Eucharistische Nüchternheit, Fasten- und Abstinenzgebote
von
Eberhard Heller
Innerhalb traditionsverbundener katholischer Christen tauchen hin und
wieder Probleme mit der sog. ganz 'echten' oder der
'eigentlichen' Tradition auf. Was ist gemeint? Weil bestimmten
'Fachleuten' oder Liturgikern (Klerikern und Laien) gewisse Änderungen
oder Reformen in der Liturgie, im Ritus, welche z.B. durch Pius XII.
angeordnet wurden, nicht gefallen oder nicht ihrem
Traditionsverständnis entsprechen (weil sie die vor-pianischen Formen
für ästhetisch schöner oder liturgisch/sprachlich besser halten),
werden die pianischen Anordnungen ignoriert oder eigenmächtig
modifiziert. Dies trifft u.a. auf die Neuausgabe des Breviers unter
Pius XII. zu, auf dessen Reform der Osterliturgie oder Änderungen im
Festtagskalender. Manche Kleriker oder Laien verwerfen diese Reformen
in toto, andere wiederum 'beschränken' sich auf die Korrektur von
Details: sie lehnen z.B. die Reduzierung der 12 Lesungen auf vier in
der Osternacht ab. Neuerdings wurde mir von Bestrebungen eines
Priesters berichtet, sich über die durch Pius XII. in Geltung
gebrachten Anordnungen hinsichtlich der eucharistischen Nüchternheit
hinwegzusetzen, die ihm zu lax erscheinen, um die früheren Bestimmungen
auch für seine Schäfchen vorzuschreiben.
Was ist grundsätzlich von solchen Eigenmächtigkeiten zu halten? Nichts!
Grundsätzlich haben legitime päpstliche Anordnungen hinsichtlich der
Liturgie, der Disziplin Rechtskraft, die bindend ist. Wenn keine
zwingenden Gründe (Notsituation) vorliegen, müssen die geltenden
liturgischen oder disziplinären Vorschriften eingehalten werden. Wer
das nicht tut, maßt sich gleichsam päpstliche Rechte an, indem er über
Gegenstände bestimmt, die einem Papst reserviert sind, und verrät damit
ipso facto zumindest schismatischen Geist.
Was nun im besonderen die Bestimmungen hinsichtlich der Nüchternheit
vor dem Kommunionempfang betreffen, so gelten selbstverständlich die
von Pius XII. festgelegten Regelungen... außer jemand weist nach, daß
der letzte Pius-Papst das Petrus-Amt unrechtmäßigerweise innegehabt
hat, also mit Personen wie Paul VI. auf die gleiche (illegitime) Stufe
gestellt wird - Versuche dazu gibt es ja! Es ist also irreführend, wenn
diese Regelungen, die eine Reihe von Erleichterungen gegenüber den
früher in Geltung befindlichen enthalten, mit welchen Pius XII. auf die
veränderten Lebensbedingungen der Gläubigen in einer immer gottloseren
oder religiös indifferenteren Welt, in der sehr wohl sich aber die
Christen behaupten müssen, als nicht streng genug kritisiert werden.
Daneben war es auch schon früher den Geistlichen erlaubt, Gläubige
unter bestimmten Umständen von gewissen Auflagen zu entbinden. Man
sollte auch bedenken, daß diese Bestimmungen allgemeine, deshalb
Minimal-Anforderungen waren, die jeder Gläubige für sich strenger
gestalten kann!
Um darauf noch einmal einzugehen: der Grund für die Erleichterungen
hinsichtlich der eucharistischen Nüchternheit bestand doch darin, auf
objektive Erschwernisse (Verlegung der Meßzeiten auch auf den Abend,
Schichtdienst, Schwerstarbeit, Dauerbelastung) und subjektive
Befindlichkeiten (Krankheit, Übelkeit) Rücksicht zu nehmen, um diese
Personenkreise nicht gleichsam durch disziplinäre Maßnahmen vom
Kommunionempfang auszuschließen. Denn ein Schichtarbeiter, der nachts
schwer arbeiten muß, hielt schwerlich die bis dahin geltende Bestimmung
(Nüchternheit ab Mitternacht) schwerlich durch. Ich meine, unter den
heutigen Bedingungen des erschwerten Gottesdienstbesuches, der
teilweise auf den Nachmittag oder Abend verlegt werden muß, weil wir
kaum noch Priester haben, und zu dem Gläubige teilweise mehr als eine
Stunde mit dem Auto anfahren müssen, sollte es erlaubt sein, den Kreis
derjenigen, für die Erleichterungen gewährleistet wurden, auf den Kreis
z.B. der Autofahrer, die lange Anfahrten zu absolvieren müssen,
auszudehnen. Denn es ist sicherlich nicht im Sinne des
Nüchternheitsgebotes, welches ja auf den Kommunioempfang hinleiten
soll, wenn Gläubige auf der Fahrt zur hl. Messe am Steuer einnicken
oder wegen Unterzuckerung einen Unfall verursachen. Für ausgesprochen
leichtfertig halte ich es, wenn - wie geschehen - die Rückkehr zu den
vor-pianischen Bestimmungen bezüglich der eucharistischen
Nüchternheit 'angeordnet' wird (s.b. oben), wohl wissend, daß viele
Gläubige lange Anfahrtswege mit dem Auto zu absolvieren haben! Der
Leiter eines Meßzentrums plädierte für die Rückkehr zu diesen
Bestimmungen, worin strikte Nüchternheit für den Kommunionempfang ab
Mitternacht gefordert ist. Gläubigen sind dadurch in ihrer bisherigen
Einhaltung des Nüchternheitsgebotes, welches sich auf die Bestimmungen
Papst Pius XII. vom 19.März 1957 stützt, verunsichert und vom
Kommunionempfang abgehalten worden. (In concreto hieße das nämlich:
wenn die Messe erst am Sonntagabend in einer über 100 km entfernten
Stadt zelebriert würde, dürfte ein Gläubiger, der zu dieser Messe
fahren und in ihr kommunizieren wollte, ab Mitternacht keine Nahrung
mehr zu sich genommen haben.)
Seinerzeit wurden mit dem inzwischen verstorbenen H.H. Pfr. Aßmayr aus
Biberwier/Tirol, den noch viele Leser als großen Asket schätzen gelernt
haben, Gespräche über den Sinn und den Zweck der Nüchternheit vor dem
Kommunionempfang geführt. Er erläuterte, daß sie als Vorbereitung und
Konzentration auf die geistige "Speise" zu sehen sei, die in Erwartung
auf diese den Genuß leiblicher Speisen zurückstellen ließe. Vorrangig
vor der leiblichen Nüchternheit sei aber die geistige, d.h. die innere
Vorbereitung auf den Empfang der Eucharistie. Und auch die strengste
Nüchternheit würde kein Ersatz für die fehlende innere Einstellung
sein. (Unter ähnlichen Aspekten wären auch das Fast- und die
Abstinenzgebote zu sehen.) Ich meine, es ist hilfreich, von diesem
Aspekt her die disziplinäre Maßnahme der Nüchternheit vor dem
Kommunionempfang zu betrachten - und nicht gleichsam als dogmatische,
die deshalb auch variabel gestaltet werden konnte (wie unter Pius XII.
geschehen) -, um in ihre eine Maßnahme zu sehen, die den würdigen
Empfang der hl. Kommunion vorbereiten und unterstützen soll.
Nachfolgend führe ich die von Pius XII. in Geltung gesetzten
Bestimmungen für die eucharistische Nüchternheit auf, die noch durch
Anordnungen für's Fasten und die Abstinenz erweitert werden.
1. Papst Pius XII., Motu proprio "Sacram communionem" vom 19.3. 1957 (AAS 49,1957,177f):
"Die Zeit der eucharistischen Niichternheit, die von den Priestern vor
der Messe und von den Gläubigen vor der heiligen Kommunion in den
Vormittags- wie Nachmittagsstunden zu beabachten ist, wird auf drei
Stunden bezüglich fester Speise und alkoholischer Getränke, auf eine
Stunde jedoch bezüglich nicht-alkoholischer Getränke eingeschränkt;
durch den Genuß von Wasser wird die Nüchternheit nicht gebrochen. Die
eucharistische Nüchternheit während der obengenannten Zeit müssen auch
jene beobachten, die um Mitternacht oder in den ersten Stunden des
Tages die Messe feiern oder die heilige Kommunion empfangen. Kranke,
auch wenn sie nicht bettlägerig sind, dürfen nicht-alkoholische
Getränke sowie wirkliche und eigentliche Arzneien in flüssiger Form vor
der Feier der Messe oder dem Empfang der Eucharistie ohne
Zeitbegrenzung zu sich nehmen.
Doch ermahnen Wir eindringlich Priester und Gläubige, die es leisten
können, die altehrwürdige Form der eucharistischen Nüchternheit vor der
Messe und der heiligen Kommunion beizubehalten." (D.h. daß Priester wie
Gläubige am Tag, an dem sie kommunuzieren wollten, ab Mitternacht gar
nichts mehr zu sich nehmen durften.)
2. Das Fasten- und Abstinenzgebot in der für Deutschland unter Papst Pius XII. geltenden Form:
Nur Abstinenztage sind die Freitage. Nur Fasttage sind die Tage der
Fastenzeit und die Vigilien von Weihnachten, Pfingsten, Mariä
Himmelfahrt, Allerheiligen; aber nicht, wenn die Vigil der genannten
Tage (nicht von Pfingsten) auf einen Sonntag fällt. Fasttage und
Abstinenztage sind Aschermittwoch, die Freitage der Fastenzeit,
Karsamstag bis 12 Uhr mittags und (nur) die Quatember-Freitage.
Aufgehoben sind Abstinenz- und Fastengebot an allen Sonntagen und an
den gebotenen Festtagen, aber nicht, wenn einer, wie nur und immer der
19. 3., in die Fastenzeit fällt. Die gebotenen Feiertage: 25. 12., 1.
1., 6. 1., 19. 3., Christi Himmelfahrt, Fronleichnam, 29. 6., 15. 8, 1.
11., 8. 12., in Deutschland noch der 26. 12., Oster- u. Pfingstmontag.
Das Fastengebot erlaubt nur eine Sättigung am Tag; kleine Stärkungen
morgens und abends sind erlaubt. Zum Fasten verpflichtet sind alle
Gläubigen von Vollendung des 21. bis zum Beginn des 60. Lebensjahres.
Vom Fastengebot dispensiert sind Kranke, ständig Kränkelnde, Genesende,
Schwangere, Stillende, Schwerarbeiter.
Das Abstinenzgebot verbietet Fleisch (auch Innereien) von Säugetieren
und Geflügel. Fleischbrühe ist an allen Tagen außer am Karfreitag
erlaubt. Zur Abstinenz verpflichtet sind die Gläubigen vom vollendeten
7. Lebensjahr an bis zum Lebensende. Vom Abstinenzgebot dispensiert -
außer am Karfreitag - sind Reisende, Schwerarbeiter, Fahrpersonal von
Verkehrsbetrieben, Gastwirte (mit Familie und Personal), wer die
Hauptmahlzeit mit auf die Arbeitsstätte nehmen muß; wer in einem
nicht-katholischen Haushalt lebt und beköstigt wird; wer auswärts ißt
(Restaurant, Kantine usw. oder als geladener Gast in einer
Privatwohnung); wer von auswärts (z. B. Kranken- und Altenpflegedienst)
beköstigt wird. Vom Abstinenzgebot nicht betroffen (entschuldigt) sind
Schwerkranke, von schwerer Krankheit Genesende.
Quatembertage als Fasttage: Mittwoch, Freitag und Samstag jeweils nach
dem 1. Sonntag in der Quadragesima, in der Pfingstwoche, nach
Kreuzerhöhung und nach dem 3. Adventssonntag. |