25 JAHRE "EINSICHT" - 25 JAHRE ARGUMENTE
Als Reaktion auf den denkwürdigen Kurswechsel der Zeitschrift DAS
ZEICHEN MARIENS 1), welches nach dem II. Vatikanum seit Ende der 60iger
Jahre als entschiedenes Organ der Reformgegner in katholischen Kreisen
immer mehr an Bedeutung gewonnen hatte, wurde im Frühjahr 1971 nach
intensiven Beratungen in München von Mitgliedern des Freundeskreises
e.V. der Una Voce die Zeitschrift EINSICHT gegründet. Nach der
negativen Erfahrung mit dem ZEICHEN MARIENS, die uns signalisiert
hatte, daß an der Beseitigung eines qualifizierten Widerstandes recht
'flüssige' Kräfte wirkten, war zur Fortführung der Aufklärung gegen die
Reformer wieder ein Kampfblatt nötig geworden, welches von der
inhaltlichen Seite gezielt und theologisch präzise recherchierte, ohne
Rücksicht auf Personen und ohne Angst vor eventuellen Sanktionen, zum
anderen aber von der Organisation und der Aufmachung her finanziell
möglichst unabhängig, d.h. nicht 'anfällig' für den Bedarf größerer
finanzieller Mittel sein sollte. Zugleich bedeutete der Name -
und das tut er noch heute - ein Programm: unseren Einsatz für den
wahren Glauben mit einsichtigen Argumenten zu führen.
Mit der EINSICHT hatte der katholische Widerstand gegen die unhaltbaren
Reformen wieder eine deutliche Stimme erhalten, die argumentativ sogar
auf einem höheren wissenschaftlichen Niveau ansetzen konnte. In ihr
erschienen die entscheidenden Beiträge, die sich für die Entwicklung im
Lager der katholischen Christen als richtungsweisend erwiesen. Die neue
Zeitschrift wurde so wieder das Publikationsorgan und der Hort all
jener - Autoren und Leser -, die sich nicht bloßem Traditionalismus,
sondern ausschließlich den eigentlichen Glaubenspositionen verpflichtet
fühlten.
Die EINSICHT übernahm als Aufgabe nicht nur die kritische theologische
Analyse der als Fortschritt gepriesenen Reform-Bestimmungen, sondern
versuchte - basierend auf diesen akkriebisch betriebenen
wissenschaftlichen Recherchen - auch ein Aktionsprogramm zur
Bewältigung der kirchlichen Krise vorzustellen. Ich erwähne nur -
abgesehen von den höchst sensiblen Unternehmungen zur Erhaltung der
Sukzession - folgende Tatsache: als 1976 die hl. Messe offiziell
verboten wurde, waren es Mitglieder des Freundeskreises, die zusammen
mit dem Convent Pius VI. das erste Meßzentrum in Deutschland
errichteten. Und im Andenken an S.E. Mgr. Ngô-dinh-Thuc werden wir auch
in Zukunft versuchen, unsere theologischen Einsichten immer wieder
praktisch umzusetzen.
Um nicht finanziell abhängig zu werden, erschien die EINSICHT von
Anfang an in ausgesprochen bescheidener, äußerer Aufmachung, die wir
bewußt bis heute beibehalten haben -, inhaltlich aber war sie hoch
brisant: theologisch aufgearbeitet wurden die durch die Reformer
propagierten Irrtümer bzw. Verfälschungen. Es wurden Probleme einer
Lösung zugeführt, die von den meisten anderen Organen erst viel später
aufgegriffen wurden: so das Verhältnis von Dogma und Kirchenrecht, das
Verhältnis von Glaube und Vernunft, die Meßfrage, die Sedisvakanz,
Ungültigkeit der neuen sog. Sakramentsriten, Kritik am und Abrücken vom
Lefebvrismus, Restitution der Kirche als Heilsinstitution - ich denke
hier besonders an die Sedisvakanz-Erklärung S.E. Mgr. Ngô-dinh-Thuc,
die unserer Position erst die erforderliche offizielle Stimme weltweit
verliehen hat. In allen entscheidenden theologischen Problemen nahm die
EINSICHT eine Vorreiterrolle ein in der Bestimmung von Positionen, die
bestimmend für den Kirchenkampf wurden und die sich allmählich weltweit
durchsetzten - und selbst die Debatte um die Bedeutung der Philosophie
hat primär den Sinn, wissenschaftlich verlorenes Terrain wieder
zurückzuerobern.
Festzuhalten ist auch, daß wir massive Fehlentwicklungen in den
angeblich eigenen Reihen nicht nur nicht vertuscht, sondern
thematisiert haben, besonders die Hybris eines massiven Klerikalismus
und eine bestimmte Art von Traditionalismus, der - weil geistig tötend
- den Reformern recht willfährig zum Vorwand diente... mit dem
Ergebnis, häufig alleine oder in entscheidenden Phasen ohne
Unterstützung dagestanden zu sein.
25 Jahre EINSICHT heißt: 25 Jahr lang entscheidende Argumente geliefert
zu haben in einer Zeit größter geistiger Not. Ich denke an all jene,
die uns dabei geholfen haben, die aber schon von dieser Erde abberufen
wurden. Ich danke all jenen, die unsere Arbeit mitgetragen, für ihre
Durchführung gebetet und unsere Publikationen finanziell unterstützt
haben. Mein Dank gilt besonders meiner Familie für ihre Geduld in all
diesen Jahren und natürlich den Autoren - und hier möchte ich besonders
Herrn Golla erwähnen, der in all den Jahren sich selbstlos allen
Anforderungen gestellt hat.
Möge aber besonders Gott uns auch fürderhin den Mut geben, in diesem
mühseligen Geschäft auszuharren, denn ein Ende der geistigen Tragödie
ist (noch) nicht in Sicht.
Ihr Eberhard Heller
Anmerkung:
1) Vgl. dazu auch die Ausführungen in EINSICHT 25/4 vom Dez.1995, S. 99. |