VERSINKT DER KATHOLISCHE WIDERSTAND
IM SEKTIERERTUM?
von
Eberhard Heller
EINLEITUNG
Gewisse, ineinandergreifende, miteinander verflochtene Vorkommnisse der
letzten Zeit haben gezeigt, daß das so selbstsichere Herumpaddeln im
angeblich so klaren Quellwasser des wahren Glaubens in Wirklichkeit mit
dem berühmten "Fischen im trüben" verglichen werden muß.
Um was geht es? Um die Durchdringung unseres Widerstandes durch ein
latentes Sektierertum, das seine Hauptursachen nicht in der
Infiltration durch gewisse Vagantenkleriker, die sich
betrügerischerweise bei uns eingeschlichen haben - die gibt es auch -,
sondern in den Fehleinstellungen vieler Gläubige hat, die nicht willens
sind, die kirchliche Situation mit dem nötigen Ernst so zu sehen, wie
sie in Wirklichkeit ist, die die Notsituation, in der wir uns in der
Tat befinden, als Vorwand benutzen, um ihrem Heilsegoismus, ihrem
eingeschränkten, ja falschem Kirchenverständnis und ihrem
Triumphalismus, der an Arroganz teilweise kaum noch zu überbieten ist,
zu frönen.
Wenn wir deshalb unser vorgebliches Engagement für die Bewahrung des
christlichen Glaubens und unser religiöses Leben ernst nehmen, d.h.
unsere Überzeugung nicht auf geistiger Erstarrung basiert, dann müssen
wir - so schmerzlich das auch für viele von uns sein wird - unseren
Finger auf eine Wunde legen, die schon lange in unseren Kreisen
schwelt, die anfangs nur schwer auszumachen war wie Krebsgewebe,
welches sich langsam im Körper ausbreitet, um dann plötzlich mit aller
Schrecklichkeit auszubrechen. Ich selbst muß gestehen, daß ich über das
Ausmaß dieses Krebsschadens, dieser immanenten Sektiererei und ihrer
unkontrollierten und weitgehend unbeachteten Ausbreitung, auf die ich
auch schon früher sehr massiv hingewiesen hatte 1), selbst überrascht
war, nachdem ich mich aufgrund bestimmter Vorgänge neuerdings damit
beschäftigen mußte. Eine dringende Durchforstung dessen, was sich in
den Meßzentren abspielt, muß dringend durchgeführt werden.
Überprüft werden müssen auch die, die auf der einen Seite die
Akteure rufen oder für sie Propaganda machen 2) und auf der anderen
die, welche ungültige Sakramente spenden oder blasphemische Spektakel
dort aufführen. Ohne schmerzhafte Selbstkontrolle, d.h. ohne
Überprüfung gewisser bequemer Vorurteile, die die Ursache dieser
Skandale bilden, setzen wir unser Heil auf's Spiel. Unser angeblicher,
vorgeblicher oder wirklicher Einsatz für den wahren Glauben würde dann
zur absoluten Groteske. Man stelle sich vor: auf der einen Seite
liefern wir den theologischen Beweis für die Ungültigkeit der neuen
Weiheriten, um dann einer (alten!) 'Messe' beizuwohnen, die von einem
Sektierer zelebriert wird, der Laie ist.
Geistige und pastorale Säuberung ist angesagt, die gründlich und
nachhaltig wirken müßte. Vielen werden die nachfolgenden Ausführungen
sicherlich unangenehm, ja penetrant erscheinen oder auch Kopfschmerzen
bereiten. Aber es hat keinen Zweck, die Augen zu verschließen vor den
Problemen, die sich im eigenen Haus wie ekelerregende Dreckhaufen
angesammelt haben und alles zu verschmutzen drohen. Ich zähle es
weiterhin zu meinen Aufgabe als Redakteur, dem Parteiegoismus fremd
ist, Hand mit anzulegen, solche Ansammlungen zu beseitigen. Ob dieser
geistige Krebsschaden jedoch in den Köpfen der Gläubigen 'heilbar' ist,
kann ich nur hoffen... um des Heiles willen für uns alle... 3)
1. 'PRIESTERWEIHE' VON HERRN LINGEN
Was ist geschehen? Hier zunächst die Ereignisse, wie sie mir von den
Betroffenen größtenteils selbst mitgeteilt wurden. Am 2. März dieses
Jahres weihte Bischof Schmitz / Villingen, Titularbischof von
Constantia, der eine Zeit lang der von Thiesen gegründeten
Alt-römisch-katholischen Kirche, dann der Old Roman Catholic Church in
England angehörte, um sich schließlich 1978 für drei Jahre der
Jurisdiktion von Mgr. Lefebvre zu unterstellen, Herrn Rolf Hermann
Lingen zum Priester. Lingen hatte nach eigener Aussage während seines
Studiums in den modernistisch-theologischen Insituten der Universitäten
von Bochum und Köln die Irrtümer der Konzils-'Kirche' kennengelernt,
hatte sein Studium der kath. Theologie in Chur unter dem konservativen
Reformer-'Bischof' Haas fortgesetzt und abgeschlossen, um sich
zeitweise als Alumne des von Bischof Dr. Storck gegründeten Seminars
"Hl. Blut" zu betrachten. 4) Lingens Priesterweihe kam auf Bitten des
damaligen Leiters des Seminars, Hw. Herrn James Baird, zustande 5),
welcher nach dem Tod von Storck durch ein Komplott - eingefädelt durch
Abbé Cloquell - von Bischof Oravec als Regens eingesetzt worden war
(gegen den Willen seiner Konfratres). Bald nach seiner Weihe - von
niederen Weihen oder den Weihen zum Subdiakon bzw. Diakon liegen keine
Angaben vor - hat sich Lingen wieder von seinem Ordinator Schmitz
getrennt, um sich der "Jurisdiktion" von Bischof Bartholomäus Schneider
F.F.E./ Bonn zu unterstellen, der nach Auskunft von Herrn Lingen durch
Bischof DDr. Lopez-Gaston wieder in die kath. Kirche aufgenommen worden
sein soll, jenem Bischof, der von Frau Gerstner als "papabile"
gehandelt wurde und zu den Wählern von Linus II. zählte und somit
dessen 'Kirche' angehört. 6) Lingen, der - ohne Ordensmann zu
sein - sich den Titel "P." (d.i. Pater) zugelegt hat, betrachtet sich
als "röm.-kath. Priester" (so immer in seinem Briefkopf), d.h. als
Kleriker des katholischen Widerstandes bzw. der wahren Kirche, der von
den Gläubigen Meßstipendien annimmt und im Oktober-Dezember-Heft 1996
von KYRIE ELEISON (Redakteur: Herr Manfred Böker) als Anlaufstelle "für
seelsorgliche Dienste nach Terminvereinbarung" empfohlen wird.
2. DIE PROBLEMATIK DIESER 'WEIHE'
Diese scheinbar so ganz normalen Geschehnisse - Priesterweihe durch
Bischof Schmitz / Villingen, Unterstellung unter die Jurisdiktion von
Bischof Schneider, Ankündigung der Bereitschaft zur Übernahme
seelsorglicher Aufgaben in der Zeitschrift KYRIE ELEISON - , die als
Ereignisse des kath. Widerstandes gehandelt werden, bergen bei näherem
Hinsehen eine Reihe von immensen Problemen in sich, die ich in der
Einleitung als Krebsschaden unseres Kirchenkampfes apostrophiert habe.
Warum? Zum einen bedarf der kirchliche Status von Schmitz einer
Klärung, außerdem bestehen Zweifel an der Gültigkeit seiner eigenen
Weihen, zum anderen ist die Inanspruchnahme der Jurisdiktionsgewalt
eines vagierenden Bischofs, die sich nicht kirchlich legitimieren läßt,
ein wei-teres Problem, über welches aufgeklärt werden muß. Schließlich
offenbart die Ankündigung von Lingen als pastorale Anlaufstelle in
einer Widerstandszeitung wie KYRIE ELEISON, die zwar in ihrem
selbsterteilten IMPRIMATUR versichert, daß "Kyrie eleison [...]
nichts gegen den katholischen Glauben enthält" 7), einen höchst
leichtfertigen Umgang mit der Frage nach der Erlaubtheit und der
Gültigkeit bei der Sakramentenspendung.
All die angesprochenen Probleme, die in der Tat teilweise zu den
unbewältigten oder blauäugig ignorierten in unserem Widerstand gehören,
tangieren die Lingenschen Vorfälle, die sich gleichsam wie ein roter
Faden durch das 'Unterholz' des katholischen Widerstandes ziehen.
Lingen wird somit ein Fall, der alle kirchlichen, rechtlichen und
dogmatischen Schwachstellen bloßlegt, an denen sich aber zugleich
zeigen läßt, welche Positionen bezogen werden müssen, damit wirklicher
und effektiver Widerstand entstehen und geleistet werden könnte. Und
Lingen wird darüber hinaus zum Testfall, ob überhaupt noch Interesse an
der Lösung unserer Krise besteht. 8) Falls nicht, dürfen wir uns nicht
wundern, wenn unser gesamter Aktivismus für den angeblich wahren
Glauben im Sektierertum versickert.
In den nachfolgenden Ausführungen möchte ich sowohl die angespochenen
Probleme klären, zum anderen aber auch einige Ausführungen machen, wie
die betreffenden Schwierigkeiten gelöst werden könnten.
3. ERKLÄRUNG
Ich erkläre ausdrücklich, daß es mir dabei nicht um persönliche Kritik
der Betroffenen geht - mir sind weder Herr Schmitz noch Herr Lingen
noch Herr Schneider persönlich bekannt -, sondern nur darum, wie unter
Berücksichtigung der kirchlichen Rechtsbestimmungen die oben
aufgelisteten Vorgänge zu bewerten sind und um die Klärung, welchen
kirchlichen Status die Akteure haben, ob sie in der Tat den angegebenen
Weihegrad (Priester, Bischof) besitzen. Zum anderen sind die Autoren
der Ansicht, daß die vorgelegten Resultate - besonders hinsichtlich der
Bewertung der Weihegültigkeit - unter dem Vorbehalt einer autoritativen
und endgültigen Entscheidung der Kirche (sobald diese wieder als
Heilsinstitution restituiert ist) zu sehen sind, auch wenn die Autoren
aufgrund langwieriger Recherchen von dem Wahrheitsgehalt ihrer Analysen
überzeugt sind.
4. IMMANENTE FEHLEINSTELLUNGEN BEI DEN SOG. TRADITIONALISTEN
Zunächst aber noch einige Bemerkungen zur Genesis gewisser
Fehlpositionen und zur Mentalität einer bestimmten Gruppe von
Traditionalisten. Natürlich müssen diese auf dem Hintergrund des
weitgehend autoritätslosen Zustandes plaziert werden, in dem sich der
Widerstand befindet. Der latente Priestermangel hat zu den seltsamsten
Übungen bei der Beschaffung von Ersatz-Seelsorgern geführt, zumal die
angeblich rechtgläubigen Priester hinsichtlich der eigenen Orthopraxie
häufig recht zögerlich waren. Ich habe schon vermehrt den verfehlten
Heilsegoismus angesprochen, der die Kirche nur als
Versorgungseinrichtung betrachtet, aus dem man sich wie aus einem
Supermarkt das herausholt, was man angeblich für sein Seelenheil
braucht, z.B. die "alte Messe" 9). Der Heilsegoismus, dem diese
Leute frönen, hat nur ein sehr naheliegendes Ziel: wie komme ich in den
Himmel. Die Spielart dieses metaphysischen Egoismus verkennt, daß die
Kirche von Christus als Heilsinstitution gegründet wurde, um die
gefallene Menschheit insgesamt zu erlösen. Man lädt also Kleriker
dubiosester Provenienz ein, ohne deren kirchlichen Status zu klären
nach der Devise "Hauptsache gültig". Und mit ihr verzichtet man eo ipso
auf die Legitimierung der eingeladenen Kleriker als
römisch-katholischer Priester der wahren Kirche... und das ist so
gewollt! Mit der Devise "Hauptsache gültig" (in der Diktion der
Heilsegoisten: "Hauptsache ich bekomme sie") verzichtet man auf die
wahre Kirchlichkeit... und schon hat man einen gewaltigen Sprung ins
Sektierertum getan. Ich denke da an die Meßzentren von Heilbronn und
Karlsruhe, die solch sektiererische Kleriker - u.a. Herrn Schöbel -
schon lange als angebliche Seelsorger wirken ließen und immer noch
lassen. Meistens reicht's, wenn sie nur schwarz gewandet sind.
Um diesen Verzicht auf die wahre Kirchlichkeit an einem Beispiel zu
illustrieren: man kann nicht in ein Kaufhaus gehen und dort einfach
Waren 'mitgehen lassen', ohne auf die Rechtsverhältnisse an ihnen zu
schauen. Dann wird man schlicht zum Dieb. Genauso verhält es sich mit
den Sakramenten, die unter Verzicht auf die wahre Kirchlichkeit bei
irgendwelchen Sektierern empfangen werden. Auch sie sind 'geklaut'!
Denn Christus hat die Sakramentenspendung erlaubterweise nur der von
Ihm gegründeten Kirche anvertraut, und nicht Personen, die sich von ihr
getrennt haben. 10) Und da die wenigsten, die nach der Devise
"Hauptsache gültig" handeln und mit schismatischen bzw.
sektiererischen, vagierenden Klerikern - auch mit Anführungszeichen zu
lesen - zusammenarbeiten, in der Lage sind zu überprüfen, ob ein
solcher Vagans tatsächlich gültig geweiht ist - was gelinde gesagt, in
den wenigsten Fällen zutrifft -, verkehrt sich diese Devise in ihr
Gegenteil bzw. hat einen gegenteiligen Effekt: die empfangenen
Sakramente sind nicht nur 'geklaut', sondern auch ungültig. 11)
Weil viele nicht mehr wahrhaben wollen, daß es nicht (nur) um die
Tradition des Ritus, sondern primär um die Bewahrung der Kirche als
Heilsinstitution mit dem gesamten ihr anvertrauten Depositum gehen muß,
aus dem man nicht nach Belieben bestimmte Partien herauslösen kann,
sich also auch nicht (nur) auf die Spendung der Sakramente beschränken
darf - man muß immer die Sanierung der Gesamtkirche im Auge haben, auch
wenn sich diese uns heute als Torso darbietet -, ist weitgehend diese
immanente sektiererische Fehleinstellung daran schuld, wenn heute in
verschiedenen Zentren der Zutritt Sektierern gestattet ist (St.
Antonius in Stuttgart, Karlsruhe, Heilbronn, St. Theresia in Ulm). Denn
man kann nicht sagen, die Sektierer und Vaganten hätten sich uns
aufgedrängt - auch wenn es verschiedene von ihnen wie z.B. Herr Anton
Pohl versucht haben -, gerufen wurden sie von den Heilsegoisten unter
uns. Aus einem verengten bzw. direkt falschem Kirchenverständnis wird
nicht mehr nach der Rechtmäßigkeit und der Erlaubtheit bestimmter
Handlungen gefragt.
Ein weiterer Punkt, der das Abgleiten ins sektiererische oder
schismatische "Aus" bedeuten kann, ist die unberechtigte Berufung auf
den "Notstand". Natürlich leben wir in einer Notstandssituation, das
kann wahrlich niemand leugnen. Aber auch in ihm gelten Regeln und
(Rechts)Vorschriften, die es einzuhalten gilt. Unsere Situation ist
nicht "rechtsfrei". Selbstverständlich gelten die Vorschriften des CIC
auch weiterhin, und nur da, wo menschliches gegen göttliches Recht
stößt, hat das göttliche den Vorrang! Es geht also nicht an, sich
Vollmachten anzumaßen, die man z.B. als einfacher Kleriker nicht hat -
eine solche Anmaßung offenbart eo ipso eine latent schismatische
Haltung. Eine ganze Reihe von Traditionalisten sehen diesen Notstand
als willkommene Gelegenheit, endlich einmal eigene Vorstellungen zu
entwickeln und sie in der Praxis umzusetzen, die allerdings mit der
Lehre und den Vorschriften der Kirche nicht vereinbar sind. 12) Es geht
z.B. nicht an, Willkürlichkeiten oder Eigenwilligkeiten in die Liturgie
einfließen zu lassen, bewußte Verstöße gegen die kirchenrechtlichen
Vorschriften billigend in Kauf zu nehmen oder sich Rechte und
Vollmachten anzumaßen, die man nicht hat, um sie dann als
"Notstandsmaßnahmen" zu deklarieren. Apropos wirkliche und angemaßten
Vollmachte: man kann zwar im Auftrag eines anderen z.B. dessen Haus
verkaufen - dann ist man bevollmächtigt -, aber man hat keine
Vollmachten, ein Haus zu verkaufen, wenn man nicht Eigentümer dieses
Haus ist.
Eine weitere Fehleinstellung, die man vornehmlich bei Klerikern
antreffen kann, besteht in einem gewissen 'Kasten'- oder Corpsdenken.
Dieser ist nicht primär die Zugehörigkeit zur Kirche wichtig, sondern
die zur 'Kaste' (der Priester). Man ist in gewisser Weise unter sich,
unter Standesgenossen, mögen diese nun 'echte' sein oder nicht. In
Abwandlung zu dem Slogan "Hauptsache gültig" könnte man dieses
Kastendenken unter dem Schlagwort "Hauptsache schwarz" subsumieren.
Eine solche Einstellung führt in der Konsequenz zu einer unstatthaften
Toleranz gegenüber Personen, deren kirchlicher Status ungeklärt ist.
Die Vertreter dieser Richtung operieren häufig mit einem höchst
diffusen und wohl kaum ganz durchreflektierten Kirchenbegriff... oder
beschränken sich darauf, Ähnlichkeiten in der 'Uniform' (als
signifikantes Merkmal der 'Kaste') festzustellen. Dieses 'Kastendenken'
verhinderte oder beeinträchtigte schon in der Vergangenheit eine klare
Abgrenzung gegenüber sektiererischen oder häretischen Gruppierungen. 13)
Ich möchte die Einleitung mit diesen Anmerkungen über mögliche
Fehlhaltungen, die einen latenten Hang zum immanenten Sektierertum bei
den Traditionalisten bloßlegen, hier abschließen. Sie sollen dazu
beitragen, ein bestimmtes Problembewußtsein zu erzeugen bzw. Sie,
verehrte Leser, für die nachfolgenden Ausführungen zu sensibilisieren.
UNTERSUCHUNG DER DURCH BISCHOF SCHMITZ
GESPENDETEN PRIESTERWEIHE
I. IST SCHMITZ MITGLIED DER KATH. KIRCHE?
Wie ist nun Lingens Priesterweihe durch Bischof Schmitz zu bewerten,
die eingangs angeführt wurde? Bischof Schmitz (nach eigenem Bekunden:
Titularbischof von Constantia) ist Mitglied der
Alt-römisch-katholischen Kirche (gewesen), die sich in ihrer Sukzession
auf das Utrechter Schisma von 1723 beruft, konkret aber auf der
Gründung durch Thiesen aus dem Jahre 1949 basiert. Sieht man einmal von
dem Problem des Sektierertums ab, ist diese Ausbildung zumindest als
schismatisch zu betrachten, was ja auch von Schmitz bestätigt wird. Als
Mitglied der Alt-römisch-katholischen Kirche - nach der Trennung von
Thiesen - genauer: der Old Roman Catholic Church in England 14) -
hatte Schmitz eifrigen Kontakt sowohl zu Vertretern der Reform-'Kirche'
aus Freiburg 15) als auch mit Mitgliedern der Traditionalisten. So
hatte er nicht nur Kontakt u.a. zu Pfr. Leutenegger, Hw. H.Dr. Katzer,
Herrn Eisele, Hw.H. Dr. Storck, sondern auch zu Abbé Schmidberger und
Mgr. Lefebvre, die ihn nach zweijähriger Bekanntschaft 1978
"abschwören" ließen und ihn in ihre angebliche Jurisdiktion
eingliederten 16) mit der Auflage, seine bischöflichen Vollmachten
vorerst nicht auszuüben, ihn aber in Reutlingen als Seelsorger
einsetzten. Von daher kursiert die Meinung, Schmitz sei in die
röm.-kath. Kirche aufgenommen worden. Und diese Meinung hält sich bis
heute hartnäckig. 17)
Man muß es ganz klar sagen: es geht hier um das Problem der wahren
Kirchlichkeit. Ist Schmitz durch die Abjuratio (Abschwörung) vor
Lefebvre Mitglied der wahren Kirche geworden oder nicht? Und kann er
erlaubterweise Weihen spenden? Über die Bedeutung dieses Aktes gehen
die Meinungen auseinander. So behauptete z.B. der inzwischen
verstorbene Bischof Dr. Storck in einer am 1.7.84 gehaltenen Predigt,
in der er auf die von mir gemachten Vorwürfe bezüglich der Erlaubtheit
seiner Konsekration durch Mgr. Guérard des Lauriers eingeht 18),
folgendes: "Bischof Schmitz, den ich 1977 in Weissbad kennenlernte, ist
ein echter Konvertit; er hat eine echte Konversion zur katholischen
Kirche vollzogen. Er hat sich also mit der Kirche versöhnt, und zwar
ist diese Versöhnung durch Msgr. Lefébvre vollzogen worden." 19)
Dieser Version, die so oder in ähnlicher Form auch von anderen
verbreitet wurde, muß entschieden widersprochen werden, und zwar aus
mehreren Gründen.
Als wir von dieser Abjuratio erfuhren, baten wir H.H. Jeker aus der
Schweiz, der in Rom gerade seine Doktorarbeit über ein
kirchenrechtliches Thema anfertigte, uns über die
Konversions-Bedingungen eines Schismatikers zu informieren. Seine
diesbezüglichen Ausführungen über "Die Bekehrung eines Schismatikers",
die bereits in EINSICHT Nr. 3, Okt. 1978, S. 102, erschienen waren und
die wir jetzt in diesem Heft wieder veröffentlichen, geben ganz klar
die Bedingungen an, unter denen ein schismatischer Bischof in die kath.
Kirche aufgenommen werden kann. Wie das Resultat der Studie zeigt, kann
die Aufnahme nur durch den Papst oder einen durch ihn bevollmächtigten
Bischof geschehen. Ein Bischof von sich aus ist gar nicht berechtigt,
einen schismatischen Bischof - als solcher wurde Schmitz von Lefebvre
angesehen - (wieder) in die Kirche aufzunehmen. D.h. unter der
Voraussetzung, daß Lefebvre Bischof der (wahren) katholischen Kirche
gewesen wäre, hätte er widerrechtlich gehandelt. Gehört aber Lefébvre
und die von ihm ausgelöste Ecône-Bewegung der (wahren) Kirche an? Diese
Frage muß man entschieden verneinen. Trotz allen Ungehorsams gegenüber
dem häretischen bzw. apostatischen Rom hat er immer wieder beteuert,
daß er die Position des Sedisvakantismus ablehnt und die Häretiker Paul
VI. und seine Nachfolger Johannes Paul I. und Johannes Paul II. als
legitime Päpste anerkennt, 20) d.h. er gehört der Konzils-'Kirche' als
konservativer Flügel an, auch wenn gelegentlich orthodoxe Positionen
beansprucht oder schismatische Akzente gesetzt werden, d.h.
Absetzbewegungen in Richtung Rechtgläubigkeit unternommen werden. 21)
Sieht man deshalb einmal von der Unerlaubtheit bzw.
Nicht-Bevollmächtigung ab und konzediert, eine Aufnahme habe
stattgefunden, dann würde das jedoch nur bedeuten, daß Schmitz in die
Konzils-'Kirche' aufgenommen wäre... und nicht, wie Bischof Storck
behauptet hat, in die wahre Kirche. Der Sachverhalt ist ganz einfach:
man kann nur jemanden in den Verband aufnehmen, dem man selbst
angehört. 22) Tatsächlich hat dann Schmitz in der Zeit, in der er mit
bzw. unter Econe und seinem Chef arbeitete, wie dieser zeitweise die
Messe "una cum Papa nostro Paulo VI." gelesen - soweit mir die
diesbezügliche Ankündigung in seinem Pfarrbrief von 1978 erinnerlich.
Damit dürfte auch zweifelsfrei klar, welcher Kirche bzw. 'Kirche'
Schmitz angehören wollte.
Wegen der Problematik mit seinem damaligen "Umfeld", die Schmitz aus
heutiger Sicht "vorprogrammiert" schien 23) schied er mit Schreiben vom
27.4.1981 aus Lefebvres "Jurisdiktion" aus und legte auch das ihm von
Lefebvre ausgestellte Celebret bei... ein Celebret, das dieser einem
von ihm als Bischof anerkannten Kleriker ausgestellt hatte!!!
Schmitz's kirchliche Einordnung ist unter den gegebenen Umständen
tatsächlich nicht leicht. Obwohl er mit der Konzils-'Kirche' über
Mitglieder des Freiburger Ordinariats guten Kontakt hält, ist er jedoch
nicht in diesen Verband eingetreten. Aus der Old Roman Catholic Church
in England war er 1978 ausgetreten, weil diese beschlossen hatte, den
tridentinischen Ritus, der bis dahin in usu war, dem inzwischen von der
röm. Amtskirche approbierten N.O.M. anzugleichen. Andererseits hat
Schmitz meines Wissens von sich aus auch keinen Kontakt mehr zu den
Bischöfen des Widerstandes aufgenommen. Schmitz gehört also weder der
Konzils-'Kirche' noch dem wahren Widerstand noch der
Alt-römisch-katholischen Kirche an, von der er sich schon bei seinem
Übertritt in die Old Roman Catholic Church in England getrennt hatte.
24)
Bischof Storcks Zuordnung von Schmitz zur wahren katholischen Kirche
ist auch deshalb so verwunderlich, da er diese Behauptung zu einem
Zeitpunkt (1984) machte, nachdem Schmitz Econe längst wieder verlassen
hatte. Nimmt man einmal an, Storck sei der Auffassung gewesen, Lefebvre
sei Mitglied der wahren Kirche und berechtigt gewesen, Schmitz in diese
aufzunehmen, so hätte gerade das Verlassen dieses Verbandes, dem Storck
damals (1978) selbst noch angehört hatte, jede Unklarheit beseitigen
müssen. (N.b. ich gehe auf Storcks Version von Schmitz's Zugehörigkeit
zur wahren Kirche deshalb so ausführlich ein, weil sie noch heute von
einem Teil der von ihm geweihten Priester vertreten wird und H.H. Baird
es war, der Schmitz um die Weihe von Lingen gebeten hatte. 25)
II. IST SCHMITZ GÜLTIG GEWEIHTER BISCHOF?
Im Fall von H.H. Schmitz handelt es sich aber nicht nur um einen
schismatischen (sektiererischen) Bischof, sondern - wie eine
Überprüfung seiner Sukzession durch Herrn Jerrentrup zeigt - man vgl.
die betreffende Abhandlung in diesem Heft - um einen Kleriker mit
"unterbrochener" (ab-gerissener) Sukzession. Ich bitte die Leser, die
von Herrn Jerrentrup erarbeitete Sukzessionsliste, die mit viele Mühe
und großer Sorgfalt erstellt wurde und die zeitraubende Recherchen
erforderte, vorurteilsfrei und aufmerksam zu studieren. Das Resultat
wurde H.H. Schmitz zur Kontrolle und Überarbeitung zugesandt. Seine
Ergänzungen und Korrekturen - soweit sie die theologischen Probleme
hinsichtlich der Sukzession betrafen - wurden eingearbeitet. 26)
Die Liste setzt da ein, wo die Sukzession nach Mattews Abspaltung von
den Altkatholiken im Jahre 1910 - von da ab gibt es die Vaganten mit
ihren sog. Kirchengründungen - zweifelhaft wird.
Nach diesen Ergebnissen, d.h. aus katholischer Sicht, und unter der
Voraussetzung, daß die gegebenen Informationen und Quellen fehlerfrei
sind, muß Bischof Schmitz wegen der Unterbrechung der Sukzession als
Laie angesehen werden, und mit ihm auch die von ihm 'geweihten'
Kandidaten, Herr Yoshiyuki Kawakatsu, ebenso Herr Lingen.
Ich muß gestehen, daß mich dieses Ergebnis selbst betroffen gemacht
hat. Und es ist für mich schlecht nachvollziehbar, daß Personen wie
z.B. Schmidberger oder Storck, die doch nicht nur für sich handeln
durften, sondern Verantwortung für ihre Gemeinschaft hätten tragen
sollen, der Genesis von Schmitz' Bischofsweihe nicht nachgegangen sind,
zumal Schmitz ausgesprochen auskunftswillig ist. Trotz aller möglichen
Behutsamkeit und Gründlichkeit, die die Behandlung eines solchen
Problems erfordert - ist doch das persönliche Schicksal von 'Bischof'
Schmitz davon betroffen, sehe ich schon die Rückzugsgefechte: Ja, aber
Bischof Schmitz wurde doch von Erzbischof Lefebvre, von Bischof Storck,
von Hw. Herrn Dr. Katzer, von Abbé Schmidberger als Bischof anerkannt,
Herr Schöner aus Karlsruhe arbeitet mit ihm zusammen, Hw. Herrn Baird
empfiehlt ihn als Weihbischof, ebenso H.H. Prof. Bravin 27), ganz
abgesehen von den Vertretern der Amts-'Kirche', die ihn auch als
Bischof anerkennen... wie will da eine Zeitschrift wie die EINSICHT nun
eine andere Bewertung vornehmen? Ich meine, die Frage ist minutiös
gelöst, wobei Herr Schmitz selbst mitgewirkt hat. Ich kann nur
empfehlen, sich mit den Fakten vertraut zu machen. Da hilft kein Pochen
auf angebliche Autoritäten, die sich sicherlich nur höchst
oberflächlich - oder gar nicht - mit der Sukzession von Schmitz
vertraut gemacht haben dürften. All diese Hinweiese geben keine
Antwort auf die Frage, ob ein protestantischer Pastor gültig die
(kath.) Bischofsweihe empfangen kann! Denn jeder, der Interesse gehabt
hätte, hätte erfahren können, daß es sich bei Schmitz's 'Weihbischof'
um den protestantischen Pastor Wiechert gehandelt hat, der von dem
Sektierer Stumpfl zum 'Bischof' geweiht wurde. Da bekanntermaßen die
Bischofsweihe eine gültige Priesterweihe voraussetzt 28), ist somit
Wiecherts Bischofsweihe ungültig, selbst wenn man einmal voraussetzt,
daß Stumpfl zumindest gültig geweihter Bischof gewesen wäre, was höchst
zweifelhaft ist. Wiechert konnte dementsprechend auch keine gültige
Priesterweihe an Schmitz spenden. Da Schmitz nur eine Bischofsweihe sub
conditione - und nicht die Priesterweihe - durch Paget King
erhielt (einmal angenommen, daß diese gültig gewesen sein sollte), so
konnte wiederum diese Konsekration die fehlende Priesterweihe nicht
ersetzen. Und da auch Abbé Schmidberger mit mir darin übereinstimmen
dürfte, daß ein Laie keinen Priester weihen kann, so sehe ich keine
Möglichkeit einer Korrektur: Herr Lingen ist, trotz der anderslautenden
Darstellung auf seinem Briefpapier, Laie geblieben.
ERLAUBTHEIT UND GÜLTIGKEIT
Mit der Beantwortung der Frage nach Schmitz's Kirchenzugehörigkeit und
nach der Gültigkeit seiner eigenen Weihe ist das uns hier
interessierende Problem erst teilweise gelöst. Übrig bleibt zu klären,
inwieweit ein außerhalb der Kirche stehender Kleriker z.B. ein Bischof
oder Priester der (schismatischen) der orthodoxen Kirche für uns tätig
werden, ob er u.U. für den katholischen Widerstand einen Priester
weihen darf, ob wir berechtigt sind, bei Schismatikern die Sakramente
zu empfangen. 29) Und damit ist das grundsätzliche Problem von
Gültigkeit und Erlaubtheit der Sakramentenspendung wieder
angesprochen, ebenso die Frage der Zugehörigkeit zur Kirche.
Was bedeutet nun die theologische Unterscheidung von Gültigkeit und
Erlaubtheit bei der Sakramentenspendung? Gültig spendet jemand ein
Sakrament, wenn er dazu die entsprechenden Voll-machten und die
Beauftragung (das Mandat) hat: Z.B. jemand kann die hl. Messe gültig
feiern, wenn er (gültig) zum Priester geweiht wurde - er hat dann die
entsprechenden Vollmachten. Erlaubterweise (rechtens) feiert er sie,
wenn er dazu durch die Kirche (Papst bzw. Bischof) beauftragt wurde.
30) (Diese konkrete Beauftragung, die ja in der heutigen Situation in
den allermeisten Fällen fortfällt, stellt in der Tat ein wichtiges
Problem dar, auf das wir noch eingehen müssen.)
Gültigkeit und Erlaubtheit fallen also nicht zusammen. 31) So kann z.B.
ein Priester, der die Kirche verlassen hat, dennoch gültig die Messe
lesen. Ein Schismatiker feiert sie deshalb gültig, weil die Weihe, die
er erhalten hat, ein unauslöschliches Merkmal einpflanzt, das ihm trotz
der Abspaltung erhalten bleibt. Aber er feiert sie unerlaubt,
unrechtmäßig, weil er dazu nicht mehr von der Kirche, deren Einheit er
verlassen hat, beauftragt ist. 32) Denn die rechtmäßige Beauftragung
zur Ausübung der übertragenen Vollmachten hat Christus nur seiner
Kirche eingeräumt, die nur eine sein kann: "Ich glaube an die eine ...
Kirche" heißt es im Glaubensbekenntnis. Dieser Artikel ist für unsere
Problematik entscheidend.
Um den Sachverhalt an einem profanen Beispiel zu illustrieren: Man kann
Geld rechtmäßig besitzen (als Lohn für geleistete Arbeit, durch
Schenkung), man kann es auch stehlen, d.h. sich unrechtmäßig aneignen.
Sowohl mit dem rechtmäßig erworbenen als auch dem 'geklauten' Geld kann
man sich ein Auto, Äpfel usw. kaufen. Die mit dem gestohlenen Geld
erstandenen Güter kann man sehr wohl besitzen, ohne jedoch rechtmäßiger
Eigentümer zu werden. Ähnlich verhält es sich mit der Nichtbeachtung
der Erlaubtheit (Rechtmäßigkeit): außer in extremis (d.h. im Sterben
oder in lebensbedrohlichen Situationen) 33) ist es uns als katholischen
Christen verboten, von Schismatikern etc. Sakramente zu empfangen.
Übergehe ich dieses Verbot, stehle ich mir gleichsam Gottes
Gnadenmittel, ich eigne sie mir unrechtmäßig an. Und dieses 'Stehlen'
der Gnadenmittel ist bezeichnend für die Haltung der apostrophierten
'Heilsegoisten'. Sie sündigen gegen die Einheit der Kirche... und
stellen sich im Extremfall außerhalb der Kirche.
In diese Rubrik von Unrechtmäßigkeit fallen somit auch all jene, die
sich Weihen von Sektierern haben spenden lassen. Es gibt keine
rechtsfreien Räume!
Wo stehen nun wir? Einmal davon ausgehend, daß wir versuchen trotz all
unserer Schwächen und Sündhaftigkeit, den Forderungen aus dem Glauben
zu entsprechen, haben wir uns nicht wegen des Übergehens des
päpstlichen Mandates bei den Bischofsweihen durch S.E. Mgr.
Ngo-dinh-Thuc selbst ins Schisma begeben? (Ich möchte mich hier nicht
auf die Vollmacht von Pius XI. berufen, die m.W. von seinen Nachfolgern
nicht widerrufen wurde und die S.E. Erzbischof Ngo-dinh-Thuc das Recht
einräumte, Bischofsweihen nach seinem Ermessen zu spenden. Sie stellt
einen Spezialfall dar.) Denn man kann einwenden, daß auch all jene, die
sich im Widerstand zu Bischöfen bzw. zu Priestern haben weihen lassen
oder solche Weihen gespendet haben - m.E. zu Recht, d.h. in diesem Fall
auch erlaubterweise -, diese ohne päpstliches Mandat empfangen bzw.
gespendet haben. 34) Wie läßt sich deren Handeln als wirklich
gerechtfertigt bzw. als erlaubt begründen - die Gültigkeit wurde nicht
einmal von der Konzils-'Kirche' bestritten, sondern nur von einigen
Ex-Ecônern?
Zunächst einmal muß festgehalten werden, daß wir Sedisvakanz haben. Ein
solcher Zustand würde, wenn er über einen längeren Zeitraum anhalten
würde - rein formal gesprochen - das Erteilen päpstlicher Mandate,
durch die z.B. eine Bischofsweihe unter normalen Umständen
erlaubterweise gespendet wird, unmöglich machen, womit die Kirche mit
der Zeit als Heilsinstitution aufhören würde zu existieren... weil die
Sukzession erlöschen würde. Es wäre der Kirche also unmöglich,
erlaubterweise das zu tun, was zu ihrem Fortbestand unabdingbar wäre,
nämlich die apostolische Sukzession zu bewahren, oder aber sie ließe
die Erteilung des päpstlichen Mandates außer acht, um eo ipso ins
Schisma zu fallen, d.h. sich von der Einheit der Kirche abzuspalten.
(N.b. es gibt sogar eine ganze Reihe von Sedisvakantisten, die eine
solche Position ernsthaft vertreten und den jetzigen Zustand der Kirche
für prinzipiell unsanierbar halten.) 35)
Wir haben im Zusammenhang mit der Rechtfertigung der durch S.E.
Erzbischof Ngo-dinh-Thuc gespendeten Bischofsweihen immer betont, daß
die Kirche eine Institution ist, die um des Heiles der Seelen willen
von Christus gegründet wurde und daß dieses Ziel, die Erfüllung dieser
Verpflichtung auch ein Handeln, welches unter normalen Verhältnissen
als unerlaubt und schismatisch qualifiziert werden müßte,
gerechtfertigt ist. 36) Aber nur in diesem Fall! Und Mgr. Guerard des
Lauriers hat ausdrücklich daraufhin gewiesen, daß diese Akte noch
nachträglich von einer restituierten Hierarchie auch formell als
rechtmäßig bestätigt werden müßte, m.E. zu Recht.
ZUGEHÖRIGKEIT ZUR KIRCHE
Die Sakramente, die Christus als Gnadenmittel eingesetzt hat, hat Er
zur Verwaltung seiner Kirche hinterlassen, damit die Gläubigen durch
ihren Empfang Anteil am göttlichen Leben erhalten. Durch sie baut sich
eine reale und lebendige Beziehung zu Gott auf. Es ist klar, daß diese
Gnadenmittel nur durch die Kirche und in ihr verwaltet werden dürfen
und daß nur Mitglieder dieser Kirche zu ihrem gültigen Empfang
(erlaubterweise) berechtigt sind. An welchen Kriterien erkennt man
heute in dieser allgemeinen Auflösung (von der n.b. auch wir, wie wir
gesehen haben, nicht verschont geblieben sind, da sich gezeigt hat, daß
der Ruf nach einer gültigen Messe allein nicht ausreicht, um ein
kirchliches Fundament zu legen), ob jemand zur (wahren) Kirche gehört
oder nicht?
Ich kann diese Frage hier nur stichwortartig beantworten und sage: das
lebendige Bekenntnis des ungeschmälerten katholischen Glaubens, den uns
die Kirche (früher) vermittelt hat. Diese scheinbar so naive Antwort
verliert sehr bald ihr rein theoretisches Gesicht, wenn man nur daran
denkt, daß im Bekenntnis des ungeschmälerten katholischen Glaubens auch
die Kriterien zur Unterscheidung der Geister und der Appell zur
Applikation auf die reale Wirklichkeit enthalten sind. Und damit ist
zugleich eine Stellungnahme der konkreten kirchlichen Situation
gegenüber impliziert - mit dem Resultat, daß sich dem Rechtgläubigen
nicht nur bestimmte Aufgaben hin-sichtlich des eigenen Seelenheils,
sondern auch hinsichtlich des gesichteten, verwüsteten Zustandes der
Kirche ergeben, und damit verbunden in interpersonaler Hinsicht die
Pflicht, über diese Tatsächlichkeiten die (noch) unwissenden Gläubigen
aufzuklären. Denn die Kirche - und man muß das gegen all die betonen,
die im stillen Kämmerlein sitzen und frommen Übungen nur für sich
nachgehen und vergessen, daß die Kirche die Gemeinschaft der Gläubigen
umfaßt, die darüber hinaus nicht wahr haben wollen, daß die Kirche eine
Heilsinstitution ist und nicht nur eine Gesinnungsgemeinschaft - ist
ein Sozialgebilde. Die lebendige Rechtgläubigkeit verlangt also das
Beziehen praktischer Positionen.
Das Sehen der konkreten Situation verlangt ferner das Abgrenzen
gegenüber dem abgefallenen Verband, der wie deren Hierarchie diesen
Glauben insgesamt oder Teile von ihm in Frage stellt bzw. ihn leugnet
oder verfälscht, und dem Ausgrenzen der häretischen Positionen. 37) Für
die Beurteilung und die erforderlichen Aktivitäten bildet m.E. die
DECLARATIO von S.E. Erzbischof Ngo-dinh-Thuc vom 25. Februar 1982
(öffentlich verkündet am Sonntag Laetare, dem 21. März 1982 in St.
Michael / Baaderstr. in München), die er als Bischof der röm.-kath.
Kirche abgegeben hat, die Grundlage und die Norm zur Beurteilung
unserer Situation! 38)
Damit verbunden wäre dann wieder die vom Glauben (hier spezifisch: den
Glauben über die Kirche) gefordete Restituierung der Kirche als
Heilsinstitution usw. ins Auge zu fassen.
1. BESONDERE SITUATION DURCH DEN ABFALL DER HIERARCHIE
Aufgrund des Abfalls der Hierarchie und der damit verbundenen
Sedisvakanz ist die (Rest) Kirche in der Tat in einem verheerenden
Zustand, da dadurch die Merkmale der Einheit, der Heiligkeit, der
Katholizität und der Apostolizität verloren gegangen bzw. in
Gefahr geraten waren. 39) Die Kirche ist auf die Hierarchie angewiesen,
da sie keine bloße Überzeugungsgemeinschaft ist, sondern
Heilsinstitution ist und die Hierarchie normalerweise die Stelle ist,
die sie als solche durch Ausübung ihrer Autorität trägt und
repräsentiert. Wäre die Kirche in sich Selbstzweck, würde sie in einem
solchen sedisvakantistischen Zustand - d.h. ohne legitime Autorität -
im Chaos versinken bzw. einfach "auslaufen" - das ist wörtlich gemeint
- oder auch in Erstarrung verfallen. Nun ist aber die Kirche als
Heilsinstitution nicht um ihrer selbst willen, sondern um des Heiles
der Seelen willen gegründet worden. Die Form der Institution ist
deswegen gewählt, um die Verwaltung des Glaubens und der
Gnadenmittel (Sakramente) zu garantieren. Darum darf ihr höchstes
Gesetz nicht zum "summam iniuriam" (zum höchsten Unrecht) degenerieren,
sondern muß dem Heil der Seelen dienen: "Suprema lex salus animarum".
Vom Kanonischen Recht sagte deshalb Papst Pius XII. am 3.6.1956: "Das
Kichenrecht hat das Ziel nicht in sich selber. Es ist auf ein höheres
Ziel hingeordnet. Wie alles in der Kirche dient es dem Heil der Seelen
und dem Apostolat." Wenn die buchstäbliche Erfüllung eines Gesetzes
sich gegen gewisse Akte richtet, die für das Heil der Seelen abträglich
ist, "verpflichtet der Buchstabe des Gesetzes nicht im Gewissen", führt
auch der hl. Thomas von Aquin aus. 40)
Was bedeutet das für unsere Notsituation? 41) Zunächst einmal, daß es
uns in Notsituationen nicht nur erlaubt, sondern sogar gefordert ist,
das zu tun, was zur Aufrechterhaltung der Seelsorge und der Bewahrung
der Institution, die diese Seelsorge garantieren soll, nötig ist. Unter
dieser Maxime wurden die Bischofsweihen von Mgr. Thuc gespendet, weil
die Sukzession und damit das Weiterbestehen der Kirche in Gefahr war
42).
Nur, wenn wir alle, die Bischöfe und die Priester auf der einen Seite
(als Sakramentenspender) und die Gläubigen (als Sakramentenempfänger)
Mitglieder der wahren Kirche sind, d.h. eo ipso auch die Salvierung der
kirchlich desolaten Zustände im Auge haben (die Wiederherstellung der
Einheit, Sichtbarkeit und Hoheit der Kirche) unter Antizipation der
restituierten Hierarchie, handeln wir auch rechtmäßig, d.h. im Auftrag
dieser Kirche, weil Christus nur seiner Kirche die Spendung und den
Empfang der Heilsmittel anvertraut hat. 43)
Viele von den sog. Thuc-Bischöfen scheiden schon deswegen aus den
Reihen des Widerstandes aus, weil sie schlicht schismatische
Traditionalisten, lediglich "Mitrenständer" sind, die nicht einmal
wissen, um was es in dieser Auseinandersetzung geht - ich denke da an
den Bischof Miguet, der sich vom 'Hl. Vater' Johannes Paul II. eine
besondere Bestäigung bzw. Würdigung seiner Communität erbeten hat -,
auch wenn sie 100 Mal gültig geweiht sein sollten.
Ich verweise hier auch auf die Ausführungen von Hw.H. Rissling, der in
seiner Abhandlung "Wo ist Autorität heute?" an einem Präzedenzfall
darlegt, daß das Seelenheil Vorrang vor dem positiven Bestimmungen des
Kirchenrechts hat, um daraus gewisse Maximen für unsere desolate
Situation abzuleiten: "Auch hier [d.i. im Falle von Ehehindernissen]
stellt die Kirche das Seelenheil der Gläubigen über den
Jurisdiktionsgedanken, der im Norrnalfall eine wichtige ordnende
Funktion hat. Somit steht das Kirchenrecht letztendlich im Dienst des
ewigen Heils der unsterblichen Seelen und nicht umgekehrt! (...) Somit
ist es auch legitim, von der Sache her geboten und notwendig, die
Seelsorge auch trotz des momentanen Fehlens ordentlicher Jurisdiktion
weiterzuführen! Das Plädieren für das Einstellen der Seelsorge in der
heutigen veränderten Lage der Kirche würde bedeuten, einige
kirchenrechtliche Bestimmungen, die für den Normalfall gelten,
grundsätzlich über das tatsächliche Heilswirken Gottes bis in die
aktuelle Zeit hinein zu stellen. Der Kirche muß es vor allem anderen um
die Erlösung und das Seelenheil der Menschen gehen, zumal ja auch das
Kirchenrecht selbst für den Fall der Beichte in einer Notsituation
eindeutige Regelungen trifft! In der Kirche galt immer schon der
Satz, daß in Extremsituationen auch solche Lösungen - natürlich nur im
Rahmen des grundsätzlich Möglichen - Anwendung finden dürfen, die für
den Normalfall keine Geltung besitzen. So hat auch Jesus das Rupfen der
Ähren am Sabbat durch Seine hungrigen Apostel u.a. auch mit dem Essen
der Schaubrote durch David und dessen hungrige Gefährten verteidigt,
was sonst nur den Priestern erlaubt war (vgl. Mt 12, 1-8)! " 44)
2. PROBLEM DER JURSISDIKTION DER BISCHÖFE IM WIDER-STAND
Einen weiteren wunden Punkt unserer kirchlichen Situation berührt Herr
Lingen mit der Behauptung, er habe sich, nachdem er sich wegen
bestimmter Differenzen von Schmitz getrennt habe, der Jurisdiktion von
Bischof Bartholomäus Schneider / Bonn 45) unterstellt, der durch
Bischof Lopez-Gaston salviert bzw. in die katholische Kirche reuniert
worden sein soll. 46)
Bevor die Angelegenheit mit Schneider weiter verfolgt wird, soll
zunächst einmal - weil hier angesprochen - die grundsätzlichen Frage
geklärt werden, welche Rechts-Vollmachten die Bischöfe, die sich
tatsächlich im Widerstand befinden, besitzen.
Das Problem, ob Gott den Bischöfen ihre Jurisdiktionsgewalt unmittelbar
durch die Weihe oder durch Vermittlung (per Mandat) durch den Papst,
indem er an sie die Rechtsgewalt delegiert, ist auch in der
vor-konziliaren Theologie umstritten. 47) Unter Bezug auf die Erklärung
des I. Vatikanums schreibt z.B. der Dogmatiker Bartmann: "Wie von
selbst stellt sich die Frage ein, welche Bedeutung der bischöflichen
Gewalt neben der päpstlichen zukommt. Das Konzil gibt daher auch
hierüber noch eine Erklärung: 'Es ist aber weit davon entfernt, daß
diese Gewalt des obersten Hohenpriesters Eintrag tue der ordentlichen
und unmittelbaren Gewalt der bischöflichen Jurisdiktion, gemäß welcher
die Bischöfe, welche vom Hl. Geiste eingesetzt, an die Stelle der
Apostel nachgefolgt sind, als wirkliche Hirten die ihnen zugewiesenen
Herden, jeder die seinen, weiden und leiten; viel-mehr wird dieselbe
von dem obersten und allgemeinen Hirten geschützt, befestigt und
verteidigt' (Denz. 1828). Nach dieser authentischen Erklärung des
Konzils ist die bischöfliche Gewalt durch die Definition des Primates
nicht geschwächt, sondern vielmehr anerkannt als ordentliche,
unmittelbare Hirtengewalt in ihrer Diözese. Sie bezieht sich also auf
die Glaubens- und Sittenlehre wie auf die Disziplin und den Kultus. Sie
bleibt allerdings in ihrer räumlichen Ausdehnung und Geltendmachung
abhängig vom Papste, der die höchste Gewalt in der Kirche und in jeder
Einzeldiözese besitzt." 48) Ähnlich formuliert der Kanonist Mörsdorf:
"Die Hierarchie der Hirtengewalt beruht auf den beiden durch göttliche
Anordnung gegebenen Grundpfeilern, dem Primat des Papstes, der als
Nachfolger des hl. Petrus die oberste Hirtengewalt über die ganze
Kirche und alle Teilgemeinschaften hat (c. 218), sowie dem Episkopat,
der eine kraft göttlichen Rechtes eigenberechtigte Oberhirtengewalt
über einen kirchlichen Teilbereich (Diözese) besitzt, in deren Ausübung
er aber von der päpstlichen Vollgewalt abhängig ist" 49), denn Kanon
332 §1 bestimmt: "Bischof eines Bistums kann jemand nur dadurch werden,
daß er auf kanonischem Wege als dessen Bischof eingesetzt wird. Diese
Einsetzung auf kanonischem Wege kann nur durch den Papst geschehen."
50) Mörsdorf präzisiert weiter: "Der Episkopat ist in beiden
Säulen der kirchlichen Hierarchie beheimatet. In der (...)
Ämterhierarchie [bildet er] die unter dem obersten Hirtenamt stehende
zweite Stufe göttlichen Rechtes. Demnach gliedert sich die
Bischofsgewalt in die durch die Bischofsweihe verliehene Weihevollmacht
und in die auf der Übertragung des Bischofsamtes beruhende
Oberhirtengewalt über das anvertraute Bistum. Die Weihevollgewalt ist
unverlierbar, dagegen kann die Oberhirtengewalt entzogen oder in ihrer
Ausübung behindert werden." 51)
Versucht man, diese Bestimmungen vereinfacht darzustellen, könnte man
vielleicht sagen: die durch die Bischofsweihe verliehe Jurisdiktion
kann erst real ausgeübt werden, wenn der Papst dem jeweiligen Bischof
ein bestimmtes Bistum zuteilt. Auf die Bischöfe des Widerstandes
angewandt könnte das heißen: durch das Fehlen des päpstlichen Mandats -
konkret: durch das Fehlen eines bestimmten Bistums - sind sie in der
Rechtsausübung in jedem Fall behindert.
Unbestritten dürfte sein, daß sie ihre (sakramentalen) Vollmachten im
Bereich der Seelsorge ausüben dürfen, ebenso die erforderlichen
Aktivitäten, die sich auf die Salvierung und Restituierung der Kirche
beziehen, des weiteren auf die von ihnen geführten Institute
(Seminare), für die sie nicht nur pastorale Verpflichtungen übernehmen,
sondern auch rechtlich relevante, ohne jedoch Vollmachten zu
beanspruchen, die eo ipso einem Papst vorbehalten sind und nur von
diesem ausgeübt werden dürfen (z.B. die Verkündung eines theologischen
Lehrsatzes als verbindliches Dogma, die Leitungsfunktion über die
Kirche, die nur dem hl. Petrus, und nicht den anderen Aposteln
übertragen wurde)... d.h. insgesamt Verpflichtungen, die vornehmlich
das Heil der Seelen zum Ziel haben.
Strittig ist, welche Rechtsvollmachten sie für den Widerstand und zur Erhaltung der apostli-schen Sukzession haben.
Mgr. Vezelis / USA und Mgr. McKenna beanspruchen die normale
Jurisdiktionsgewalt eines residierenden Bischofs, da sie die Auffassung
vertreten, daß die Jurisdiktionsgewalt als solche nicht auf einem
päpstlichen Mandat, sondern durch die Konsekration mitverliehen wird.
52) Beide vergessen, daß ihnen aber kein bestimmter Hoheitsbereich
zugeteilt wurde.
Mgr. Carmona / Mexiko verglich seine Position mit der eines
Missionsbischofs, der erst ein bestimmtes Gebiet zu einem residierbaren
Distrikt (Diözese) im Sinne des Kirchenrechtes vorbereiten würde, d.h.
er ist mit provisorischen Rechtsvollmachten (unmittelbar auf sein
Handeln bezogen) ausgestattet.
Mgr. Guerard des Lauriers führte die Unterscheidung von "missio" und
"sessio" ein und siedelte seine Vollmachten im Bereich der "missio",
d.h. der Aussendung, der Evangelisierung, der Seelsorge - und den
damit verbunden notwendigen Handlungen - an und schloß rechtliche
Vollmachten aus, indem er "missio" und "sessio" (Amtssitz,
bischöflichen Stuhl verbunden mit Jurisdiktion) strikt trennte.
53) Dieser Konstruktion liegt m.E. der Fehler zugrunde, daß beide
nur impossibile in dieser Form zu trennen sind, daß sie aber real immer
zusammengehören: die Missio hängt in dem Sinne von der Sessio ab, daß
die Ausübung auch der Missio nur dann legitim geschieht, wenn sie sich
als auf die Sessio bezieht, d.h. wenn sie sich als von der Kirche
dazu beauftragt sieht - nur ist dann genau zu bestimmen, wo unter den
gegebenen Umständen die Sessio, der Auftraggeber Kirche ist. 54) Denn
ein missionarisches Handeln ohne Rückbindung an die Kirche als
Heilsinstitution - in deren Auftrag dieses Handeln geschieht, würde im
Sektierertum enden. D.h. es sind immer auch rechtsrelevante Akte im
Sinne des Kirchenrechtes bei der Missio im Spiel, und die gespendeten
Sakramente - ich nenne hier einmal die Priesterweihe - haben für
den Spender immer auch Rechtsfolgen. 55)
Auch wenn m.E. die Bischöfe (im Widerstand) auf Grund des fehlenden
päpstlichen Mandats keine Jurisdiktion im normalen Sinne beanspruchen
können, d.h. u.a. auch ohne Zuteilung eines bestimmten
Kompetenzbereiches (Bischofsstuhls) konsekriert wurden - Mgr. Vezelis
müßte sich fragen, wo denn seine Jurisdiktion endet, ob sie nur
regional oder weltweit gilt, ob die Kompetenz-erstreckung durch eine
einfache Absprache geregelt werden kann, die zur geregelten Seelsorge
nötig war - , so hat dennoch ihr Handeln rechtsrelevanten Charakter und
zeitigt Rechtsfolgen. Grundsätzlich würde ich jedoch Mgr. Guerard des
Lauriers zustimmen, wenn er fordert, Akte, die die normale bischöfliche
Kompetenz überschreiten, durch eine spätere, restituierte Hierarchie
salvieren bzw. bestätigen zu lassen, da sie - wie Mgr. Carmona meinte -
in einem gewissen Sinn provisorischen Charakter haben.
Um diesen Zustand zu beenden, kann ich nur wiederholen, was ich schon
früher geschrieben habe: "Eine rechtmäßig installierte jurisdiktionelle
Hierarchie ist aber die Voraussetzung für das Funktionieren der Kirche
als Heilsinstitution; denn nur sie kann die Kirche repräsentieren und
leiten. Ohne Wiederherstellung des Jurisdiktionsprimates ist also eine
Restitution der Kirche undenkbar". 56)
IST BISCHOF SCHNEIDER
EIN REUNIERTER UND GÜLTIG GEWEIHTER BISCHOF?
Was nun den Fall von Bischof DDr. Lopez-Gaston betrifft, der als
verheirateter Mann von Mgr. Carmona mit der Bedingung zum Priester
geweiht worden war, seine Ehe ruhen zu lassen, und von Mgr. de
Mamistra/Frankreich (ebenfalls verheiratet) 57) zum Bischof konsekriert
wurde, um dann an dem von Frau Gerstner einberufenen Konklave
teilzunehmen, für das er von der Moderatorin als "papabile" gehandelt
wurde (aus dem aber dann Linus II. - oder der Unsichtbare - hervorging)
58), so hat dieser sicherlich nicht die Vollmacht, einen
sektiererischen Vaganten-Bischof zu reunieren - wie das bereits am Fall
Schmitz gezeigt wurde. 59) (Ich verweise hier wiederum auf die Studie
von H.H. Felix Jeker in diesem Heft.) Wenn aber überhaupt eine Aufnahme
erfolgt sein sollte - per impossibilem gesprochen -, dann doch wohl nur
in die von Bischof Lopez-Gaston mitkonstituierte Linus-'Kirche', von
der man inzwischen nichts mehr hört. (Die Parallelen zur Aufnahme
Schmitz' durch Mgr. Lefebvre sind unübersehbar.) Aber auch von solchen
'Skrupeln' einmal abgesehen, bliebe immer noch die Frage, ob Schneider,
der beansprucht Bischof zu sein, tatsächlich die normale
Jurisdiktionsgewalt besitzt. Und das muß - wie bereits gezeigt wurde -
verneint werden, wiewohl es selbstverständlich einem Kleriker
unbelassen ist, sich einem Bischof zu unterstellen.
Auch H.H. Schneider F.F.E., der aus der Alt-römisch-kath.Kirche kommt -
er wurde von Düngen zum Priester und von Smekal zum Bischof geweiht -,
muß sich fragen lassen, ob er überhaupt gültig geweihter Bischof ist.
Wie eine Untersuchung seiner Sukzession, die ebenfalls durch Herrn
Jerrentrup erfolgte, zeigt, muß dies verneint werden. 60) Somit hätte
die Unterstellung des Laien Lingen unter die 'Jurisdiktion' des Laien
Schneider - kanonisch betrachtet - keine Relevanz.
"KYRIE ELEISON": PROPAGANDA-ORGAN FÜR HERRN LINGEN
Wir finden die Spur, die Lingen durch die Schwachstellen des
angeblichen Widerstandes gelegt hat wieder in KYRIE ELEISON vom Oktober
1996, wo er von der Redaktion als "H.H. Pater Lingen" den ahnungslosen
Gläubigen für "seelsorgerische Aufgaben" empfohlen wird.
Wenn es noch eines Beweises bedurft hätte, um den Beginn der
Versumpfung im Sektierertum zu belegen, so ist die Empfehlung von Herrn
Lingen als "seelsorgerische" Anlaufstelle in KYRIE ELEISON, das von
Herrn Böker redigiert wird, das berühmte Tüpfelchen auf dem "i". Nicht,
daß ich dem Redakteur bewußtes Sektiertum unterstelle, nein! Aber ich
kann mich des Eindrucks nicht erwehren, daß auch er nach der Devise
"Hauptsache gültig" sich über sonstige Einwände - d.h. konkret:
Außerachtlassung des kirchlichen Status eines Klerikers 61) -
hinwegsetzt, um dann auf jeden Soutanenträger der schillernsten
Provenienz hereinzufallen, ohne sich zu vergewissern, ob sich darin
zumindest ein gültig geweihter Priester verbirgt - nach dem Prädikat
"katholisch" zu fragen, würde vielleicht schon als Zumutung
empfunden... 62), um dann gerade das nicht zu erhalten, was er
unberechtigterweise fordert, nämlich (nur) gültige Sakramente.
SCHLUSS
Man muß sich vorstellen:
–wir kämpfen knapp dreißig Jahr für die Erhaltung des wahren Glaubens
und um den Wiederaufbau der Kirche, nachdem der überwiegende Teil von
ihr im Gefolge von Vaticanum II durch den Verrat der Hierarchie
abgefallen ist, um dann schließlich durch immanente, d.h.
selbstverschuldete Fehleinstellungen im Sektierertum zu landen;
–wir haben nicht die neuen Riten auf ihre theologischen Schwachstellen
abgeklopft, um schließlich selbst ungültige Sakramente zu empfangen;
–wir haben nicht die Ungültigkeit des sog. N.O.M. Pauls VI.
nachgewiesen, um endlich der (alten) Messe beizuwohnen, die von einem
Laien gelesen wird;
–wir haben uns nicht den 'Luxus' geleistet, uns von den Econern
theologisch und kirchlich abzusetzen, um dann in der sog.
Alt-römisch-katholischen Kirche zu landen.
–Und was macht es für einen Sinn, Herr Böker, sich selbst ein
Imprimatur auszustellen, wenn man Propaganda für Sektierer macht?
Dafür haben zumindest wir uns nicht geschunden. Selbst-Reinigung ist angesagt!
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