DER HEILIGE BENNO
von
Eugen Golla
War Benno ein angesehener Kirchenfürst des deutschen Mittelalters oder
ein farbloser Bischof, der, wie sein Zeitgenosse Lambert von Hersfeld
in seinen Annalen schrieb "weder als Freund noch als Feind" bedeutend
war, der sich sogar einem Gegenpapst unterwarf und später nur deshalb
berühmt wurde, weil seine Heiligsprechung dem jungen Protestantismus
die erwünschte Gelegenheit bot, polemisch gegen jedwede Heiligsprechung
und jegliche Reliquienverehrung aufzutreten. Fragen, die nur schwer zu
beantworten sind.
Einem sächsischen Adelsgeschlecht entstammend, wurde er wahrscheinlich
um das Jahr 1010 geboren. Über seine Jugendzeit gibt es keine
gesicherten Informationen. Als sicher überliefert gilt dagegen seine
Erwählung zum Kanonikus zu Goslar, wo sich eine kaiserliche Pfalz
befand; beurkundet ist auch seine Ernennung zum Bischof von Meißen im
Jahre 1066.
Als Heinrich IV. das während seiner Minderjährigkeit verschleuderte
Königsgut zur Stärkung der geschwächten Königsmacht im mittel- und
norddeutschen Raum gewaltsam wiedergewinnen wollte, stand Benno auf der
Seite seiner sächsischen Landsleute, was zur Folge hatte, daß der
siegreiche Herrscher ihn nach der Eroberung Meißens in Gewahrsam nahm.
Um diese Zeit brach unter dem Pontifikat Gregors VII. der gewaltige
Konflikt zwischen der geistlichen und weltlichen Gewalt aus, der seinen
Ursprung im Investiturrecht der Kaiser hatte. Auch nach seiner
Entlassung aus der Gefangenschaft blieb Benno ein Anhänger des Papstes
und des von ihm ernannten Gegenkönigs. Allerdings dürfte es nicht
zutreffen, daß er sich im Jahre 1076 nach Rom begab, um an dem Konzil,
das auf die Absetzung Heinrichs IV. hinwirkte, teilzunehmen. Die Folge
seiner papstreuen Gesinnung war, daß er 1085 auf der Synode zu Mainz
abgesetzt und sein Bistum einem Anhänger des Kaisers übertragen wurde.
Wenn auch Bennos Ahsicht, keine Mühe zu scheuen, um wieder sein
Bischofsamt ausüben zu können, lobenswert war, stellt die Reise nach
Rom, die er in diesem Anliegen unternahm, eine dunkle Episode in seinem
Leben dar. In Rom herrschte damals Sedisvakanz, die sich zwar mit der
Länge der gegenwärtigen nicht vergleichen läßt; immerhin verging aber
in dieser turbulenten Zeit etwa ein Jahr ehe ein Nachfolger
Gregors VII. gewählt werden konnte, der zudem während seiner kurzen
Regierungszeit keinen festen Besitz von Rom nehmen konnte.
Infolgedessen entschloß sich Benno, seine Zuflucht zu dem Gegenpapst,
dem vom Kaiser proklamierten Papst, Klemens VII., zu nehmen, der genau
so wie sein Herr, Heinrich IV. von Gregor selbst auf dem Sterbebett vom
Banne nicht losgesprochen wurde. Man darf allerdings in diesen
schismatischen Gegenpäpsten, die besonders im Hochmittelalter von
Kaisern und Adeligen erhoben wurden, keine Apostaten oder Ketzer sehen.
Klemens war persönlich unbescholten, war kein Gegner der besonders von
Gregor VII. in die Wege geleiteten Reformen der Kirche, ja er erließ
auch Bestimmungen gegen die Priesterehe und die Simonie. Klemens setzte
Benno wieder in sein Bistum ein, dessen Besitz ihm bis zu seinem Tode
nicht mehr streitig gemacht wurde; auch erkannte er Gregors zweiten
Nachfolger als alleinigen, d.h. legitimen Papst an. Historisch nicht
erwiesen ist die von manchen Hagiographen erwähnte großangelegte
Missionstätigkeit Bennos unter den heidnischen slawischen Wenden, der
er sich in den letzten 20 Jahren seines Lebens erfolgreich gewidmet
haben soll. Als sein Todestag wird der 16. Juni 1106
angesehen.
Der heilige Benno war keine große Persönlichkeit; doch ist auch zu
berücksichtigen, daß seine politische Macht im Vergleich mit den
meisten anderen Bischöfen des Reiches unbedeutend war. Wir müssen aber
aufgrund der frühzeitig einsetzenden Verehrung seines Grabes sowie der
1280 erfolgten Beisetzung in einem Prunkgrabe im Dom zu Meißen und der
bald danach einsetzenden Feier seines Gedächtnisses als Festtag
annehmen, daß er im streng kirchlichen Sinne segensreich gewirkt
und sich Verdienste um seine Diözese erworben hatte.
Herzog Georg von Sachsen (1500-1539), ein eifriger Anhänger einer
katholischen Reform und ein Gegner des aufkommenden Protestantismus,
bemühte sich in Rom um die HeiIigsprechung Bennos. Zu diesem Zwecke
beauftragte er seinen Sekretär, den Humanisten Hieronymus Emser, der
sich später als Verfasser von Streitschriften gegen Luther hervortat,
eine "Vita Bennonis" zu verfassen, die, da sie nicht aus alten Urkunden
schöpfte, von legendären Zügen geprägt ist und wegen ihrer einseitigen
Darstellung historisch gesehen wenig Wert hat.
1523 nahm der bisher letzte nicht-italienische Papst, der Holländer
Hadrian VI. die Kanonisation Bennos vor. Diese sowie die im
darauffolgende Jahre erfolgte feierliche Erhebung der Reliquien brachte
Luther in solche Wut, daß er ein Flugblatt mit dem Titel: "Wider den
neuen Abgott und alten Teufel, der zu Meissen soll erhoben werden"
verfaßte, dem von beiden Seiten nicht minder heftige weitere Schriften
folgten.
Auf Herzog Georg folgte 1539 sein der neuen Lehre zugetaner Bruder
Heinrich, der befahl, Bennos Reliquien aus dem Dom zu entfernen und
sein Grab zu zerstören. 1576 erwarb Herzog Albrecht von Bayern die
heimlich in Sicherheit gebrachten Reliquien, die er unter großen
Feierlichkeiten nach München bringen ließ. 1580 befahl sein Sohn und
Nachfolger Wilhelm V. die Übertragung in die Frauenkirche und von der
Kanzel herab die Verkündigung, daß Benno nunmehr der Schutzpatron
Bayerns und Münchens sei. Zeugen der sich seiner Verehrung
bemächtigenden Volksfrömmigkeit sind die bald danach erschienen
Mirakelbücher über auf seine Fürbitten hin erfolgten Heilungen. Die
Kirche feiert sein Fest am 16. Juni.
***
Quellenangabe:
"Handbuch der bayerischen Kirchengeschichte" Bd. 2, Ottilien 1993.
Artikel "Benno" in: "Allgemeine Deutsche Biographie" Bd. 2, Berlin 1967.
Mass, Josef: "Zeugen des Glaubens" München 1974.
Manns, Peter: "Die Heiligen" Mainz 1975.
"Realencyklopädie für protest.Theologie und Kirche" Bd. 2, Leipzig 1897.
Stadler, Joh.Ev.: "Vollständiges Heiligenlexikon in alphabet.. Ordnung" Bd. 1, Augsburg 1858.
"Vies des Saints" Bd. 6, Paris 1948.
Wetze und Welte: "Kirchenlexikon" Bd. 2, Freiburg 1883.
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Aus der altägyptischen Spruchsammlung
von
Makarius dem Großen (um 390)
Der Abt Evagarius erzählt: "Als ich von Gedanken der Seele und den
Leidenschaften des Körpers gequält wurde, ging ich zum Abt Makarius und
sagt ihm: "Mein Vater, sprich zu mir ein Wort, das mich wieder mit
Lebensmut erfüllt." Abt Makarius sprach: "Wirf deinen Anker in den
Abgrund des Gebetes, und dein Lebensschifflein widersteht mit Gottes
Gnadenkraft allen Wogen des Satans, den Fluten und Stürmen dieser
dunklen, trügerischen und eitlen Welt." Ich fragte weiter: "Was
bedeutet das Schifflein, der Anker mit seiner Kette und der Stein, der
ihn behält ?" Abt Makarius entgegnete: "Das Schifflein ist dein Herz;
wache darüber. Das Ankerseil ist dein Geist. Ihn kette an unseren Herrn
Jesus Christus, der ja der Eckstein ist und die Macht über alle Fluten
und Teufelswogen hat, die Heilige bestürmen. Bemühen wir uns, bei jedem
Atemzug zu sprechen: 'Herr Jesus Christus, erbarme dich meiner; ich
preise dich, mein Herr, eile mir zu helfen.' Gerade wie der Fisch in
der Woge, gegen die er kämpft, ohne es zu ahnen gefangen wird, so
ergeht es auch dem Teufel. Wenn wir in der Kraft des heilbringenden
Namens unseres Herrn Jesus Christus begründet sind, wird der Teufel in
den gegen uns erregten Stürmen und Wogen gefangen und unschädlich
gemacht."
("Kleine Philokalie - Belehrungen der Mönchsväter der Ostkirche über das Gebet" Einsiedeln - Zürich - Köln 1956, S.30 f.)
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