Anmerkungen:
1) Eberhard Heller, Wo ist die Kirche als sichtbare Heilsinstitution?
(XI, 1, 9); ders., Wo stehen wir? (XII, 6, 194-199 bzw. XIII, 1,
53-57); ders., Der Wiederaufbau der kirchlichen Hierarchie (XV, 6,
150-154, XVI, 1, 12-15; XVI, 2, 39-42, XVI, 3, 65); Alvaro Ramirez
Arandigoyen, Über den katholischen Widerstand gegen den Modernismus und
die Frage der Bischofsgewalt in der Kirche (XIII, 6, 194-199; 7,
234-236); Brian P. Champlin, Zur Wahl eines römischen Pontifex (XVI, 3,
65-72); Eberhard Heller / Teresa L. Benns / David Bawden, Zur
Problematik der Restitution der kirchlichen Hierarchie (XIX, 3, 58-60,
XIX, 5, 119-121, XIX, 7, 171-174); H. H. Otto Katzer, Unbesetzter
Apostolischer Stuhl (XIX, 3, 73); S. E. Mgr. Moises Carmona, "Damit
alle eins seien" (XIX, 5, 112-113); Tomas Tello, Aufruf an alle
katholischen Christen (XXI, 4, 100-102; XXII, 1, 12-14); André Perlant,
Papa haereticus deponi potest (XXII, 1, 15-19); Eberhard Heller, Zum
Problem einer möglichen Papstwahl (XXIII, 2, 30).
2) Vgl. Walther J. Friedrich, Vereine und Gesellschaften, 7. Auflage München 1994, 88.
3) Ich weise darauf hin, daß ich weder Historiker noch Theologe noch
Jurist bin und sachliche Korrekturen jeder Art dankbar entgegennehmen
werde.
4) "Weide meine Lämmer, ... weide meine Schafe" (Jo 21, 15-17).
5) "Gehet hin in alle Welt und verkündet das Evangelium aller Kreatur"
(Mk 16,15). "Gehet also hin, und lehret alle Völker und taufet sie im
Namen des Vaters, und des Sohnes und des Hl. Geistes." (Mt 28, 19).
6) "Welchen ihr die Sünden nachlaßt, denen sind sie nachgelassen..." (Jo 20, 23).
7) "Siehe, ich bin bei euch alle Tage bis an das Ende der Welt." (Mt 28, 20).
8) "Ihr werdet die Kraft des Hl. Geistes empfangen..." (Apg 1, 8).
9) "Ihr werdet meine Zeugen sein ... bis an die Grenzen der Erde" (Apg 1, 8).
10) "Ich habe öffentlich zur Welt geredet, ich habe zu jeder Zeit in
der Synagoge und im Tempel gelehrt, wo alle Juden zusammenkommen, und
im Verborgenen habe ich nichts geredet." (Joh 18, 20).
11) Entscheidend ist die Einsicht, daß die Sichtbarkeit der Kirche eine
Aufgabe ist, der in Treue zum Willen Christi schlechthin entsprochen
werden soll - aber nicht muß. Diese Einsicht ist von der höchsten
Bedeutung. Wäre die Sichtbarkeit der Kirche ein notwendiges Moment (so
z. B. Bernhard Bartmann: "Die von Christus gestiftete Kirche ist
wesentlich und notwendig sichtbar, so daß sie jederzeit leicht und
sicher von allen als wahre Kirche erkannt und von Pseudokirchen
unterschieden werden kann", Lehrbuch der Dogmatik, 2. Band, 7. Aufl.
Freiburg i. Br. 1929, 183, Hervorhebungen von mir), dann könnte die
Sichtbarkeit der Kirche, sobald sie einmal existierte, ja nie mehr
verloren gehen (Bartmann: "jederzeit"!!). Eine solche Folgerung wäre
eine tödliche Lähmung für unseren Kirchenkampf. Die Apostel waren frei
und hätten den Schritt in die Öffentlichkeit auch unterlassen können -
mit unabsehbaren Konsequenzen!
12) So wie ein Ungeborenes vor seiner Geburt zwar lebt, aber eben nicht
(öffentlich) sichtbar ist. Eine Kirche, die absichtlich
nicht-öffentliche Heilsinstitution sein wollte, würde einem Ungeborenen
gleichen, das leben, aber nicht geboren werden will.
13) Josef Blinzler, Der Prozeß Jesu, Regensburg, 4. Auflage 1969, 19-20.
14) Blinzler, a.a.O., 245.
15) Blinzler, a.a.O., 246.
16) "Gott hat diesen Jesus zum Herrn und Messias gemacht, ihn, den ihr gekreuzigt habt." (Apg 2, 36).
17) "Die nun sein [Petrus'] Wort annahmen, wurden getauft, und es
wurden hinzugenommen an jenem Tag gegen dreitausend Seelen" (Apg 2,
41). Man beachte: die dreitausend Seelen wurden "getauft"
(dogmatisch-relevante Seite) und "hinzugenommen" (rechtlich-relevante
Seite). Gemeint ist die mit der Taufe einhergehende Aufnahme in die
Kirche und die gleichzeitige Trennung von der Synagoge.
18) Vgl. die Prozesse gegen Paulus, von denen die Apostelgeschichte
berichtet. Paulus nutzt bedenkenlos alle Rechtsmittel aus, die ihm zur
Verfügung stehen. Zu diesem bemerkenswerten Vorgang vgl. Leopold
Wenger, Erste Berührungen des Christentums mit dem römischen Rechte,
in: Miscellanea Giovanni Mercati, Bd. V, Rom 1946, 583-587.
19) Unter einer "Juristischen Person" versteht man heute eine
"Personenvereinigung oder ein Zweckvermögen mit vom Gesetz anerkannter
rechtlicher Selbständigkeit" (Carl Creifelds, Rechtswörterbuch,
München, 10. Auflage 1990, 612). Wie erstaunlich weit das römische
Recht diesen Begriff unter den termini universitas, corpus und
collegium bereits geklärt hatte, hat Ludwig Schnorr von Carolsfeld in
seiner Arbeit Geschichte der juristischen Person, München 1933,
aufgezeigt.
20) Vgl. Herbert Hausmaninger / Walter Selb, Römisches Privatrecht, Wien, Köln, Weimar, 6. Auflage 1991, 138-141.
21) Hausmaninger / Selb, a.a.O., 139.
22) Hausmaninger / Selb, ebd. Zum Begriff der "Personenvereinigung" im
römischen Recht vgl. Lexikon der Alten Welt, Bd. 3, Zürich und München
1990, Sp. 2544-2545. Eine quellenmäßig begründete Darstellung des
römischen Vereinsrechts findet sich bei Max Kaser, Das römische
Privatrecht, Bd. 1 (Vorklassische und klassische Zeit), 2. Auflage
München 1971, 302-310, sowie Bd. 2 (Nachklassische Zeit), 2. Auflage
München 1975, 151-158.
23) Karl Baus, Von der Urgemeinde zur christlichen Großkirche, in:
Handbuch der Kirchengeschichte, hrsg. v. Hubert Jedin, Band 1,
Freiburg, Basel, Wien 1962, 151.
24) "eine gewaltige Menge" (Tacitus, Annales 15, 44, ed. Heubner).
25) "Ihr aber seid Christi Leib und im einzelnen Glieder" (1 Kor 12, 27).
26) Willibald M. Plöchl, Geschichte des Kirchenrechts, Band 1, Wien, München, 2. Auflage 1960, 43.
27) Plöchl, ebd.
28) Man denke nur daran, wie bestimmte aufwendige
Hollywood-Produktionen (z. B. "Quo vadis", "Das Gewand") von der
römischen Christengemeinde ein naiv-einfältiges, historisch völlig
verzerrtes Bild gezeichnet haben.
29) Plöchl, a.a.O., 43-44. Folgt man der maßgebenden Analyse von Gerda
Krüger (Die Rechtsstellung der vorkon-stantinischen Kirchen -
Kirchenrechtliche Abhandlungen, hrsg. v. Ulrich Stutz, Heft 115-116),
Stuttgart 1935), lassen sich sogar einzelne Rechtsstreitigkeiten der
damaligen Zeit rekonstruieren: so der Verwaltungsprozeß zwischen der
römischen Gemeinde und den popinarii (Standesvertretung der Köche)
wegen der Nutzung eines öffentlichen Grundstücks zu gottesdienstlichen
Zwecken um 230 (ebd. 273-298), eine Verwaltungsvorschrift aus dem Jahre
257 betreffs kircheneigener Friedhöfe (ebd. 300) oder eine Zivilklage
der Kirche von Antiochien gegen den abgesetzten Bischof Paul von
Samosata aus dem Jahre 268 (ebd. 303) Zu den Aufgaben der Gemeinden
gehörte auch die Fürsorgepflicht (Gerda Krüger, Die Fürsorgepflicht der
vorkonstantinischen Kirchen, Weimar 1935 (Sonderabdruck aus der
Zeitschrift der Savigny-Stiftung für Rechtsgeschichte, 55. Band,
1935)). Dieses "Caritaswesen" war straff durchorganisiert, auch in
bezug auf die Vermögensverwaltung; nach Krüger war es in apostolischer
Zeit grundgelegt worden (ebd. 113).
30) Vgl. Katakomben, in: LThK, 2. Auflage, VI, 20-24. Die Katakomben
waren unterirdische Begräbnisstätten, als loca religiosa (heilige Orte)
vom römischen Recht geschützt (ebd., 21) und standen "in keinerlei
Zusammenhang mit den Verfolgungen" (ebd., 22).
31) Beginnend mit Nero zählt man üblicherweise zehn Verfolgungswellen,
in Analogie zu den zehn Plagen Ägyptens. Die heutige
Kirchengeschichtsforschung unterteilt aus Gründen, die wir hier
übergehen können, anders.
32) Hermann Bengtson, Grundriß der römischen Geschichte, München, 3. Auflage 1982, 355f.
33) Bengtson, a.a.O., 414f.
34) Plöchl, a.a.O., 43.
35) Man muß dazu wissen, daß die heidnisch-römische Religion staatlich
vorgeschrieben war. Neue unterworfene Völkerschaften durften ihren Kult
beibehalten, mußten aber dem Kaiser göttliche Ehre erweisen. Dafür
wurden ihre Götter in den allgemeinen römischen Götterkanon aufgenommen
(vgl. Bernhard Latte, Römische Reli-gionsgeschichte, München, 2.
Auflage 1992, 312-326). Eine Ausnahme bildeten die Juden, die vom
Kaiser-opfer freigestellt waren.
36) Plöchl, ebd.
37) Plöchl, ebd.
38) Vgl. Alexander Demandt, Die Spätantike, München 1989, 437-455.
39) Hans-Georg Beck, Kirche und theologische Literatur im byzantinischen Reich, München 1977, 36.
40) Beck, op. cit., 37.
41) "Eines der wichtigsten Rechte, das der König für sich beanspruchte,
war, die höheren Reichskirchen, Bistümer und Abteien, zu besetzen."
(Hermann Conrad, Der deutsche Staat, Frankfurt, Berlin 1969, 40).
42) Ulrich Eisenhard, Deutsche Rechtsgeschichte, 2. Auflage München
1995, 31-32. - Daß die Kirche sich diese Freiheit hart
erkämpfen mußte, soll nicht unerwähnt bleiben.
43) Art 137, Abs.5, Satz 1 der Weimarer Reichsverfassung (WRV): "Die
Religionsgesellschaften bleiben Kör-perschaften des öffentlichen
Rechts, soweit sie solche bisher waren." - Die Weimarer Verfassung hat
zugleich mit der Behauptung, es bestehe keine Staatskirche, den Staat
religiös völlig neutralisiert.
44) Art. 140 Grundgesetz (GG): "Die Bestimmungen der Artikel 136, 137,
138, 139, 141 der Deutschen Verfas-sung vom 11. August 1919 sind
Bestandteil dieses Grundgesetzes."
45) Die "Vaticanum II"-Behauptungen eines "Rechts auf
Religionsfreiheit" (Dekret Dignitatis humanae, Kap. 2) sowie der
Heilsvermittlung durch häretische Religionsorganisationen (Dekret
Unitatis Redintegratio, Kap. 3) sind in jedem Fall direkte Häresien;
die Behauptungen, Muslime würden den alleinigen Gott anbeten (Dekret
Nostra Aetate, Kap. 3) und den Schöpfer anerkennen (Dekret Lumen
gentium, Kap. 16), sind sogar apostatisch.
46) Mir ist kein Fall bekannt, daß jemand den Versuch unternommen
hätte, diese ungeheure Anmaßung der "Amtskirche" mit Rechtsmitteln als
illegitim zurückzuweisen. Daß ein solcher Versuch keinen Erfolg hätte,
kann nicht von vorneherein behauptet werden. Auch die naheliegende
Vermutung, daß der Staat - weil weltan-schaulich neutral - die
konkreten Glaubensaussagen einer Religionsgemeinschaft keiner Kontrolle
unterwirft oder ihre inhaltliche Kontinuität überprüft, kann nicht
befriedigen. Man erinnere sich an den Fall, daß eine theologische
Hochschule per Gerichtsbeschluß sich an die offiziell verkündete
Glaubenslehre zu halten habe, welcher Beschluß durch rein formale
Vergleichung zustande kam (EINSICHT XIV, 1, 11). Daß die "Amts-kirche"
nach "Vatikanum II" eine wesentlich andere ist als vorher, kann m. E.
jeder halbwegs gebildete Richter nachvollziehen, wenn man ihm
geeignetes Material an die Hand gibt. - Allerdings hat der Staat bei
einer "Kör-perschaft des öffentlichen Rechts" gerade auf eine
inhaltliche Kontrolle der Innenverhältnisse dieser Vereini-gung
Verzicht geleistet.
47) Bonifaz VIII., Bulle Unam sanctam vom 18. November 1302 (DS / DH 870-875, vor allem 873).
48) Es hilft also nichts, sich in der Öffentlichkeit als
"rechtgläubig-katholisch" oder "römisch-katholisch wie vor dem Konzil"
darzustellen in der trügerischen Hoffnung, der Gesprächspartner käme
dann von selbst darauf, wer oder was eigentlich gemeint sei. Die
richtige Bezeichnung zu finden, ist aber deshalb so schwierig, weil a)
unsere Position begrifflich immer noch nicht hinreichend präzise
geklärt ist, b) unsere Position trotz der bisher erfolgten teilweisen
Klärung fast völlig unbekannt ist, c) weil wir nicht als rechtlich
abgegrenzte Gruppierung unter einheitlicher Bezeichnung in der
Öffentlichkeit auftreten. Hier herrscht dringender Handlungsbedarf.
49) Wie man es nicht machen darf, zeigt das Verhalten der
"Priesterbruderschaft St. Pius X.", die in der Bundesrepublik
Deutschland für von ihr getragene Kapellen in Köln und Kleve die
Bezeichnung "röm.-kath Oratorium" benutzten. Als daraufhin die
"Amtskirche" durch zwei Bistümer auf Unterlassung der Führung dieser
Bezeichnung klagte, bekam sie prompt recht (Oberlandesgericht
Düsseldorf und letztinstanzlich Bundesgerichtshof). Eine von der
"Priesterbruderschaft S. Pius X." angestrengte Klage beim
Bundesverfassungsgericht wegen Verstoßes gegen Art. 2 GG (Freiheit der
ungestörten Religionsausübung) und Art. 4, Abs 1 GG (Freiheit des
Glaubens) wurde durch Beschluß vom 31. März 1994 abgewiesen. Die
"Priesterbruderschaft S. Pius X." behauptete allen Ernstes, ihre
Anhänger verstünden sich nach wie vor als Mitglieder der verfaßten
"römisch-katholischen Kirche" (wohlgemerkt: im Sinne des bürgerlichen
Rechts). Das Gericht zitierte folglich das "Kirchenrecht" dieser
"Amtskirche", gemäß dem "keine Unternehmung und kein Verein ohne
Zustimmung der zuständigen Autorität sich katholisch nennen darf",
woran sich auch die "Priesterbruderschaft" nach ihrem Selbstverständnis
gefälligst zu halten habe. Trotz dieses peinlichen Eigentores bleibt
die Argumentation des höchsten deutschen Gerichts so bemerkenswert, daß
sie hier näher betrachtet werden soll (Neue Juristische Wochenschrift
1994, Heft 36, 2346-2347). Das Bundesverfassungsgericht beruft sich
darauf, daß die in Art. 4 GG garantierte Freiheit der Religion und der
Religionsausübung verfassungsimmanenten Schranken unterliegt. Das Recht
einer Religionsgemeinschaft, eine Vereinigung zu bilden, um am
Rechtsverkehr teilzunehmen, ist unbestritten; gleichermaßen lege sich
der Staat grundsätzliche Neutralitätspflicht sowohl bei der Klärung des
Verhältnisses verschiedener Religionsgemeinschaften untereinander als
auch bei der Klärung von Angelegenheiten innerhalb einer
Religionsgemeinschaft auf. Allerdings behält sich der Staat den
Vorbehalt des "für alle geltenden Rechts" vor. Als Hauptgrunde werden
"Verwechselungsgefahr" und die "Möglichkeit einer Zuordnungsverwirrung"
genannt. Hierbei wird in der Abwägung - das ist der entscheidende Punkt
- den Interessen der verfaßten "römisch- katholischen Kirche" das
größere Gewicht beigemessen. Das Bundesverfassungsgericht beruft sich
dabei auf das BGH-Urteil, gemäß dem die beanstandeten Attribute "schon
seit jeher" für die "verfaßte römisch-katholische Kirche" im
Rechtsleben wie in der Öffentlichkeit angewandt worden seien, und zwar
auch schon, als die "Priesterbruderschaft S. Pius X." noch nicht
bestand.
50) Noch einmal: Diese Forderung ist dringlicher als alles andere, vor
ihrer Realisation gibt es keine Ausrede mehr. Dabei geht es nicht
darum, irgendwelchen gesellschaftspolitischen Einfluß zu erlangen oder
sich mit zusätzlicher Organisationsarbeit zu belasten, sondern darum,
die Hoheit der Kirche öffentlich darzustellen, um den verbliebenen
Suchenden, die zur Kirche gehören wollen, aber nicht mehr wissen, wo
sie sich noch hin-wenden sollen, die Möglichkeit der Zugehörigkeit zu
geben - also eine eminent pastorale Aufgabe.
51) Es genügt also nicht, sich nur auf Pfarrgemeinde- oder
Meßzentrumsebene zu organisieren, weil dadurch der universale Charakter
der Kirche verlorenginge. - Ein möglicher Vergleich mit
kleineren ostkirchlichen Ge-meinschaften in Deutschland, die sich auf
Gemeindeebene organisieren und sich auch so nennen (z. B.
"Ser-bisch-orthodoxe Kirchengemeinde München e. V." oder "Griechische
Kirchengemeinde München und Bayern e.V."), scheitert deshalb, weil
diese Religionsgemeinschaften sich ja als Auslandsgemeinden von in
ihrer Hei-mat bestehenden Nationalkirchen verstehen.
52) Der Terminus ist verengend und historisch gewachsen. Er
stammt aus der Zeit, als der aufgeklärte Staat des 18. Jahrhunderts
sich drei Konfessionen ( = "Kirchen") gegenüber gestellt sah und sein
Verhältnis zu diesen bestimmen wollte. Aktuellste Darstellung: Axel
Frhr. von Campenhausen, Staatskirchenrecht, 3. Auflage München 1996
[zit. Campenhausen]. Hervorragende Übersicht über das gesamte Material
bietet Joseph Listl / Dietrich Pirson (Hrsg.), Handbuch des
Staatskirchenrechts der Bundesrepublik Deutschland, 2 Bde., 2. Auflage
Berlin 1994-1995 [zit. HdbStKirchR, 2. Aufl.]. Zu Vergleichszwecken
kann auch die erste Auflage des Werkes (Ernst Friesenhahn / Ulrich
Scheuner (Hrsg.), Berlin 1974-1975 [zit. HdbStKirchR, 1. Aufl.])
herangezogen werden. Man beachte beim Terminus Staatskirchenrecht die
Reihenfolge: Es handelt sich um Recht, das der Staat der Kirche
gewährt. Hier kommt das Fundamentalproblem zum Vorschein. Formal stehen
Staat und Kirche als Partner auf gleicher Stufe. Wer aber koordiniert
das Zusammenspiel beider in dieser Konstruktion? Antwort: natürlich der
Staat! Damit ist die Freiheit der Kirche zwar garantiert, aber diese
Freiheit ist eine Ga-rantie des Staates. Die katholische Kirche hat
zurecht eine Gegenposition beziehen müssen: sie hat ein eigenes Ius
publicum ecclesiasticum (Öffentliches Kirchenrecht =
"Kirchenstaatsrecht") entwickelt. Letzte Darstellung: Alfredo
Ottaviani/Joseph Damizia, Institutiones Iuris Publici Ecclesiastici, 2
Bde., 4. Aufl. Rom 1958-1960.
53) Campenhausen 48-60.
54) Für Deutschland kommen hier das Reichskonkordat vom 20. Juli 1933
und die Konkordate mit den Ländern Bayern (19. März 1924), Preußen (14.
Januar 1929) und Baden (12. Oktober 1932) in Betracht.
55) Der Hl. Stuhl ist Völkerrechtssubjekt wie andere souveräne Staaten
auch, allerdings nur kraft historischen Herkommens, eben weil die
souveränen Staaten dem Papst diese Stellung zuerkannten. Bei
Sedisvakanz ruhte die völkerrechtliche Funktion des Hl. Stuhls. Die
genaue Position, die Johannes Paul II. heute im Völkerrecht hat, kann
m. E. de jure nicht dieselbe sein wie z. B. die Papst Pius' XII. -
schließlich ist die Vakanz des Apo-stolischen Stuhls öffentlich
erklärt. Allerdings anerkennen m.W. alle Staaten der Erde Johannes Paul
II. als Völkerrechtssubjekt, wozu sie nicht verpflichtet wären. Damit
akzeptieren sie ihn auch als Vertragspartner, so daß entsprechende
Abmachungen volle Rechtsgültigkeit beanspruchen können. Ein Staat muß
wissen, daß er bei einem Vertrag mit dem heutigen "Hl. Stuhl" keinen
Vertrag mit der römisch-katholischen Kirche als Heilsinstitution
schließt. Man wird an Offb. 14, 8 erinnert. - Eine genaue Untersuchung
dieser komplexen Materie steht noch aus.
56) Man halte sich immer vor Augen: es ist der Staat, der diese
Freiheiten gewährt - und folglich auch deren Grenzen
bestimmen kann. Wie die systematische Begründung dieser Freiheiten
aussieht, ob eine solche über-haupt möglich ist, kann nicht Gegenstand
dieser Abhandlung sein. Wozu die bundesrepublikanische Ordnung
inzwischen allerdings fähig ist, hat das Kruzifix-Urteil des
Bundesverfassungsgerichts vom 16. Mai 1995 ge-zeigt. Es ist nicht
abwegig, anzunehmen, daß trotz "Religionsfreiheit" eines Tages das
Kruzifix als "Abbil-dung eines gekreuzigten Juden" interpretiert wird
und seine öffentliche Darstellung als "Aufstachelung zum Rassenhaß" und
"Anstiftung zur Volksverhetzung" strafbar ist, als "Widerspruch zum
Gedanken der Völker-versöhnung" sogar als verfassungswidrig bezeichnet
und von der UNO geächtet wird. Gleiches könnte man von der
Karfreitagsliturgie ("perfidi Judaei") vorausahnen. Das ist nicht so
illusorisch, wie es heute vielleicht noch klingt!
57) Bietet die staatliche Ordnung überhaupt keine rechtliche
Realisationsmöglichkeit mehr - man denke etwa an die
Verhältnisse im früheren atheistischen Albanien - , bleibt nur
der Weg in die Katakombe. Soweit ist es in Deutschland gottlob (noch)
nicht.
58) Art. 140 i.V.m. Art. 137, Abs. 4 WRV: "Religionsgesellschaften
erwerben die Rechtsfähigkeit nach den allgemeinen Vorschriften des
bürgerlichen Rechtes."
59) Zum folgenden vgl. Campenhausen 129-152 sowie die Artikel Die
Kirchen und Religionsgemeinschaften als Körperschaften des öffentlichen
Rechts von Ernst Friesenhahn, HdBStKirchR, 1. Aufl., I, 545-585 und
Paul Kirchhof, HdbStKirchR, 2. Aufl., I, 651-687.
60) Art. 140 GG i.V.m. Art. 137, Abs. 5, Satz 1 WRV: "Die
Religionsgesellschaften bleiben Körperschaften des öffentlichen Rechts,
soweit sie solche bisher waren."
61) Art. 140 GG i.V.m. Art. 137, Abs. 5, Satz 2 WRV: "Anderen
Religionsgesellschaften sind auf ihren Antrag gleiche Rechte zu
gewähren, wenn sie durch ihre Verfassung und die Zahl ihrer Mitglieder
die Gewähr der Dauer bieten."
62) Ist eine Religions- oder Weltanschauungsgemeinschaft in einem
Bundesland als Körperschaft des öffentlichen Rechts anerkannt, so
besitzt sie diesen Status in der ganzen Bundesrepublik, auch wenn sie
in anderen Bun-desländern nicht vertreten ist. Zur Zeit sind dies in
der Bundesrepublik Deutschland (Kirchhof, HdbStKirchR I, 678-679):
Christliche Religionsgemeinschaften: Evangelische Kirche in Deutschland
(35,4 Mio ), Römisch-katholische Kirche (28,2 Mio),
Evangelisch-Methodistische Kirche (69500), Neuapostolische Kirche
(430.000), Gemeinschaft der Sieben-Tage-Adventisten (45000),
Alt-katholische Kirche (31000), Bund Evan-gelisch-freikirchlicher
Gemeinden (Baptisten) (87000) Russisch-Orthodoxe Kirche im Ausland,
Griechisch-Orthodoxe Metropolie von Deutschland, Bund freier
evangelischer Gemeinden (25000), Heilsarmee in Deutschland (2000),
Europäisch-Festländische Brüder-Unität (Herrnhuter Brüdergemeinde),
Vereinigung der Mennonitengemeinden (25000), die Selbständige
Evangelisch-Lutherische Kirche (41500), die reformierten Freikirchen
und Gemeinden (15000), Christliche Wissenschaft (5500), Bund
freireligiöser Gemeinden, Deut-sche Unitarier, Bund freikirchlicher
Pfingstgemeinden, Johannische Kirche in Berlin, Französische Kirche zu
Berlin (Hugenottenkirche), Evangelisch-Bischöfliche Gemeinde in
Hamburg, Dänische Seemannskirche in Hamburg, Wallonisch-Niederländische
Gemeinde Hanau, Russisch-Orthodoxe Kirche (Moskauer Patriarchat)
- Mosaische Religionsgemeinschaften: Zentralrat der Juden in
Deutschland (32000) - Andere Religionsgemein-schaften:
Christengemeinschaft (~15000), Kirche Jesu Christi der Heiligen der
Letzten Tage (Mormonen) - Weltanschauungsgemeinschaften: Bund der
Freidenker.
63) Campenhausen 149.
64) Zu den unglaublichen Zuständen der Zwangszivilehe, des
Voraustrauungsverbots und der Vereidigung deutscher Diözesanbischöfe
auf das Grundgesetz plane ich in eigenen Artikeln Stellung zu nehmen.
65) Man halte sich vor Augen, wie unverhohlen bestimmte Politiker
"Konsequenzen" androhen, wenn die "Amtskirche" aus dem staatlichen
System der Abtreibungsberatung aussteigen würde.
66) Das folgende nach Campenhausen 125-135 sowie Josef Jurina, Die
Religionsgemeinschaften mit privatrechtlichem Rechtsstatus,
HdbStKirchR, 1. Aufl., I, 587-614 und HdbStKirchR, 2. Aufl., I, 689-713.
67) Nach Jurina, HdbStKirchR, 2. Aufl., I, 698 sind dies die Zeugen
Jehovas (denen der kurzzeitige Körper-schaftsstatus wieder aberkannt
wurde), die Altbuddhisten, die Bahai-Vereinigung, die Buddhisten, die
Erste Kirche Christi, die Evangelisch-Johannische Kirche nach der
Offenbarung St. Johannis, die Griechisch-Katholische Kirche, die
Muslime, die Quäker, die Russisch-Orthodoxe Kirche (Moskauer
Patriarchat), die Serbisch-Orthodoxe Kirche, die Baptisten (in
Baden-Württemberg), die Evangelisch-Lutherische Freikirche (in allen
Ländern außer Hessen und Niedersachsen), die Mennoniten in Bremen, im
Saarland und in Schleswig-Holstein, die Mormonen in allen Ländern außer
Berlin und Hessen.
68) z. B. Sauter / Schweyer, Der eingetragene Verein, 15. Auflage, München 1994.
69) Nach BGB ß12 und Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts (vgl. Fußnote ).
70) Er muß frei von nationalkirchlichen oder sonstigen separatistischen Eigenheiten sein.
71) Ich favorisiere die Bezeichnung "Lateinisch-katholische Kirche", bitte aber zugleich um Alternativvorschläge.
72) Entscheidend ist m.E., daß ein positiver Zweck formuliert wird
("Fortführung der römisch-katholischen Kirche", "Bewahrung des
Glaubens"), nicht ein negativer (Ablehnung des Konzils, der neuen
Messe).
73) Noch einmal: daß wir begrifflich römisch-katholische Christen sind
und zur römisch-katholischen Kirche gehören, ermöglicht uns (leider)
nicht, uns und den Verein auch in der Öffentlichkeit so zu nennen. Es
hat keinen Zweck, darüber endlos zu lamentieren oder einzuwenden, wir
könnten doch nicht "eine neue Kirche gründen". Die rechtlichen
Verhältnisse lassen sich nicht ändern. Trotzdem sollen wir uns
eindeutig kennzeichnen: "Eure Rede sei ja, ja, nein, nein. Was darüber
hinaus ist, ist vom Bösen" (Mt 5, 37).
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