmitz' Bischofsweihe nicht nachgegangen sind, zumal Schmitz ausgesprochen auskunftswillig ist. Trotz aller möglichen Behutsamkeit und Gründlichkeit, die die Behandlung eines solchen Problems erfordert - ist doch das persönliche Schicksal von 'Bischof' Schmitz davon betroffen, sehe ich schon die Rückzugsgefechte: Ja, aber Bischof Schmitz wurde doch von Erzbischof Lefebvre, von Bischof Storck, von Hw. Herrn Dr. Katzer, von Abbé Schmidberger als Bischof anerkannt, Herr Schöner aus Karlsruhe arbeitet mit ihm zusammen, Hw. Herrn Baird empfiehlt ihn als Weihbischof, ebenso H.H. Prof. Bravin 27), ganz abgesehen von den Vertretern der Amts-'Kirche', die ihn auch als Bischof anerkennen... wie will da eine Zeitschrift wie die EINSICHT nun eine andere Bewertung vornehmen? Ich meine, die Frage ist minutiös gelöst, wobei Herr Schmitz selbst mitgewirkt hat. Ich kann nur empfehlen, sich mit den Fakten vertraut zu machen. Da hilft kein Pochen auf angebliche Autoritäten, die sich sicherlich nur höchst oberflächlich - oder gar nicht - mit der Sukzession von Schmitz vertraut gemacht haben dürften. All diese Hinweiese geben keine Antwort auf die Frage, ob ein protestantischer Pastor gültig die (kath.) Bischofsweihe empfangen kann! Denn jeder, der Interesse gehabt hätte, hätte erfahren können, daß es sich bei Schmitz's 'Weihbischof' um den protestantischen Pastor Wiechert gehandelt hat, der von dem Sektierer Stumpfl zum 'Bischof' geweiht wurde. Da bekanntermaßen die Bischofsweihe eine gültige Priesterweihe voraussetzt 28), ist somit Wiecherts Bischofsweihe ungültig, selbst wenn man einmal voraussetzt, daß Stumpfl zumindest gültig geweihter Bischof gewesen wäre, was höchst zweifelhaft ist. Wiechert konnte dementsprechend auch keine gültige Priesterweihe an Schmitz spenden. Da Schmitz nur eine Bischofsweihe sub conditione - und nicht die Priesterweihe - durch Paget King erhielt (einmal angenommen, daß diese gültig gewesen sein sollte), so konnte wiederum diese Konsekration die fehlende Priesterweihe nicht ersetzen. Und da auch Abbé Schmidberger mit mir darin übereinstimmen dürfte, daß ein Laie keinen Priester weihen kann, so sehe ich keine Möglichkeit einer Korrektur: Herr Lingen ist, trotz der anderslautenden Darstellung auf seinem Briefpapier, Laie geblieben.


ERLAUBTHEIT UND GÜLTIGKEIT

Mit der Beantwortung der Frage nach Schmitz's Kirchenzugehörigkeit und nach der Gültigkeit seiner eigenen Weihe ist das uns hier interessierende Problem erst teilweise gelöst. Übrig bleibt zu klären, inwieweit ein außerhalb der Kirche stehender Kleriker z.B. ein Bischof oder Priester der (schismatischen) der orthodoxen Kirche für uns tätig werden, ob er u.U. für den katholischen Widerstand einen Priester weihen darf, ob wir berechtigt sind, bei Schismatikern die Sakramente zu empfangen. 29) Und damit ist das grundsätzliche Problem von Gültigkeit und Erlaubtheit der Sakramentenspendung wieder angesprochen, ebenso die Frage der Zugehörigkeit zur Kirche.

Was bedeutet nun die theologische Unterscheidung von Gültigkeit und Erlaubtheit bei der Sakramentenspendung? Gültig spendet jemand ein Sakrament, wenn er dazu die entsprechenden Voll-machten und die Beauftragung (das Mandat) hat: Z.B. jemand kann die hl. Messe gültig feiern, wenn er (gültig) zum Priester geweiht wurde - er hat dann die entsprechenden Vollmachten. Erlaubterweise (rechtens) feiert er sie, wenn er dazu durch die Kirche (Papst bzw. Bischof) beauftragt wurde. 30) (Diese konkrete Beauftragung, die ja in der heutigen Situation in den allermeisten Fällen fortfällt, stellt in der Tat ein wichtiges Problem dar, auf das wir noch eingehen müssen.)

Gültigkeit und Erlaubtheit fallen also nicht zusammen. 31) So kann z.B. ein Priester, der die Kirche verlassen hat, dennoch gültig die Messe lesen. Ein Schismatiker feiert sie deshalb gültig, weil die Weihe, die er erhalten hat, ein unauslöschliches Merkmal einpflanzt, das ihm trotz der Abspaltung erhalten bleibt. Aber er feiert sie unerlaubt, unrechtmäßig, weil er dazu nicht mehr von der Kirche, deren Einheit er verlassen hat, beauftragt ist. 32) Denn die rechtmäßige Beauftragung zur Ausübung der übertragenen Vollmachten hat Christus nur seiner Kirche eingeräumt, die nur eine sein kann: "Ich glaube an die eine ... Kirche" heißt es im Glaubensbekenntnis. Dieser Artikel ist für unsere Problematik entscheidend.

Um den Sachverhalt an einem profanen Beispiel zu illustrieren: Man kann Geld rechtmäßig besitzen (als Lohn für geleistete Arbeit, durch Schenkung), man kann es auch stehlen, d.h. sich unrechtmäßig aneignen. Sowohl mit dem rechtmäßig erworbenen als auch dem 'geklauten' Geld kann man sich ein Auto, Äpfel usw. kaufen. Die mit dem gestohlenen Geld erstandenen Güter kann man sehr wohl besitzen, ohne jedoch rechtmäßiger Eigentümer zu werden. Ähnlich verhält es sich mit der Nichtbeachtung der Erlaubtheit (Rechtmäßigkeit): außer in extremis (d.h. im Sterben oder in lebensbedrohlichen Situationen) 33) ist es uns als katholischen Christen verboten, von Schismatikern etc. Sakramente zu empfangen. Übergehe ich dieses Verbot, stehle ich mir gleichsam Gottes Gnadenmittel, ich eigne sie mir unrechtmäßig an. Und dieses 'Stehlen' der Gnadenmittel ist bezeichnend für die Haltung der apostrophierten 'Heilsegoisten'. Sie sündigen gegen die Einheit der Kirche... und stellen sich im Extremfall außerhalb der Kirche.

In diese Rubrik von Unrechtmäßigkeit fallen somit auch all jene, die sich Weihen von Sektierern haben spenden lassen. Es gibt keine rechtsfreien Räume!

Wo stehen nun wir? Einmal davon ausgehend, daß wir versuchen trotz all unserer Schwächen und Sündhaftigkeit, den Forderungen aus dem Glauben zu entsprechen, haben wir uns nicht wegen des Übergehens des päpstlichen Mandates bei den Bischofsweihen durch S.E. Mgr. Ngo-dinh-Thuc selbst ins Schisma begeben? (Ich möchte mich hier nicht auf die Vollmacht von Pius XI. berufen, die m.W. von seinen Nachfolgern nicht widerrufen wurde und die S.E. Erzbischof Ngo-dinh-Thuc das Recht einräumte, Bischofsweihen nach seinem Ermessen zu spenden. Sie stellt einen Spezialfall dar.) Denn man kann einwenden, daß auch all jene, die sich im Widerstand zu Bischöfen bzw. zu Priestern haben weihen lassen oder solche Weihen gespendet haben - m.E. zu Recht, d.h. in diesem Fall auch erlaubterweise -, diese ohne päpstliches Mandat empfangen bzw. gespendet haben. 34) Wie läßt sich deren Handeln als wirklich gerechtfertigt bzw. als erlaubt begründen - die Gültigkeit wurde nicht einmal von der Konzils-'Kirche' bestritten, sondern nur von einigen Ex-Ecônern?

Zunächst einmal muß festgehalten werden, daß wir Sedisvakanz haben. Ein solcher Zustand würde, wenn er über einen längeren Zeitraum anhalten würde - rein formal gesprochen - das Erteilen päpstlicher Mandate, durch die z.B. eine Bischofsweihe unter normalen Umständen erlaubterweise gespendet wird, unmöglich machen, womit die Kirche mit der Zeit als Heilsinstitution aufhören würde zu existieren... weil die Sukzession erlöschen würde. Es wäre der Kirche also unmöglich, erlaubterweise das zu tun, was zu ihrem Fortbestand unabdingbar wäre, nämlich die apostolische Sukzession zu bewahren, oder aber sie ließe die Erteilung des päpstlichen Mandates außer acht, um eo ipso ins Schisma zu fallen, d.h. sich von der Einheit der Kirche abzuspalten. (N.b. es gibt sogar eine ganze Reihe von Sedisvakantisten, die eine solche Position ernsthaft vertreten und den jetzigen Zustand der Kirche für prinzipiell unsanierbar halten.) 35)

Wir haben im Zusammenhang mit der Rechtfertigung der durch S.E. Erzbischof Ngo-dinh-Thuc gespendeten Bischofsweihen immer betont, daß die Kirche eine Institution ist, die um des Heiles der Seelen willen von Christus gegründet wurde und daß dieses Ziel, die Erfüllung dieser Verpflichtung auch ein Handeln, welches unter normalen Verhältnissen als unerlaubt und schismatisch qualifiziert werden müßte, gerechtfertigt ist. 36) Aber nur in diesem Fall! Und Mgr. Guerard des Lauriers hat ausdrücklich daraufhin gewiesen, daß diese Akte noch nachträglich von einer restituierten Hierarchie auch formell als rechtmäßig bestätigt werden müßte, m.E. zu Recht.

ZUGEHÖRIGKEIT ZUR KIRCHE

Die Sakramente, die Christus als Gnadenmittel eingesetzt hat, hat Er zur Verwaltung seiner Kirche hinterlassen, damit die Gläubigen durch ihren Empfang Anteil am göttlichen Leben erhalten. Durch sie baut sich eine reale und lebendige Beziehung zu Gott auf. Es ist klar, daß diese Gnadenmittel nur durch die Kirche und in ihr verwaltet werden dürfen und daß nur Mitglieder dieser Kirche zu ihrem gültigen Empfang (erlaubterweise) berechtigt sind. An welchen Kriterien erkennt man heute in dieser allgemeinen Auflösung (von der n.b. auch wir, wie wir gesehen haben, nicht verschont geblieben sind, da sich gezeigt hat, daß der Ruf nach einer gültigen Messe allein nicht ausreicht, um ein kirchliches Fundament zu legen), ob jemand zur (wahren) Kirche gehört oder nicht?

Ich kann diese Frage hier nur stichwortartig beantworten und sage: das lebendige Bekenntnis des ungeschmälerten katholischen Glaubens, den uns die Kirche (früher) vermittelt hat. Diese scheinbar so naive Antwort verliert sehr bald ihr rein theoretisches Gesicht, wenn man nur daran denkt, daß im Bekenntnis des ungeschmälerten katholischen Glaubens auch die Kriterien zur Unterscheidung der Geister und der Appell zur Applikation auf die reale Wirklichkeit enthalten sind. Und damit ist zugleich eine Stellungnahme der konkreten kirchlichen Situation gegenüber impliziert - mit dem Resultat, daß sich dem Rechtgläubigen nicht nur bestimmte Aufgaben hin-sichtlich des eigenen Seelenheils, sondern auch hinsichtlich des gesichteten, verwüsteten Zustandes der Kirche ergeben, und damit verbunden in interpersonaler Hinsicht die Pflicht, über diese Tatsächlichkeiten die (noch) unwissenden Gläubigen aufzuklären. Denn die Kirche - und man muß das gegen all die betonen, die im stillen Kämmerlein sitzen und frommen Übungen nur für sich nachgehen und vergessen, daß die Kirche die Gemeinschaft der Gläubigen umfaßt, die darüber hinaus nicht wahr haben wollen, daß die Kirche eine Heilsinstitution ist und nicht nur eine Gesinnungsgemeinschaft - ist ein Sozialgebilde. Die lebendige Rechtgläubigkeit verlangt also das Beziehen praktischer Positionen.

Das Sehen der konkreten Situation verlangt ferner das Abgrenzen gegenüber dem abgefallenen Verband, der wie deren Hierarchie diesen Glauben insgesamt oder Teile von ihm in Frage stellt bzw. ihn leugnet oder verfälscht, und dem Ausgrenzen der häretischen Positionen. 37) Für die Beurteilung und die erforderlichen Aktivitäten bildet m.E. die DECLARATIO von S.E. Erzbischof Ngo-dinh-Thuc vom 25. Februar 1982 (öffentlich verkündet am Sonntag Laetare, dem 21. März 1982 in St. Michael / Baaderstr. in München), die er als Bischof der röm.-kath. Kirche abgegeben hat, die Grundlage und die Norm zur Beurteilung unserer Situation! 38)
Damit verbunden wäre dann wieder die vom Glauben (hier spezifisch: den Glauben über die Kirche) gefordete Restituierung der Kirche als Heilsinstitution usw. ins Auge zu fassen.

1. BESONDERE SITUATION DURCH DEN ABFALL DER HIERARCHIE

Aufgrund des Abfalls der Hierarchie und der damit verbundenen Sedisvakanz ist die (Rest) Kirche in der Tat in einem verheerenden Zustand, da dadurch die Merkmale der Einheit, der Heiligkeit, der Katholizität und der Apostolizität verloren gegangen bzw. in Gefahr geraten waren. 39) Die Kirche ist auf die Hierarchie angewiesen, da sie keine bloße Überzeugungsgemeinschaft ist, sondern Heilsinstitution ist und die Hierarchie normalerweise die Stelle ist, die sie als solche durch Ausübung ihrer Autorität trägt und repräsentiert. Wäre die Kirche in sich Selbstzweck, würde sie in einem solchen sedisvakantistischen Zustand - d.h. ohne legitime Autorität - im Chaos versinken bzw. einfach "auslaufen" - das ist wörtlich gemeint - oder auch in Erstarrung verfallen. Nun ist aber die Kirche als Heilsinstitution nicht um ihrer selbst willen, sondern um des Heiles der Seelen willen gegründet worden. Die Form der Institution ist deswegen gewählt, um die Verwaltung des Glaubens und der Gnadenmittel (Sakramente) zu garantieren. Darum darf ihr höchstes Gesetz nicht zum "summam iniuriam" (zum höchsten Unrecht) degenerieren, sondern muß dem Heil der Seelen dienen: "Suprema lex salus animarum". Vom Kanonischen Recht sagte deshalb Papst Pius XII. am 3.6.1956: "Das Kichenrecht hat das Ziel nicht in sich selber. Es ist auf ein höheres Ziel hingeordnet. Wie alles in der Kirche dient es dem Heil der Seelen und dem Apostolat." Wenn die buchstäbliche Erfüllung eines Gesetzes sich gegen gewisse Akte richtet, die für das Heil der Seelen abträglich ist, "verpflichtet der Buchstabe des Gesetzes nicht im Gewissen", führt auch der hl. Thomas von Aquin aus. 40)

Was bedeutet das für unsere Notsituation? 41) Zunächst einmal, daß es uns in Notsituationen nicht nur erlaubt, sondern sogar gefordert ist, das zu tun, was zur Aufrechterhaltung der Seelsorge und der Bewahrung der Institution, die diese Seelsorge garantieren soll, nötig ist. Unter dieser Maxime wurden die Bischofsweihen von Mgr. Thuc gespendet, weil die Sukzession und damit das Weiterbestehen der Kirche in Gefahr war 42).

Nur, wenn wir alle, die Bischöfe und die Priester auf der einen Seite (als Sakramentenspender) und die Gläubigen (als Sakramentenempfänger) Mitglieder der wahren Kirche sind, d.h. eo ipso auch die Salvierung der kirchlich desolaten Zustände im Auge haben (die Wiederherstellung der Einheit, Sichtbarkeit und Hoheit der Kirche) unter Antizipation der restituierten Hierarchie, handeln wir auch rechtmäßig, d.h. im Auftrag dieser Kirche, weil Christus nur seiner Kirche die Spendung und den Empfang der Heilsmittel anvertraut hat. 43)

Viele von den sog. Thuc-Bischöfen scheiden schon deswegen aus den Reihen des Widerstandes aus, weil sie schlicht schismatische Traditionalisten, lediglich "Mitrenständer" sind, die nicht einmal wissen, um was es in dieser Auseinandersetzung geht - ich denke da an den Bischof Miguet, der sich vom 'Hl. Vater' Johannes Paul II. eine besondere Bestäigung bzw. Würdigung seiner Communität erbeten hat -, auch wenn sie 100 Mal gültig geweiht sein sollten.

Ich verweise hier auch auf die Ausführungen von Hw.H. Rissling, der in seiner Abhandlung "Wo ist Autorität heute?" an einem Präzedenzfall darlegt, daß das Seelenheil Vorrang vor dem positiven Bestimmungen des Kirchenrechts hat, um daraus gewisse Maximen für unsere desolate Situation abzuleiten: "Auch hier [d.i. im Falle von Ehehindernissen] stellt die Kirche das Seelenheil der Gläubigen über den Jurisdiktionsgedanken, der im Norrnalfall eine wichtige ordnende Funktion hat. Somit steht das Kirchenrecht letztendlich im Dienst des ewigen Heils der unsterblichen Seelen und nicht umgekehrt! (...) Somit ist es auch legitim, von der Sache her geboten und notwendig, die Seelsorge auch trotz des momentanen Fehlens ordentlicher Jurisdiktion weiterzuführen! Das Plädieren für das Einstellen der Seelsorge in der heutigen veränderten Lage der Kirche würde bedeuten, einige kirchenrechtliche Bestimmungen, die für den Normalfall gelten, grundsätzlich über das tatsächliche Heilswirken Gottes bis in die aktuelle Zeit hinein zu stellen. Der Kirche muß es vor allem anderen um die Erlösung und das Seelenheil der Menschen gehen, zumal ja auch das Kirchenrecht selbst für den Fall der Beichte in einer Notsituation eindeutige Regelungen trifft! In der Kirche galt immer schon der Satz, daß in Extremsituationen auch solche Lösungen - natürlich nur im Rahmen des grundsätzlich Möglichen - Anwendung finden dürfen, die für den Normalfall keine Geltung besitzen. So hat auch Jesus das Rupfen der Ähren am Sabbat durch Seine hungrigen Apostel u.a. auch mit dem Essen der Schaubrote durch David und dessen hungrige Gefährten verteidigt, was sonst nur den Priestern erlaubt war (vgl. Mt 12, 1-8)! " 44)

2. PROBLEM DER JURSISDIKTION DER BISCHÖFE IM WIDER-STAND

Einen weiteren wunden Punkt unserer kirchlichen Situation berührt Herr Lingen mit der Behauptung, er habe sich, nachdem er sich wegen bestimmter Differenzen von Schmitz getrennt habe, der Jurisdiktion von Bischof Bartholomäus Schneider / Bonn 45) unterstellt, der durch Bischof Lopez-Gaston salviert bzw. in die katholische Kirche reuniert worden sein soll. 46)

Bevor die Angelegenheit mit Schneider weiter verfolgt wird, soll zunächst einmal - weil hier angesprochen - die grundsätzlichen Frage geklärt werden, welche Rechts-Vollmachten die Bischöfe, die sich tatsächlich im Widerstand befinden, besitzen.

Das Problem, ob Gott den Bischöfen ihre Jurisdiktionsgewalt unmittelbar durch die Weihe oder durch Vermittlung (per Mandat) durch den Papst, indem er an sie die Rechtsgewalt delegiert, ist auch in der vor-konziliaren Theologie umstritten. 47) Unter Bezug auf die Erklärung des I. Vatikanums schreibt z.B. der Dogmatiker Bartmann: "Wie von selbst stellt sich die Frage ein, welche Bedeutung der bischöflichen Gewalt neben der päpstlichen zukommt. Das Konzil gibt daher auch hierüber noch eine Erklärung: 'Es ist aber weit davon entfernt, daß diese Gewalt des obersten Hohenpriesters Eintrag tue der ordentlichen und unmittelbaren Gewalt der bischöflichen Jurisdiktion, gemäß welcher die Bischöfe, welche vom Hl. Geiste eingesetzt, an die Stelle der Apostel nachgefolgt sind, als wirkliche Hirten die ihnen zugewiesenen Herden, jeder die seinen, weiden und leiten; viel-mehr wird dieselbe von dem obersten und allgemeinen Hirten geschützt, befestigt und verteidigt' (Denz. 1828). Nach dieser authentischen Erklärung des Konzils ist die bischöfliche Gewalt durch die Definition des Primates nicht geschwächt, sondern vielmehr anerkannt als ordentliche, unmittelbare Hirtengewalt in ihrer Diözese. Sie bezieht sich also auf die Glaubens- und Sittenlehre wie auf die Disziplin und den Kultus. Sie bleibt allerdings in ihrer räumlichen Ausdehnung und Geltendmachung abhängig vom Papste, der die höchste Gewalt in der Kirche und in jeder Einzeldiözese besitzt." 48) Ähnlich formuliert der Kanonist Mörsdorf: "Die Hierarchie der Hirtengewalt beruht auf den beiden durch göttliche Anordnung gegebenen Grundpfeilern, dem Primat des Papstes, der als Nachfolger des hl. Petrus die oberste Hirtengewalt über die ganze Kirche und alle Teilgemeinschaften hat (c. 218), sowie dem Episkopat, der eine kraft göttlichen Rechtes eigenberechtigte Oberhirtengewalt über einen kirchlichen Teilbereich (Diözese) besitzt, in deren Ausübung er aber von der päpstlichen Vollgewalt abhängig ist" 49), denn Kanon 332 §1 bestimmt: "Bischof eines Bistums kann jemand nur dadurch werden, daß er auf kanonischem Wege als dessen Bischof eingesetzt wird. Diese Einsetzung auf kanonischem Wege kann nur durch den Papst geschehen." 50) Mörsdorf präzisiert weiter: "Der Episkopat ist in beiden Säulen der kirchlichen Hierarchie beheimatet. In der (...) Ämterhierarchie [bildet er] die unter dem obersten Hirtenamt stehende zweite Stufe göttlichen Rechtes. Demnach gliedert sich die Bischofsgewalt in die durch die Bischofsweihe verliehene Weihevollmacht und in die auf der Übertragung des Bischofsamtes beruhende Oberhirtengewalt über das anvertraute Bistum. Die Weihevollgewalt ist unverlierbar, dagegen kann die Oberhirtengewalt entzogen oder in ihrer Ausübung behindert werden." 51)

Versucht man, diese Bestimmungen vereinfacht darzustellen, könnte man vielleicht sagen: die durch die Bischofsweihe verliehe Jurisdiktion kann erst real ausgeübt werden, wenn der Papst dem jeweiligen Bischof ein bestimmtes Bistum zuteilt. Auf die Bischöfe des Widerstandes angewandt könnte das heißen: durch das Fehlen des päpstlichen Mandats - konkret: durch das Fehlen eines bestimmten Bistums - sind sie in der Rechtsausübung in jedem Fall behindert.

Unbestritten dürfte sein, daß sie ihre (sakramentalen) Vollmachten im Bereich der Seelsorge ausüben dürfen, ebenso die erforderlichen Aktivitäten, die sich auf die Salvierung und Restituierung der Kirche beziehen, des weiteren auf die von ihnen geführten Institute (Seminare), für die sie nicht nur pastorale Verpflichtungen übernehmen, sondern auch rechtlich relevante, ohne jedoch Vollmachten zu beanspruchen, die eo ipso einem Papst vorbehalten sind und nur von diesem ausgeübt werden dürfen (z.B. die Verkündung eines theologischen Lehrsatzes als verbindliches Dogma, die Leitungsfunktion über die Kirche, die nur dem hl. Petrus, und nicht den anderen Aposteln übertragen wurde)... d.h. insgesamt Verpflichtungen, die vornehmlich das Heil der Seelen zum Ziel haben.

Strittig ist, welche Rechtsvollmachten sie für den Widerstand und zur Erhaltung der apostli-schen Sukzession haben.

Mgr. Vezelis / USA und Mgr. McKenna beanspruchen die normale Jurisdiktionsgewalt eines residierenden Bischofs, da sie die Auffassung vertreten, daß die Jurisdiktionsgewalt als solche nicht auf einem päpstlichen Mandat, sondern durch die Konsekration mitverliehen wird. 52) Beide vergessen, daß ihnen aber kein bestimmter Hoheitsbereich zugeteilt wurde.

Mgr. Carmona / Mexiko verglich seine Position mit der eines Missionsbischofs, der erst ein bestimmtes Gebiet zu einem residierbaren Distrikt (Diözese) im Sinne des Kirchenrechtes vorbereiten würde, d.h. er ist mit provisorischen Rechtsvollmachten (unmittelbar auf sein Handeln bezogen) ausgestattet.

Mgr. Guerard des Lauriers führte die Unterscheidung von "missio" und "sessio" ein und siedelte seine Vollmachten im Bereich der "missio", d.h. der Aussendung, der Evangelisierung, der Seelsorge - und den damit verbunden notwendigen Handlungen - an und schloß rechtliche Vollmachten aus, indem er "missio" und "sessio" (Amtssitz, bischöflichen Stuhl verbunden mit Jurisdiktion) strikt trennte. 53) Dieser Konstruktion liegt m.E. der Fehler zugrunde, daß beide nur impossibile in dieser Form zu trennen sind, daß sie aber real immer zusammengehören: die Missio hängt in dem Sinne von der Sessio ab, daß die Ausübung auch der Missio nur dann legitim geschieht, wenn sie sich als auf die Sessio bezieht, d.h. wenn sie sich als von der Kirche dazu beauftragt sieht - nur ist dann genau zu bestimmen, wo unter den gegebenen Umständen die Sessio, der Auftraggeber Kirche ist. 54) Denn ein missionarisches Handeln ohne Rückbindung an die Kirche als Heilsinstitution - in deren Auftrag dieses Handeln geschieht, würde im Sektierertum enden. D.h. es sind immer auch rechtsrelevante Akte im Sinne des Kirchenrechtes bei der Missio im Spiel, und die gespendeten Sakramente - ich nenne hier einmal die Priesterweihe - haben für den Spender immer auch Rechtsfolgen. 55)

Auch wenn m.E. die Bischöfe (im Widerstand) auf Grund des fehlenden päpstlichen Mandats keine Jurisdiktion im normalen Sinne beanspruchen können, d.h. u.a. auch ohne Zuteilung eines bestimmten Kompetenzbereiches (Bischofsstuhls) konsekriert wurden - Mgr. Vezelis müßte sich fragen, wo denn seine Jurisdiktion endet, ob sie nur regional oder weltweit gilt, ob die Kompetenz-erstreckung durch eine einfache Absprache geregelt werden kann, die zur geregelten Seelsorge nötig war - , so hat dennoch ihr Handeln rechtsrelevanten Charakter und zeitigt Rechtsfolgen. Grundsätzlich würde ich jedoch Mgr. Guerard des Lauriers zustimmen, wenn er fordert, Akte, die die normale bischöfliche Kompetenz überschreiten, durch eine spätere, restituierte Hierarchie salvieren bzw. bestätigen zu lassen, da sie - wie Mgr. Carmona meinte - in einem gewissen Sinn provisorischen Charakter haben.

Um diesen Zustand zu beenden, kann ich nur wiederholen, was ich schon früher geschrieben habe: "Eine rechtmäßig installierte jurisdiktionelle Hierarchie ist aber die Voraussetzung für das Funktionieren der Kirche als Heilsinstitution; denn nur sie kann die Kirche repräsentieren und leiten. Ohne Wiederherstellung des Jurisdiktionsprimates ist also eine Restitution der Kirche undenkbar". 56)

IST BISCHOF SCHNEIDER
EIN REUNIERTER UND GÜLTIG GEWEIHTER BISCHOF?


Was nun den Fall von Bischof DDr. Lopez-Gaston betrifft, der als verheirateter Mann von Mgr. Carmona mit der Bedingung zum Priester geweiht worden war, seine Ehe ruhen zu lassen, und von Mgr. de Mamistra/Frankreich (ebenfalls verheiratet) 57) zum Bischof konsekriert wurde, um dann an dem von Frau Gerstner einberufenen Konklave teilzunehmen, für das er von der Moderatorin als "papabile" gehandelt wurde (aus dem aber dann Linus II. - oder der Unsichtbare - hervorging) 58), so hat dieser sicherlich nicht die Vollmacht, einen sektiererischen Vaganten-Bischof zu reunieren - wie das bereits am Fall Schmitz gezeigt wurde. 59) (Ich verweise hier wiederum auf die Studie von H.H. Felix Jeker in diesem Heft.) Wenn aber überhaupt eine Aufnahme erfolgt sein sollte - per impossibilem gesprochen -, dann doch wohl nur in die von Bischof Lopez-Gaston mitkonstituierte Linus-'Kirche', von der man inzwischen nichts mehr hört. (Die Parallelen zur Aufnahme Schmitz' durch Mgr. Lefebvre sind unübersehbar.) Aber auch von solchen 'Skrupeln' einmal abgesehen, bliebe immer noch die Frage, ob Schneider, der beansprucht Bischof zu sein, tatsächlich die normale Jurisdiktionsgewalt besitzt. Und das muß - wie bereits gezeigt wurde - verneint werden, wiewohl es selbstverständlich einem Kleriker unbelassen ist, sich einem Bischof zu unterstellen.

Auch H.H. Schneider F.F.E., der aus der Alt-römisch-kath.Kirche kommt - er wurde von Düngen zum Priester und von Smekal zum Bischof geweiht -, muß sich fragen lassen, ob er überhaupt gültig geweihter Bischof ist. Wie eine Untersuchung seiner Sukzession, die ebenfalls durch Herrn Jerrentrup erfolgte, zeigt, muß dies verneint werden. 60) Somit hätte die Unterstellung des Laien Lingen unter die 'Jurisdiktion' des Laien Schneider - kanonisch betrachtet - keine Relevanz.

"KYRIE ELEISON": PROPAGANDA-ORGAN FÜR HERRN LINGEN

Wir finden die Spur, die Lingen durch die Schwachstellen des angeblichen Widerstandes gelegt hat wieder in KYRIE ELEISON vom Oktober 1996, wo er von der Redaktion als "H.H. Pater Lingen" den ahnungslosen Gläubigen für "seelsorgerische Aufgaben" empfohlen wird.

Wenn es noch eines Beweises bedurft hätte, um den Beginn der Versumpfung im Sektierertum zu belegen, so ist die Empfehlung von Herrn Lingen als "seelsorgerische" Anlaufstelle in KYRIE ELEISON, das von Herrn Böker redigiert wird, das berühmte Tüpfelchen auf dem "i". Nicht, daß ich dem Redakteur bewußtes Sektiertum unterstelle, nein! Aber ich kann mich des Eindrucks nicht erwehren, daß auch er nach der Devise "Hauptsache gültig" sich über sonstige Einwände - d.h. konkret: Außerachtlassung des kirchlichen Status eines Klerikers 61) - hinwegsetzt, um dann auf jeden Soutanenträger der schillernsten Provenienz hereinzufallen, ohne sich zu vergewissern, ob sich darin zumindest ein gültig geweihter Priester verbirgt - nach dem Prädikat "katholisch" zu fragen, würde vielleicht schon als Zumutung empfunden... 62), um dann gerade das nicht zu erhalten, was er unberechtigterweise fordert, nämlich (nur) gültige Sakramente.

SCHLUSS

Man muß sich vorstellen:

–wir kämpfen knapp dreißig Jahr für die Erhaltung des wahren Glaubens und um den Wiederaufbau der Kirche, nachdem der überwiegende Teil von ihr im Gefolge von Vaticanum II durch den Verrat der Hierarchie abgefallen ist, um dann schließlich durch immanente, d.h. selbstverschuldete Fehleinstellungen im Sektierertum zu landen;
–wir haben nicht die neuen Riten auf ihre theologischen Schwachstellen abgeklopft, um schließlich selbst ungültige Sakramente zu empfangen;
–wir haben nicht die Ungültigkeit des sog. N.O.M. Pauls VI. nachgewiesen, um endlich der (alten) Messe beizuwohnen, die von einem Laien gelesen wird;
–wir haben uns nicht den 'Luxus' geleistet, uns von den Econern theologisch und kirchlich abzusetzen, um dann in der sog. Alt-römisch-katholischen Kirche zu landen.
–Und was macht es für einen Sinn, Herr Böker, sich selbst ein Imprimatur auszustellen, wenn man Propaganda für Sektierer macht?

Dafür haben zumindest wir uns nicht geschunden. Selbst-Reinigung ist angesagt!


 
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