ZUM PROBLEM DER INTENTIONALITÄT
BEI DER SPENDUNG DER SAKRAMENTE
Vorwort der Redaktion
Es gibt in der Sakraments-Theologie ein Problem, um dessen Lösung schon
seit langem gerungen wird: wie läßt sich nachweisen, ob die geforderte
Intention bei der Sakramentenspendung, deren konstitutive Notwendigkeit
in
dogmatischer Hinsicht beim Zustandekommen eines Sakramentes
unbestritten ist (vgl. Tridentinum, 7. Sitzung, Kanon 11: "Wenn jemand
sagt, es werde von den Kirchendienern, wenn sie die Sakramente
zubereiten und erteilen,
nicht wenigstens die Willensmeinung gefordert, zu tun, was die Kirche
tut, der sei im Bann."), tatsächlich beim Spender vorhanden ist (war).
Diese Intention besagt, eben das zu tun, was die Kirche beim Spenden
des jeweiligen Sakramentes tut. Dieses Tun, obwohl es von vielen
Theologen auf den rein objektiven Vorgang des rituellen Vollzuges
beschränkt seiend angesehen wird, meint aber keineswegs nur diesen rein
äußerlichen Vorgang, sondern einen Willensakt zum Handeln (Tun), in dem
sich die Willensabsicht des Spenders mit der der Kirche eint und
objektiviert. "Der Spender muß die deutliche Absicht haben, durch seine
Handlung das tun zu wollen, was die Kirche tut, wenn sie dieselbe
vornimmt. Durch die Intention schließt sich der Spender mit Christus
und seiner Kirche zusammen, und seine Handlung wird eine sakramentale,
übernatürliche. Er macht sich dadurch bewußt und frei zur
Instrumentalursache in der Hand Christi". (Bartmann, Bernhard:
"Lehrbuch der Dogmatik" Freiburg 1929, Bd.I, S.234.)
Die Schwierigkeit zu erkennen, ob die geforderte Intention beim Spender
tatsächlich vorhanden ist, besteht für Außenstehende, d.h. für den
Empfänger bzw. die Teilnehmer einer sakramentalen Handlung darin, daß
sich im bloß äußeren Bereich ein (juridisch-relevantes) objektiv
wahrnehmbares Kriterium nicht angeben läßt, an welchem sich die
Intention qua Intention manifestieren und an dem man sie ablesen
konnte. Denn eine fremde Intention qua Intention ist nur unmittelbar,
jedoch im Akt des Vermittels bzw. der Objektivation dieser
Unmittelbarkeit zu erkennen. Auf die Sakramentenspendung bezogen heißt
das: die Intention muß im unmittelbaren Tun des Spenders aufleuchten.
Um dieser erkenntnistheoretischen Problematik auszuweichen, hat man
gesagt, es genüge eine sog. rein "äußere Intention", worunter man zu
verstehen hat, daß es genüge, wenn der Spender den jeweiligen Ritus
korrekt vollzöge.
Dann sei auch gewährleistet, daß die geforderte Intention mitgegeben
sei. Ein Hauptvertreter dieser bloß "äußeren Intention" war der
Dominikaner Ambrosius Catharinus (+1533), der noch im 18. Jahrhundert
viele Anhänger hatte. Abgesehen davon, daß mit dieser Definition der
Begriff der Intention pervertiert wird - einen rein äußeren Vollzug
könnte auch ein entsprechend programmierter Roboter leisten oder durch
eine bewußtlose Person ausgelöst werden, die z.B. im Fallen eine andere
Person mit umreißt (in beiden Fällen kann von einem intentional
ausgerichteten Handeln nicht die Rede sein) -, kann man an folgendem
Beispiel leicht einsehen, daß mit dem rein äußeren Vollzug eine
bestimmt geforderte Intention nicht notwendig mitgegeben sein muß: Man
kann einer armen Person helfen und ihr materielle Güter schenken, aus
sehr unterschiedlichen Motiven: weil man mit ihr Mitleid hat, d.h. aus
Nächstenliebe. Man kann aber auch sehr wohl diese caritativen Akt
vollziehen, weil man als mildtätig angesehen werden möchte, d.h. man
tut es aus Geltungssucht (... und das geschieht in den öffentlichen
Caritas-Aktionen häufig). Auf die Sakramentenspendung angewandt
bedeutete das, daß ein Spender zwar den Sakramentsritus korrekt
vollziehen könnte, ohne jedoch die Intention zu haben, das tun zu
wollen, was die Kirche tut. Die Intention des Spenders hätte sich in
diesem Fall nicht mit der der Kirche geeint: das Sakrament käme nicht
zustande. (N.b. dieses Problem tangiert nicht die Tatsache, daß die
Sakramente "ex opere operato" wirken.) Daß es sich bei diesen
Überlegungen um keine Nebensächlichkeiten handelt, bedarf keines
eigenen Hinweises. Es macht eben doch einen Unterschied aus, ob ein
Priester ein Priester oder nur ein 'Priester' und ein Bischof ein
Bischof oder nur einer in Anführungszeichen ist.
Diesem Problem trägt auch Papst Leo XIII. in der Enzyklika "Apostolicae
curae" über die anglikanischen Weihen vom 13.9.1896 Rechnung, wenn er
sagt: "Die Gesinnung oder die Absicht (mens vel intentio) ist als
solche innerlich und fällt daher nicht unter das Urteil der Kirche; sie
muß diese aber beurteilen, in soweit sie nach außen in Erscheinung
tritt" (zitiert nach der deutschen Übersetzung von H.H. Paul
Schoonbroodt, Wien 1985).
Im folgenden publizieren wir eine Kontroverse, die sich an dem als
Sonderdruck erschienen Beitrag von Herrn Prof. Wendland über die neuen
Weiheriten entzündet hat und in der sich die Herren Rothkranz und
Jerrentrup mit dem Autor auseinandersetzen. Dabei geht es vornehmlich
um das oben aufgezeigte Problem der Erkennbarkeit fremder Intentionen.
Wir veröffentlichen diese Kontroverse im Rahmen der angekündigten,
weiteren Behandlung der Problematik der neuen Weiheriten, damit der
Sinn für diese
Thematik geschärft bzw. einer Lösung nähergebracht wird. Wir würden uns
freuen, wenn sich an dieser Diskussion weitere Leser beteiligen würden.
Eberhard Heller
***
Zusammenfassung der Untersuchung von Prof. Wendland
von
Christian Jerrentrup
Die umfangreiche Untersuchung von Prof. Dr. Diether Wendland ("Die
Zerstörung des sakramentalen Priestertums durch die 'römische
Konzilskirche'", EINSICHT, Sonderheft April 1991) stellt aufgrund ihres
Aufbaus an den Leser erhöhte Anforderungen. Zahlreiche Fremdwörter und
polemische Einschübe erschweren das Verständnis dieser wichtigen
Materie. In der folgenden Zusammenfassung soll der zentrale
Argumentationsgang herausgearbeitet werden, wobei alle nicht unbedingt
erforderlichen lateinischen Ausdrücke dem Leser gerne erlassen werden.
Zweck der Untersuchung ist die Behebung möglicher Zweifel an der
Ungültigkeit der neuen Weihen. Dazu sei es erforderlich, die
"philosophisch-theologische Problematik" (S. 2 Mitte) präzise zu
durchdenken. Eingeschliffene, aber unreflektierte Sprachgewohnheiten
("heilige Weihe", "heilige Riten", "heilige Handlung", "Religion",
"Kult", "Liturgie", "Ritus", "Zeremonie" etc.) seien durch exakte
Definitionen zu ersetzen. So sei ein Ritus eine geordnete religiöse
Handlung, die auf überliefertem religiösem Brauchtum aufgrund alter
Gewohnheit beruhe. Ein Ritus (christlich oder nicht) werde von einem
Religions-Diener ausgeübt und sei immer zweckbestimmt. Ein von der
Kirche autorisierter Ritus heiße geheiligter Ritus. Diejenigen, die
diesen geheiligten Ritus ausüben, werden als geweihte Diener
bezeichnet. Andere Termini ("geweihter Priester", "geweihter Bischof"
oder "geweihte Amtsperson") seien abzulehnen. Ist dieser geheiligte
Ritus von der römischen Kirche adaptiert und in ihrem Gebrauch, heiße
er katholischer Ritus. Unter Priester- und Bischofsweihe sei ein
Vorgang zu verstehen, in dem ein getaufter Mensch männlichen
Geschlechts in einem geheiligten Ritus zum Bischof oder Priester
"gemacht und innerlich bestimmt wird" (S. 4 oben). Die für die Spendung
der Priester- und Bischofsweihe erforderliche Intention beziehe sich
(nach Ausführungen Leos XIII.) auf das Sakrament, nicht auf den Ritus.
Deshalb könne einem (rechtgläubigen oder häretischen) Ritus auch keine
Intention "eingeschrieben" sein und in ihm "zum Ausdruck" kommen. Weil
man Sakrament und Ritus scharf unterscheiden müsse, können "religiöse
und kirchliche Riten" jederzeit verändert, ja sogar neu geschaffen
werden. Es dürfe allerdings nie der alte Ritus komplett durch einen
neuen ersetzt werden. Dies sei gemäß Leo XIII. ("Apostolicae curae",
1896) notwendig mit einer dem Sakramente entgegengesetzten Intention
verbunden. Festzuhalten bleibt auch die Bemerkung des Verfassers,
Häretiker könnten "niemals gültig geweiht werden". Soweit die
Einleitung (S. 2-8).
Im ersten Kapitel (S. 9-14) will der Verfasser das "Illusionäre im sog.
'Geistlichen (Kirchen)-Amt'" klären. Als Jesus Christus den Aposteln
den Auftrag erteilte: "Tut dies zu meinem Gedächtnis", mußten, so
mutmaßt der
Verfasser, die Apostel dies zwangsläufig richtig verstanden haben,
nämlich als "ausdrücklichen Befehl" und "strenge Verpflichtung". Sie
wurden dadurch zu geweihten Dienern Jesu Christi, erhielten reale
geistig-übernatürliche Macht und wurden zu "Instrumenten seines
heiligen Willens" (S. 10 oben). Dieser Aktvollzug dürfe aber nicht
Priesterweihe und schon gar nicht sacra ordinatio ( = heilige Weihe)
genannt werden. Die Apostel wurden "weder ordiniert noch konsekriert"
noch wurden "heilige Weihen erteilt" (S. 10 Mitte). Es fand auch keine
Handauflegung oder Übergabe irgendwelcher Instrumente statt. Es fand
überhaupt keine rituelle Handlung statt, da diese zu sehr an den Alten
Bund erinnert hätte (Handauflegung bei Moses). Das göttliche Machtwort
Jesu Christi allein genüge. Außerdem sei die Übertragung dieser einen
Vollmacht in zwei Schritten erfolgt, nämlich vor der Kreuzigung und
nach der Auferstehung. Da der ungläubige Thomas bei der Begegnung nach
der Auferstehung nicht dabei war, unterstellt der Verfasser, Jesus
Christus habe ihn "nachgeweiht" (S. 11 oben). Für die entgegengesetzten
Ansichten (Handauflegung im Abendmahlssaal, Anwendung äußerer ritueller
Zeichen durch Jesus Christus selbst etc.) gebe es nicht nur keine
Beweise, sondern rituellen Handlungen seien "höchst überflüssig" (S. 10
oben). Der Verfasser führt zugunsten seiner eigenen Auffassung keine
Belege an. Das von Christus geschaffene Priestertum sei als "sakrales
Dienstamt" aufzufassen, keineswegs als "Priesteramt" oder
"amtskirchliches Verwaltungsamt" (S. 11 unten).
Das zweite Kapitel (S. 15-19) soll "das besondere Priestertum des
Apostels" und den Begriff der potestas spiritualis ( = reale
geistig-übernatürliche Macht) erläutern. Es beginnt damit, daß die
Vermutung des ersten Kapitels (s.o.) als bereits bewiesen vorausgesetzt
wird. Die Bevollmächtigung der Apostel wird als "schöpferischer
Weihungs-Aktvollzug natürlicher und übernatürlicher Natur" (S. 15 oben)
erklärt. Darunter ist eine "außerordentliche Übertragung und Verleihung
einer besonderen Macht, Vollmacht und Kraft" (S. 15 Mitte) zu
verstehen, die den Aposteln als exklusive Gnadengabe gewährt wurde.
Weitergeben konnten sie allerdings nur das Sakrament der Weihe. Bei
dieser Weihe werde dem Kandidaten eine Gnaden-Gabe eingeprägt, das sog.
unauslöschliche Merkmal. Im Gegensatz zur herkömmlichen Ansicht bewirke
diese Einprägung eine Stärkung und Kräftigung in der Potenz des
geistigen Erkenntnisvermögens, keinesfalls aber irgendeine Veränderung
an der Substanz der menschlichen Geist-Seele. (S. 16 Mitte)
Den Weg von der sacra ordinano ( = heiligen Weihe) zum ritus sacralis (
= geheiligter Ritus) will das dritte Kapitel (S. 20-27) aufzeigen. Zur
gültigen Spendung des Sakraments des Weihesakraments gehören "Form" und
"Materie". Es muß aber ein ganz bestimmte Form (forma debita =
geforderte Form) und eine ganz bestimmte Materie (materia debita =
geforderte Materie) vorliegen. Diese stammen aus der Einsetzung
Christi, können also nicht von der Kirche verändert werden. Beide
ergeben im Zusammenwirken die forma totalis ( = Gesamtform). Liegt
bereits in einem dieser drei Punkte ein Defekt vor, komme kein
Sakrament zustande. Der angeführte ontologische Grundsatz "Alle
erstreben das Gute, aber nicht alle erkennen das Wahre" (S. 21 oben)
stammt zwar von Thomas v. Aquin, steht aber in der Tradition des
griechischen, von Sokrates herrührenden Intellektualismus. Aufbauend
auf dieser philosophischen Voraussetzung folgert der Verfasser, die
Spendung des Weihesakraments sei bereits dann ungültig, wenn der
Spender von geforderter Form, geforderter Materie oder Gesamtform
"nichts weiß oder von alledem nichts versteht" (S. 24 oben) - ungültig
aufgrund eines defectos mentis ( = mentaler Defekt). Es liege ein
"selbstverschuldeter Mangel an intellektiver Erkenntnis und
vernunftgemäßem Denken" (S. 24 Mitte) vor. Selbst wenn dieser Mangel
subjektiv nicht gewollt sei, bleibe das Sakrament ungültig. In seinen
Ausführungen zur Intention erklärt der Verfasser, daß es sich dabei um
ein empirisches Sich-Hinrichten "eines Dinges oder einer Sache auf
etwas als ein anderes" (S. 26 Mitte). In die gleiche Richtung tendiert
auch der Terminus esse intentionale ( = willensmäßiges Sein). (S. 26
unten)
Zentrale Bedeutung hat das vierte Kapitel (S. 28-44). In ihm wird die
thomistische Intellekttheorie deutlich erklärt. So untermauert der
Verfasser seine Behauptung, bei Defekten bezüglich geforderter Form,
geforderter Materie, Gesamtform oder willensmäßigem Sein komme das
Sakrament nicht zustande, mit der Begründung, es sei zu deren
Realisation das entsprechende "geistige Niveau" (S. 29 oben)
erforderlich. Wer dieses nicht mitbringe, könne kein Sakrament
"konfizieren und perfizieren" (S. 23 Mitte). Auf den naheliegenden
Einwand, wie denn die Kleriker vor dem Hochmittelalter (etwa die
Kirchenväter), denen diese Terminologie und die dahinter liegende
Begrifflichkeit nach des Verfassers eigenem Eingeständnis (S. 29 unten)
fremd war, davon hätten wissen können, wird der Leser mit dem Verweis
auf die "göttliche Vorsehung" (ebd.) beschieden, die den Untergang der
Kirche verhindert habe. Weiter wird klargemacht, daß man intentio nicht
einfach mit "Absicht" übersetzen dürfe. Dies leiste einem religiösen
"Subjektivismus im Denken und Tun" (S. 33 unten) Vorschub. Es gebe auch
keine "subjektive" und keine "objektive" Intention, sondern nur eine
"spezifische" oder "rechtmäßige Intention", die allerdings zwei Seiten
habe, welche sich nicht "voneinander trennen und auseinanderreißen"
lassen. (S. 35 ff.) Diese rechtmäßige Intention ist in ihrer "Wurzel"
gespalten in eine "mentale Wurzel", die im Intellekt liegt, und einen
"mentalen Anfangspunkt", der im Willen liegt Über das jetzt alles
entscheidende Verhältnis von Wille und Intellekt läßt sich der
Verfasser so vernehmen: der Intellekt "lockt" den konkreten Willensakt
aus dem Vermögen des Willens mit Notwendigkeit hervor. Dieser vom
Verstand determinierte und hervorgelockte konkrete Willensakt heißt
actus elicitus ( = ausgewählter Willensakt) (S. 38 oben). Dieser kann
keine Gegenintention vollziehen, sondern nur dem Vollzug der
rechtmäßigen Intention ein Hinderniß (obex) entgegensetzen, wodurch die
gültige Spendung des Sakraments verhindert werde. Der Verstand stellt
also dem Willen das zu Wollende vor. Dieser muß das Vorgestellte dann
notwendigerweise wollen. Das Wahre beziehe sich daher auf den Intellekt
und das Denken, nicht jedoch auf den Willen und das Wollen (S. 36
Mitte). Das Besitzen der "rechtmäßigen Intention" ist "Kraft", "Macht"
und "Stärke" (S. 42 unten). Hier schließt sich die Argumentation. Diese
"Kraft", "Macht" und "Stärke" werde in der Priester- und Bischofsweihe
durch das unauslöschliche Merkmal verliehen - wie bereits in Kapitel
zwei erläutert Aufgrund seiner intellektualistischen Willenslehre
gelangt der Verfasser auch zu dem Schluß, die Wurzel einer "Häresie"
liege nicht im Willen, sondern im Denken und in der intellektiven
Erkenntnis. (S. 39 Mitte)
Das fünfte Kapitel samt Schlußwort (S. 45-60) will nun den von den
Reformern vorgelegten "Ritus" nach den zuvor entwickelten Kriterien
untersuchen. Vorweg kann gesagt werden, daß der Verfasser zum Schluß
gelangt, daß sich mit den neuen Weiheriten das Sakrament der Weihe
nicht mehr bewirken lasse. Seine Begründung dafür ist allerdings nicht
leicht wiederzugeben. Die neuen Riten seien gegenüber den alten
"wesensverschiedene Ordinationen, deren Bedeutung bestimmten
häretischen Lehren des Vatikanums 2 genau angepaßt ist" (S. 45 unten).
Es läge eine "philosophisch-theologische Begriffsentleerung" (S. 46
oben) vor. Der Begriff des unauslöschlichen Merkmals sei verfälscht,
ein Bezug auf die wesentliche reale geistig-übernatürliche Macht, die
die Wirkung des Sakraments des Priestertums sei, finde nicht statt. Mit
den Worten "Priester" und "Bischof" werde "der größte Schindluder" (S.
49 oben) getrieben. Es treffe das Kriterium Leos XIII. der Ungültigkeit
des neuen Ritus aufgrund eines kompletten Ritenaustauschs zu. All dies
habe seine Ursache darin, daß dem Glauben der Reformkirche "keine
Glaubens-Erkenntnis" (S. 49 Mitte) zugrundeliege, in den eigenen Reihen
es aber ebenso an der "nötigen intellektiven Erfassung" (S. 54 oben)
mangele. Das eigentliche Argument für die Ungültigkeit sieht der
Verfasser also in einer (primär theoretisch) falschen intellektiven
Erkenntnis des Wesens des Priestertums überhaupt und erst (sekundär) in
der daraus resultierenden verfehlten Willenseinstellung.
***
Anmerkungen zu Herrn Prof. Wendlands
Beitrag über die neuen Weiheriten
von
Johannes Rothkranz
Die als Sondernummer von "EINSICHT" im April erschienene Abhandlung von
Professor Dr. Diether Wendland über "Die Zerstörung des sakramentalen
Priestertums" wirft sicherlich eine ganze Reihe kritischer Fragen auf.
Die folgende Untersuchung greift daraus nur die beiden wichtigsten
heraus nämlich die Frage, unter welchen Bedingungen vor der sogenannten
Liturgiereform des II. Vatikanums die heiligen Weihen gültig bzw.
ungültig gespendet werden konnten, und die analoge Frage, wie es sich
diesbezüglich
nach der "Reform" der Weiheriten verhält. Zwar hat Prof. Wendland
dieselben Fragen auch bereits gestellt und zu beantworten versucht, ist
jedoch m.E. zu teilweise unzutreffenden Ergebnissen gelangt.
Für die Beantwortung beider Fragen vorausgesetzt ist die Klärung der
Frage, was denn überhaupt grundsätzlich zum gültigen Zustandekommen
eines Sakramentes vonnöten ist. Und um das zu klären, muß man zunächst
die dogmatische Definition des Begriffs "Sakrament" analysieren. Die
bekannte, in den Dogmatikhandbüchern und einschlägigen Einzelstudien
zur Sakramentenlehre näher erläuterte Katechismus-Definition lautet:
"Ein Sakrament ist ein von Christus eingesetztes äußeres Zeichen, das
die innere Gnade bewirkt." Von den drei in dieser Definition genannten
Wesensmerkmalen des Sakraments ist das erste (die Einsetzung durch
Christus persönlich) theologisch sicher (theologice certura), während
die beiden anderen (äußeres, d.h. sieht- und hörbares Zeichen;
Bewirkung innerer Gnade) Dogmen sind. Dogma ist also, daß bei allen
sieben Sakramenten jeweils ein bestimmtes äußeres Zeichen eine innere
Gnadenwirkung hervorbringt. Dogma ist gleichfalls - viertes, in der
obigen Definition nicht explizit enthaltenes Wesensmerkmal -, daß diese
Wirkung durch den bloßen Vollzug des jeweiligen (rituellen) Zeichens
zustandekommt: aus dem verrichteten Werk - ex opere operato.
Das alles dürfte kaum umstritten sein, da derjenige, der einen der
genannten vier Punkte leugnete, sich einer Häresie schuldig machen
würde. Umstritten ist jedoch ein bisher noch nicht erwähntes fünftes
Moment: die Intention (Absicht) von Sakramentenspender und/oder
-empfänger, ein Sakrament auch tatsächlich als solches zu spenden bzw.
zu empfangen. Hier tobt der Streit, ob insbesondere zur gültigen
Sakramentenspendung (für den gültigen Empfang gilt aber genau dasselbe)
eine bloß äußere oder sogar eine innere Intention des Spenders
notwendig sei oder nicht. Dabei unterscheidet die Theologie jedoch
nicht bloß zwei, sondern vier verschiedene Arten von Intention:
1) eine rein äußere,
2) eine äußere,
3) eine virtuelle (oder direkte) innere,
4) eine explizite (oder reflexe) innere.
Was ist unter diesen vier Arten von Intention näherhin zu Verstehen?
1) Die rein äußere Intention besteht darin, daß der Spender lediglich das
äußere rituelle Zeichen korrekt setzt, ohne sich aber überhaupt dessen
bewußt zu sein, was er tut. Sie wäre also bei einem schwer Betrunkenen,
einem Schlafwandler, einem schwer Geistesgestörten oder einem
unmündigen Kind gegeben. Allgemein spricht man bei Tätigkeiten von
Personen des soeben aufgezählten Personenkreises von "Akten eines
Menschen", die aber keine "menschlichen Akte" sind. Dh. sie werden zwar
tatsächlich von Menschen verrichtet, aber ohne hinreichende Beteiligung
des menschlichen Verstandes und Willens, um sie als spezifisch
menschlich bezeichnen zu können; u.U. könnte nämlich auch ein Tier
(beispielsweise ein "intelligenter" Affe) dasselbe mit einem ähnlichen
Bewußtseinsgrad verrichten.
2) Die äußere Intention besteht darin, daß der Spender das äußere
rituelle Zeichen korrekt setzt und sich seiner Handlung auch voll
bewußt ist. Er weiß, was er will und tut auch, was er will. Er will
also tatsächlich genau dieses rituelle Zeichen und kein anderes setzen,
und zwar, weil er es will. Gänzlich außer Betracht bleibt jedoch das
spezielle Motiv, der individuelle Beweggrund, aus dem er dieses
rituelle Zeichen setzen will: er kann es also setzen in heuchlerischer
Absicht, widerwillig, gleichgültig oder unwissend gegenüber seiner
spezifischen religiösen Bedeutung und Wirkung, falsch unterrichtet über
seinen Sinn und Zweck, etc. etc., ohne daß diese Art von Absicht
dadurch beeinträchtigt würde. Er setzt einen spezifisch menschlichen
Akt und nicht bloß einen "Akt eines Menschen"; ein Tier, selbst das
"intelligenteste" könnte niemals mit einer solchen Absicht handeln.
3) Die virtuelle oder direkte Intention berücksichtigt auch schon den
Kenntnisstand und das Motiv des Sakramentenspenders: er ist wenigstens
in groben Zügen darüber unterrichtet, welchen allgemeinen Sinn und
Zweck die Verrichtung dieser bestimmten rituellen Handlung besitzt, und
er strebt diesen Sinn und Zweck auch tatsächlich an. Diese virtuelle
innere Intention kann beispielsweise auch dann noch gegeben sein, wenn
der Spender infolge unfreiwilliger Zerstreuung das rituelle Zeichen
setzt, ohne im Augenblick ausdrücklich an seinen objektiven Sinn und
Zweck zu denken.
4) Die explizite oder reflexe Intention ist die vollkommenste; der
Sakramentenspender, der das rituelle Zeichen mit reflexer Absicht
setzt, ist genau über Sinn und Zweck dieses Zeichens unterrichtet und
strebt aufmerksam, mit ungeteiltem Willen, genau diesen Zweck an,
während er die heilige Handlung vollzieht.
5) Eigens zu nennen ist eine von den Theologen meist nur am Rand
erwähnte fünfte Form von möglicher Absicht, ein Sakrament zu "spenden",
nämlich die uneigentliche Intention, wie ich sie einmal nennen möchte.
Das Wort "spenden" setze ich dabei ausdrücklich in Anführungszeichen,
weil eben in diesem Fall gerade gar keine wirkliche Absicht vorliegt,
einen sakramentalen Ritus als solchen zu vollziehen. Aber nicht wie
oben unter 1) bei der bloß äußeren Intention wegen mangelnder
Zurechnungsfähigkeit des "Spenders", sondern wegen ausdrücklichen,
reflexen, auch äußerlich unzweifelhaft erkennbaren Nichtwollens des
"Spenders". Dieser Fall liegt vor, wo ein sakramentaler Ritus zwar
möglicherweise korrekt, jedoch in der unzweifelhaft erkennbaren Absicht
vollzogen wird, zu schauspielern, Spott zu treiben oder (beispielsweise
bei Neupriestern) den Ritus lediglich einzuüben.
Welche der fünf skizzierten möglichen Intentionen ist nun für die
gültige Spendung der Sakramente erforderlich? Nr. 1 und Nr. 5 scheiden
offenbar von vornherein aus, weil in beiden Fällen überhaupt keine
eigentliche Absicht oder Intention zur Sakramentenspendung vorliegt.
Überlicherweise behaupten die Dogmatiker, notwendig sei wenigstens die
virtuelle oder direkte Intention; das bezeichnen sie als theologisch
sicher. Prof. Wendland ist sogar der Auffassung, der sakramentale Ritus
müsse vom Spender mit reflexiver Intention vollzogen werden, um das
Sakrament gültig zu spenden. Damit dürfte er allerdings ziemlich allein
auf weiter Flur stehen. Womöglich - ich weiß es nicht - hat er aber
auch nur die für eine auf seiten des (zumindest des ordentlichen)
Spenders Gott wohlgefällige Sakramentenspendung erforderliche Intention
mit der für die bloße Gültigkeit notwendigen verwechselt. Vom
ordentlichen Spender und gewöhnlich auch vom außerordentlichen ist
seitens Gottes und der Kirche nämlich selbstverständlich verlangt, daß
er das heilige Zeichen andächtig, also im vollen Bewußtsein und mit
ganzer Hingabe des Willens, setzt. Wer sich absichtlich mit einer
virtuellen oder gar bloß äußeren Intention bei der Sakramentenspendung
begnügt, also sich entweder nicht näher dafür interessiert, was er da
überhaupt zu welchem Zweck tun soll, oder innerlich einfach nicht bei
der Sache ist, obwohl er es sein könnte, begeht je nach Umständen eine
Unvollkommenheit, eine läßliche oder eventuell sogar eine schwere
Sünde, ohne dadurch aber die Gültigkeit der Sakramentenspendung zu
gefährden. Von einem taufenden Heiden beispielsweise kann eine reflexe
Intention jedoch in der Regel nicht verlangt werden.
Sicher ist also, daß die explizite oder reflexe Intention zur
Gültigkeit nicht erfordert ist. Ebenso sicher ist aber, und das
entgegen der Meinung der meisten Dogmatiker, daß auch die virtuelle
oder direkte Intention nicht verlangt ist, um ein Sakrament gültig zu
spenden. Das ergibt sich aus ihren eigenen Aussagen. Denn sie erklären
es (mit Recht) zum Dogma, selbst der Stand der Todsünde oder - noch
schlimmer - die fehlende Rechtgläubigkeit des Spenders mache die
Sakramentenspendung nicht ungültig. So hat ja die Kirche tatsächlich im
berühmten Ketzertaufstreit mit Unfehlbarkeit entschieden. Nur haben die
meisten Theologen den offenen Widerspruch zwischen diesem Dogma und
ihrer Annahme übersehen, es sei eine innere wenigstens virtuelle
Intention zur Gültigkeit verlangt. Denn es steht fest, daß die Kirche
ohne Einschränkung definiert hat, die Taufe von Seiten welcher Ketzer
auch immer sei gültig, sofern nur der erforderliche katholische Ritus
vollzogen worden sei. Nun steht aber fest, daß viele häretische Sekten
die sakramentalen Wirkungen der Taufe und damit den Sinn und Zweck des
Sakraments vehement leugnen, so z.B. sämtliche Protestanten gleich
welcher Richtung. Was man aber ausdrücklich leugnet, d.h. ablehnt und
für nicht möglich oder nicht existent erklärt, kann man nicht
gleichzeitig innerlich intendieren (beabsichtigen). Wenn nach
protestantischer Auffassung die Taufe weder die Erbsünde abwäscht noch
die heiligmachende Gnade eingießt, kann kein überzeugter Protestant
eine dieser beiden Wirkungen des Taufsakraments auch bloß virtuell
anstreben, wenn er den korrekten Ritus vollzieht. Dennoch tauft er -
und das ist katholisches Dogma - gültig. Was anders soll man daraus
schließen als daß die korrekte, bewußte und gewollte Setzung des
äußeren Zeichens hinreicht, um die innere Gnade zu bewirken? Genau das
beinhaltet ja auch die oben zitierte Definition des Begriffs
"Sakrament".
Wie steht es aber dann mit einer weiteren begrifflichen Präzisierung
der zur gültigen Sakramentenspendung erforderlichen Intention,
die bisher noch gar nicht erwähnt wurde? Nach der dogmatisch
verbindlichen Lehre des Konzils von Trient ist nämlich genau jene
Absicht oder Intention auf Seiten des Spenders erforderlich,
"wenigstens das zu tun, was die Kirche tut". Nun, schon andere haben
darauf hingewiesen, daß dieser Begriff des Tridentinums keineswegs mit
der Formel zu verwechseln ist: "wenigstens das zu tun, was die Kirche
lehrt, daß sie es tut". Letztere Formel würde ja kaum verschleiert
wieder dasselbe behaupten, was die Kirche bei der Entscheidung über die
Gültigkeit der Ketzertaufe ein für allemal verneinte, daß nämlich zur
gültigen Sakramentenspendung der rechte Glaube im Spender erforderlich
sei. Nein, der ist nicht vonnöten, und damit auch nicht die
rechtgläubige Absicht. Nötig ist nur die Absicht, zu tun, was die
Kirche tut. Die Kirche aber tut nichts anderes, als daß sie das äußere
Zeichen setzt. Wer nun dasselbe äußere Zeichen setzt wie die Kirche,
tut dasselbe wie sie, tut das, was die Kirche tut. Und falls es sich
nicht gerade unglücklicherweise um einen Säugling, einen Berauschten,
einen Schlafwandler, einen Vollidioten oder einen Schauspieler auf der
Bühne (etc., etc.) handelt, hat er auch unzweifelhaft die Absicht, das
zu tun, was die Kirche tut; hätte er, obwohl unzweifelhaft bei Verstand
und Herr seines Willens - diese Intention nicht, würde er ja das äußere
Zeichen auch nicht (bewußt bzw. als solches) setzen, ja könnte er es
gar nicht setzen!
Die bisherige Argumentation hat gezeigt, daß es nach unfehlbarer Lehre
der Kirche so ist: die äußere Intention genügt zur gültigen
Sakramentenspendung. Die nachfolgenden Überlegungen werden überdies
zeigen, daß es auch so sein muß. Jedenfalls dann, wenn Christus die
Sakramente nicht vergeblich einsetzen wollte. Entgegen einer kaum
nachvollziehbaren Behauptung von Prof. Wendland gibt es die perfekte
Heuchelei und die perfekten Heuchler. Einer von ihnen war schon Judas
Iskariot, den außer Christus, dem Gottmenschen, keiner seiner
vertrautesten Gefährten, nämlich der übrigen elf Apostel, im geringsten
durchschaute, so daß sie sich noch in der Nacht des längst geplanten
und in die Wege geleiteten Verrats absolut nicht denken konnten, wer
von ihnen denn nun der Verräter sein solle. Dieses biblische Beispiel,
an dem überhaupt nicht zu deuteln ist, mag genügen. Nach dem heiligen
Paulus bzw. der einhelligen Interpretation seiner Worte im zweiten
Thessalonicherbrief durch die Kirchenväter und Kirchenlehrer besteht
das "mysterium iniquitatis", das schon zu seiner Zeit am Werk war,
jedoch bis zum endzeitlichen Auftritt des Antichristen aufgehalten
(nicht etwa vernichtet!) werden soll, in den Heuchlern unter den
Gläubigen und insbesondere unter dem geweihten Klerus.
Schon unter der Voraussetzung, daß wenigstens die virtuelle innere
Intention des Spenders zur Gültigkeit der Sakramentenspendung nötig
sei, ergeben sich fatale Konsequenzen gerade im Fall der heiligen
Weihen, insbesondere der Bischofsweihen. Von der gültigen Weitergabe
der Bischofsweihe hängt nämlich die Gültigkeit des Meßopfers sowie
aller anderen Sakramente außer Taufe und Ehe ab. Nimmt man nun bloß
einen einzigen heuchlerischen Bischof beispielsweise im fünften
Jahrhundert an, der insgesamt zwei andere Bischöfe weihte, dabei aber
aus Bosheit eine sogenannte "Gegen-Intention" erweckte, also innerlich
das Nicht-Zustandekommen der Wirkungen des Sakraments beabsichtigt,
während er äußerlich mit allem Anschein von frommer Beteiligung den
vorgeschriebenen Ritus vollzog, und geht man davon aus, daß diese
beiden Weihen ungültig waren, ohne daß die beiden neu"geweihten"
"Bischöfe" oder irgendjemand sonst das jemals gewußt hätte, dann hätte
womöglich dieser eine Fall fehlender innerer Intention genügt, im
weiteren Verlauf schließlich die ganze Kirche des Meßopfers und aller
fünf an das Priestertum gebundenen Sakramente zu berauben.
Wieso das? Nun, bekannt ist doch die Geschichte von dem antiken König,
der eines Tages seinem treuesten Vasallen zur Belohnung seiner
Verdienste die Hälfte seines Reiches anbot. Der jedoch lehnte
bescheiden ab und bat statt dessen darum, der König möge ihm ein
Schachbrett mit seinen 64 Feldern schenken, und auf dem ersten Feld
dieses Schachbretts ein Weizenkorn, auf dem zweiten Feld zwei
Weizenkörner, auf dem dritten vier, auf dem vierten ach Körner und
immer so fort. Der König lachte über diese Idee und gab den Befehl ,
das Gewünschte sofort herbeizuschaffen. Aber die Sache verzögerte
sich unerwartet lange und schließlich kamen die Verantwortlichen zum
König und erklärten ihm verzweifelt, sie könnten aus dem ganzen Land
nicht genügend Wagen voll Korn herbeischaffen, um auch bloß das 4o.
Feld des Schachbretts ordnungsgemäß mit Körnern zu belegen.
Kurz und gut, wenn jeder der beiden ungültig "geweihten" Bischöfe bis
zu seinem Tod wiederum nur zwei weitere Bischöfe unwissentlich ungültig
"geweiht" hätte, hätten vielleicht dreißig, vierzig oder höchstens
fünfzig Generationen genügt, das katholische Weihepriestertum auf
"kaltem Wege" einfach auszulöschen. Dabei wäre es sogar unerheblich
gewesen, wenn alle nachfolgenden "Bischofs"generationen bei allen ihren
Weihehandlungen ausnahmslos die nach unserer oben gemachten Annahme zur
Gültigkeit
erforderliche innere virtuelle Intention besessen bzw. erweckt hätten;
die hätte ihnen nämlich überhaupt nichts mehr genützt! Hinzu kommen die
Heuchler unter den Weiheempfängern, aus deren mangelhafter innerer
Intention gleichfalls Ungültigkeit der Weihe gefolgert werden müßte,
selbst wenn der weihende Bischof alle zur Gültigkeit erforderlichen
Bedingungen erfüllte! Nun ist aber sicher, daß es mehr als einen
Heuchler unter den Bischöfen gegeben hat. Dutzende von Bischöfen
gehörten allein in Frankreich oder Österreich zu einer Zeit insgeheim
der Freimaurerei an (was von den Logen erst viele Jahrzehnte nach ihrem
Tod bekanntgegeben wurde), als die Zugehörigkeit zur Satanssynagoge von
den Päpsten auf das strengste verboten und mit härtesten Kirchenstrafen
bedroht wurde. Wenn also Zugehörigkeit zur (Hochgrad)Freimaurerei schon
mit Satanismus identisch wäre (was unabhängig von allem anderen so
nicht stimmt) und deshalb eine gültige innere Intention eines
(hochgrad)freimaurerischen Bischofs bei sakramentalen Weihehandlungen
automatisch ausschlösse, gäbe es allein deshalb höchstwahrscheinlich
heute keinen einzigen gültig geweihten Bischof mehr, was auch
Erzbischof Thuc, Msgr. Carmona und alle anderen Hoffnungsträger der
sogenannten Traditionalisten einschlösse. Entsprechend existierten erst
recht keine gültig geweihten Priester mehr, also auch kein Meßopfer und
keine Sakramente. Zumindest wüßte man in keinem einzigen Fall, ob eine
angeblich heilige Messe oder eine angebliche Sakramentenspendung noch
gültig wäre, müßte vielmehr schärfste Zweifel daran hegen.
Tatsächlich scheuen sich viele Dogmatiker nicht, zu behaupten, es gebe
nun einmal nur eine moralische, nicht aber eine absolute Gewißheit, ein
Sakrament gültig, d.h. von einem gültigen Spender und in - kraft dessen
verborgener innerer Intention - gültiger Weise zu empfangen. Eine bloß
moralische und dabei größere oder geringere Gewißheit ist aber niemals
eine Sicherheit. Nach durchgehender Lehre der Moraltheologen wäre
jedoch der Empfang eines Sakraments oder die Teilnahme an einem
Meßopfer, von dessen Gültigkeit man bloß eine größere oder geringere
moralische Gewißheit hat, sündhaft, weil man wissentlich und
willentlich in Kauf nehmen würde, einem ungültigen Ritus beizuwohnen;
dadurch würde man nämlich die heiligen Sakramente geringschätzen bzw.
verachten. Nun kann Gott aber nicht einen Zustand herbeiführen, in dem
alle Menschen bzw. alle Gläubigen zum Sündigen gezwungen sind. Auch
kann die Kirche nichts zwingend gebieten, was in sich sündhaft wäre.
Nun verpflichtet aber die Kirche im Namen Gottes alle Gläubigen zum
regelmäßigen Empfang der Sakramente und zur regelmäßigen
Teilnahme am heiligen Meßopfer. Folglich muß die Kirche sicher Sein,
daß alle Gläubigen prinzipiell die Möglichkeit haben, an unzweifelhaft
gültigen heiligen Messen und Sakramentenspendungen teilzunehmen. Also
kann die Gültigkeit der hl. Messe und der Sakramente gemäß der
gottgesetzten Heilsordnung nicht von einer unsichtbaren inneren
Intention des Zelebranten bzw. Spenders, sei sie nun virtuell oder gar
reflex, abhängen.
Aus allem Gesagten ergibt sich also, daß vor der fragwürdigen
Liturgiereform des II. Vatikanums - und zwar seit der Zeit der hl.
Apostel! - alle Sakramente und damit auch alle heiligen Weihen gültig
waren, die von
ihrerseits gültig geweihten Spendern in äußerlich korrekter Form bei klarem Verstand und mit freiem Willen vollzogen wurden.
Bleibt zu erörtern, was sich an diesem Sachverhalt durch die
Liturgiereform geändert hat. Nun, der neue Weiheritus aller drei
Weihestufen (Diakonat, Priestertum, Bischofsweihe) weist einen
doppelten Mangel auf: erstens wurde er gegenüber dem traditionellen
Ritus verunklart, so daß die die entscheidende Handauflegung (Materie
des Sakraments) begleitenden erläuternden und vereindeutigenden Worte
(Form des Sakraments) eben überhaupt nicht mehr eindeutig zum Ausdruck
bringen, was die Handauflegung bewirken soll; zweitens wurde der
frühere Ritus nachweislich genau zu dem Zweck und mit der Absicht
geändert, die Sakramente der Kirche, in diesem Fall das Weihesakrament,
zu zerstören.
Der erste Mangel, d.h. eine dem nackten Wortlaut nach nicht hinreichend
eindeutige sakramentale Form allein würde das Weihesakrament nicht
ungültig machen, da die ostkirchlichen Weiheformeln den nunmehrigen
reformierten ganz ähnlich sind und vom katholischen Lehramt bzw. den
Theologen dennoch immer als gültig betrachtet und anerkannt wurden. Der
zweite Mangel jedoch in Verbindung mit dem ersten müßte (wie
bekanntlich Papst Leo XIII. im Hinblick auf die Beurteilung der
anglikanischen "Weihe"riten unfehlbar festgestellt hat) die
reformierten Weihen als solche sicher ungültig machen - wenn dem nicht
die gegenüber der seinerzeitigen Einführung der anglikanischen
Weiheriten völlig andersgearteten Umstände entgegenstünden. Wurden jene
in offener Auflehnung gegen Rom und unter blutiger Verfolgung der
romtreuen Katholiken von einem abtrünnigen König aufgezwungen, so
wurden diese von der scheinbaren höchsten kirchlichen Autorität der
katholischen Kirche selber, nämlich von "Papst" Paul VI. persönlich als
angeblich genauso wie vordem katholische Riten eingeführt. Für die
allerwenigsten Gläubigen und sogar Priester bzw. Bischöfe war damals
und ist bis heute der Betrug erkennbar. Darum besteht keine wirkliche
Parallelität zwischen Ritenreform Pauls VI. und der Einführung der
anglikanischen Weihen.
Dennoch sind die neuen Weiheriten in sich ungültig. Aber aus einem
anderen Grund. Sie wurden nämlich von einem Pseudopapst promulgiert.
Folglich sind sie zunächst einmal rechtlich ungültig. Das aber
bedeutet, daß sie gar nicht Riten der katholischen Kirche sind. Wer
diese Riten korrekt setzt, tut also ungeachtet dessen zumindest
objektiv nicht mehr das, was die katholische Kirche tut! Er kann auch
objektiv gar nicht die (äußere!) Absicht haben, zu tun, was die
katholische Kirche tut. Und wer sich nun auch innerlich in irgendeiner
Form der dem Ritus erkennbar innewohnenden häretischen Tendenz
anschließt, hat weder äußerlich noch innerlich die Intention, das zu
tun, was die Kirche tut, d.h. er vollzieht einen sakramental ungültigen
Ritus, das Weihesakrament kommt nicht zustande.
Allerdings muß das nicht unbedingt der Fall sein. Die innerliche,
rechtgläubige Intention (virtuell oder reflex) vermag den Defekt der
äußeren Form auszugleichen bzw. zu ersetzen. Daß dem so ist, geht aus
einer einschlägigen lehramtlichen Entscheidung des hl. Papstes
Zacharias hervor, die sich im "Denzinger" unter der Nr. 297 findet und
übersetzt folgendermaßen lautet (es handelt sich um einen Brief an den
hl. Bischof Bonifatius aus dem Jahre 764): "Man hat freilich berichtet,
daß in derselben Provinz ein Priester war, der die lateinische Sprache
überhaupt nicht kannte und, wenn er taufte, ohne die lateinischen Worte
zu verstehen, radebrechend sprach: 'Ich taufe dich im Namen Vaterland
und Tochter und des Heiligen Geistes.' Und deshalb hast Du ehrwürdiger
Bruder, eine erneute Taufe in Betracht gezogen. Aber ... wenn jener,
der taufte, nicht einen Irrtum oder eine Häresie einführte, sondern
einzig aus Unkenntnis der römischen Sprache beim Taufen so gesprochen
haben sollte, wie wir oben gesagt haben, können wir dem nicht
zustimmen, daß (die so Getauften) nochmals getauft werden sollen."
Der Priester hatte demnach mit einer dem äußerlichen Wortlaut nach
total falschen, ja sinnlosen und sicherlich ungültigen Formel dennoch
gültig getauft! Und das aufgrund seiner in diesem Fall offenbar
hinreichend feststellbaren korrekten inneren Intention, das zu tun, was
die Kirche tut, wenn sie tauft. Wer kann nun aber ernstlich bezweifeln,
daß viele Bischöfe mit korrekter innerer Intention, das zu tun, was die
wahre katholische Kirche tut, die Weihen nach dem reformierten Rituale
spenden, weil sie dieses Rituale eben aus unüberwindlichem Irrtum
heraus für ein authentisch katholisches halten, so wie jener Priester
seine unsinnige Taufformel aus unüberwindlichem Irrtum heraus für die
gültige hielt? Folglich kann auch eine Weihe nach dem reformierten
Ritus noch gültig sein. Nur ist ihr Empfang niemandem erlaubt, der die
objektive Ungültigkeit und den schismatischen Charakter der neuen Riten
erkannt hat, weil er erstens das bewußte und damit sündhafte Risiko
einginge, eine bloß moralisch sicher gültige Weihe zu empfangen und
sich zweitens dem Schisma anschließen würde.
Abschließend danke ich dem Herausgeber und Chefredakteur von
"Einsicht", Herrn Dr. E. Heller, vielmals für sein freundliches
Entgegenkommen und seine Bereitschaft, diesen Beitrag hier abzudrucken.
***
Zusammenfassung der Untersuchung von Rothkranz
von
Christian Jerrentrup
Johannes Rothkranz versucht in seinen vorstehenden "Anmerkungen zu
Herrn Prof. Wendlands Beitrag etc." (auch als Sonderheft der EINSICHT,
Juli 1992), den Begriff der Intention präzise zu bestimmen und
anschließend zu klären, welcher Art die für die gültige
Sakramentenspendung erforderliche Minimalintention des Spenders sein
muß. Der Verfasser unterscheidet dazu vier bzw. fünf "verschiedene
Arten von Intention" (S. 6/7):
1. rein äußere Intention - korrekte Setzung des äußeren rituellen Zeichens durch einen (Natur)-Vorgang.
2. äußere Intention - korrekte Setzung des äußeren rituellen Zeichens
durch eine (Venunft)-Handlung, wobei Kenntnisstand und Motiv im Spender
nicht erforderlich sind.
3. virtuelle Intention - korrekte Setzung des äußeren rituellen
Zeichens durch eine (Vernunft)-Handlung, wobei Kenntnisstand und Motiv
im Spender vorhanden sind, Zerstreuung bei der Spendung aber möglich
ist.
4. explizite Intention - korrekte Setzung des äußeren rituellen
Zeichens durch eine (Venunft)-Handlung, wobei Kenntnisstand und Motiv
im Spender vorhanden sind und keinerlei Zerstreuung bei der Spendung
erfolgen darf, sondern volle Attention vorhanden sein muß.
5. uneigentliche Intention - korrekte Setzung des äußeren rituellen
Zeichens durch eine (Vernunft)-Handlung als vorsätzliche, äußerlich
erkennbare Setzung einer Gegenintention.
Zunächst scheidet Rothkranz die rein äußere Intention als auch die
uneigentliche Intention als unzureichend aus. In seinen weiteren
Überlegungen weist er der Darlegung von Prof. Wendland die Position der
expliziten Intention und der herkömmlichen Schultheologie die der
virtuellen Intention zu. Er selbst hält die äußere Intention als
Minimum für ausreichend. Diese Ansicht begründet er folgendermaßen:
Die explizite Intention (Position von Prof. Wendland) sei nicht
erforderlich, da Wendland offenbar die (dogmatisch notwendige)
Minimalintention mit der (moralisch gesollten) Gottwohlgefälligkeit
verwechsele. Außerdem sei auch die von einem Heiden gespendete Taufe
von der Kirche als gültig anerkannt Ein Heide habe aber ganz gewiß
keine explizite Intention. Rothkranz bezeichnet seine eigene
Beurteilung der Position von Wendland als "sicher" (S. 7 unten).
Die virtuelle Intention (Position der Schultheologie) sei - entgegen
der Meinung der meisten Dogmatiker - ebenfalls nicht unbedingt
erforderlich. Als Hauptargument führt Rothkranz auch hier wieder die
Gültigkeit der Häretikertaufe an, die von der Kirche auch dort
anerkannt sei, wo Häretiker die sakramentalen Wirkungen der Taufe
leugneten. Angesichts einer solchen Leugnung könne nicht mehr von
virtueller Intention im häretischen Spender gesprochen werden. Es sei
daher weder "der rechte Glaube im Spender" noch die "rechtgläubige
Absicht" erforderlich, sondern nur "die Absicht, zu tun, was die Kirche
tut" (S. 8 oben). Analoge Überlegungen gelten laut Rothkranz für die
Priester- und Bischofsweihe. Ein "heuchlerischer Bischof" (S. 8 unten)
könne auf lange Sicht das katholische Weihepriestertum "auf 'kaltem
Wege' einfach auslöschen" (S. 9 oben), indem er stillschweigend und
unmerklich eine sogenannte "Gegen-Intention" benutze. Dagegen müsse für
die Sakramentenspendung strikt das Prinzip der maximalen Sicherheit und
"absoluten Gewißheit" (S. 9 Mitte) angewendet werden; moralische
Gewißheit wie bei der virtuellen Intention reiche nicht aus.
So ist nach Rothkranz die Zureichendheit der äußeren Intention die
einzig legitime Position: gemäß "unfehlbarer Lehre der Kirche" genügt
"die äußere Intention (...) zur gültigen Sakramentenspendung" (S. 8
unten).
***
Beurteilung der vorgetragenen Positionen
von
Christian Jerrentrup
Im folgenden soll dargelegt werden, daß die Position der Schultheologie
(virtuelle Intention) zwar nicht immer zu Ende reflektiert wurde, aber
m. E. die einzig richtige Lösung darstellt. Zugleich soll der Fehler
des Primats des Intellekts in der Untersuchung von Prof. Wendland
aufgezeigt werden.
Zur gültigen Spendung eines Sakraments sind drei Voraussetzungen dogmatisch
erforderlich:
a) richtige Form
b) richtige Materie
c) Absicht, zu tun, was die Kirche tut
Alle drei Voraussetzung sind von der Glaubenslehre gefordert und
brauchen nicht weiter erläutert zu werden. Als dogmatische Definitionen
sind diese
Voraussetzungen begrifflicher Natur. Das Sakrament entsteht erst, wenn
der geforderte Sakramentsritus unter diesen drei Voraussetzung konkret
vollzogen wird. Werden richtige Form und richtige Materie
vorschriftsgemäß angewendet, liegt - nach der Terminologie von
Rothkranz - die äußere Intention vor. Auch wenn die Anwendung von Form
und Materie objektiv fixierbar ist, impliziert das aber noch nicht, daß
die dritte Voraussetzung, nämlich die Absicht zu tun, was die Kirche
tut, auch schon erfüllt wäre. Man kann nur unter gröbstem Mißbrauch des
Wortes Intention zugeben, daß im bloß äußeren Vollzug schon ein
besonderes Streben des Willens - und das heißt ja "Intention" -
beinhaltet ist. Einen
solchen bloß äußeren Vollzug könnten auch Maschinen leisten. Würde man
dem dennoch zustimmen, dann beschränkte sich die ganze Ausrichtung der
Kirche auf die bloß äußere Abhaltung von Zeremonien. Die Absicht, zu
tun, was die Kirche tut, ist also in der korrekten Anwendung von Form
und Materie nicht enthalten, sondern muß gesondert hinzutreten.
Nun ist eine Absicht immer eine Willenssetzung. Eine Willenssetzung
kann als solche im Bewußtsein nur auftreten, wenn sie als
Willenssetzung gewußt wird und wenn der Wille etwas Bestimmtes will.
Nach Wendland jedoch "lockt der Verstand den freien Willen aus dem
Vermögen des Willens mit Notwendigkeit hervor". Der Wille muß dann das
vom Verstand ihm Vorgestellte wollen. Hier liegt der Hauptfehler der
Ungültigkeitsbegründung seiner Abhandlung. Freiheit wird nicht als
Grund ihrer selbst, sondern als notwendige Folge eines höheren Grundes
gedacht. Akzeptiert man diesen Ansatz, kann Willensfreiheit nie mehr
einsichtig behauptet werden. Was übrigbleibt, ist ein Wille, der nicht
mehr frei, sondern notwendige Folge eines Grundes ist. Damit ist er
aber gerade kein Wille mehr. Er wird zum bloßen Ding wie Tisch, Stuhl
und Bank ("esse intentionale"). In der Konsequenz heißt das dann z.B.,
daß ein Häretiker deshalb Häretiker ist, weil er (theoretisch)
unwissend ist, nicht etwa, weil er moralisch defizient wäre (so auch
die Schlußfolgerung bei Wendland, s.o.). Mit dieser Auffassung, die auf
der falschen Position des griechischen Intellektualismus fußt
(Sokrates: "Tugend ist Wissen") und auch in die katholische Theologie
eingedrungen ist (etwa in dem Satz "Omnis peccans est ignorans" = Jeder
Sünder ist unwissend) und die ihr logisches Ende im völligen
Materialismus unter Preisgabe jeglicher Sittlichkeit
haben muß - einen Schluß, den die Reformer ja auch gezogen haben -, ist
eine wirksame Bekämpfung der weltanschaulichen Feinde der Kirche nicht
möglich.
Demgegenüber weiß sich der freie Wille als aufgefordert durch das
Sittengesetz und aufgegeben zu dessen Realisation. Damit wird gesagt,
daß der freie Wille nie auftreten kann ohne Bezug auf das Sittengesetz,
also quasi auf das Sittengesetz hin geschlüsselt und in inhaltlicher
Hinsicht gebunden ist (Der formal freie Wille soll das Sittengesetz
erfüllen.) Er bleibt aber auf der anderen Seite formal absolut frei,
dieser Forderung zu entsprechen oder nicht. Hier wird eine Freiheit
angesprochen, die weder formal determiniert ist noch material absolut
willkürlich verfahren kann (wie bei Sartre).
Die Intention existiert also nur im Wissen ihrer, und sie kann nur als
bestimmte Intention existieren. Das sind genau die Punkte, die
Rothkranz mit den Worten "Kenntnisstand" und "Motiv" als Merkmale der
virtuellen Intention anführt.
Im Gegensatz zu Form und Materie ist diese virtuelle Intention im
Vollzug der Sakramentenspendung zwar objektiv vorhanden und als solche
erkennbar, aber eben nur in diesem Vollzug unmittelbar existent (und
nicht als objektives Ding-an-sich abtrennbar). Die geforderte Intention
muß also in diesem Akt und durch ihn hindurch aufleuchten. Das Dogma
von der Notwendigkeit der Intention, zu tun, was die Kirche tut
(Tridentinum), weist also durch seine eigene Existenz über sich selbst
hinaus auf ein für die gültige Sakramentenspendung notwendiges
Konstitutivmoment nicht objektivierbarer Art. Damit ist die Behauptung
von der angeblichen Zureichendheit der äußeren Intention als mit der
kirchlichen Lehre nicht vereinbar zurückgewiesen.
Die oben genannte Gewißheit über die objektive Intention des Spenders -
das ist der entscheidende Punkt - ist also unmittelbar vermittelt,
nicht bloß äußerlich. Der Versuch, sie durch bloß äußere Vorgänge zu
fixieren, etwa um ein Kriterium ihrer Beurteilbarkeit zu haben, würde
sie aufheben. Rothkranz hingegen will die Gewißheit über die Intention
an äußere Kriterien anbinden. Weil das mit der virtuellen Intention
aber nicht geht, erklärt er sie für überflüssig. Die äußere Intention
reiche angeblich aus. Dabei argumentiert er nach dem Grundsatz "Was
nicht sein darf, kann auch nicht sein". Die Kirche verpflichte zum
Sakramentenempfang. Sie könne aber nicht zu etwas verpflichten, was nur
moralisch gewiß ist, weil sie in der Sakramentenspendung zu
höchstmöglicher Sicherheit verpflichtet sei. Nach Rothkranz muß die
Verpflichtung sich daher auf eine absolute Gewißheit beziehen. Absolute
Gewißheit liefere aber nur die sog. äußere Intention, weil ihre
Gewißheit vom Vollzug des Sakraments abkoppelbar ist - s.o.
Natürlich können auch Fälle eintreten, in denen die Intention im
Spender angezweifelt werden kann. Da die Sakramentenspendung sicher
sein muß, hat die Kirche organisatorische Kontrollmechanismen zur
mittelbaren Beurteilung der angezweifelten Intention einrichtet
(Anzeige von Häretikern und Apostaten beim Hl. Officium, apriori Verbot
des Sakramentenempfangs bei Häretikern etc.). In solchen Fälle können
Sakramente dann auch sub conditione nochmal gespendet werden.
Anmerkungen zur Häretikertaufe
Die Kirche lehrt nicht, daß die Häretikertaufe immer und überall und
unter allen Umständen gültig sei. Sie behauptet nur, daß Häretiker
gültig taufen können, vorausgesetzt, sie haben die Intention, zu tun,
was die Kirche tut. Die Gewißheit über die im Spender vorhandene
Intention, zu tun, was die Kirche tut, muß aber empirisch intuierend
ermittelt werden (s.o.). Hier darf man mit gutem Recht annehmen, daß
ein nichtkatholischer Spender sehr viel weiter von der Intention der
Kirche entfernt ist als ein katholischer.
Dabei liegt immer folgende Überlegung zugrunde: Nicht der Taufspender
tauft, sondern Christus. Christus tauft aber nur, wenn ein Mensch sich
zu seinem Taufwerkzeug macht. Ein Mensch macht sich nur dann zum
Taufwerkzeug Christi, wenn er tut, was die Kirche tut. Hier liegt der
entscheidende Punkt: dieses Sich-zum-Taufwerkzeug-machen kann natürlich
auch ein Heide, Jude, Häretiker oder Schismatiker leisten. Der Beweis
der Gültigkeit oder Ungültigkeit einer solchen Taufe muß aber immer für
den Einzelfall konkret erbracht werden. Das ist vielfach äußerst
schwierig, wenn nicht gar unmöglich. Deshalb werden Konvertiten
bedingungsweise wiedergetauft - eben um eine fehlende virtuelle
Intention im Taufspender zu ergänzen bzw. zu ersetzen.
|