SEKTIERERTUM ALS VORGABE
– ANMERKUNGEN ZUR BÖKERSCHEN REPLIK IN "KYRIE ELEISON" -
von
Eberhard Heller
Es gibt eine Reihe von Leuten, die sich über die Querelen und die
Streitigkeiten in den sog. eigenen Reihen beklagen, ohne sich jedoch
Rechenschaft über den tatsächlichen Sachverhalt zu geben, der diese
Differenzen ausgelöst hat. Daß es trotz einer weitgehend gemeinsamen
Plattform bzw. einer grundsätzlichen Voraussetzung immer wieder zu
unterschiedlich artikulierten Positionen, daß es zu
Auseinandersetzungen darüber kommt, halte ich angesichts der sich uns
bietenden Situation nicht nur nicht für natürlich, sondern sogar für
wünschenswert, gilt es doch, richtige Antworten auf all die brennenden
Probleme zu finden. Denn unsere Situation ist weitgehend durch eine
fehlende Autorität, verpflichtende Entscheidungen ad hoc zu fällen,
geprägt. Wir können deshalb vornehmlich nur versuchen, Entscheidungen
der Kirche auf die anstehenden Probleme anzuwenden. Darum bin ich immer
dafür eingetreten, daß man seine Argumente öffentlich einbringt und
gegebenenfalls kontrovers darüber diskutiert.
Anders verhält es sich allerdings, wenn Kleriker oder Laien, die zwar
unentwegt ihre Treue zur Tradition beschwören, unter Ausnutzung einer
allgemeinen Unsicherheit und Instabilität der Durchsetzung ihrer
unkontrollierten(!) oder sogar als falsch ausgewiesenen Lieblingsideen
frönen oder sich auf Kosten fehlender Autorität persönlich profilieren
wollen. Ich denke da an all jene, die sich, obwohl völlig
unqualifiziert für diese Ämter, bei irgendwelchen Vaganten Priester-
oder Bischofsweihen erschleichen. Penetrant wird es zudem dann, wenn
diese Mitrenständer noch versuchen, ihre Unternehmungen aus pastoralen
Gründen zu rechtfertigen. Einsetzende Kritik wird dann mit dem Vorwurf
der Anmaßung quittiert, auf jeden Fall werden große Krokodilstränen
über die angebliche oder tatsächliche Uneinigkeit vergossen... ohne den
Versuch unternommen zu haben, den Fehler bei sich selbst zu suchen.
So ist es geschehen, daß unsere berechtigte Position der Sedisvakanz
und der damit implizierten Restitution der Kirche als Heilsinstitution
bzw. deren Wiederaufbau in der Öffentlichkeit aus den sog. eigenen
Reihen lächerlich gemacht wurde und schwerer Schaden zugefügt wurde,
aber nicht nur unserem Grundanliegen, sondern auch den Seelen der
unmittelbar davon betroffenen Gläubigen.
Diese Bemerkungen vorab, um gleich die großen Krokodilstränen, die ein
besonderes 'Unschuldslamm' eingangs einer denkwürdigen, bereits länger
angekündigten Erklärung vergießt, aufzuwischen. Um was geht es?
Wie erinnerlich hatte Herr Böker als verantwortlicher Redakteur der
Zeitschrift KYRIE ELEISON, im Oktober-Dezember-Heft von 1996, S. 122,
"H.H. Pater Rolf Lingen" "für seelsorgliche Dienste" empfohlen, dessen
Weihe nach den Recherchen in der EINSICHT vom Nov. 1996 und Febr. 1997
als ungültig anzusehen ist, und ihn als theologischen Autor bei seinen
Lesern eingeführt (inzwischen auch wieder 'ausgeführt'). Darüber hinaus
wurde - ausgelöst durch die Untersuchung des Falls Lingen -
überdeutlich, daß der sog. kirchliche Widerstand im Sektierertum
versinkt, eine Entwicklung, der durch solch unkontrollierte
Empfehlungen erheblicher Vorschub geleistet wurde und noch wird, indem
Herr Böker weiterhin den Meßbesuch bei Klerikern empfiehlt, deren
Weihen nachweislich ungültig oder dubios sind und deren kirchlicher
Status sektiererisch oder ungeklärt ist. Denn es macht in der Tat
keinen Sinn - um die Problematik auf einen einfachen Nenner zu bringen
-, "die Ungültigkeit des sog. N.O.M. Pauls VI. [nachzuweisen], um
endlich der (alten) Messe beizuwohnen, die von einem Laien gelesen
wird" (EINSICHT vom Nov. 1996, S. 15).
In KYRIE ELEISON 1997, Heft 2, S. 109-121 - ein dreiviertel Jahr nach
Veröffentlichung dieser massiven Vorwürfe, die auch direkt an die
Adresse von Herrn Böker gerichtet waren - nimmt dieser unter der
Überschrift "Pertinax und Gummistempel" in der Form Stellung dazu, daß
er der eigentlichen Auseinandersetzung ausweicht. Bökers Erklärungen
und Thesen wollen wir ihrer Denkwürdigkeit wegen unsern Lesern nicht
vorenthalten... denkwürdig deshalb, weil hier ein verantwortlicher
Redakteur, der sich vorgeblich der (wahren) katholischen Theologie
verpflichtet fühlt, recht offenherzig sein eigenartiges Sakraments- und
Kirchenverständnis darlegt und seine Darstellungen mit der Versicherung
versieht ("ersatzweise an Eides Statt"), daß sie "nichts gegen den
katholischen Glauben" enthalten. Sie dokumentiert darüber hinaus recht
anschaulich, wie ein angeblich katholischer Christ mit Problemen
umgeht, in denen es für die Betroffenen um Heil und Unheil geht.
***
Manfred Böker:
"Pertinax und Gummistempel"
Normalerweise ist es keine angenehme Aufgabe für mich, öffentlich mit
Meinungsbildnern herumzustreiten, die sich - und sei es auch nur
angeblich - im selben theologischen Lager befinden wie ich. Nach einem
alten Sprichwort kann aber der Frömmste nicht in Frieden leben, wenn es
dem bösen Nachbarn nicht gefällt. Dies soll natürlich nicht im
wortwörtlichen Sinn heißen, daß ich frommer bin als andere
"Traditionalisten" oder gar deren Frömmster, sondern lediglich, daß ich
ein friedfertiger Mensch bin, wenn es darum geht, Zerstrittenheit im
eigenen Lager nicht unbedingt nach draußen zu tragen. In der letzten
"EINSICHT" griff deren Redakteur und Herausgeber, Herr Dr. Eberhard
Heller, meine Rechtgläubigkeit und Kenntnisse der Dogmatik und des
Kirchenrechts - und zwar nicht zum ersten Male - mit einem kurzen
bissigen Artikel an. Hier muß ich vorausschicken, daß ich Behauptungen
und "Weisheiten" nicht aus dem Ärmel schüttle, sondern stets Dogmatiken
von Autoren befrage, deren Ruf über jeden Zweifel erhaben ist, sowie
den Rat eines geistlichen Dogmatikers alter Schule einhole, sobald
komplexere Themen in bestimmter Hinsicht anstehen, die theologische
Klarheit in unsere wirre Zeit bringen wollen. Die gesteigerte
Komplexität ergibt sich heutzutage zwangsläufig und von selbst aus der
Einsicht der außerordentlich lang anhaltenden Vakanz des Apostolischen
Stuhles, die dazu geführt hat, daß die gesamte Jurisdiktionshierarchie
der katholischen Kirche zusammengebrochen und radikal mit Mann und Maus
verschwunden ist. Das Fehlen dieser Jurisdiktion berührt fast alle
Bereiche des kirchlichen Lebens. Wer zur Beantwortung heute anstehender
Fragen den CIC und die Urkunden der Lehrverkündigung nicht genügend
wach gelesen und auch geistig verarbeitet hat oder verarbeiten konnte,
sollte eigentlich die Feder hinlegen und nicht versuchen, andere
oberlehrerhaft zu indoktrinieren und dabei seine eigene Ignoranz
offenzulegen. Der hier zu zitierende gegen mich gerichtete Artikel
zeigt knapp in nur ein paar Sätzen, die als pars pro toto für die
Hellerschen Indoktrinationen stehen sollen, am besten, wo es bei diesem
Verfasser ganz erheblich hapert:
Pertinax...(Anm.d.Red. EINSICHT: folgt Zitation meiner Anmerkung
"Pertinax..." aus EINSICHT) Bevor ich in einem theologischen Text
"infallibilitas" mit Fehlerlosigkeit übersetze, denn so lese ich neben
anderen Übersetzungen in etwas umfangreicheren lateinisch-deutschen
Wörterbüchern auch nach, ziehe ich lieber ein Fachbuch desjenigen
Gebie-tes zu Rate, in dem ich mich bewegen will, hier in der Theologie,
um mich nun aufklären zu lassen, daß hier als einzig mögliche
Übersetzung sozusagen als terminus theologicus "Unfehlbarkeit" in Frage
kommt. Bevor Herr Dr. Heller die Bedeutung des Wortes "pertinax" zum
besten gibt, hätte er besser daran getan, sich in einem kompetenten
Buch schlau zu machen, was es denn mit dem "pertinax" tatsächlich auf
sich hat. Das, verehrte Leser, wollen wir für den obigen Verfasser nun
nachholen und schauen dazu in unseren Eichmann, der dem langährigen
Leser von KYRIE ELEISON be-reits bestens als das Nachschlagewerk für
die Interpretation des Kirchenrechts bekannt ist. Wir lesen hier auf
den Seiten 691 und 692 über die pertinacia und contumacia, zwei
Begriffe, die beide "Hartnäckigkeit" und "Starrsinn" aus drücken, wobei
die Bezeichnung contumacia wesentlich öfter im CIC gebraucht wird, das
folgende (folgt Zitat aus Eichmann, Eduard: "Lehrbuch des
Kirchenrechts..." Paderborn 1926, § 299: "Die Zensuren"). Der
Eichmann-Kommentar sagt also ganz eindeutig, daß nur dann von
pertinacia bzw. contumacia gesprochen werden könnte, wenn ich als
Delinquent (das Delikt wäre jedoch erst einmal nachzuweisen) trotz
vorhergegangener Verwarnung und Mahnung seitens des zuständi-gen Oberen
bzw. Richters nicht "von meinem schändlichen Tun" Abstand nähme. Jetzt
nun meine Frage an Sie, Herr Dr. Heller: Welche kirchliche Instanz hat
Sie als meinen Oberen eingesetzt? Wer hat Ihnen richterliche
Vollmachten über mich gegeben? Also ist in Ihren Augen die kirchliche
Jurisdiktionshierarchie doch nicht mit Mann und Maus zusammengebrochen,
sondern sie existiert noch, da sie, so scheint es, Ihnen doch
hoheitliche Aufgaben übertragen hat? Wenn diese Jurisdiktionshierarchie
aber noch existiert, warum unterwerfen Sie sich ihr nicht, sondern
geben eine Zeitschrift heraus, die zum Ungehorsam gegen diese
Hierarchie aufstachelt? Völlig wirr wird es erst, wenn Herr Dr. Heller
die Begriffe "Lehramt'' und "jurisdiktionelle Vollmacht"
durcheinanderwirft: "Nicht nur, daß er dadurch eine Institution des
Lehramtes okkupiert und zur Karrikatur herabwürdigt... " Vom Lehramt,
Herr Dr. Heller, spricht man, wenn es um die unversehrte Bewahrung und
irrtumslose Erklärung der Offenbarung Christi, das depositum fidei
(Glaubensschatz) geht, die bzw. das in letzter Instanz den
Stellvertretern Christi, also den Päpsten obliegt. Diese Offenbarung
ist mit dem Tod des letzten Apostels abgeschlossen, unbeschadet der
Täuschung des letzten "Konzils", der Hl. Geist hätte in unseren Tagen
ein "Neues Pfingsten" veranstaltet und für die "NOM-Glaubenden" noch
einen draufgelegt. Ich finde aber nirgendwo bei den beanstandeten
Meßempfehlungen, daß ich auch nur in etwa formuliert hätte: Mit
göttlichem und katholischem Glauben ist von allen Lesern des KE
festzuhalten, daß es Teil der Offenbarung Christi ist, daß alle
Karlsruher sich zu den gehörigen Zeiten bei Pater XY einzufinden haben,
um dort die hl. Messe zu hören. Herr Dr. Heller wollte hier statt
dessen sicherlich schreiben, ich maßte mir eine bestimmte Jurisdiktion
an, eine Funktion, die in Wirklichkeit er sich mit seinem Artikel
anmaßt, wenn er mich mit dem Attribut "pertinax" belegt. Ich spreche
lediglich Empfehlungen zum Besuch heiliger Messen aus, um Leser auf die
Möglichkeit aufmerksam zu machen, daß in einem ganz bestimmten Raum die
Möglichkeit zum Besuch der wahren hl. Messe besteht, damit ich so
selbst den letzten "Skrupulanten" von einer "NOM-Feier" der
"Konzilskirche" fernzuhalten trachte. Die Anmaßung der Jurisdiktion
wäre erst dann gegeben, wenn ich Sanktionen für den Fall der
Zuwiderhandlung aussprechen wurde, in etwa: Jeder Katholik der im Raum
Karlsruhe wohnt, und nicht an den Messen von Pater XY teilnimmt, ist
hiermit exkommuniziert und darf nicht in geweihter Erde begraben
werden. Die trotzdem so Beerdigten werde ich persönlich mit meinen
eigenen Händen wieder ausbuddeln. Wenn es in Hellers Ausführungen
heißt: "Wie anders soll man das Verhalten Herrn Bökers einstufen, der
Zentren zum Besuch der hl. Messe empfiehlt, in denen
nachgewiesenermaßen (Fettdruck von mir = Herr Böker) Kleriker tätig
sind, deren Weihestatus problematisch oder ungesichert ist...", dann
wollte Herr Dr. Heller sicher schreiben: "... in denen Kleriker tätig
sind, deren Weihestatus nachgewiesenermaßen problematisch oder
ungesichert ist..." Nachgewiesenermaßen sind nämlich bei jeder Meßfeier
Kleriker tätig. Nachweisen aber will Herr Dr. Heller den ungesicherten
oder problematischen Weihestatus. Dann aber sollte er die Wörter
dorthinstellen, wohin sie innerhalb eines Satzes auch gehören, sonst
könnte das zu Mißverständnissen führen. Das "Nachgewiesenermaßen" liest
sich so, als sei Allgemeingültigkeit, Neutralität und unbedingte
Glaubwürdigkeit gegeben. Zahnpasten sind auch immer "klinisch
getestet". Herr Müller hat sich im Krankenhaus die Zähne mit einer
bestimmten Marke geputzt und seine Erfahrungen zu Papier gebracht. Nun
ist die Zahnpasta "klinisch getestet". Wer hat denn hier
"nachgewiesenermaßen" einen Weihestatus untersucht, wenn nicht Herr Dr.
Heller, von dem wir oben gesehen haben, daß er nachgewiesenermaßen
bereits mit den einfachsten theologischen Begriffen auf Kriegsfuß
steht. Wenn Herr Dr. Heller den kirchlichen Status eines Klerikers und
dessen Weihe untersucht, geht er erst einmal grundsätzlich von der
Ungültigkeit aus, die es dann in seinen Aufsätzen zu beweisen gilt. So
lange die ihm zur Verfügung stehende Literatur nicht die Gültigkeit
einer Weihelinie positiv dokumentiert, bleibt für ihn die Ungültigkeit
bestehen unbeschadet der Tatsache, daß er selbst nicht genügend
Informationsmaterial finden kann oder diese Informationen auch gar
nicht bestehen. Selbst wenn das Sacrum Offizium unter dem hl. Papst
Pius X. eine bestimmte Bischofs- oder Priesterweihe namentlich und
dokumentiert als gültig anerkennt, dann, schreibt Herr Dr. Heller, sei
dies für ihn keine dogmatische Aussage, sondern habe nur
unver-bindlichen kirchenrechtlichen Charakter. Was hier dogmatischer
Status ist, dazu sei also bitte Herr Dr. Heller befragt und nicht das
Sacrum Offizium zu Zeiten des hl. Pius X. Wahrscheinlich hätte selbst
der heilige Papst Pius X. seine Schwierigkeiten, Herrn Dr. Heller die
Gültigkeit seiner Weihen zu beweisen, weil auch er seinen Weihestatus
und seine Weiheväter nur bis ins 17. Jahrhundert zurück- und dann nicht
mehr weiterverfolgen kann.
Der Verfasser dieses Aufsatzes (d.i. Herr Böker selbst, Anm.d.Red.
EINSICHT) geht a priori von der Gültigkeit der Weihen eines Klerikers
aus, der sich "für die Tradition" weihen ließ. Soviel Verstand traue
ich jedem Ordinanden zu, daß er die Kriterien für die Gültigkeit oder
Ungültigkeit kennt, wenn er sich zum Priester weihen läßt. Wir sind
auch "vorkonziliar" stets in die heilige Messe gegangen, ohne vorher
den Weihestatus des Liturgen einzufordern. Wir würden nun denselben
Fehler wie Herr Dr. Heller machen, wenn wir detailliert in die
Untersuchungen einstiegen, die die Redak-tion der EINSICHT ständig
führt, um die Ungültigkeit welcher Weihen auch immer zu beweisen.
Deswegen wollen wir es bei den Allgemeinbestimmungen belassen, die für
die Gültigkeit oder Ungültigkeit der Sakramente stehen.
Augenscheinlich wird die Unwissenheit Herrn Dr. Hellers jedesmal,
sobald der Begriff "Intention" auftaucht. Herr Dr. Heller ist nämlich
fest, allerdings irrig, davon überzeugt, daß der Spender eines
Sakramentes zu dessen Gültigkeit auch die Wirksamkeit intendieren
(beabsichtigen) muß und hinter seinem Rücken keine sogenannte
Gegenintention entwickeln darf, da sonst die Gültigkeit des gerade zu
spendenden Sakramentes in Gefahr stünde. Die Intention definiert die
Kirche aber als diejenige, zu tun, was die Kirche tut, und nicht zu
intendieren, was die Kirche intendiert. Wenn die Gegenintention ein
geheimer Vorbehalt sein soll, interessiert das für die Gültigkeit des
Sakramentes nicht im geringsten, solange der Spender des Sakramentes
tut, was die übrigen Sakramentenspender der Kirche bei der Spendung des
Sakramentes tun. An der Wirkung, dem Tun, erkennt aber jedermann auch
die nächste Ursache für dieses Tun, nämlich die Intention, die Absicht,
etwas zu tun, wie und wenn es getan wird. Kein Mensch gräbt einen
Garten um, wenn er die In-tention hat, Schuhe zu putzen. Wenn jemand
einen Garten umgräbt, dann hat er auch die Absicht, den Garten
umzugra-ben. Wenn jemand Schuhe putzt, dann hat er auch die Absicht,
Schuhe zu putzen. Diese Absichten sind am Tun zu erkennen. Omne agens
agit propter finem. Alles Wirkende wirkt um eines Zweckes willen.
Dieses philosophische Prin-zip wird auch bei der Sakramentenspendung
nicht durchbrochen. Über dieses etwas komplexere Thema kann sich jedoch
jeder Informationswillige in der Artikelserie "Wirkung und Wirksamkeit
der Sakramente" von P. August Groß in KE 1-3/1987 unterrichten lassen.
Wir haben bereits ins Auge gefaßt, den Text dieses Aufsatzes in naher
Zukunft in über-arbeiteter Form noch einmal aufzulegen.
Aus den oben dargelegten Gründen hat die Kirche die Gültigkeit der
Sakramentenspendung, eingeschlossen die Priester- und Bischofsweihen,
vieler häretischer und schismatischer Gemeinschaften anerkannt, solange
sie nur den katholischen Ritus bei der Spendung der Sakramente
aufrechterhalten haben. Überprüfen wir zur Untermauerung des eben
Dargeleg-ten, was das bereits zitierte Lehrbuch des Kirchenrechts von
Prof. Eichmann auf Seite 138, allerdings in einem anderen Zusammenhang,
schreibt: (folgt Zitat aus Eichmann, Eduard: "Lehrbuch des
Kirchenrechts...") Mit den Augen der "Konzilskirche" gesehen haben wir
diese Gültigkeit, ansonsten aber Unerlaubtheit, im Falle der Gründung
der Priesterbruderschaft St. Pius X. hautnah miterlebt. Die einmal
gültig erteilte Bischofsweihe Erzbischofs Lefebvre verlieh dem
Ordinierten ebenfalls einen unauslöschlichen Charakter, der nicht mehr
verlorengehen konnte. So sind denn die vier von ihm geweihten Bischöfe
zweifelsohne gültig geweihe, wie diese vier auch selbst wieder Bischöfe
weihen können. Mit Erlaubtheit oder Unerlaubtheit hat das allerdings
nichts zu tun. Herausstellen wollte ich mit dem Auszug aus dem
Kir-chenrechtskommentar von Eichmann hauptsächlich die Gültigkeit der
einmal gespendeten Weihen. Diese Gültigkeit erstreckt sich selbst auf
die offiziellen häretischen Gemeinschaften, solange deren geistliche
Führer die apostolische Sukzession mit der katholischen
Ordinationsformel oder den von der katholischen Kirche seit jeher
anerkannten Ordi-nationsformen (Materie und Form = Handlung und Worte)
weitergeben. Lesen wir zum Beweis dessen noch einen Aus-zug aus dem
"Lexikon des katholischen Lebens" von 1952, Spalte 26 und 27 (folgt
Zitat). Die gleiche Aussage über die Gültigkeit der Weihen bei
Schismatikern und Häretikern finden wir im selben Lexikon über die
getrennten Orthodoxen in Spalte 901 (folgt Zitat).
Das heißt natürlich beileibe nicht, daß jede Gemeinschaft, die sich
heute "Kirche" nennt, in apostolischer Sukzession steht, d.h. gültig
geweihte "Priester" und "Bischöfe" besitzt. Wenn daher der
Ratsvorsitzende der E"K"D (Evangelische "Kirchen" Deutschlands),
"Bischof" Klaus Engelhard den Vorsitzenden der Deutschen
"Bischofs"konferenz Karl Lehmann vor ein paar Wochen in einem Interview
umarmend-ökumenistisch mit lieber "Bruder" Lehmann anredet, dann hat er
nur insofem recht, als Lehmann die "Bischofsweihe" erst nach 1968 (dem
Jahr der Änderung der "Bischofsweihe-"formel in eine unkatholische und
damit ungültige) empfing und sich damit auf der gleichen
Gültigkeitsebene wie "Bischof" Engelhardt befindet. Die Nicht-Inhabe
der apostolischen Sukzession gilt im deutschen Sprachraum hauptsächlich
für die Protestanten, die Calvinisten, die Zwinglianer, die Hussiten.
Erwähnt sei für den englischen Sprachraum die Anglikanische "Kirche".
Papst Leo XIII. hat in der Apostolischen Konstitution Apostolicae Curae
vom 13. September 1896 die anglikanischen Weihen wegen Abbruch des
Zusammenhangs mit den Aposteln für null und nichtig erklärt. Die
Anglikaner hatten mehr als einhundert Jahre lang eine ungültige
unkatholische Weiheformel, die die apostolische Sukzession abreißen
ließ.
Vielleicht sollte die Lehre der Kirche in puncto Gültigkeit der Weihe
noch einmal ganz klar dargelegt werden. Wenn ein Bischof, sei es nun
Erzbischof Lefebvre oder Erzbischof Thuc oder Bischof J. H. Reinkens
von der Utrechter Union, der den Altkatholiken die apostolische
Sukzession vermittelte, oder irgendein Bischof der schismatischen
Orthodoxen "Kirche" oder ein anderer gültig geweihter Bischof jemanden
zum Bischof oder Priester weiht, dann handelt es sich hier tatsächlich
um gültig geweihte Bischöfe oder Priester, ungeachtet der Tatsache, daß
es sich in allen Fällen um unerlaubte Weihen handelt. Die Unerlaubtheit
hat jedoch mit der Gültigkeit oder Ungültigkeit nichts zu tun. Alle
unerlaubt geweihten Bischöfe und Priester stehen dann natürlich in der
Weihesukzession, nicht jedoch in der Jurisdiktionshierarchie. Für den
gültigen Empfang des Ordo gelten lediglich die Minimalvoraussetzungen,
daß der Ordinand männlichen Geschlechts ist, die Wassertaufe empfangen
hat und die nach außen sichtbare Willensintention hat, freiwillig zum
Priester oder Bischof geweiht zu werden, d.h. daß er nicht gezwungen
werden darf, gegen seinen Wlllen in den geistlichen Stand einzutreten.
Mehr Kriterien gibt es nicht, wenn nur die Gültigkeit im Blickfeld
steht. Den oben aufgeführten Minimalanforderungen genügt aber in der
Regel jeder getaufte protestantische Bäckerlehrling, der, wenn er einen
Weihevater findet, von heute auf morgen ohne jegliche Vorbereitung und
Kenntnisse der Theologie gültig zum Priester oder Bischof geweiht
werden kann. Die Betonung liegt dabei auf dem Wort "gültig".
Pikant wird die Sache erst dadurch, daB die "Konzilskirche" wegen
mutmaßlicher Defekte in der Bischofsweiheformel von 1968 dabei ist, die
apostolische Sukzession zu verlieren und damit keine gültigen Bischöfe
und in der Folge keine gültigen Priester mehr hervorbringen kann,
selbst nicht aus Theologieprofessoren. Der erste nach der neuen Formel
ungültig "geweihte" "Bischof' war der Paderborner "Ordinarius" Joachim
Degenhardt, was dann natürlich zur Folge hat, daß es mit größter
Wahrscheinlichkeit seit 1968 auch keine gültigen Priesterweihen mehr in
der Erzdiözese Paderborn gibt. Wo also, Herr Dr. Heller, soll sich ein
Jungpriester die Weihe holen, nachdem die "Konzilskirche" in doppelter
Hinsicht ausgefallen ist, wenn nicht notgedrungenermaßen bei
irgendeiner schismatischen und häretischen Gemeinschaft? Diese
Jungpriester, deren Weihestatus von Ihnen stets untersucht wird, holen
sich doch nicht den Glauben ihres Weihevaters, sondern nur die Weihe
und damit die apostolische Sukzession. Daß diese Weihe gültig ist, habe
ich oben genügend ausführlich dargelegt, selbst dann, wenn der
Weihevater die Ordination nur mit einem Gmnmistempel (statt auf
Büttenpapier und mit erhabenem Sigellum) bestätigt, wie sie einmal in
einem Artikel monierten.
Mir scheint's, daß man auf diese ganze verrückte Gedankenwelt erst
kommt, wenn man sich in den Kopf gesetzt hat, die Priesterausbildung
nach Fichte durchzusetzen, weil man zufällig selbst ein Studium nach
Fichte absolviert hat. Für die Priesterausbildung schreibt der CIC im
Kanon 1366 § 2 ganz eindeutig und bestimmt vor, daß Philosophie und
Theologie im Sinne und nach den Grundsätzen des hl. Thomas von Aquin zu
lehren sind: (Zitat von Can. 1366. § 2)
Zur Klärung dieser Frage schrieb ich Herrn Dr. Heller im Dezember 1995
einen Brief, den ich hier auszugsweise wiedergeben möchte. Eine Antwort
des Angeschriebenen blieb übrigens aus: "... Nichtsdestotrotz gehe ich
mit Ihnen in der Fichtepropagierung nicht einig. Der CIC schreibt in
Can. 1366 § 2 ganz klar und eindeutig für die Priesterausbildung vor,
daß Philosophie und Theologie im Sinne und nach den Grundsätzen des hl.
Thomas von Aquin zu lehren sind (und nicht nach der
Fichte-Philosophie). Da dies eine Vorschrift der "alten" Kirche ist,
heißt es für jeden Rechtgläubigen auch: Roma locuta, causa finita (im
Brief nicht übersetzt: Rom hat gesprochen, die Sache ist damit
beendet) Für Ihren Einwand, die Durchformung der Philosophie seit
Descartes, Kant und Fichte dürfe man nicht als Ketzerei abtun, ohne je
eine einzige Zeile dieser Autoren gelesen zu haben, bleibt kein
Raum(...). Außerdem ist der Normalgläubige nicht philosophisch gebildet
(ich auch nicht). (...)
***
Stellungnahme zu obigen Ausführungen
1. Die Auslassungen
über meinen dringlichen Appell "Pertinax..." übergehe ich. Es blieb
Herrn Böker vorbehalten, diesen Hinweis, der im Interesse der Gläubigen
erfolgte, als einziger mißverstehen zu wollen, um durch willkürliche
Aus- und Umdeutungen über ein pastorales Anliegen seine satirischen
Einfälle - mit kirchenrechtlichen Anmerkungen garniert - auszugießen.
Nur eins dazu: Der Redakteur von KYRIE ELEISON gibt seine Empfehlungen
zum Meßbesuch bei Klerikern, die nachgewiesenermaßen Sektierer mit
dubiosen oder ungültigen Weihen sind - was er nicht einmal ansatzweise
widerlegen kann (!) -, "um Leser auf die Möglichkeit aufmerksam zu
machen, daß in einem ganz bestimmten Raum die Möglichkeit zum Besuch
der wahren hl. Messe besteht, damit [er] so selbst den letzten
'Skrupulanten' von einer 'NOM-Feier' der 'Konzilskirche' fernzuhalten
trachte" (S. 113). Was macht es für einen Sinn, Herr Böker, Gläubige
eine von Laien simulierte Liturgie oder den Besuch einer 'Messe' zu
empfehlen, in der die Gläubigen nicht wissen, ob sie den "Leib des
Herrn" oder ein Stück Brot empfangen... angeblich, um sie vom Besuch
des sog. N.O.M. abzuhalten? Warum machen Sie auf die 'Messen' dieser
Vaganten, die mit uns - kirchlich betrachtet - nichts zu tun haben,
aufmerksam, und nicht auf die hl. Messen der Orthodoxen, die doch 'nur'
schismatisch sind?
Um die Absurdität solcher Unternehmungen noch zu unterstreichen, fehlen
in der Liste der empfohlenen Meßzentren genau jene, nämlich das
Münchner und das Ulmer, in denen H.H. Kaplan Rissling als Seelsorger
tätig ist, an dessen Weihestatus es keine Zweifel gibt und der sich
bemüht, seinen kirchlichen Standpunkt in den von ihm redigierten
BEITRÄGEN... zu präzisieren.
2. Herr Böker "geht
a priori von der Gültigkeit der Weihen eines Klerikers aus, der sich
'für die Tradition' weihen ließ." (S. 114) Einmal abgesehen von der
unverstandenen Anleihe des Terminus "a priori" bei dem
Transzendentalphilosophen Kant, stellt dieses Eingeständnis eine
Offenbarung gewollter Blauäugigkeit, ja sogar zynischer
Gleichgültigkeit dar. Zum einen: Wer die Realitäten "a priori"
einvernimmt, ist, wie Herr Jerrentrup das in seinem "Offenen Brief"
treffend bezeichnet, philosophisch gesehen ein spekulativer Idealist.
Abgesehen davon kennen wir das Problem der Unterwanderung unseres
Widerstandes seit Mitte der 70iger Jahre, als sich nämlich Kleriker
(oder 'Kleriker') aus der Vagantenszene anerboten, für die
verschiedenen Gruppen Messen in den jeweiligen Zentren lesen zu wollen.
Seit 1978 (!) - also seit beinahe 20 Jahren - haben wir immer wieder in
der EINSICHT vor diesen Sektierern (vornehmlich aus der sog.
Alt-römisch-kath. Kirche) warnen müssen, die mit den
unterschiedlichsten Voraussetzungen zu uns Kontakt aufnehmen wollten.
Es kam sogar vor, daß uns Personen als Priester (!) empfohlen wurden,
die, weil sie keinen Konsekrator gefunden hatten, sich am Grab eines
verstorbenen Bischofs einfanden, um unter Gebeten und Versprechen sich
so aus dem Grabe die 'Weihe' spenden zu lassen. In München lief lange
Zeit jemand herum, der vorgab, 'mystisch' von der Gottesmutter geweiht
worden zu sein. (Die makabren Beispiele ließen sich weiterführen.) All
diese Leute hatten sich - wenn man Bökers Diktion folgen will: "für die
Tradition" 'weihen' lassen. Ach, da gab es noch einen ehemaligen
Lehrer, der sich als Spätberufener nach dem modernen (ungültigen!)
Ritus hatte weihen lassen, um auch "für die Tradition" tätig zu sein.
Aber solch abstruse Realität ficht Herrn Böker nicht an, und natürlich
auch nicht das kleinere 'Problem' der sektiererischen Provenienz
der Vaganten. Wenn nämlich "für die Tradition" (welche meint Herr Böker
eigentlich?) 'geweiht' (s.o.), dann sind diese Herrschaften allesamt
gültig geweihte Priester... selbstverständlich "a priori". Daß ein
Priester - nehmen wir einmal an, daß einer dieser Vaganten gültig
geweiht wurde - nur innerhalb der Kirche (denn nur diese wurde von
Christus dazu beauftragt) Sakramente auch erlaubt spenden darf, daß ein
Gläubiger in der Regel erlaubterweise die Sakramente nur von einem
Priester der Kirche empfangen darf, ficht Herrn Böker des weiteren auch
nicht an! Der Satz des Lehramtes, wonach nur die Kirche - und nicht
irgendeine Sekte oder ein Sektierer (!) - Heilsvermittlerin ist und
sein soll, scheint den Redakteur von KYRIE ELEISON nicht weiter zu
interessieren. Damit paßt Herr Böker in unser Sektierer-Raster:
"Hauptsache schwarz" - "Hauptsache gültig". Und da er die Kandidaten,
die sich ja "für die Tradition" weihen ließen, "a priori" für gültig
geweihte Priester erklärt, spart er sich auch die Mühe, diejenigen zu
überprüfen, die sich ihm in Soutane als Priester andienen. Uns ist das
aber nicht egal! Auch wenn Herr Böker "'vorkonziliar' stets in die
heilige Messe gegangen [ist], ohne vorher den Weihestatus des Liturgen
einzufordern" (S. 114), dann konnte er das tun, weil die Kirche darüber
gewacht hat. Die Zeiten aber haben sich geändert - da wird Böker mit
mir einer Meinung sein. Früher mußte der betreffende Pfarrer das
Zelebret eines fremden Priesters einsehen, heute müssen das die
Verantwortlichen für die Meßzentren tun und dabei etwas über den
Tellerrand von "Hauptsache schwarz" hinausschauen, sonst haben wir bald
überall chaotische Zustände wie im Karlsruher Zentrum.
3. Nun müssen wir
uns einem Sektor der Sakramentstheologie zuwenden, wo nach Böker "die
Unwissenheit Herrn Dr. Hellers jedesmal, sobald der Begriff 'Intention'
auftaucht" "[a]ugenscheinlich wird". Ich persönlich habe keine Probleme
damit, mich belehren zu lassen, auch wenn Herr Böker dabei seinen
triumphalistischen Finger gen Himmel streckt. Allerdings habe ich mich
zu Klärung des Begriffs der Intention bereits dezidiert in einer
öffentlich, kontrovers geführten Debatte mit Herrn Schöner geäußert,
weswegen ich Sie, verehrte Leser, auf meine dortigen Darlegungen
verweisen möchte ( "Zum Problem der erforderlichen Intention bei der
Spendung der Sakramente", EINSICHT XXIII, Nr. 1, S. 3 ff.und Nr. 5, S.
110 ff.; XXIV, Nr. 4, S. 103 ff.). Man gestatte mir aber einige
Anmerkungen. Die Intention, die bei der Sakramentenspendung / -empfang
von der Kirche ist, ist bestimmt dadurch, daß zu tun, was die Kirche
tut. Was meint dieses "tun"? ...nach Herrn Böker "nicht zu intendieren,
was die Kirche intendiert". Hier liegt in der Tat der strittige Punkt.
Nach Böker (und mit ihm alle Ritualisten) meint "tun" nur die objektive
Veränderung in der Außenwelt, der eine bestimmte willentliche
Gerichtetheit (intentio) einfach unterstellt wird. D.h. wenn jemand
stolpert und eine kostbare Blumenvase umreißt, dann hat er die
Zerstörung - "er hat es getan" - sicherlich nicht intendiert. Ich kann
mir auch nicht vorstellen, daß der Fahrer - wie am Wochenende in der
Nähe meines Wohnortes geschehen -, der bei einem Überholmanöver frontal
mit einem entgegenkommenden Auto zusammenstieß, wobei vier Menschen den
Tod fanden, diese Personen absichtlich getötet hat. Aber sagt Böker: er
hat sie umgebracht, also war das auch seine Absicht. So verständnislos
sind nicht einmal die Gerichte, die verminderte Schuldfähigkeit bei
ihren Urteilen gelten lassen. Doch das ist der Grundgedanke seiner
Intentions-Theologie.
Man kann aber äußere Vorgänge nicht nur durch unbeabsichtige Reaktionen
auslösen, sondern auch durch bewußte Täuschung, also eine bestimmte
Intention vorspielen, die gar nicht gemeint ist. Jemand verwickelt
meinetwegen eine arglose Dame in ein Gespräch, nicht, um mit ihr eine
nette Konversation zu pflegen, sondern um sie abzulenken, damit ein
Komplize mittlerweile die Wohnung ausrauben kann. Oder: wenn jemand
einem einen Kuß gibt, dann ist das nach Böker Ausdruck seiner innigen
Zuneigung. Im Fall des Judas war das zwar etwas anderes - nach Böker:
aber nein! nicht Verrat, sondern Verehrung! Das ist natürlich schlicht
falsch, wie jeder weiß. Es geht darum zu sehen, daß es ein Tun "als ob"
gibt - vom Schauspieler, der bewußt etwas spielt, was er nicht ist,
rede ich nicht einmal. Auf die Sakramentenspendung heißt das, daß - wie
von der Kirche vorgeschrieben - mein Tun ein intentional gerichtetes
Handeln meint, das dem von der Kirche gemeinten Vollzug der besonderen
Gnadenvermittlung wirklich entspricht - und nicht ein Tun "als ob" sein
darf. Denn in diesem Fall hätte ich eben nicht die erforderliche
Intention (intentio recta). Papst Leo XIII. formuliert in "Apostolicae
curae", daß man von einer gültigen Sakramentenspendung ausgehen kann,
wenn sie ernsthaft gespendet wird - dieses "ernsthaft" meint doch
sicherlich nicht "als ob", Herr Böker!
Aber es kommt noch schlimmer! Böker schreibt: "Wenn die Gegenintention
ein geheimer Vorbehalt sein soll, interessiert das für die Gültigkeit
des Sakramentes nicht im geringsten, solange der Spender des
Sakramentes tut, was die übrigen Sakramentenspender der Kirche bei der
Spendung des Sakramentes tun." (S. 115) D.h. die Notwendigkeit der
geforderten Intention wird ausdrücklich geleugnet! Das ist nicht nur
häretisch, sondern bedeutet auch eine Abwertung der unmittelbaren
sakramentalen Gnadenvermittlung, die den Gläubigen eigentlich Anteil am
Leben Gottes schenken soll, und siedelt sie an auf der Ebene der
Zauberei.
Die Ritualisten und Herr Böker versuchen irrtümlich, eine bestimmte
Intention nur an einem bestimmten äußeren Vorgang festzumachen. Diese
Auffassung ist falsch: es kann zutreffen, muß aber nicht. Wenn ein
Zeichen in Kreuzesform gezeichnet wird, dann kann es ein Kurzbekenntnis
des christlichen Glaubens sein. Es dürfte aber nicht schwer fallen
festzustellen, daß es auch vollführt wird, um jenen Glauben zu
verhöhnen... man betrachte nur die einschlägigen Programme im
Fernsehen. Also: eine Erweiterung des Realitätshorizontes, zumindest um
dieses "als ob", ist angesagt. Aber diese ritualistische Einstellung
braucht uns nicht weiter wundern. Mit einem Ritualisten besonderer Art,
nämlich dem Zauberer Simon, der sich das Bischofsamt erkaufen wollte,
um zu 'zaubern', hatten schon der hl. Petrus und der Apostel Philippus
ihre Probleme (man vgl. Apg. 8,9-24).
4. Um für diese
Annahme, daß nämlich die Ritualisten eigentlich die Notwendigkeit der
geforderten Intention indirekt leugnen, noch einen Beweis liefern zu
wollen, schreibt Herr Böker: "Den oben aufgeführten
Minimalanforderungen (insbesondere ist von Böker die Freiwilligkeit des
Empfangs gemeint) genügt aber in der Regel jeder getaufte
protestantische Bäckerlehrling, der, wenn er einen Weihevater findet,
von heute auf morgen ohne jegliche Vorbereitung und Kenntnisse der
Theologie gültig zum Priester oder Bischof geweiht werden kann." (S.
119) Der Bäckerlehrling qua Protestant würde genau das leugnen, für was
er geweiht würde: das Feiern des Meßopfers. Das hieße eindeutig, daß er
die erforderliche Intention nicht aufbrächte. Von uns hat niemand
geleugnet, daß auch ein Häretiker oder Schismatiker gültig Sakramente
spenden kann, aber er muß dies in der für die jeweilige Spendung
erforderlichen Intention tun. So, wie sich Herr Böker hier äußert, ist
seine Meinung schlicht häretisch.
5. Bereits
vorher nimmt Herr Böker eine Bewertung des Legalitäts-Status des
kirchlichen Wiederaufbaus vor. Er schreibt: "Wenn ein Bischof, sei es
nun Erzbischof Lefebvre oder Erzbischof Thuc oder Bischof J. H.
Reinkens von der Utrechter Union, der den Altkatholiken die
apostolische Sukzession vermittelte, oder irgendein Bischof der
schismatischen Orthodoxen "Kirche" oder ein anderer gültig geweihter
Bischof jemanden zum Bischof oder Priester weiht, dann handelt es sich
hier tatsächlich um gültig geweihte Bischöfe oder Priester, ungeachtet
der Tatsache, daß es sich in allen Fällen um unerlaubte Weihen
handelt." (S. 118f. - Hervorhebung von mir.) Diese Passage zeigt, was
Herr Böker von den Bemühungen um die Restitution der Kirche als
Heilsinstitution, die sie ja auch in Zukunft bleiben soll, hält,
nämlich wenig - da die Weihen nach ihm unerlaubt sind, hätten sie
eigentlich gar nicht stattfinden dürfen. Daß Böker die Konsekrationen,
die S.E. Mgr. Ngo-dinh-Thuc gespendet hat, mit denen gleichsetzt, die
zum Schisma der Utrechter Union führten - die Weihen, die Mgr. Lefebvre
spendete, spare ich aus -, verwundert nur denjenigen, der nicht weiß,
auf wen sich der Redakteur von KYRIE ELEISON dabei bezieht: auf das
CIC, dargereicht durch den Kanonisten Eichmann, wonach Bischofsweihen
ohne päpstliches Mandat unerlaubt sind und einen schismatischen Akt
darstellen. Ich werfe Herrn Böker nicht vor, daß er erst recht spät zur
"Tradition" zurückgefunden hat. Aber wenn er über Vorgänge schreibt,
die bereits ausführlich kommentiert sind, sollte er sein Wissen
up-daten, um "up-to-date" zu sein. Die Frage nach der Erlaubtheit
der Bischofsweihen von Mgr. Ngo-dinh-Thuc wurde damals zu Beginn der
80iger Jahre weltweit diskutiert und positiv beantwortet. Die
entscheidende Antwort darauf hat der ehemalige Erzbischof von Hue mit
seiner DECLARATIO über die Sedisvakanz des Hl. Stuhles selbst gegeben.
Wo steht Herr Böker eigentlich selbst? Sein Meßbesuch - unerlaubt,
seine Beichte - unerlaubt, sein Ungehorsam gegen den 'Hl. Vater' -
schismatisch, seine KYRIE ELEISON-Redaktion - unerlaubt - pardon! ein
'Imprimatur' erteilt er sich ja selbst!
Ich werde es nicht hinnehmen, daß der Späteinsteiger Böker die neueste Kirchengeschichte wieder umschreibt.
6. Bökers
Kirchenverständnis spiegelt sich in folgendem wider: "Wo also, Herr Dr.
Heller, soll sich ein Jungpriester die Weihe holen, nachdem die
'Konzilskirche' in doppelter Hinsicht ausgefallen ist, wenn nicht
notgedrungenermaßen bei irgendeiner schismatischen und häretischen
Gemeinschaft? Diese Jungpriester, deren Weihestatus von Ihnen stets
untersucht wird, holen sich doch nicht den Glauben ihres Weihevaters,
sondern nur die Weihe und damit die apostolische Sukzession." (S. 119)
... man könnte fortfahren: wie Schrauben in einem Warenlager "holen".
Bleiben wir beim "Holen": bei dem Laien Schmitz oder Schneider oder
ähnlichen Vaganten gibt's nichts zu "holen", nicht einmal eine Weihe.
Aber das stört Herrn Böker nicht, die Frage ist "a priori" entschieden.
Hier begnügt er sich mit einer Weihe "als ob", welches er im Bereich
der Intention nicht konzipieren kann.
Als sich nach der Promulgation der neuen Weiheriten recht bald
herauskristallisierte, daß sie ungültig (Ritus für die
Bischofskonsekration) oder zumindest zweifelhaft (Priesterweihe) waren
und somit die Gefahr des Erlöschens der apostolischen Sukzession
vorprogrammiert war, ging es uns im Zusammenhang mit der Problematik
der Restitution u.a. auch darum, einen Bischof zu finden, diese Gefahr
auch sehend, der als Glied der Kirche in Erfüllung seiner Pflichten (ex
officio oder ex caritate) durch die Konsekration neuer Bischöfe für den
Fortbestand der Kirche und den weiteren Wiederaufbau Sorge tragen
würde. Als Mgr. Lefebvre mit dem Problem der erlöschenden Sukzession
konfrontiert wurde, hatte er dafür zunächst nur Spott übrig. Nachdem
dann später S.E. Erzbischof Ngo-dinh-Thuc tatsächlich P. Guerard des
Lauriers und die Patres Carmona und Zamora konsekriert hatte, erklärte
Mgr. Lefebvre den Konsekrator für "verrückt", um dann einige Jahre
später selbst "verrückt" zu werden. Bedauerlich war und ist, daß mit
den neuen Bischöfen auch neue Probleme entstanden, an denen wir heute
noch kranken. Wichtig in diesem Zusammenhang aber ist, daß die Kirche
aus sich heraus, d.h. von denjenigen Glieder aus, die den Glauben
bewahrt haben, auch ihren Wiederaufbau betreibt. Natürlich waren auch
von uns Überlegungen angestellt worden, ob es erlaubt sei, Sakramente
bei den Orthodoxen zu empfangen (Bischofs- und Priesterweihe), wenn in
der röm.-kath. Kirche die Sukzession erloschen wäre oder niemand sich
bereit gefunden hätte, Bischöfe zu ihrer Bewahrung zu konsekrieren.
Aber von unserer Seite wurde nicht daran gedacht, sich zur Rettung der
Sukzession an Vaganten zu wenden, um sich bei ihnen Weihen "zu holen".
(N.b. verkennt Herr Böker das Verhältnis eines Bischofs zu seinen
Seminaristen bzw. zu den von ihm geweihten Priestern, wenn er meint,
diese könnten sich bei dem jeweiligen Bischof wie in einem Warenhaus
die "Weihen holen".)
Man gestatte mir noch eine weitere Anmerkung. Es ist immer ein Problem
gewesen, wie gewisse Bischofs- und Priesterweihen, die auch u.a. von
Mgr. Ngo-dinh-Thuc (meiner Meinung nach ungerechtfertigterweise)
erteilt wurden, zu bewerten sind. Mgr. Guerard des Lauriers schlug vor,
die Betreffenden, die kein klares, theologisch abgesichertes Programm
hatten, zu ignorieren. In der Tat gehören Leute wie Bischof Miguet aus
Frankreich, der sich von Johannes Paul II. als von ihm anerkannten "Hl.
Vater" sein "Oeuvre" segnen ließ, nicht zu den Sedisvakantisten,
sondern zum traditionalistischen Flügel der 'Konzilskirche', mag er
noch so gültig geweiht oder sich sonst orthodox gebärden (Lesen der
alten Messe). Einfach ignorieren sollte man sie nicht, man muß schon
wissen, welche kirchlichen Positionen sie einnehmen, um eine
Kooperation mit ihnen als begründet ablehnen zu können; denn viel zu
viele Bökers laufen mit ihren Parolen "Hauptsache gültig", "Hauptsache
schwarz", "nur die alte Messe" herum oder mit Minimalanforderungen,
denen die "protestantischen Bäckerlehrlingen" ja genügen, und führen
sie als Seelsorger in die Meßzentren ein. Welche Kriterien sollte man
denn bei der Beurteilung solcher oder ähnlich traditionalistischer
Kleriker, die z.B. die alte Messe lesen, anwenden? Meiner Meinung sind
nur diejenigen berechtigt, die Sakramente der (wahren) Kirche zu
spenden, die von der Ungültigkeit oder Zweifelhaftigkeit der neuen
Riten und dem Abfall der 'Konzilskirche', also von der Sedisvakanz,
überzeugt sind und die ihre pastorale Arbeit ausschließlich für und im
Dienst des kirchlichen Wiederaufbaus einsetzen. Diese Einstellung ist
auch von seiten der Gläubigen als auch der Kleriker die einzig
legitime, die zum Empfang bzw. zur Spendung der Sakramente berechtigt.
Alle anderen Einstellun-gen, wie die von Miguet, Datessen und anderen
oder auch die Position der Econer, sind schisma-tisch oder
sektiererisch, denn diese Personen oder Gruppierungen handeln -
subjektiv gesehen - ohne Berechtigung, da sie weder die von ihnen
abgelehnten Sakramentsriten als ungültig ablehnen noch die Legitimität
der Autorität bestreiten, der gegenüber sie ungehorsam sind. Meistens
haben sich diese Personen wie Miguet die Weihen nur aus Gründen des
persönlichen Prestiges "geholt" - um im bökerschen Jargon zu bleiben.
Mit all diesen Sektierern haben wir nichts zu tun.
Mit den obigen Empfehlungen hat sich Böker eindeutig in die Ecke der
Sektierer gestellt. Mit seinen Lingens und Co's kann er die von ihm
angepeilte 'Kirche' als Markt für Heilskonsum weiter ausbauen, wo sich
jeder "holt", was er braucht. Wir aber werden uns daran nicht
beteiligen!
7. Wenn Böker
selbst sagt, daß er von Philosophie nichts versteht, so nehme ich ihm
das ab. Es ist aber geradezu erstaunlich, wie ausführlich er sein
Nicht-Wissen vor uns ausbreitet. So legt er dar, daß meine "ganze
verrückte Gedankenwelt" vom Studium Fichtes herrührt, von dem er
sicherlich nicht zwei Zeilen gelesen hat. Immerhin ist diese
"Gedankenwelt", so "verrückt" sie auch sein mag, geeignet gewesen, daß
sich auch der Redakteur von KYRIE ELEISON an ihr bereichert hat, so
z.B. an den in der EINSICHT vorgetragenen Positionen über die
Ungültigkeit des sog. N.O.M. oder über die Sedisvakanz des Hl. Stuhles,
die ja alle der "ganze verrückten Gedankenwelt", die auch die anderen
Mitarbeiter der EINSICHT beherrscht(e), entsprungen sind.
Daß Böker auch in diesen Passagen mit Unterstellungen arbeitet wie in
der gesamten Darstellung, nimmt niemand mehr wunder. Ich habe nie
gesagt, daß Can 1366 § 2, wonach die Professoren die Studenten in den
Fächern Philosophie und Theologie nach dem hl. Thomas unterrichten
sollen, außer Kraft zu setzen sei. Ich habe aber sehr wohl dargelegt,
daß das Studium eines philosophischen Autors nicht bedeuten kann, seine
Positionen ohne eigene Einsicht einfach zu adaptieren. Das gilt für
jeden Autor, für den hl. Thomas wie auch für den von Böker
apostrophierten Philosophen Fichte. All diese Ignoranten, die außer
thomistischem Personenkult (dem dieser sicherlich selbst höchst zuwider
wäre), sollten sich doch einmal mit Studenten der Philosophie,
meinetwegen aus dem zweiten Semester, unterhalten und in ihre
Thomasfanfare stoßen ohne Argumente in der Sache: sie würden nur
Kopfschütteln erzeugen. An philosophische Sätze wird nicht geglaubt,
sondern sie werden eingesehen. Ein Philosoph ist ein Selbstdenker und
nicht jemand, der fremde Sätze nachplappert (er könnte dann allenfalls
zum Rhetoriker avanzieren). Leo XIII., auf dessen Enzyklika "Aeterni
Patris" (vom 4.8.1879 - DH 3135-3140) der Can. 1366 § 2 fußt, ist in
dieser Hinsicht zurückhaltend. Er schreibt: "Wenn etwas mit den
Forschungsergebnissen der späteren Zeit weniger im Einklang steht oder
schließlich in irgendeiner Weise nicht wahrscheinlich ist, so
beabsichtigen Wir keineswegs, daß dies unserer Zeit zur Nachahmung
vorgelegt werde." D.h. Leo XIII. will auf keinen Fall weitere
(philosophische) Forschungen aus dem Studium ausgrenzen und zum anderen
räumt er die Möglichkeit von Irrtümern in der thomistischen Philosophie
ein. Und ich werde noch zeigen, daß es diese Irrtümer im
philosophischen Ansatz des hl. Thomas tatsächlich gibt!
N.b. was würden all die bornierten Thomisten sagen, wenn man diesen
Can. 1366 § 2 bezüglich des Theologiestudiums so auslegen würde, daß
nur und ausschließlich das Lehren thomistischer Theologie erlaubt wäre,
daß sie sogar den Vorzug vor der Lehre der Kirche auch in den Punkten
bekäme, in denen Thomas von ihr abweicht - es gibt einige Positionen,
wo die Lehre der Kirche und thomistische Theologie nicht
übereinstimmen, was dann? Dann würde doch "der Teufel los" sein, der
Diabolos, denn das Lehramt würde etwas empfehlen, was es selbst
verwirft! ... nicht wahr?
Ich bin Herrn Böker dankbar, daß er seine Meinung zu entscheidenden
Problemen so offenherzig skizziert hat. (N.b. vielleicht verrät er uns
noch, wer der "geistliche Dogmatiker alter Schule" ist, der ihn bei
diesen Ausführungen beraten hat.)
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