ZUM PROBLEM DER ERFORDERLICHEN INTENTION
BEI DER SAKRAMENTENSPENDUNG
- EIN BRIEFWECHSEL -
Vorbemerkung der Redaktion
Die Aufforderung, sich an der kontrovers geführten Debatte über das
Problem der Signifikanz der Intention bei der Sakramentenspendung -
vgl. EINSICHT XXIII/1 vom April 93, S. 3-11, mit Beiträgen von Herrn
Jerrentrup, der die Abhandlung von Prof. Wendland über den
reformerischen Ritus der Priesterweihe referierte, und einer Entgegnung
von Herrn Rothkranz, die wiederum beleuchtet wurde von Herrn Jerrentrup
- zu beteiligen, hat ein beachtliches Interesse gefunden. Verschiedene
Leser haben ihre Stellungnahmen schriftlich fixiert und uns zugesandt.
Hinsichtlich einer Lösung des Intentionsproblems ist es zunächst
wichtig, die einzelnen Argumentationspunkte begrifflich weiter zu
präzisieren, damit sie vom Leser einsichtig nachvollzogen werden
können, um sich so zu bewähren. Es hat nichts mit wahrem Glauben zu
tun, auf alten Vorurteilen sitzen zu bleiben - mag das auch noch so
bequem sein - oder auf neue hereinzufallen, will man sich nicht den
Vorwurf traditionalistischer oder progressistischer Blindheit
einhandeln. Der christliche Glaube ist vernünftig. Ihn im Wissen
nachzuvollziehen, dienen die folgenden Ausführungen in dem Briefwechsel
mit Herrn Schöner, dessen Darlegung ich für diese Kontroverse
ausgesucht habe, weil in ihr die antithetische Position am klarsten
formuliert wurde.
Eberhard Heller
1. Brief von Herrn Schöner an die Redaktion
Sehr geehrter Herr Heller,
zuerst möchte ich Ihnen recht herzlich danken, daß Sie in der EINSICHT
zum Problem der Intention bei der Sakramentenspendung namhafte
Theologen zu Wort kommen ließen. Ich kann nach eingehendem Studium der
lehramtlichen Entscheidungen der Kirche Herrn Mag. theol. Johannes
Rothkranz voll zustimmen:
"Gemäß unfehlbarer Lehre der Kirche genügt die äußere Intention zur gültigen Sakramentenspendung."
Im übrigen bestätigt dies auch Herr Pater August Groß, der die Frage
der Intention ausführlich in Nr. 1-4 im Jahre 1987 in KYRIE ELEISON
behandelt hat.
Da ich annehme, daß auch andere Leser diese Entscheidungen des
ordentlichen Lehramtes gerne überprüfen wollen, gebe ich hier die
wichtigsten Nummern des Denzinger an (zitiert nach Denzinger, 37.
Auflage 1991 lateinisch-deutsch): DHNr. 588, 644-646, 781, 793-794,
1154, 1262, 1312, 1315, 1534, 1608, 1814, 3100-3102, 3318, 3844, 3874.
In Ihrem Vorwort schreiben Sie: "... einen rein äußeren Vollzug könnte
auch ein entsprechend programmierter Roboter leisten oder durch eine
bewußtlose Person ausgelöst werden". Wenn man diesen Satz isoliert
betrachtet, haben Sie recht, daß dies so geschehen kann. Aber hören wir
Papst Leo XIII. (DH Nr. 3318): "Wenn aber jemand, um ein Sakrament zu
vollziehen und zu spenden, ernsthaft und ordnungsgemäß die gebührende
Materie und Form angewandt hat, so nimmt man eben deshalb von ihm an,
er habe das zu tun beabsichtigt, was die Kirche tut."
Und das Konzil von Trient hat entschieden (DH 1608):
"Wer sagt, durch die Sakramente des Neuen Bundes werde die Gnade nicht
aufgrund der vollzogenen Handlung verliehen..., der sei
ausgeschlossen."
Der Ausdruck "die Absicht haben, zu tun, was die Kirche tut" bedeutet
also, die Absicht haben, das Sakrament ernsthaft und getreu der
Tradition und Handlungsweise der Kirche zu spenden.
Und somit steht fest, daß Ihr Beispiel des "entsprechend programmierten
Roboters, der bewußtlosen Person, oder eines eventuell betrunkenen
Priesters oder Bischofs, der ein Sakrament spenden will" *) eben
eindeutig keine Sakramentenspendung und somit ungültig ist, da so etwas
die Kirche eben nicht tut.
Bei diesen angeführten Beispielen wird eben das Sakrament nicht
ernsthaft und getreu der Tradition und Handlungsweise der Kirche
gespendet; es fehlt somit die äußere Intention. Auch dieser Einwand
widerlegt die unfehlbare Lehre der Kirche, daß zur gültigen
Sakramentenspendung die äußere Intention genügt, nicht.
Herr Rothkranz schreibt richtig, "daß unter der Voraussetzung einer
inneren Intention es heute höchstwahrscheinlich keinen einzigen gültig
geweihten Bischof mehr gebe." Dies setzt außerdem voraus, daß Jesus
Christus die von ihm geschaffenen Sakramente nicht absichern konnte und
somit der Teufel unseren Herrn Jesus Christus besiegt hatte Kein
vernünftig denkender Mensch kann dies bejahen.
Deshalb hat die Kirche auch mehrfach entschieden "Die Kirche urteilt
nicht über Verborgenes bzw. über die Gesinnung, da diese ja an sich
etwas Innerliches ist " (DH 1814 und 3318) Somit ist bewiesen, daß eine
"innere Intention" nicht notwendig ist. Zur gültigen
Sakramentenspendung genügt deshalb die äußere Intention, nämlich "das
zu tun, was die Kirche tut".
Mit freundlichen Grüßen
Ihr Klaus Schöner
2. Brief der Redaktion an Herrn Schöner
Sehr geehrter Herr Schöner,
haben Sie herzlichen Dank für Ihre Stellungnahme zum Problem der
geforderten Intention bei der Sakramentenspendung, welches sich bei der
Behandlung des reformerischen Ritus der Priesterweihe als von
allgemeinerer Bedeutung herauskristallisiert hatte Sie plädieren für
die von Herrn Rothkranz (gegen Wendland und Jerrentrup) aufgestellte
Behauptung, es genüge die sog "äußere" Intention "gemäß der unfehlbaren
Lehre der Kirche" **) und wiederholen sie, wobei Sie noch auf die
Abhandlung von H.H. Pater August Groß in KYRIE ELEISON (Heft 1-4, 1987)
hinweisen, der dort eine ähnliche Position vertritt. Zugleich führen
Sie noch eine Reihe von Lehrentscheidungen der Kirche aus dem Denzinger
an.
Dazu ist vorab festzuhalten: eine solche "unfehlbare Lehre" bezüglich
der sog. "äußeren Intention" seitens der Kirche gibt es nicht. Keine
der von Ihnen zitierten Entscheidungen im Denzinger spricht von einer
solchen "äußeren Intention", ganz abgesehen davon, daß eine solche
Bestimmung als zu glauben verpflichtend nicht vorgeschrieben wird.
Unstrittig ist jedoch, daß für das Zustandekommen eines Sakramentes die
entsprechende Intention konstitutiv ist (vgl. Tridentinum, 7. Sitzung,
Kanon 11, ebenso die von Ihnen zitierten Nummern des Denzinger, DH
1262,1312 - Papst Eugen IV. im Dekret "Exsultate Deo" vom 22.11. 1439 -
u. 1315, 794, 3100, 3102). Strittig bleibt weiterhin die Frage, wie
sich diese Intention nach außen zu erkennen gibt. Dafür sind jedoch die
von Ihnen weiterhin angeführten Denzinger-Nummern unerheblich, da sie
a) die Würdigkeit des Spenders betreffen (DH 644-646, 1154),
b) dessen Rechtgläubigkeit (DH 588),
c) das Problem des "ex opere operato" (DH 1608, 3844) behandeln, was
besagt, daß die sakramentale Gnade "aufgrund der vollzogenen Handlung"
- unabhängig von der Würdigkeit des Spenders! - verliehen wird. ***)
Für unser Problem eigentlich zutreffend ist nur Denzinger DH 3318, d.i.
die Enzyklika "Apostolicae curae" von Leo XIII., in der das Problem des
Sich-Äußerns der Intention angesprochen wird.
Leider beantworten Sie die von mir im Vorwort zu der Artikelserie (in
EINSICHT XXIII/1 vom April 93, S. 3-11) aufgestellte Frage nach den
Erkenntnisbedingungen fremder Intentionen - in unserem Falle: die des
Spenders -, die von zentraler Bedeutung für den angesprochenen
Problemkomplex ist und so von der scholastischen Philosophie und
Theologie m.W. noch nie gestellt wurde, nur nebenbei.
Außerdem vermengen Sie in dem, was Sie "äußere Intention" nennen,
wiederum den normalerweise damit gemeinten äußeren exakten Vollzug des
Sakramentes mit der wirklichen Intention einer "ernsthaften" Spendung,
die von Leo XIII. in "Apostolicae curae" nicht als Bedingung der
geforderten Intention angesprochen wird, sondern als Erkennungsmerkmal
eines gültigen Vollzuges.
Um was handelt es sich bei der Sakramentenspendung? Es geht doch darum,
daß eine (von Christus letztendlich) beauftragte und bevollmächtigte
Person bestimmte Gnaden mittels eines bestimmten äußeren Vorganges
(Form und Materie) einem bestimmten Empfänger verleiht. Es handelt sich
also um einen Vermittlungsprozeß. Um das uns dabei interessierende
Problem noch einmal klar zu umreißen. Es geht nicht darum, daß die
Intention "zu tun, was die Kirche tut" erzeugt sein muß, sondern darum,
wie und auf Grund welcher Bedingungen wir als Außenstehende den Vollzug
dieser Intention beim Spenden eines Sakramentes erkennen können. Was
heißt das?
Um die Debatte voranzubringen, sei mir gestattet, einige Erkenntnisse
aus der philosophischen Interpersonallehre vorzutragen +), die ich hier
wegen der Begrenzung auf unsere eigentliche Frage vorerst nur
einschiebe, die ich aber auch erforderlichenfalls zu deduzieren bereit
bin. Ich darf wiederholen, was ich in dem oben erwähnten Vorwort
geschrieben hatte:
"Die Schwierigkeit zu erkennen, ob die geforderte Intention beim
Spender tatsächlich vorhanden ist, besteht für Außenstehende, d.h für
den Empfänger bzw. die Teilnehmer einer sakramentalen Handlung darin,
daß sich im bloß äußeren Bereich ein (juridisch-relevantes) objektiv
wahrnehmbares Kriterium nicht angeben läßt, an welchem sich die
Intention qua Intention manifestieren und an dem man sie ablesen
könnte. Denn eine fremde Intention qua Intention ist nur unmittelbar,
jedoch im Akt des Vermittelns bzw. der Objektivation dieser
Unmittelbarkeit zu erkennen Auf die Sakramentenspendung bezogen heißt
das: die Intention muß im unmittelbaren Tun des Spenders aufleuchten "
Ich will versuchen, diesen Gedanken ausführlicher darzustellen. Die
Absicht (intentio) des Ichs, d.i. die bewußte willentliche
Gerichtetheit auf etwas Bestimmtes, will sich, wie z.B. in unserem
Fall, auf eine andere Person beziehen. Will sich diese Intention
tatsächlich verwirklichen - und nicht bloßes Wünschen bleiben, dann muß
sie sich auf diese Person hin vermitteln Dies kann sie nur, indem sie
sich äußert, d.h. aus der bloßen Unmittelbarkeit heraustritt, da dem
Ich als freiem Prinzip (P1) der unmittelbare Zugang zu einem anderen
Ich (P2), welches seinerseits ja auch ein freies Prinzip ist und als
solches behandelt werden will (soll), verwehrt bleiben muß ++). P1 muß
also seine Absicht P2 mitteilen (können).
Diese Vermittlung der Unmittelbarkeit (der Intention) von P1 ist aber
nur möglich, indem sie sich durch Handeln objektiviert und
manifestiert. Diese Manifestation in der Außenwelt - soll sie von P2
als ein an sie gerichteter Wille von P1 aufgefaßt werden - muß nun so
beschaffen sein, daß sie den Adressaten (P2) nicht bloß determiniert,
sondern ihm in diesem An-Determinieren zugleich auch einen eigenen
Freiheitsraum eröffnet. D.h. P2 muß in der durch P1 geschaffenen
Veränderung in der Außenwelt die diese Veränderung prägende Intention
von P1 erkennen als eine Mitteilung zur Eröffnung einer gemeinsamen
Handlungssphäre P2 muß also diese Veränderung in der Außenwelt
auffassen als eine an es gerichtete Mitteilung, indem es in und an ihr
zugleich die dafür bestimmende Intention erkennt. Die Intention von P1
äußert sich im Handeln, und dieses Handeln kann von P2 nur als solches
durch das Aufleuchten der sie bestimmenden Intention erkannt werden! P2
kann (und muß) also wissen, was P1 auf P2 hin will bzw. welche
Intentionen P1 auf P2 im Handeln hin äußert, und P1 muß wiederum
erkennen, was P2 will Wir haben es also mit einem Wechselverhältnis
gegenseitiger Intentions-Erkenntnis zu tun.
Beziehen wir diese Ergebnis auf unser Beispiel: Ein Spender darf einen
Empfänger nicht einfachhin determinieren, ihm das Sakrament gegen -
besser ohne Berücksichtigung - seinen Willen spenden, sondern muß ihm
als Freiheitsprinzip zunächst durch die oben bestimmten Bedingungen der
interpersonalen Vermittlung eröffnen, daß er dem gemeinten Empfänger
dieses bestimmte Sakrament spenden will. Dieser Wille des Spenders muß
- neben einer Reihe anderer Momente der Vermittlung,
zu denen auch die Intention gehört zu tun, was die Kirche tut - vom
Empfänger (bzw. weiteren Personen) erkannt werden! Umgekehrt muß der
Empfänger dem Spender seine Bereitschaft zum Empfang mitteilen.
Betrachtet man bloß die Veränderung in der Außenwelt isoliert von der
sie hervorgerufenen Absicht (Intention), ohne zugleich auf die diese
Veränderung bewirkende Intention zu schauen - wie das z.B. bei der sog.
"äußeren Intention" geschieht -, und hinterstellt ihr bloß eine
x-beliebige Intention, dann werden die für die interpersonale
Vermittlung konstitutiven Momente ignoriert. Dann sieht man nur auf die
Veränderung in der Außenwelt als bloße Faktizität (von der ich sagte,
daß sie auch von einem Roboter herrühren könnte) Ich kann dann
prinzipiell nicht sicher sein, ob die von mir gemeinte, bloß
hinterstellte Intention auch die ist, die von der anderen Person
gemeint ist, d h. ich weiß grundsätzlich nicht, ob ich das, was die
andere Person will, auch überhaupt verstehen kann. Denn nur die bloße
Veränderung in der Außenwelt als solche läßt mich eine bestimmte
Intention nicht erkennen!
Halten wir fest: die fremde Intention gibt sich mir prinzipiell im Handeln zu erkennen.
Nun könnten Sie oder jemand anderes einwenden, die bestimmte Intention
der anderen Person sei prinzipiell nicht erkennbar. Davon gehen
unreflektiert die Verfechter der sog. "äußeren Intention" aus +++). Was
würde daraus folgen? Man konnte nicht erkennen, was eine andere Person
eigentlich will. Man könnte das fremde Handeln bloß interpretieren,
indem ich willkürlich eine dieses Handeln leitende Absicht
hinterstellen würde. (Letztlich wurde sich auch zeigen, daß der
Versuch, Veränderungen in der Außenwelt als fremdes Handeln zu
interpretieren, keine Berechtigung hatte, da mir ja der Zugang zu einer
anderen Person gänzlich verschlossen bliebe.) Damit blieben aber nicht
nur alle sakramentalen Handlungen fragwürdig - eine Sicherheit
hinsichtlich der erforderten Intention würde es nicht geben -, sondern
es ließen sich auch keine moralisch gesollten interpersonalen
Verhältnisse mehr realisieren. Die Forderung nach der Nächstenliebe
konnte zwar noch erhoben werden, aber eine Erfüllung dieses Gebotes
wäre prinzipiell unmöglich bzw. nicht verwirklichbar, da ich nicht
wissen kann, ob und was der andere tatsächlich will.
Man stelle sich diese Bedingungen hinsichtlich eines ehelichen
Verhältnisses vor, in dem und durch das ein inniges Liebesbündnis
verwirklicht werden soll! (Ich spare mir. den Nachweis zu führen, daß
unter der Voraussetzung der Nicht-Erkennbarkeit der fremden Intention
ein Interpersonalverhältnis nicht einmal gedacht werden kann.) Ebenso
wäre der Zugang zur Gotteserkenntnis auf dem normalen Weg nicht
möglich, da mir dessen Wille ebenso verborgen bliebe - Gott hat sich
geoffenbart! -, weil die Sich-Mitteilung des göttlichen Willens an die
Menschen ja auch an die interpersonalen Vermittlungsbedingungen
geknüpft ist.
Wie bereits ausgeführt: die Intention wird als solche sichtbar im
Handeln. Wenn Leo XIII. in "Apostolicae curae" (DH 3318) sagt: "Die
Kirche urteilt nicht über die Gesinnung oder die Absicht, da diese ja
an sich etwas Innerliches ist, insofern sie aber geäußert wird, muß sie
(d.i. die Kirche) über sie urteilen", so ist damit genau der gemeinte
Sachverhalt angesprochen. Die bloße Intention, die sich nicht äußert,
bleibt mir prinzipiell verborgen - wie bereits gezeigt. Aber daraus
läßt sich nicht der Schluß ziehen, daß sie mir prinzipiell unbekannt
bleiben muß, weswegen man gezwungen wäre, die Intention an bloßen
Veränderungen in der Außenwelt aufzuhängen, auf unseren Fall bezogen-
der rein rituelle Ablauf der Sakramentenspendung, der unabhängig vom
Spender festgestellt wird - so z.B. bei dem Dominikaner Ambrosius
Catharinus (+ 1553), dessen Auffassung sich noch bis ins 18.
Jahrhundert hielt.
Was bedeutet nun der auch von Ihnen angeführte Satz aus der bereits
zitierten Enzyklika "Apostolicae curae": "Wenn aber jemand, um ein
Sakrament zu vollziehen und zu spenden, ernsthaft und ordnungsgemäß die
gebührende Materie und Form angewendet hat, so nimmt man eben deshalb
von ihm an, er habe offenbar das zu tun beabsichtigt, was die Kirche
tut"? Das heißt: weil man in vielen Fällen, in denen Sakramente
gespendet werden, nicht selbst anwesend ist, also die Intention des
Spenders in dessen sakramentalem Handeln nicht erkennen kann und auf
das Zeugnis Dritter, d.h. Zeugen dieses Geschehens angewiesen ist, wird
angenommen - und man kann das, weil in der Regel der Spender die
geforderte Intention erzeugt -, daß die geforderte Bedingung erfüllt
worden ist und man von einer gültigen Spendung ausgehen kann. Dieses
"ernsthafte und ordnungsgemäße (Anwenden von) gebührender Materie und
Form" ist nur ein Indikator, von dem Rückschlüsse als erlaubt möglich
sind. Selbstverständlich bleibt die Erkenntnissicherheit an die
Voraussetzung dieser Annahme gebunden; denn sollten objektive Kriterien
für einen Zweifel an der Gültigkeit einer Sakramentenspendung
auftauchen, dann müßte die frühere Beurteilung gegebenenfalls revidiert
werden. Und damit ist auch exakt der Problemstand hinsichtlich der
Beurteilung der Gültigkeit der Weihen von Mgr. Lefebvre durch Mgr.
Lienart angegeben. (N.b. was der Satz von Leo XIII. ebenfalls besagt,
soll hier auch angeführt werden: Ohne ernsthaften Grund hinsichtlich
der Intention darf man an der gültigen Spendung eines Sakramentes nicht
zweifeln.) Hier gibt sich Leo XIII keineswegs als Vertreter der sog.
"äußeren Intention" zu erkennen!
Wir haben noch ein Problem zu klären: Was heißt "zu tun, was die Kirche
tut"? Aus den bisherigen Erläuterungen ergibt sich eine vorläufige
Antwort relativ einfach der Wille des Spenders soll sich mit dem der
Kirche bei der Spendung der Sakramente einigen bzw. in Übereinstimmung
gebracht werden. Was aber "tut die Kirche"? Zunächst einmal wird die
Kirche nicht in einzelnen Bevollmächtigten angesprochen, sondern als
die von Christus beauftragte Institution, die durch von ihr
beauftragten Personen dessen Aufträge durchführen läßt. Was aber tut
die Kirche insgesamt durch die von ihr Beauftragten hindurch bei der
Sakramentenspendung? Man könnte sagen die Kirche (in dem erläuterten
Sinn) vollzieht einfach äußerlich definierte Handlungen, d.s. die rein
rituellen Handlungen, wobei das Problem der sog. "äußeren Intention"
vom Spender nur auf die Kirche als Institution verlagert würde. Wenn
die Sakramentenspendung so verstanden wurde, daß es sich dabei bloß um
die Ausführung ritueller Vorgänge handelte, wurde man m.E die
Sakramentenspendung zum bloßen Ritualismus, zur bloßen Zauberei
degradieren, denn man wurde von äußeren Vollzügen ohne ersichtlichen
Grund eine besondere (gnadenhafte) Wirkung erwarten. (Es soll nicht
verschwiegen werden, daß diese Auffassung von bestimmten Ritualisten in
der Tat vertreten wird.)
Was "tut die Kirche" aber nun wirklich? Sie erfüllt den Auftrag
Christi, d.h. sie eint ihre Intention mit der Christi, um durch die
Spendung eines bestimmten Sakramentes die daran gebundenen Gnaden dem
Empfänger zu vermitteln, wobei die rituellen Handlungen (die äußeren
sakramentalen Zeichen - Form und Materie) als konstitutive Momente der
Vermittlung anzusehen sind. Das kommt auch in der Antwort des Hl.
Offiziums an den Apostolischen Vikar Zentral-Ozeaniens vom 18.12.1872
(auf die Anfrage hinsichtlich der Taufe von Methodisten) zum Ausdruck,
wo es heißt: "... zu tun, was Christus wollte". (DH 3100)
Ebenso erläutert Leo XIII. das Tun der Kirche in '"Apostolicae curae'",
wo er hinsichtlich der anglikanischen Weihen davon spricht, daß die
entsprechende Absicht fehle, wenn zurückgewiesen werde, "was die Kirche
tut und was aufgrund der Einsetzung Christi zur Natur des Sakramentes
gehört" (DH 3318). Hier wird also ganz klar die obige Auffassung eines
bloßen Ritualismus verworfen!
Gestatten Sie mir, verehrter Herr Schöner, noch eine abschließende
Bemerkung, ohne mich darin mißverständlich auszudrücken. Manchmal habe
ich den Eindruck, daß es den katholischen Traditionalismus - zu dem ich
Sie nicht zähle! - nicht deshalb gibt, weil deren Vertreter tatsächlich
überzeugte Christen sind und deshalb an dem orthodoxen Glauben
konsequent festhalten, sondern weil sie schlicht zu starr und/oder
geistig zu taub sind, sich neuen Fragestellungen zu öffnen. Sie ringen
nicht um geistige Inhalte, denn geistige Resultate lassen sich nicht
einfach "einstecken" wie Konservenbüchsen in eine Tasche, welche man im
'Supermarkt' kauft - wobei dieser 'Supermarkt' durchaus auch ein
theologisches Lehrbuch sein kann, welches man auswendig lernt. Nicht
umsonst hat z.B. ein moderner Theologe wie Karl Rahner soviel Zuspruch
bekommen! Denn seine formale Absicht, die Theologie begrifflich zu
systematisieren, wurde von vielen als erforderlich angesehen.
Es war eine andere Sache, daß er das mit einem auf 'christlich' zurecht
getrimmten hegelschen Begriffsapparat inhaltlich scheitern mußte. Man
muß erst einmal begreifen, welche Revolution es darstellte, als
Albertus Magnus und nach ihm Thomas v. Aquin Rückgriffe auf Aristoteles
machten, um theologische Sachverhalte begrifflich besser bearbeiten
oder fassen zu können.
Die Vertreter, die immer noch an der sog. "äußeren Intention" als
genügend für die Sakramentenspendung festhalten wollen, d.h. denen ein
gewisser äußerer Vorgang als Indikator für die Gültigkeit der
Sakramente genügt - unabhängig von der tatsächlichen Intention des
Spenders, die schlicht ignoriert wird - darf ich fragen, was Sie zu
folgendem Beispiel sagen: Normalerweise gilt ein Kuß als Zeichen der
gegenseitigen Wertschätzung, der gegenseitigen Zuneigung und der Liebe.
Muß er das aber immer sein? Man erinnere sich! Da gab es Judas, der den
Herrn auch küßte..., aber nicht aus Liebe, sondern um Ihn zu verraten.
Nachträglich wünsche ich Ihnen noch alles Gute zum Neuen Jahr
Ihr Eberhard Heller
***
Anmerkungen:
*) Dadurch, daß diese Passage in Anführungszeichen gesetzt ist, werden
mir Dinge in den Mund gelegt, die ich nicht gesagt habe. In der
Einleitung zu der Artikelserie führe ich als Beispiel weder einen
betrunkenen Priester noch Bischof an. E. Heller
**) In einem Brief vom 8.11.93 hat Herr Rothkranz seine Terminologie
noch einmal überdacht. Er schreibt: "Der Terminus 'äußere Intention'
(...) verleitet förmlich zu Mißverständnissen "- Auf dieses Schreiben
werde ich bei passender Gelegenheit noch einmal eingehen.
***) Bei dieser Lehrbestimmung wird meist vergessen, daß beim "ex opere
operato" die entsprechende Intention, d.i. das zu tun, was die Kirche
tut, miteingeschlossen sein muß. Häufig wird das "ex opere operato"
verwechselt mit dem, was in der Schultheologie so als "äußere"
Intention bezeichnet wird. Dieser Irrtum liegt m.E. auch in obiger
Argumentation von Herrn Schöner zugrunde, wenn er DH 1608 und 1315
kompiliert.
+) Zum Problem der interpersonalen Vermittlung sei hier u a auf
folgende Abhandlungen hingewiesen: Buber, Martin: "Das dialogische
Prinzip" Heidelberg 1962,
Duesberg, Hans: "Person und Gemeinschaft" Bonn 1970,
Fichte, Johann Gottlieb: "System der Rechtslehre", "Thatsachen des
Bewußtseyns" 1810/11, "Grundlagen des Naturrechts", "Die
Wissenschaftslehre nova methodo" 1796, "Anweisungen zum seligen Leben"
u.a.; in "Fichtes sämmtlichen Werken" Berlin 1845/46, "Nachgelassene
Werke" Bonn 1834/35; Fichte "Gesamtausgabe" hrsg. u.a. von Gliwitzky,
Jacob, Lauth, München 1964 ff.,
Heller, Eberhard: "Die Theorie der Interpersonalität im Spätwerk Fichtes" I.-D München 1974,
Hunter, Charles Kipling: "Der Interpersonalitätsbeweis in Fichtes
früher angewandter praktischer Philosophie" Meisenheim am Glan 1973,
Kopp, Johannes: "Vernünftige Interpersonalität als Erscheinung des Absoluten" München 1972,
Lauth, Reinhard: "Das Problem der Interpersonalität bei J.G. Fichte" 1962/189. "Ethik" 1969.
++) Zur Erläuterung: ich muß die andere Person als prinzipiell frei und
selbständig in ihren Entscheidungen annehmen. Wenn ich unmittelbar den
Willen des anderen bestimmen könnte, wäre er nicht mehr freies Prinzip,
sondern durch einen fremden Willen manipulierbar.
+++) Die Verfechter dieser Theologenmeinung begnügen sich damit, "daß
der Spender die sakramentale Handlung in der rechten Weise vornimmt,
wenn er auch innerlich sich zu ihr gleichgültig und sogar negativ
verhält, so daß er gar nicht den im Christentum bekannten religiösen
Ritus vollziehen will " (Bartmann, Bernhard: "Lehrbuch der Dogmatik"
II. Bd, Freiburg 1929, S 236 ) - Man denke in diesem Zusammenhang
einmal daran, in welch eindeutiger und klaren Weise der hl. Petrus auf
das Ansinnen des Zauberers Simon, die geistliche Vollmacht der
Sakramentenspendung für Geld zu erkaufen (vgl. Apg. 8,9-24), reagierte.
Sicherlich hatte dieser Simon, nach dem der geistliche Ämterkauf als
"Simonie" bezeichnet wird, auch vor, die Sakramente richtig zu spenden,
doch der hl Petrus wies ihn ab "Dein Geld fahre mit dir ins Verderben,
weil du meinst, die Gabe Gottes für Geld zu erwerben. Du hast nicht
Anteil und nicht Anrecht an dieser Botschaft, denn 'dein Herz ist nicht
aufrichtig vor Gott' (Ps 78,37)", (Apg. 8,20-21) d.h. du hast nicht die
entsprechende Intention.
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