NEUES MATERIAL ZUR BEURTEILUNG
VON HERFORDS UND WIECHERTS 'BISCHOFSWEIHEN'
zusammengestellt von
Eberhard Heller
Von verschiedenen Seiten (so u.a. von Herrn Böker) sind wir zu Recht
daran erinnert worden, daß unsere Darstellung der Weihesukzession von
Georg Schmitz/Villingen (über Herford, Stumpfl und Wiechert) teilweise
lückenhaft gewesen sei, worüber wir uns mit einer Mutmaßung
hinweggeholfen hätten. Gemeint ist der klerikale Werdegang von
Wiechert, dem angeblichen Weihbischof von Schmitz. Außerdem wurde
kritisiert, daß wir die Gültigkeit von Wiecherts und Thiesens Weihe zu
Chorbischöfen anzweifeln würden, da dabei der Ritus der Bischofsweihe
eingehalten wurde, so Thiesen in HAAK-76, S. 36 - eine Quelle, die wir
nicht erwähnt hätten. Des weiteren hieße es in einem Brief Thiesens,
daß Stumpfl erst nachträglich die angebliche Bischofsweihe in eine
Chorbischofsweihe uminterpretiert habe (der Brief ist wiedergegeben in
HAAK-76). Ein aufmerksamer Leser, der sich näher mit der Enzyklika
"Apostolicae curae" auseinandergesetzt hatte, machte geltend, daß u.U.
auch nach dem (reformierten zweiten) anglikanischen Weiheformular, nach
dem Herford in Indien von einem gewissen "Dom Luis Mariano Soares, Mar
Basilius, Metropolit der syrisch-chaldäischen Kirche in Indien" (so die
Darstellung im Weihedokumentes) konsekriert worden war, ein gültige
Weihe zustande kommen könnte - so die Interpretation der leoninischen
Enzyklika -, weswegen man nicht unbedingt die Gültigkeit der
nachfolgenden Weihen, die Stumpfl, Wiechert und Schmitz gespendet
worden seien, bestreiten könne.
Vorab: die Kirche verlangt vom/bei der Sakramentenempfang/-spendung
Sicherheit (tutior). Wenn darum berechtigte und begründete Zweifel z.B.
an der Gültigkeit der Weihen von Schmitz bestehen - und die gibt es
spätestens nach unserer Veröffentlichung in der EINSICHT vom Okt. Nov
1996 -, dann darf keine Spendung bzw. kein Empfang mehr erfolgen, bis
Sicherheit geschaffen ist. Es geht nicht an, dieses Prinzip auf den
Kopf zu stellen und zu meinen, der Empfang bei einem solchen
zweifelhaften Spender sei erlaubt, solange nicht eindeutig die
Ungültigkeit der Weihen bewiesen ist.
Inzwischen können wir auf all die noch offenen Fragen genauere
Antworten geben. H.H. Archimandrit Irenäus Totzke vom ökumenischen
Institut in der Abtei Niederalteich, der auf unsere Studien aufmerksam
gemacht wurde, hat uns eine Reihe klärender Informationen u.a. über Dom
Luis Mariano Soares, Mar Basilius - den angeblichen Konsekrator
Herfords - und Wiechert, den er noch persönlich kennengelernt hatte,
zukommen lassen. Für seine außerordentlich wertvolle Mitarbeit bei der
Aufklärung über die angeblichen Bischöfe aus der Vaganten-Szene möchte
ich ihm an dieser Stelle aus ganz herzlich danken.
Zunächst zitieren wir aus einem Brief vom 17.9.97 seine kommentierenden
Anmerkungen zur Person von Soarez und dessen Weihe an Herford (vgl.
EINSICHT Nr. 1 vom April 1997, S. 20 f.):
"Zu der 'Weihe-Urkunde' von Herford
sind noch folgende Einzelheiten anzufügen, die Brandreth entgangen
sind, da er selbst kein Ostkirchenfachmann war:
1. Es ist unwahrscheinlich, daß ein normaler orthodoxer oder
alt-orientalischer Bischof ein Dokument ohne gedruckten Briefkopf
ausstellt.
2. Es ist unwahrscheinlich, daß ein normaler orthodoxer oder
alt-orientalischer Bischof eine Bischofsweihe ohne Beauftragung seines
Patriarchates vornimmt. Auf jeden Fall macht er sich durch eine solche
Handlung strafbar und muß mit seiner anschließenden Absetzung rechnen.
3. Es ist unwahrscheinlich, daß ein normaler orthodoxer oder
alt-orientalischer Bischof eine Bischofsweihe allein vornimmt. Strenger
noch als die römisch-katholische Kirche halten alle drei Ostkirchen
(die orthodoxe, die alt-orientalische und die assyrische) daran fest,
daß Bischofsweihe Aufnahme in das bischöfliche Kollegium bedeutet und
daß die bischöfliche Konsekration demzufolge im Normalfall von drei,
mindestens aber von zwei Bischöfen vorgenommen werden muß. Die
Gültigkeit hängt davon ab. Nur in Katakombensituationen, z.B. in
Rußland nach 1917, sind bisweilen solche Alleingänge unternommen worden
- allerdings in Gruppierungen, die sich vom kanonischen Patriarchat
abgespalten hatten und deren allein geweihte Bischöfe bei Rückkehr ins
Patriarchat entweder gar nicht angenommen oder neu geweiht wurden.
Schon deswegen sind bei Herfords 'Weihe' - falls sie überhaupt
stattgefunden hat - Zweifel anzumelden. Doch Näheres später.
4. Zu keiner Zeit hat es einen syrischen Bischof auf oder "von" Ceylon gegeben, da dort keine syrischen Christen wohnen.
5. Zu keiner Zeit benutzten syrische Bischöfe - auch nicht, wenn sie
englisch schrieben - die dem romanischen Sprachgebiet zugehörige
Titulatur "Dom", sondern nur das syrische "Mar" (beide bedeuten
"Herr"). Erst recht nicht benutzten sie beide Titulaturen
hintereinander, wie das auf der "Weiheurkunde" pleonastisch der Fall
ist.
6. Der Name des weihenden Bischofs "Luis Mariano Soares" ist
portugiesisch. Nie aber hat eine der syrischen Kirchen in Indien einen
Portugiesen zum Bischof geweiht, da sie genug Weihekandidaten in den
eigenen Reihen hatte. Auch ist nie ein Portugiese von Bedeutung zum
syrisch-orthodoxen Bekenntnis übergewechselt. (Auch Mar Julius, auf den
sich die Villatte-Sukzession beruft, ist in dieser Hinsicht äußerst
fragwürdig).
7. Nie beruft sich ein orthodoxer oder alt-orientalischer
Bischof, um seine Weihevollmacht zu dokumentieren, auf
seinen Weihe-Bischof, sondern auf sein Patriarchat und auf dessen
Beauftragung. Dom Luis Mariano Soares scheint also selber bereits ein
Vagant zu sein, der keine andere kirchliche Autorität hinter sich hat,
als seinen Weihe-Bischof - oder er gehört einer schismatischen Kirche
an, die nur über einen einzigen Bischof verfügt." (Soweit die
Ausführungen von Archimandrit Totzke)
Die Ausführungen des Archimandriten, in denen er die Anforderungen an
Bischofsweihen in der oben genannten orientalischen Kirche aufzeigt,
machen überdeutlich, daß es sich bei der Weihe von Herford durch Soares
nicht um einen normalen Weihevorgang gehandelt haben kann. Und in der
Tat erfolgte die Weihe außerhalb kirchlicher Legalität - wie Herr
Jerrentrup eruieren konnte:
Patriarch der unierten Nestorianer ("Chaldäer") war Joseph Audu
(1847-1878), Patriarch der nicht-unierten Nestorianer Mar Benjamin
Simon XIX. (etwa zeitgleich, genaue Regierungszeit nicht eruiert). Ein
englischer Gelehrter, George Badger, hatte 1852 ein liturgisches Werk
"Die Nestorianer und ihre Riten" herausgegeben. In Teilen der
anglikanischen Kirche (der Low Anglican Church) begeisterte man sich
für die Nestorianer. "Das führte zu Missionaren, die zu diesen
'Protestanten des Ostens', die keine Kruzifixe, keine Heiligenbilder
und -statuen in ihren Kirchen hatten, die die Mutter Gottes ablehnten
und nicht dem Papst unterstanden, gesandt wurden. Die Vorstellung jener
Zeit war, daß die Nestorianer so ziemlich das gleiche waren wie die Low
Church Anglicans - Katholiken im ursprünglichen Sinn, aber nicht
römisch. [...] 1868 wandte sich ihr Patriarch Mar Simon und sein Klerus
an den Erzbischof von Canterbury, Dr. Tait, um sich einander
anzufreunden" (Anson 131 f).
Aus Anlaß einer Bischofsernennung in den 60er Jahren hofften die
(unierten) Chaldäer, endlich einem Bischof ihres eigenen Ritus
unterstellt zu werden, was aber der Kurialpraxis zuwiderlief. Zu diesem
Zwecke sollte Rom umgangen werden und Audu direkt einen Bischof
ernennen und weihen, was dieser aber ablehnte. Ein malabaresischer
Priester namens Anthony Thondanatta war damit jedoch nicht zufrieden
und bat Audu um die Bischofsweihe. Dieser lehnte erneut ab. Daraufhin
ließ sich Thondanatta von Bejamin Simon XIX. am 17. Dezember 1862 zum
Bischof weihen. Thondanatta wurde von Rom exkommuniziert und unterwarf
sich drei Jahre später.
Audus Patriarchenrechte waren von Pius IX. massiv eingeschränkt worden.
Zur Zeit des (1.) Vatikanischen Konzils war Audu Gegner des
Jurisdiktionsprimats. Er ließ sich schließlich 1874 hinreißen,
eigenständig einen Bischof für die Malabaren zu ernennen, Elias Mellus
v. Aqra. Das gab gewaltigen Ärger mit Rom. 1877 unterwarf sich Audu dem
Hl. Stuhl, Mellus wurde von Trichur in Südindien abberufen. Mellus'
Anhänger waren führungslos.
Diese Chance nutzte Thondanatta und stellte sich an ihre Spitze. "Als
Mar Abadjesus führte er sie bis zu seinem 1900 erfolgten Tode. Den
Mellusianern, wie sich seine Anhänger nannten, schlossen sich auch
viele monophysitisch gewordene Christen an" (Gründler II, 1095). Über
letztere liest man: "Diese Anglo-Syrian Christians unterstehen dem
anglikanischen Bischof von Travancore und Cochin, gebrauchen die
anglikanische Liturgie, haben aber eigene Priester und Kirchengebäude."
(Gründler II, 999). Gleiches muß für die Mellusianer unter Mar
Abadjesus angenommen werden: "An liturgischen Büchern stehen in
Verwendung:[...] der Weiheritus (Tahsa d'siamidha) [...]. Daneben wird
auch eine für die Nestorianer von der anglikanischen Mission
herausgebrachte Version der liturgischen Bücher verwendet" (Gründler
II, 1096 f). Die Sakramentendisziplin ist sehr verwahrlost: "Das
Sakrament der Buße ist außer für Apostaten nicht mehr in Gebrauch. Eine
Ohrenbeichte gibt es überhaupt nicht mehr. Auch die letzte Ölung wird
nicht mehr gespendet" (Gründler II, 1095). "Die Nichtunierten versorgt
die anglikanische Mission zu Urmia mit liturgischen Büchern" (LThK' VI,
610). Von Urmia (heute Nordwest-Iran) wurde die Missionierung der
anglikanischen Kirche in Südwestindien gesteuert. 1)
"[Thondanatta] starb 1900, sein Nachfolger war Mar Basilius, d.h.
Soares" (Anson 133). Luis Mariano Sores war am 23.7.1899 von
Thondanatta "in den Rang eines Metropoliten für die Bischofssitze von
Indien, Ceylon, Malpur, Socotra, Messina etc." erhoben worden, sein
Name wurde in "Mar Basilius" umbenannt (Brandreth 91 f.). "Von einer
Konsekration war keine Rede [...]. Es spricht vieles dafür, daß es sich
um eine bloße Investitur gehandelt hat [...]." (Plazinski
47-49). Man muß davon ausgehen, daß Soares dieselben
[anglikanischen] liturgischen Bücher benutzt hat wie sein Vorgänger
Thondanattas. Mit einem solchen hat er höchstwahrscheinlich am
30.11.1902 Herford konsekriert, was die Urkunde (Brandreth nach 92) mit
der anglikanischen (englischsprachigen) Weiheform noch einmal
bestätigt. (Soweit Jerrentrups Ausführungen)
Resümierend urteilt Archimandrit Totzke:
"Für die Beurteilung der 'Weihen'
Herfords ist also ausschlaggebend, daß sein Konsekrator (...) ein - im
syrischen Sinne - schismatischer, d.h. von dem Schismatiker Thonandatta
geweihter, Bischof war (es gibt kein Weihedokument des Dom Luis!), der
genau wie sein Konsekrator nicht das geringste Recht zur Erteilung
irgendwelcher Weihen hatte. Die orthodoxe Kirche kennt nicht die
Unterscheidung "valide, sed illicite", sondern eine unerlaubt erteilte
Weihe ist ipso facto ungültig, da Weihen nicht ohne kirchlichen Auftrag
erteilt werden können."
Auch wenn man davon ausgehen darf, daß Herfords Weihe durch "Mar
Basilius" tatsächlich stattfand - die Beurteilung der orthodoxen
Kirche, wonach eine unerlaubt gespendete Weihe auch eine ungültige ist,
aus dogmatischen Gründen ignorierend -, so bleibt doch folgendes
festzuhalten:
1. Eine Weihe des "Mar Basilius" (Dom
Luis Soares) durch Thondanatta ist nirgends belegt. Plazinski beurteilt
die "Erhebung" Soares in den "Stand eines Metropoliten" als bloße
"Investitur" - ohne erfolgte Konsekration -, wofür vieles spräche.
"Hinzu kommt noch, daß es sich sowohl bei der Gemeinschaft von Soares
als auch bei der von Herford um reine privatkirchliche Unternehmungen
handelte." (Plazinski 49)
2.Aber auch wenn eine Konsekration des "Mar Basilius" durch Thonandatta
erfolgt sein sollte, dann dürfte die von ihm an Herford gespendete
Weihe aus dem Grunde ungültig sein, weil bei ihr ein anglikanisches
Weiheformular benutzt wurde, wie das Weihedokument belegt. Man kann
sicherlich nicht mehr nach der oben von Herrn Jerrentrup skizierten
Glaubensauffassung von einer originär katholischen Grundhaltung dieser
Gruppierung sprechen, die nach Leo XIII. ("Apostolicae curae")
erforderlich wäre, damit eine Weihe nach anglikanischem Ritus (zweite
Fassung) u.U. gültig sein könnte.
Diese Folge von Hypothesen, die die Wahrscheinlichkeit einer gültigen
Weihesukzession, die über Herford, Stumpfl zu Wiechert läuft und
vorläufig bei Schmitz endet, mathematisch gegen Null laufen läßt,
entspricht selbstverständlich in keiner Beziehung dem von der Kirche
geforderten Sicherheitsstandard bei der Sakramentenspendung.
Die Beurteilung des Falles Wiechert erhält nun zusätzlich durch die
neuerlichen Recherchen, die uns Archimandrit Totzke zur Verfügung
stellte, eine sichere Grundlage. Er schreibt mir am 2.7.97:
"Der Anlaß meines Briefes an Sie ist die Person Wiecherts. Sie meinen,
er habe keine Priesterweihe gehabt. Ich bin der Meinung, er hatte sie;
denn er war viel zu hochkirchlich ("katholisch", wenn Sie so wollen)
eingestellt, um nicht zu wissen, daß die Erteilung einer Bischofsweihe
per saltum nicht möglich ist. M.W. hatte er die niederen und höheren
Weihen allesamt von "Bischof" Herzog erhalten. 2) (...) Wiechert, den
ich persönlich kannte, war eine hochinteressante, hochgebildete, aber
zugleich schillernde Persönlichkeit. Er war nicht nur hochkirchlich
orien-tiert, sondern vor dem Kriege aktiver Deutscher Christ, der in
unangenehmster Weise für diese üble Gruppierung des deutschen
Protestantismus in Berlin Propaganda machte. Die Folge war, daß er nach
dem Kriege sein Pfarramt nicht mehr regulär ausüben, sondern sich nur
noch als Religionslehrer an Berufsschulen und als Seelsorger in
Krankenhäusern betätigen durfte. (...) Daß es so wenig Dokumente über
Wiechert gibt, ist damit zu erklären, daß er eine panische Angst vor
der Aufdeckung seiner "Weihen" hatte. Da er wegen seiner
deutsch-christlichen Vergangenheit von seiner Kirche gemaßregelt worden
war, fürchtete er nun, bei Bekanntwerden seiner hochkirchlichen
Tätigkeiten auch als Religions-Lehrer entlassen zu werden. (...)
Nur mit Personen seines Vertrauens sprach er darüber. Nach einem
schriftlichen Zeugnis Prof. Heilers hatte Wiechert eine vagantische
Priesterweihe (s.o.) Das für Ihre Recherchen bzgl. des Herrn Lingen
Entscheidende aber ist, daß Wiechert - auch im Sinne der Vaganten kein
Bischof war. Er gab es in Vagantenkreisen zwar vor, war es aber nicht.
Vielmehr war er, genau wie der Vagant Thiesen, von Stumpfl 3) zum
Chorbischof benediziert, nicht aber zum Bischof geweiht worden.
Chorbischöfe - die in der Frühzeit des Christentums Landkreisbischöfe
(Chora = das Land) im Gegensatz zum Stadtbischof waren, existieren
heute nur noch in der ost- und in der west-syrischen Kirche - sowohl
unierter wie orthodoxer Konfession - als bloßer Titel, vergleichbar
einem westlichen "Prälaten". Sie werden benediziert, nicht aber
geweiht. (...) Auf keinen Fall können sie Weihen erteilen. Sowohl
Thiesen wie Wiechert waren - nach dem eindeutigen Zeugnis Stumpfls -
von diesem lediglich zu Chorbischöfen benediziert worden."
Auf das Problem von Wiecherts Priesterweihe kommt Archimandrit Totzke
noch einmal zu sprechen und zitiert aus Wiecherts Geistlichem Tagebuch,
in das ihn einer seiner Schüler Einblick nehmen ließ. Danach könnte
Wiechert von Stumpfl entweder ordniert oder zumindest reordniert worden
sein:
"Am 9.IV.49 nach griechischem Ritus
durch Stumpfl 'neugetauft'. Am 10.IV.49 'zum Lektor und Hypodiakon
bestellt.' - Am 11.IV.49 zum Diakon geweiht. Annahme des Namens
Ignatios.- Am 14.IV.49 (Gründonnerstag) nach griechischem Ritus zum
Priester geweiht. 'Anschließend als erwählter Vicarbischof der Eparchie
Aquileja für Deutschland... zum Chorbischof der Eparchie Aquileja
ordiniert und inthronisiert.'" - Befremdend wirkt das Wort
"anschließend", da zwei höhere Weihen nicht am gleichen Tage
hintereinander folgen können. Im Weihebuch Stumpfls (vgl. Winkler, S.
115) ist aber der 14.IV.49 als Weihedatum für die Chor-bischofsweihe
Wiecherts genannt! Möglicherweise fand nur im Anschluß an die Liturgie
eine feierliche Verkündigung und Vorstellung als Chorbischof statt.
Unklar ist auch die Wendung "als Vicarbischof...zum Chorbischof
ordiniert". Denn - jedenfalls nach heutigem Sprachgebrauch - kann man
nur das eine oder das andere sein. Der Vikarbischof ist ein geweihter
Bischof in der Funktion eines bischöflichen Vikars, der Chorbischof ist
ein höherer Prälat, kein Bischof. Festzuhalten wäre auch, daß die
griechische Kirche seit etwa dem 5./6.Jh. (vgl. LThK "Chorbischof")
keine Chorbischofsweihen mehr erteilt. Woher will Stumpfl also das
Weiheformular genommen haben? (...) Das Wichtigste ist aber in diesem
Zusammenhang, daß Stumpfl den bischöflichen Charakter seiner
Chorbischofsweihen an Thiesen und Wiechert stets bestritten hat. Es
fehlte also auf seiten des Spenders die Intention, einen Bischof zu
weihen.
Hier kann die Einlassung Thiesens, wonach Stumpfl erst nachträglich die
angebliche Bischofsweihe in eine Chorbischofsweihe uminterpretiert
habe, behandelt werden. Ohne den Namen seines 'Weihbischofs' zu nennen,
schreibt Thiesen: "In der ganzen christlichen Kirche wurde nie eine
Erzpriesterweihe erteilt und ein Erzpriester mit Ring, Brustkreuz,
Mitra und Stab belehnt. Dieser Bischof [d.i. Stumpfl] erteilte dem
Kandidaten die Chorbischofsweihe und belehnte ihn mit den bischöflichen
Insignien (Ring, Kreuz, etc.). Später zwang dieser Bischof auch den
Chorbischof, ein handschriftliches Schreiben zu unterschreiben, daß er
kein Bischof sei, sondern nur Erzpriester. (...) Dieser Bischof hatte
bei der Konsekration eines Kandidaten zum Bischof die volle Intention,
eine wirkliche, vollgültige Bischofsweihe zu übertragen und zwar unter
der Zeugenschaft eines Co-Konsekrators und der beiwohnenden Gemeinde".
(Haack-76, S. 36). Dieser Auffassung, daß er - Thiesen, der theologisch
ungebildet war - eine vollgültige Bischofsweihe erhalten habe,
widerspricht nicht nur anhaltend und sehr energisch der 'Konsekrator'
Stumpfl, sondern auch der theologisch wesentlich versiertere Wiechert,
der bezeugt, daß er am 14. April 1949 - genau drei Tage vor Thiesens
'Weihe'-Termin - zum "Chorbischof" "ordiniert und inthronisiert", wozu
dann auch Thiesen, was dieser ja auch selbst bestätigt, erhoben wurde.
Um hinsichtlich dieses Problems endgültig Klarheit zu erhalten, ist es
erhellend zu wissen, daß Wiechert selbst Zweifel an der Gültigkeit
seiner Bischofsweihe gehabt hatte, da er nämlich am 7.XI. 1950 Stumpfl
um die Erteilung der vollen Bischofsweihe bat, was dieser allerdings
ablehnte. (Winkler, 117)
Wenn noch irgendwelche Zweifel am klerikalen Status Wiecherts bestanden
haben sollten, so dürften diese mit diesen Ausführungen endgültig
geklärt sein. Damit steht fest, daß Wiechert kein Bischof war und
Schmitz auch keine gültige Priesterweihe erteilen konnte: Schmitz ist Laie.
Anmerkungen:
1) Archimandrit Totzke bringt noch weitere Einzelheiten über
Thondanatta: "Der Name des Weihe-Bischofs von Dom Luis als "Abdishan
Antonios" bringt uns dem Sachverhalt allerdings näher. Abgesehen davon,
daß die richtige Schreibweise "Abdishu" wäre, hat es in der Tat einen
Bischof dieses Namens gegeben. Ende des vorigen Jahrhunderts (näheres
bei Attwater, The Christian Churches of the East, Bd. II; 197f.) trat -
wegen der konstanten Unterdrückung der Thomas-Christen durch die
Portugiesen - ein unierter syro-malabarischer Priester, namens Anthony
Thonandatta, zum nestorianischen Glaubensbekenntnis über (der Ritus
beider Kirchen ist derselbe) und wurde als Mar Abdishu vom
nestorianischen Patriarchen zum Bischof geweiht und als Missionar nach
Indien (Kerala) gesandt, um die dortigen Christen von der
portugiesischen geistlichen Kolonialherrschaft zu lösen. (...) Als er
den nur kleinen Erfolg seiner Mission sah, wurde er wieder Unierter,
durfte sich aber nicht als Bischof betätigen. Als die Portugiesen sich
aber weiter beharrlich weigerten, den malabarischen Christen eigene
Bischöfe zu geben (der portugiesische Patriarch von Goa regierte wie
ein Papst über alle portugiesischen Besitzungen in Asien), revoltierte
Thonandatta abermals, wurde aber jetzt von keinem orientalischen
Patriarchen mehr aufgenommen, sondern gründete seine eigene
"Unabhängige Syrische Kirche von Indien". Es ist theoretisch möglich,
daß er, der nun völlig Alleinstehende, den Dom Luis zum Bischof weihte,
doch fehlt hierüber jede Nachricht. Wichtig ist aber zu wissen, daß die
"Unabhängige" Indische Kirche bis zu ihrer Aussöhnung mit dem
nestorianischen Patriarchen in den 60-er Jahren unseres Jahrhunderts
von niemandem anerkannt war, sondern als schismatisch galt, und daß
sowohl nach orthodoxer wie nach alt-orientalischer Auffassung die
Bischofsweihen eines von seiner Kirche getrennten Bischofs ipso facto
ungültig sind. (Genauso hat seinerzeit, vgl. Brandreth, das
west-syrische antiochenische Patriarchat die Weihen von Mar Julios, auf
die sich Villatte berief, für null und nichtig ("null and voud")
erklärt. (Anm. Heller: wie aus dem Sachverhalt ersicht-lich, dürfte es
sich trotz der Namensverschiedenheit - Thonandatta / Thondanatta - um
die gleiche Person gehandelt haben.)
2) Vgl. dazu auch die nachfolgenden ergänzenden Angaben.
3) Totzke verweist auf eine Studie von Otto Winkler, einem
oberösterreichischen Studienrat, der eine Magisterarbeit über Stumpfl
verfaßt hat und die aufschlußreiche biographische Dokumente enthält. -
Über Stumpfls Person schreibt der Archimandrit korrigierend: "Stumpfl
kann man nicht einfach als "Baptisten" bezeichnen, wie Sie es etwas
allzuschnell tun. Vielmehr war er ein sog. Suchender, der allmählich
zum katholischen Glauben seiner Kindheit zurückfand - allerdings mit
Einschränkungen. Zu diesen Einschränkungen gehört, daß er zwar
dogmatisch wieder ganz katholisch wurde, aber außerhalb der Kirche
blieb. Er hatte etwas Eigenbrötlerisches, Eigensinniges, ja
Sektiererisches an sich."
* *** *
HINWEIS:
Da der Pseudo-Priester Rolf Lingen sowie die Pseudo-Bischöfe Georg Schmitz und Werner Schneider,
deren Laienstatus schlüssig nachgewiesen wurde, vermutlich fortfahren,
weiter öffentlich zu "zelebrieren" und "Beichte zu hören", ist von
Interesse zu erfahren, welche Maßnahmen die Kirche unter normalen
Verhältnissen gegen sie ergreifen würde:
CIC can. 2322: "Ad ordinem sacerdotalem non promotus: 1 Si Missae
celebrationem simulaverit aut sacramentalem confessionem exceperit,
excommunicationem ipso facto contrahit, speciali modo Sedi Apostolicae
reservatam [...]."
In der Erläuterung von Jone heißt es dazu:
"Kanon 2322, n. 1: Wenn jemand, der die Priesterweihe nicht empfangen
hat, die Zelebration einer Messe simuliert oder eine sakramentale
Beichte entgegennimmt, zieht er sich ohne weiteres die dem
Apostolischen Stuhl speciali modo reservierte Exkommunikation zu."
"Da hier die Rede ist von jemandem, der die Priesterweihe nicht
empfangen hat, so liegt der Tatbestand nicht vor, wenn jemand, der
gültig geweiht ist, die Zelebration der Messe simuliert, oder wenn ein
nicht approbierter Priester beichthört." (Heribert Jone, Gesetzbuch der
lateinischen Kirche, Bd. 3, Paderborn 1953, 2. Auflage, 576). Und
Mörsdorf ergänzt:
"Die heilige Meßfeier wird vorgetäuscht, wenn der äußere Meßritus in
Anwesenheit anderer so vollzogen wird, daß diese irrig annehmen können,
es handele sich um eine wirkliche Meßfeier. Nicht unter den Tatbestand
fällt eine Meßfeier im Spiel, auch nicht eine solche aus Spott, weil
und insoweit hierbei keine wirkliche Meßfeier vorgetäuscht wird.
Sakramental ist eine Beichte, wenn jemand seine Sünden bekennt, um die
sakramentale Lossprechung zu erlangen." (Eduard Eichmann / Klaus
Mörsdorf, Lehrbuch des Kirchenrechts, Bd. 3, Paderborn 1960, 9.
Auflage, 426).
***
ACHTUNG MESSZENTREN!
Da Abbé Cloquell bisher nicht nachweisen konnte, daß er durch den
inzwischen verstorbenen Sektierer Laborie gültig zum Priester geweiht
wurde - weswegen wir von einem Besuch seiner liturgischen Feiern
abgeraten haben -, müssen sich die Gläubigen im klaren sein, wenn sie
dennoch meinen, in den Zentren von Karlsruhe, Stuttgart, Haag zur Messe
und zur Kommunion gehen zu wollen, in denen auch H.H. Baird zelebriert,
daß zum einen u.U. kein Opfer stattfindet und zum anderen die im
Ziborium befindlichen Hostien möglicherweise nicht konsekriert sind.
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