DER HL. EDMUND CAMPION S.J.,
- EIN WIDERSTANDSKÄMPFER DES 16. JAHRHUNDERTS -
von
Elisabeth Castonier
In den Katholikenverfolgungen des 16. Jahrhunderts in England zur
Regierungszeit der Königin Elisabeth I. wurden zahlreiche Priester und
Gläubige zu Märtyrern, unter ihnen auch der später heiliggesprochene
Jesuit Edmund Campion, über den unser Beitrag berichtet. - Wer für die
Wahrheit eintritt, muß auch heute noch in vielen Ländern der Welt auf
den Tod gefaßt sein: auch heute gibt es Märtyrer.
***
Bis zum Jahr 1559 waren die gegen englische Katholiken erlassenen
Reformationsgesetze verhältnismäßig mild. Man war sich noch nicht
schlüssig, mit welchen Mitteln der alte Glaube am besten auszurotten
wäre, um einem starrköpfigen Volk den neuen Glauben aufzuzwingen. Es
gab pro- und anti-katholische Gruppen, die einander bekämpften, es gab
Mitläufer, Verräter und Helden, wie dies in der Geschichte der
Menschheit bei großen Umwälzungen nun einmal ist. Aber noch waren weder
Kirchen noch Kathedralen geplündert, niedergebrannt oder abgerissen.
Königin Elizabeth I. war noch nicht exkommuniziert, obwohl sich die
neue Nationalkirche schon unter König Heinrich VIII. von Rom getrennt
hatte. Es hieß vorerst nur: »Los von Rom«, aber noch nicht: »Hängt alle
Papisten«. Aber Unruhe herrschte überall im Land, besonders an
Universitäten. Cambridge war bereits mehr protestantisch als Oxford, wo
sich die Mehrheit der Studenten noch zum alten Glauben bekannte.
Unter ihnen befand sich Edmund Campion ), dessen umfassendes Wissen und
vollendete Lateinvorträge Bewunderung erregten. Es war Mode, seine
Haltung, seine Kleidung, seine Sprechweise nachzuahmen. Campion war 26
Jahre alt, als Königin Elizabeth Oxford besuchte. Er wurde beauftragt,
die lateinische Ansprache zu halten. Um peinliche Zwischenfälle zu
vermeiden, wurde beschlossen, das heikle Thema Theologie auszuschließen
und Campion wählte daher eine Dissertation »Über den Einfluß des Mondes
auf Ebbe und Flut«. Die Königin, mit großem Gefolge und ihrem Geliebten
Leicester erschienen, wandte sich an diesen und bemerkte, man müsse
sich den Namen dieses außerordentlichen jungen Mannes einprägen. Als
Campion sich nach beendetem Vortrag für den Beifall bedankte, ahnte er
nicht, daß er nur wenige Jahre später unter der Herrschaft derselben
Königin wie ein Schwerverbrecher verfolgt und ihren Folterknechten
ausgeliefert würde, weil er sich für die Erhaltung des alten Glaubens
eingesetzt hatte.
Edmund Campion war der typische Gelehrte, weltfremd, versponnen, nur an
seinem Studium interessiert, deshalb beteiligte er sich zuerst auch
nicht an den immer heftiger werdenden Auseinandersetzungen über
religiöse Probleme und freie Meinungsäußerung. Vielleicht hielt er sich
aus Furcht zurück, in seinem Studium gestört zu werden. Aber dies
charakteristische Zögem und Ausweichen, dies bewußte Abseitsstehen ist
besonders interessant, wenn man sein späteres todesmutige Verhalten
betrachtet. Solange es ging, vermied er es, für oder gegen die
Reformation Stellung zu nehmen. Aber die strengen Regeln der
Universität zwangen ihn schließlich, Farbe zu bekennen, da nur ein
Dekan die Universitätslaufbahn einschlagen durfte. Aber auch hier
verzögerte er seine Ernennung, so lange es möglich war, dies ohne
Aufsehen zu tun. Schließlich mußte er sich dann doch entschließen und
wurde von seinem alten Freund, Bischof Cheney von Gloucester feierlich
ernannt.
Cheney war der erste Bischof der neuen Nationalkirche, ein von Zweifeln
geplagter, in sich unsicherer Mann, der zwar dem neuen Glauben diente,
zugleich aber etwas vom alten Glauben erhalten wollte. Er bejahte, was
seine protestantischen Kollegen längst als »papistischen Hokuspokus«
ablehnten, das Wunder der Wandlung. Er war auch gegen die Entfernung
von Heiligenstatuen und Bildern aus Kirchen und Kathedralen - und
trotzdem hatte er sich, wider besseres Wissen und Gewissen, zum Bischof
der neuen Kirche ernennen lassen.
In diesem schwankenden, von Unsicherheit und Reue geplagten Mann, der
nicht den Mut fand, eindeutig und entschlossen Stellung zu nehmen,
erkannte Campion beschämt sich selbst, seine eigene Schwäche. Und dies
erkennend, begann er, seine Zweifel mit Freunden und Studenten zu
diskutieren. Im bedrohlichen Umsichgreifen der Reformation, den immer
schärfer werdenden antikatholischen Maßnahmen blieb seine Einstellung
nicht unbemerkt. Es gab schon zuviele beflissene Mitläufer neben
überzeugten Konvertiten.
Man begann, ihn zu bespitzeln. Seine Aussprüche wurden vermerkt, denn
er gehörte ja zu den Leuchten der Universität, zudem stand Bischof
Cheney bereits unter dem Verdacht, ein »verkappter Papist« zu sein.
Bald gingen Gerüchte um, Campion sympathisiere mit dem Feind, der
römischen Kirche. Man forderte ihn auf, sich eindeutig zur
Nationalkirche, der Church of England zu bekennen und im Hochsitz der
anglikanischen Kirche, der St. Pauls-Kathedrale in London, zu predigen,
dem St. Peter Englands. Campion vermochte nicht, sich zu dieser
eindeutigen Stellungnahme zu entschließen und bat um Aufschub wegen
übermäßiger Arbeit. Der Aufschub wurde bewilligt.
Um diese Zeit waren bereits viele katholische Geistliche aus England
geflohen, teils nach Irland, wo die Reformation keinen wesentlichen
Einfluß gewonnen hatte, teils nach Frankreich. Der Verdacht gegen
Bischof Cheney, ein »Verräter« zu sein, verstärkte sich wie gegen
Campion, der sein Amt schließlich 1569 niederlegte und nach Irland
ging. Dort entstand eines seiner Meisterwerke, die »Geschichte
Irlands«. In seiner Freizeit spielte er Flöte. Aber das Gefühl von
Freiheit und Geborgenheit war von kurzer Dauer.
Königin Elizabeth wurde durch päpstliche Bulle exkommuniziert. Papst
Pius V. entband ihre Untertanen von ihrer Gehorsamspflicht. Die
Erregung über diese Verfügung wurde von den Reformatoren geschickt
geschürt. Katholiken waren jetzt vogelfrei. Ein neues Gesetz befahl,
daß jeder Geistliche, der es nach dem 1. Juli 1579 wagen sollte, die
Messe zu zelebrieren, Beichte zu hören oder Absolution zu erteilen, als
Hochverräter mit dem Tode bestraft würde. Die Vehemenz der
antikatholischen Bewegung, der Eifer von Mitläufern fand natürlich ein
Echo und Nachahmer in Irland. Campion fühlte sich bedroht, da die
irischen Behörden Befehl erhalten hatten, alle verdächtigen Katholiken
festzunehmen. Zuerst versteckte er sich auf dem Land - aber auch dort
wurde Jagd auf den »Landesverräter« gemacht, und schließlich schiffte
er sich unter dem Namen Patrick, als Lakai verkleidet, wieder nach
England ein. Das Schiff wurde durchsucht, die »Geschichte Irlands«
beschlagnahmt, er selbst jedoch nicht entdeckt. Das Manuskript wurde
erst nach seinem Tod in verkürzter Form veröffentlicht.
In England fanden inzwischen Prozesse gegen Katholiken und deren
Hinrichtungen statt. Campion wußte, daß er nicht mehr lang unentdeckt
bleiben würde und England wieder verlassen müsse. Aber wie stets
zögerte er noch, hielt sich bei Freunden verborgen und schiffte sich
schließlich nach Calais ein. Von dort aus erreichte er das englische
Seminar der Universität Douai, wo bereits andere englische Priester
Zuflucht gefunden hatten. Dort lebte Campion zum ersten Male wieder in
einer rein katholischen Atmosphäre. Bald folgten ihm dorthin zwei
Oxforder Freunde, Gregory Martin und Richard Bristow, der der Welt die
beste Übersetzung der Heiligen Schrift überlieferte, die Douai-Bibel.
In Douai bereitete sich Campion auf die Priesterlaufbahn vor, wurde
während seines Noviziats nach Wien, später nach Prag gesandt und
erhielt dort den Lehrstuhl für Philosophie und Rhetorik. Nach seiner
Weihe zum Priester wurde er ein viel gesuchter Prediger und
Beichtvater. Aber dieser Aufenthalt war nur kurz, denn eines Tages
erhielt er den Befehl aus Douai, nach England zu reisen. Kardinal Allen
schrieb ihm: »Unsere Ernte in England ist bereits groß. Wir brauchen
Männer wie Sie aus unserem Orden. Der Papst, Vater unseres Landes, hat
gestattet, daß unser Campion mit seinen ungewöhnlichen Gaben
zurückgesandt wird...« Dieser Befehl war gleichbedeutend mit einem
vorerst aufgeschobenen Todesurteil, denn die vom Kardinal geschilderte
»Ernte« war in der Tat groß - an Verfolgten, Gemarterten,
Hingerichteten, und die englischen Behörden waren auf der Jagd nach
allen prominenten Katholiken, zu denen Campion längst zählte. Aber der
Prager Jesuiten-Provinzial wollte den jungen, bedeutenden Ordensbruder
nicht in den sicheren Tod schicken und verzögerte die Erlaubnis zur
Ausreise über Rom nach Douai und England.
Ein junger Priester schrieb am Vorabend von Campions schließlicher
Abreise über dessen Zellentür: »Pater Edmundus Campionus
Märtyrer«. Wir wissen nicht, was in dem scheuen, ängstlichen Mann vor
sich ging, der sein Schicksal ahnte, wissen nicht, ob sein Glaube die
Furcht verminderte. In Rom erhielt Campion seine Instruktionen im
Ordenshaus der Jesuiten, wo er einen anderen Oxforder Freund, Pater
Robert Person, wiedersah, der ihn begleiten sollte. Sie durften
natürlich nicht im Priestergewand reisen, sondern mußten weltliche
Kleidung tragen. Ihre Reisedokumente waren auf falsche Namen
ausgestellt. In England hatten sie sich mit anderen Priestern zu
treffen, durften aber nur zu zweit reisen und hatten sich so
unauffällig wie möglich zu benehmen. Zweck ihrer Mission war »die
Erhaltung und Festigung des katholischen Glaubens in England« und
verfolgte oder verdächtigte Katholiken im Glauben zu stärken und in
zuverlässigen Häusern die heilige Messe zu zelebrieren.
Es war den Missionaren gestattet, mit Abtrünnigen zu diskutieren,
jedoch verboten, über die Königin zu sprechen. Politische Gespräche
waren zu vermeiden. Dies würde besonders schwierig sein, weil die
Exkommunizierung der Königin und die Entbindung ihrer katholischen
Untertanen vom Treueid Verwirrung und Ratlosigkeit verursachten. Ein
neues Gesetz hatte verschärfte Maßnahmen gegen alle Katholiken
verkündet. Nicht nur Kerker, Folter und Tod drohten jetzt auch Laien
und Ordensleuten, die ein katholisches Leben lebten, insgeheim die
Sakramente empfingen oder Priester bei sich versteckten. Die Regierung
setzte hohe Kopfprämien für den Verräter von Katholiken aus - und
Verräter und Spitzel fanden sich überall. Dies war die Lage in England,
als Campion mit 14 Gefährten von Kard. Allen in Douai Abschied nahm, um
sich nach England einzuschiffen. Aber Campion war jetzt nicht mehr ein
Zögernder, schien auch keine Furcht zu spüren, sondern war ein Mann,
der bewußt sein Schicksal erwartete. Wie bewußt er sich dessen war,
geht aus einer Bemerkung hervor, die er Kardinal Allen gegenüber
machte: »Was mich betrifft, so ist alles bereits überstanden. Ich habe
mich der allmächtigen Majestät im Leben und im Tode verschrieben. Ich
hoffe, ER wird mir die Gnade erweisen, daß ich meine Aufgabe erfüllen
kann. Ich habe keinen anderen Wunsch.«
Er wußte, daß er auf der Liste der Gesuchten stand. Spitzel hatten die
Abreise der Jesuiten bereits den englischen Behörden gemeldet. Als er
in Dover landete, wurde er mit seinem Gefährten verhaftet. Aber die
Furcht vor dem berühmten Mann war so groß, daß allerlei Gerüchte
entstanden: die große Glocke der Westminster-Abtei soll mit einem Male
geläutet haben, ohne von Menschenhand berührt zu sein. Es hieß, man
habe »die Schwarzen« überall gesehen. Eine Achtzigjährige hatte ein
Kind mit einem Kopf geboren, der wie ein Helm geformt war, einem Mund,
so groß wie ein Haus und acht Beinen - eine überdimensionale Hundemeute
war am Himmel entlang über die Grafschaften Weltshire und Somerset
gezogen. Dorfbewohner wollten unzählige kleine schwarze Männchen
erblickt haben - alles Erscheinungen, die als »göttliche« Warnung vor
einer Bedrohung des Landes und der Regierung durch Campion gedeutet
wurden. Auch die Königin und ihr Hofstaat fürchteten den berühmten
Mann. Trotzdem wurden Campion und sein Oxforder Freund aus dem
Gefängnis entlassen. Warum der Bürgermeister von Dover die zwei
Priester laufen ließ, kann nur vermutet werden: Er war ein heimlicher
Katholik.
Die zwei Freunde setzten ihren Weg nach London fort und fanden
Unterkunft bei Verschworenen. Mit anderen, ebenfalls verkleideten und
mit gefälschten Personalpapieren ausgerüsteten Priestem wurde ein
genauer Feldzugsplan festgelegt. Während sie noch diskutierten, kam ein
neuer Erlaß heraus, der besagte: »Die Regierung Ihrer Majestät hat aus
zuverlässiger Quelle erfahren, daß der Papst und König Philipp (von
Spanien) in Verbindung mit Jesuiten einen Angriff auf England planen.
Die Regierung ruft alle treuen Untertanen auf, ihr Land mit dem Leben
zu verteidigen.« Auch damals wurde, wie so oft in der Geschichte, mit
der Bedrohung des Landes gedroht. In der Tat versuchte Philipp II. mit
seiner Armada England zu erobern und wurde geschlagen. Die zwei
Priester machten sich trotz dieser drohenden Erlasse auf den Weg,
Campion verkleidet als »reicher Edelmann«, sein Freund als ein
»Diener«. Die Liste der zuverlässigen katholischen Häuser hatten sie
für den Fall erneuter Verhaftung auswendig gelernt. In den meisten
Schlössern oder in großen Landhäusern mußten sie in den sogenannten
»priestholes« (Priesterlöchern) übernachten, großen Wandschränken, die
Lebensmittel und Wasser enthielten, auf Dachböden oder in Mauernischen,
die holzverschalt und mit schweren Möbeln verbarrikadiert waren.
Entsetzt erkannte Campion die Verarmung, das Elend der Katholiken,
deren Besitz und Gelder beschlagnahmt worden waren, fand ausgeraubte,
niedergebrannte Klöster, Kirchen, Kathedralen, traf verängstigte
Menschen, die bespitzelt wurden, die ihren nächsten Verwandten und
Freunden nicht mehr zu vertrauen wagten. Wo immer die zwei
übernachteten, wurde ihr Kommen durch zuverläs-sige Boten gemeldet,
damit versprengte Gläubige der Messe im Morgengrauen beiwohnen konnten.
Dann zogen die beiden weiter. In früherer Zeit hatten sich die
Gläubigen oft über die Länge des Meßrituals beklagt und weltliche
Bücher - vor allem den damals besonders populären Boccaccio - statt
ihres Gebetsbuchs mitgenommen. Jetzt konnte den nach dem alten Glauben
Hungernden nichts lange genug dauern. Je länger die Predigt dauerte,
desto besser. Aber genau wie vierhundert Jahre später, zur Zeit der
Judenverfolgun-gen in Deutschland, fürchtete man sich vor Spitzeln,
denn die englischen Katholiken waren das, was die Juden in Deutschland
waren: Freiwild, Gehetzte. Wie vierhundert Jahre später, in unserem
Zeitalter, fürchtete man den frühmorgendlichen Türklopfer, den Nachbarn
- denn in der Geschichte der Menschheit zeigt sich immer wieder, wie
dünn die Zivilisationsschicht ist, wie leicht der Mensch wieder zum
unmenschlichen Urmenschen wird.
Während ihrer über drei Monate währenden Wanderung gerieten sie
mehrmals in Gefahr, erwischt zu werden, wenn Aufpasser das Nahen von
Soldaten meldeten und Priester, Gewänder, Meßgeräte rasch versteckt
werden mußten. »Ich weiß, daß ich den Ungläubigen nicht entgehen kann«,
schreibt er in einem seiner aus England nach Rom geschmuggelten Briefe,
»der Feind hat zu viele Zungen. Ich weiß, daß ich in meiner Verkleidung
lächerlich aussehe, höre und lese oft, daß Campion endlich gefaßt
wurde. Aber solange es soviele selbstlose Menschen gibt, Priester und
Gläubige, die weder Mensch noch Teufel fürchten, kann unsere Kirche
nicht untergehn.«
Der gefährlichste Ort für katholische Priester war London. Trotzdem
gelang es ihm, dort eine Schrift zu veröffentlichen: »Warum Katholiken
protestantischen Gottesdiensten nicht beiwohnen sollen«. Allein die
Beschaffung von Papier, das heimliche Drucken, die verstohlene
Verbreitung waren lebensgefährlich, besonders jetzt, da eine noch
höhere Kopfprämie für Campions Ergreifung ausgesetzt war. Nachdem er
noch ein Buch über die Gründe, warum er sich zum katholischen Glauben
bekenne, herausgegeben hatte, reiste er mit seinem Gefährten weiter.
Ihr Weg führte durchs Dorf Lyford, zum Schloß eines gewissen Yates, von
dem er wußte, daß Nonnen und Priester dort verborgen wurden. Nicht nur
Yates auch dessen alte Mutter hatte bereits längere Kerkerstrafen für
ihre Unterstützung verfolgter Katholiken verbüßt. Um Yates daher nicht
erneut zu gefährden, hatte Campion auf dessen Bitte vermieden, ihn um
Aufnahme zu bitten. Jetzt wollte er dort nur kurz übernachten, die
Frühmesse zelebrieren, obwohl sein Gefährte ihn flehentlich bat, es zu
unterlassen. Die Freunde trennten sich. Es war das letzte Mal, daß sie
sich sehen sollten, und Campion setzte seine Wanderung mit einem jungen
Laienbruder fort - seinem Schicksal entgegen.
Auf Yates' Schloß hörte er Beichte, las die Messe, ohne zu predigen und
wanderte dann weiter, nach Oxford. Nachbarn, die man in der Eile, so
rasch wie möglich alles zu erledigen, nicht zur Messe bei Tagesanbruch
gerufen hatte, empörten sich darüber, daß man sie übergangen hatte, als
andere Meßteilnehmer vom Besuch des berühmten Mannes berichteten. Sie
forderten von Yates, Campion zurückzuholen, um eine zweite Messe zu
zelebrieren. Eine Vertrauensperson wurde ihm nachgesandt, fand ihn in
einer Oxforder Taverne und überredete ihn, nach Lyford zurückzukehren,
trotz der Bitten des jungen Bruders, es nicht zu tun. Er wußte nicht,
daß Regierungsspitzel ihm bereits auf den Spuren waren, zwei Männer,
Jenkins und Elliott, die man beauftragt hatte, zu erfahren, was auf dem
Schloß vor sich ging. Als sie nach Lyford kamen, fanden sie die
Schloßtore geschlossen und bewacht. Aber Jenkins war mit Yates' Koch
befreundet, der ihn bloß ahnungslos fragte, ob er und sein Freund
»unserer Kirche angehörten«, und als dies bejaht wurde, führte er sie
in die Halle, wo Campion bereits die zweite Messe begonnen hatte. Drei
Klosterfrauen im Habit und »etwa dreißig andere Verräter« (daher
Katholiken) waren anwesend. Die Spitzel benahmen sich wie fromme
Katholiken.
Es ist ein seltsamer Zufall, daß Campion an diesem Tag über den Text
sprach: »Jerusalem, warum tötest du deine Propheten?« Nach Beendigung
der Messe ritten Jenkins und Elliott zum nächsten Polizeirevier, um
ihren Anspruch auf die Kopfprämie anzumelden. Die Gäste waren noch beim
Essen, als gemeldet wurde, daß das Schloß von Soldaten umzingelt sei.
Die Klosterfrauen zogen weltliche Kleider an, zwei Ordensbrüder, die
Yates verborgen hatte, sowie Campion und der Laienbruder krochen in das
Priesterloch, das noch heute Touristen gezeigt wird. Sechzig Soldaten
suchten acht Stunden lang nach den »Verrätern«, ohne sie zu finden, und
die Häscher waren gerade dabei, die Halle zu verlassen, als Jenkins
sich noch einmal umwandte und einen Lichtschimmer hinter der
Vertäfelung entdeckte. »Da sind sie!« schrie er, und die Gesuchten
kamen aus ihrem Versteck, ließen sich widerspruchslos festnehmen und
wurden nach London gebracht.
Campion wurde, nachdem er tagelang in Ketten gelegen hatte, mit anderen
Priestern vor Gericht gestellt. Es war damals wie auch wieder in
unserem Zeitalter üblich, Scheinverhandlungen zu veranstalten, um nach
außen hin »nach dem Gesetz« zu verfahren. In Wirklichkeit war das
Urteil längst beschlossen. Es fehlte nicht an den vom Ankläger genau
instruierten »Zeugen«, zwei anglikanischen Pastoren, die erklärten,
Campion sei »ein degenerierter, verräterischer Verbrecher, einer jener
gefährlichen Jesuiten, die von fremden Mächten beauftragt sind,
gotteslästerliche Messen wieder einzuführen und die Königin zu
entthronen«! Vergeblich versicherte Campion, daß er kein Landesverräter
sei und nur seinem Glauben dienen wolle: »Ich schwöre bei Gott, daß ich
kein Verräter bin. Wie können sich bloß zwölf so schlechte Männer
finden, die mich und meine Brüder einer Verschwörung beschuldigen, wo
wir uns doch hier zum ersten Male gesehn haben?« Er wurde mit den
anderen Priestern zum Foltertod verurteilt.
Vor der Urteilsvollstreckung lag er noch zwölf Tage in Ketten, ehe er
mit einem der Priester und dem jungen Laienbruder, auf Hürden
gefesselt, durch die Straßen zum Hinrichtungsort Tyburn geschleift
wurde. Es war kalt und regnete, Schlamm spritzte in ihre Gesichter. Als
sie an einer kleinen Statue Unserer Lieben Frau über dem Tore von
Newgate vorübergeschleift wurden, die vom Hammer der Reformisten
verschont worden war, versuchte Campion seinen Kopf grüßend zu neigen
und murmelte: »Ave Maria, gratia plena« und wurde so gleich
zusammengeschlagen.
Die Chronik berichtet, daß dieser einstmals schüchterne, ängstliche
Mann »ruhig, gefaßt, fast freudig« gewesen sei. Am Hinrichtungsplatz
angelangt, reinigte ein mitleidiger Unbekannter Blut und
Schlammspritzer vom Gesicht des halb Bewußtlosen. Der Pöbel stürzte
sich auf diesen mutigen Samariter und schlug ihn nieder. Ein
anglikanischer Pastor rief Campion zu, seine Schuld zu bekennen. »Ich
bin Katholik, lebe und sterbe in meinem Glauben«, flüsterte Campion.
Man riß ihn von der Hürde, stellte ihn auf einen Wagen unter den
Galgen, legte die Schlinge um seinen Hals. Er stand regungslos da, mit
gefalteten Händen. Dann wurde der Wagen »unter dem Jubel des Pöbels
fortgefahren und er blieb hängen«. Es wird nicht berichtet, ob er -
bereits tot oder nur bewußtlos - war, als der Henker sich auf ihn
stürzte und sein Fleischerhandwerk begann, »ihm Eingeweide und Herz aus
dem Leib riß, um sie im nahe stehenden Kessel zu kochen«.
Es würde nicht das letzte Mal in der Weltgeschichte sein, daß ein Volk
in sinnlosem Barbarenrausch sein scheinbar nur äußerliches Christentum
vergaß, in dessen Namen es zu handeln vorgab, während es ein Volksfest
um den Märtyrertod eines mutigen Mannes veranstaltete. Wie die Chronik
berichtet, »wurde er durch göttliche Gnade und Führung zum Kämpfer für
die Erhaltung des Glaubens«.
Nicht zuletzt ihm und seinen Mitkämpfern, von denen so viele einen
grausamen Tod erlitten, ist es zu danken, daß der Katholizismus in
England nie völlig ausgelöscht wurde. 1886 wurde Edmund Campion
seliggesprochen.
Aus: Castonier, Elisabeth: "Unwahrscheinliche Wahrheiten" (Fischer-Taschenbuch Nr. 1850) 1977.
***
ACHTUNG MESSZENTREN!
Obwohl H.H. Baird verlauten ließ, sich von Abbé Cloquell zu trennen,
wenn sich dieser zum Bi-schof weihen ließe, arbeiten dennoch beide
weiterhin zusammen. Als 'Doppelpack' - allerdings zeitlich versetzt -
betreuen sie die Meßzentren von Karlsruhe, Stuttgart, Haag und weitere
in Österreich und in der Schweiz. Da Cloquell bisher nicht nachweisen
konnte, daß er durch den inzwischen verstorbenen Sektierer Laborie
gültig zum Priester geweiht wurde - weswegen wir von einem Besuch
seiner liturgischen Feiern abgeraten haben -, müssen sich die Gläubigen
im klaren sein, wenn sie dennoch meinen, in diesen Zentren zur Messe
und zur Kommunion gehen zu wollen, daß zum einen kein Opfer stattfindet
und zum anderen die im Ziborium befindlichen Hostien möglicherweise
nicht konsekriert sind. Da sich H.H. Baird nicht aus dem
sektiererischen Umfeld eines Cloquell löst und sich den wahren
Gläubigen bislang versagt, raten wir vom Besuch dieser Zentren gänzlich
ab.
Trotz massiver Vorwürfe fährt der Redakteur von KYRIE ELEISON, Herr
Böker, weiter fort, den Meßbesuch in den Zentren Stuttgart, Karlsruhe,
Heilbronn und Ulm zu empfehlen, in denen nachweislich Sektierer mit
zweifelhaften Weihen eingesetzt werden.
E. Heller
|