SIND DIE POST-KONZILIAREN WEIHERITEN GÜLTIG?
von
Tomas Tello Corraliza
übersetzt von Eugen Golla
VORWORT DER REDAKTION
Die nachfolgende Abhandlung von Herrn Tello über die Frage der
Gültigkeit der postkonziliaren Weiheriten, die sich in etwa an die
Darstellung und Argumentation von Herrn Coomaraswamy zum gleichen Thema
(vgl. EINSICHT XXII/5 u. XXII/6 ) anlehnt, stellt ein Resümee der
bisherigen Untersuchungen dar, die zu diesem Problem-Komplex angestellt
worden waren. D.h. es fließen in sie auch frühere Resultate ein, und es
werden all jene Überlegungen verarbeitet, die bereits von Mitarbeitern
unserer Zeitshrift vorgetragen worden waren, so von H.H. Dr.
Katzer, H.H. Pfr. Graus, von Herrn Howson, Herrn Dr. Wendland und
Abbé Henri Mouraux 1), vornehmlich orientiert sich Tello aber an den
Studien, die in englischer und spanischer Sprache erschienen sind.
Nachdem in letzter Zeit die oben erwähnte Problematik - es geht um
nichts weniger als den Nachweis, daß die 'Konzils-Kirche' dabei ist,
ihre apostolische Sukzession abreißen zu lassen - in unserem Organ
etwas unterbelichtet geblieben ist, haben wir es für angebracht
gehalten, die Auffassungen zum Problem der Gültigkeit der
postkonziliaren Weiheriten erneut vorzutragen... nicht zuletzt auch
deshalb, um zu verdeutlichen, daß es bei all unseren Anstrengungen
nicht primär um einen Widerstand gegen die Reformen und die Reformer
gehen kann, sondern vor allem um eine eigentliche und wirkliche
Restitution der Kirche als sichtbarer Heilsinstitution, um deren
Wiederaufbau. Darauf hinzuweisen ist auch insofern nötig,da sich bei
vielen Gläubige durch allgemeine Resignation und geistige Stagnation
der mentale Pegel auf ein gewisses traditionalistisches Nischendasein
im kirchlichen Niemandsland eingestellt hat.
Normalerweise wird das Problem der Gültigkeit der reformierten
Weiheriten isoliert für sich untersucht, d.h. es wird geprüft, ob der
betreffende Ritus in sich die dogmatischen Voraussetzungen erfüllt,
damit durch seine Anwendung (durch einen gültig konsekrierten Bischof)
eine gültige Priester- bzw. Bischofsweihe erzielt werden kann oder
nicht.
Es erhebt sich in diesem Zusammenhang aber die Frage, in wieweit diese
Abgrenzung dem Gesamtkomplex des Gültigkeitsproblems der Weihen gerecht
wird. Das Priestertum, welches durch die Weihe übertragen werden soll,
ist geschlüsselt auf das Meßopfer, welches der Priester in personam
Christi Gott darbringen soll. Ohne Opfer kein Priestertum! Das war
bisher unbestritten. Man müßte die Debatte über die Weiheriten auch
unter dem Aspekt betrachten, was der Spender bzw. der Empfänger der
Weihe tun will. Die konziliaren Reformer haben das Opfer ersetzt durch
den N.O.M., in dem und durch den kein wahres Opfer mehr vollzogen
werden kann. Dieses wurde ersetzt durch ein Gedächtnismahl bzw. eine
Mahlfeier, die unter semantischen Verdrehungen den Terminus
"Eucharistie" mißbraucht. D.h. man muß den N.O.M. in Relation zur
Priesterweihen setzen. Allein durch das explizite intentionale
Einbeziehen dieses sog. N.O.M. in die Spendung der Weihe bzw. die
Ausrichtung der Weihe auf ihn - der, wie gesagt, kein Opfer mehr ist -
würde eine solche Weihe (abgesehen von allen dogmatischen
Verfälschungen und Irrtümern im reformierten Ritus) hinsichtlich der
Einpflanzung des wahren Priestertums dadurch m.E. im höchsten Maße
zweifelhaft. Es wäre darüber hinaus auch zu untersuchen, ob selbst
durch die Anwendung eines gültigen Weiheritus unter dieser
Voraussetzung - der intentionalen Schlüsselung auf den N.O.M. (d.h.mit
der ausdrücklichen Absicht, nur diesen zu feiern) - eine gültige Weihe
zustande käme. Denn die Anwendung des formal in sich gültigen Ritus der
Priesterweihe wäre nicht mehr gedacht für die Feier des Opfers, sondern
für die Bereitung eines Mahles. Dadurch aber würde die Absicht Christi
verfälscht. Ähnliche Überlegungen liegen der Verwerfung auch des
reformierten anglikanischen Weiheritus durch Leo XIII. zugrunde. Obwohl
der Papst dieser reformierten anglikanischen Weiheform in einem
katholischen Ritus Gültigkeit zugestand, lehnte er sie dennoch wegen
des liturgischen Zusammenhangs, in welchem sie eingefügt sind, ab, weil
die anglikanische Liturgie semantisch die katholische Auffassung vom
Priestertum entstellt habe.
Eberhard Heller
***
EINLEITUNG
Entsprechend dem penetranten - dies ist das mildeste Prädikat,
das mir einfällt - Hang von Vatikanum II, ohne Ausnahme alles
'wiederherzustellen' und zu 'reformieren', wurde im Hinblick auf die
vielhundertjährigen Strukturen der Kirche eine gründliche, drastische
und gefährliche Reform sämtlicher sakramentaler Riten durchgeführt.
Diese zerstörerische Aufgabe ist mit unbezähmbarer Hartnäckigkeit
erbarmungslos durchgeführt worden. Dazu wurde sie einer zu diesem
Zwecke am 25. Januar 1964 errichteten Institution anvertraut - und das
1 1/2 Monate nach der Verabschiedung der sog. "Konstitution über die
heilige Liturgie". Ihr Name: "Consilium ad exsequendam constitutionem
de sacra liturgia".
So geschah es, daß hastig und ohne zu zögern in Übereinstimmung mit den
Richtlinien der vorerwähnten Konstitution nacheinander "Quam primum"
(Nr. 25), "Cum urgeat" (Nr. 40) außer Kraft gesetzt und so Schritt für
Schritt alle traditionellen Riten der römisch-katholischen Liturgie
abgeschafft und sukzessive durch die neuen postkonziliaren Riten
ersetzt wurden. In der Tat wurden zuerst die Riten für das Sakrament
der heiligen Weihen am 18. Juni 1968 promulgiert. Diese Riten traten
bereits am 6. April 1969 in Kraft.
Am 8. Mai 1969 - nach der Promulgierung der neuen Meßordnung -
verschwand das "Consilium" unter diesem Namen. An diesem Tag
veröffentlichte Paul VI. seine Konstitution "Sacra rituum con-gregatio"
heraus, mit der er an die Stelle der hl. Ritenkongregation zwei andere
Kongregationen - eine für den Prozeß der Heiligsprechung und eine für
den Gottesdienst - einsetzte. Die letztgenannte führte die Arbeit
des "Consiliums" weiter. Zwar wurde Kardinal Lercaro durch Kardinal Gut
ersetzt, aber als Sekretär fungierte wie im "Consilium" Annibale
Bugnini.
Somit verschwand das "Consilium" nur dem Namen nach. In Wirklichkeit
arbeitete es unter einem anderen Namen weiter, welches den Vorteil
hatte, von sämtlichen Hindernissen und Schwierigkeiten befreit zu sein,
denen es vorher als frühere Ritenkongregation ausgesetzt war, nämlich
einer ständigen Überwachung. Daher setzte es seine Bemühungen um die
sog. 'Reform' der Riten fort, für die es bis zur Aufhebung - seinem
Namen nach - keine Zeit zur Aufarbeitung gehabt hatte.
Sämtliche Gläubige einer bestimmten Altersklasse sind sich der
Änderungen der Riten als einer einschneidenden Realität bewußt; was
aber nicht jedermann weiß, ist, daß schon von Anfang an eine starke
Opposition gegen die neuen Riten bestand, die bis hin zu ihrer
Ablehnung ging. Man kann sehr wohl behaupten, daß die neuen Riten nicht
einfach widerstandslos von vielen Gläubigen der Kirche hingenommen
wurden. Als Zeugen für den Schock, den - nach erfolgter Promulgation -
die Einführung auslöste, und auch für deren Ablehnung, indem ihre
Gültigkeit bezweifelt wurde, möchten wir Abbé Georges de Nantes
zitieren, einen standhaften Verteidiger ihrer Gültigkeit und einen
wütenden Feind all derer, welche ihre Ungültigkeit behaupteten. Für
diesen Autor bedeutete, schon ihre Gültigkeit in Frage zu stellen und
sie aus diesem Grunde abzulehnen, eine Sünde wider den Hl. Geist und
den Vollzug eines Schismas.
Es erfolgte nach anfänglicher intuitiver, leidenschaftlicher Reaktion
die wissenschaftliche Beschäftigung mit den neuen Riten. Ernst zu
nehmende Studien wurden über sie und sämtliche sog. 'reformierten'
Sakramente veröffentlicht. Dabei ging man so vor, daß man diese mit den
tradierten Sakramenten verglich und alle Veränderungen im Lichte der
Sakramentstheologie und des Magisteriums analysierte. Man kam
schließlich zu dem Resultat, daß bis auf wenige Ausnahmen alle sog.
'reformierten' Sakramentsriten zweifelhaft seien. Es gibt Autoren, die
sich aufgrund durchschlagender objektiver Gründe weigern, die
Gültigkeit der meisten anzuerkennen. Als einzige, vom Zweifel
unberührten Sakramente blieben die Taufe und die Ehe übrig. 2)
Hinsichtlich der Ehe glaubt Dr. Rama Coomaraswamy, daß es eigentlich
unmöglich ist, dieses Sakrament zur Ungültigkeit hin zu verfälschen,
wenn beide Brautleute, die die Ehe eingehen wollen, die richtige
Intention haben und diese auch äußern.
Indessen läßt derselbe Autor Zweifel an der Gültigkeit des neuen
Taufritus zu, wobei er sich auf Anfragen beruft, die in der
Vergangenheit oft dem Heiligen Stuhl vorgelegt worden waren. Deshalb
verfaßte der Hl. Stuhl eine Erläuterung der kirchlichen Lehre auf
diesem Gebiet (cf. DS 3100-3102 und 3126). Als allgemeine Norm
bekräftigte die Kirche, daß bei Vorliegen jener dort aufgeführten
Annahmen die Gültigkeit der Taufe ohne Zweifel angenommen werden soll
- mit Ausnahme besonderer Fälle, in denen der Beweis der
Ungültigkeit vorläge.
So bietet sich uns in Übereinstimmung mit der kirchlichen Lehre eine
objektive Schlußfolgerung an: Wann immer die entsprechende Materie und
Form der Taufe korrekt und ernsthaft angewandt wurden - was sowohl mit
dem alten als auch dem neuen Taufritus vollzogen werden kann - können
wir davon ausgehen, daß der Priester das andere wesentliche Element für
die Gültigkeit, die geforderte Intention, besitzt, solange nicht das
Gegenteil bewiesen wird. 3) Ich erwähne dies, weil es einige Autoren
gibt, die eigensinnig ihre eigenen Ideen verteidigen und kategorisch
die Gültigkeit der Taufe verneinen und so das Risiko eines Sakrilegs
eingehen, welches in der (unnötigen) Wiederholung des Sakramentes
bestünde.
Nach Klärung dieser Punkte wollen wir in der Darlegung der wichtigsten
Gedanken bezüglich der Auseinandersetzung um die neuen Riten und
die Opposition gegen sie fortsetzen. Die Promulgation des sog. N.O.M.
entfachte eine sehr lebhafte Diskussion, welche sich in dem "Breve
esame critico del Novus Ordo Missae" ("Kurze kritische Untersuchung des
'Novus Ordo Missae'") manifestierte, welches von den Kardinälen
Ottaviani und Bacci unterzeichnet wurde 4). Dadurch geriet die Debatte
hinsichtlich der anderen neuen Riten und Sakramente etwas in den
Hintergrund. Die Wut über den durch den N.O.M. verursachten Umbruch
übertönte den geringeren Lärm, den die Opposition gegen die anderen
gleichzeitig promulgierten Riten entfacht hatte.
I. DER REFORMIERTE RITUS DER PRIESTERWEIHE
Obwohl die Überschrift dieser Arbeit auf sämtliche Weiheriten Bezug
nimmt, schränken wir diesen ehrgeizigen und umfangreichen Plan ein und
konzentrieren uns auf die Riten der Priester- und Bischofsweihe.
Wir werden dies aus folgendem Grund tun:
Es liegt nahe, eine Untersuchung der Priester- und Bischofsweihe
vorzuziehen, da sich das Resultat hinsichtlich ihrer Gültigkeit oder
Ungültigkeit direkt auf das Gesamtwohl der Kirche und ihren Fortbestand
auswirkt. Sind sie ungültig, sind auch die anderen Sakramente - die
Taufe und Ehe ausgenommen - mangels der für die Spendung dieser
Sakramente erforderlichen Priester- und Bischofsweihe unwirksam oder
ebenfalls ungültig.
Zahlreiche Autoren, die diese Riten studiert und analysiert haben,
kamen zu dem Ergebnis, daß sie ungültig sind; aber auch diejenigen,
welche nicht wagten, so weit zu gehen, folgerten, daß positive Zweifel
an deren Gültigkeit angebracht seien. Die allgemeine Grundlage für
diese Studien bildete die von Papst Leo XIII. verfaßte Bulle
"Apostolicae curae", in welcher er die anglikanischen Weihen mittels
einer endgültigen Festlegung für null und nichtig erklärte. Tatsächlich
finden wir bei einem Vergleich der neuen Riten mit den anglikanischen
dieselben von Papst Leo XIII. beanstandeten Irrtümer, die ihn zu deren
Nichtigkeitserklärung veranlaßten. In beiden postkonziliaren Riten
finden wir dieselben Irrtümer wie in den anglikanischen Riten, d.h.
einen Defekt der Form und einen Mangel der Intention: Wir müssen daher
unter dem Gesichtspunkt der erstaunlichen Übereinstimmung zwischen den
anglikanischen und postkanziliaren Riten via Analogie schließen, daß
auch letztere null und nichtig sind oder daß wenigstens, wie vorher
erwähnt, ein positiver Zweifel erlaubt ist. Zur besseren Übersicht
handeln wir die formalen und intentionalen Defekte getrennt in zwei
Kapiteln ab.
A. FEHLER HINSICHTLICH DER FORM
Gemäß der Darstellung von Pius XII. (in seiner Konstitution
"Sacramentum ordinis" vom 30.11.47) sind die wesentliche Worte der Form
folgende: "Da, quaesumus, omnipotens Pater, in hunc famulum tuum
Presbyterii dignitatem; innova in visceribus eius spiritum sanctitatis,
ut acceptum a Te, Deus, secundi meriti munus obtineat censuramque morum
exemplo suae conversationis insinuet." ("Wir bitten Dich, allmächtiger
Vater, verleihe diesem Deinem Diener die Würde des Priestertums;
erneuere in seinem Herzen den Geist der Heiligkeit, damit er das von
Dir, Gott, empfangene Amt des zweiten Ranges festhalte und durch das
Beispiel seines Lebenswandels die Zucht der Sitten fördere.")
In der von Paul VI. festgesetzten neuen Form bestehen demgegenüber zwei
Unterschiede: einmal eine Änderung und zum anderen eine Aufhebung. Die
Änderung erfolgte in der Wortverbindung "in hunc famuluum tuum", die
von der Ergänzung bzw. dem Akkusativ mit dem Wort "in" zum Dativ "his
famulis tuis" (Plural) umgeformt wurde. 5) Die vorerwähnte Aufhehung
betrifft das Bindewort "ut" ("daß, damit).
1979 verfaße der britische Autor Michael Davis das Buch "The Order of
Melchisedek" ("Die Weihe des Melchisedech"). Sein implizites Ziel war
eigentlich die Verteidigung der Gültigkeit des neuen Ritus. Trotz
dieser vorweggenommenen Schlußfolgerung ist er zumindest in seiner
Analyse objektiv. (Analyse und Kritik dieses Buchs wurden von seinem
Landsmann John Daly fortgesetzt.) Davies vergleicht die Fehler und
Defekte der anglikanischen Weihen mit den neuen postkonziliaren Riten
anhand der Analyse, die in "Apostolicae curae" geliefert wurde. Er
unternimmt eine erschöpfende vergleichende Analyse und kommt
schließlich zu dem Schluß, indem er ohne Umschweife behauptet: "Genau
das, was Leo XIII. an den anglikanischen Riten tadelte, kann auch von
dem neuen reformierten Ritus von 1968 gesagt werden".
Nach dieser kritischen Feststellung, die aus wesentlichen Gründen die
Schlußfolgerung zuläßt, daß der Ritus ungültig ist, bringt er dann aber
ein Argument, das wiederum seine Gültigkeit stützen soll - ein
Argument, welches auch Abbé Georges de Nantes und alle diejenigen
anführen, welche die Gültigkeit auf die gleiche Art zu 'verteidigen'
suchen. Es lautet: "Der Heilige Geist würde es nicht erlauben, daß die
höchste Autorität einen ungültigen Ritus promulgiert; infolgedessen ist
die zugrundeliegende Intention des Ritus, sobald er vom Papst
angenommen und promulgiert wurde, ipso facto gültig. Andererseits ist
auch die Annahme des neuen Ritus von fast der gesamten Kirche ein
unwiderlegbarer Beweis seiner Gültigkeit."
Durch gewisse Probleme, die sich ergeben haben, ist dieses "fast"
wiederum mit Zweifeln behaftet. Er sagt: "Der Ritus wurde der
Gesamtkirche ohne vorherige Beratung in der Hierarchie auferlegt und
manche Bischöfe haben ernstzunehmende Einwände gegen ihn vorgetragen."
Er unterstützt die letztgenannte Feststellung, indem er den Fall eines
britischen Bischofs vorbringt, der das Gesuch einiger Kandidaten, noch
einmal geweiht zu werden, annahm, weil sie in dieser Hinsicht Zweifel
und Be-fürchtungen am neuen Ritus empfanden.
Zur Untermauerung dieses offenkundigen Zweifels fährt er korrekt fort
mit folgender Bemerkung (mit der ich einverstanden bin): "Wenn der neue
Ritus gültig ist, dann bleibt der in "Apostolicae curae" Leo's XIII.
vorgelegte Fall unentschieden und vice versa. Das heißt: Wenn die
Feststellungen des Papstes in dieser Enzyklika endgültig sind, dann
wäre auch der neue Ritus ungültig." Wenn wir somit das eine annehmen,
müßten wir auch das andere annehmen, und wenn wir eines ablehnen,
müssen wir auch das andere ablehnen. Sehr geistreich, Herr Davies!
Ungeachtet dieser anscheinend objektiven Überlegungen - er sieht das
Licht -, schließt er aber vor ihm wegen seiner a priori-Vorliebe für
seine Annahme, die Riten müßten gültig sein, die Augen. Diese Haltung
wurde sichtbar in seiner Auseinandersetzung mit dem Nordamerikaner
Father William Jenkins. Die Debatte wurde in einer Reihe von Artikeln
geführt, die sämtlich im THE ROMAN CATHOLIC (einer in New York
erschienenen Zeitschrift) veröffentlicht wurden.
Konzentrieren wir uns wieder auf die veränderte Form. Davies glaubt,
sie sei mit dem Original identisch. Father Jenkins warnt ihn vor diesem
Irrtum, den er - Davies - mit anderen Autoren gemeinsam vertrete.
Jenkins behauptet, es fehle das Bindwort "ut", welches Pius XII. in
seiner unfehlbaren Festsetzung als wesentlichen Bestandteil der
Weiheform mit einbezog. Berührt dessen Fehlen das Wesen der Bedeutung?
Sämtliche Polemiken konzentrieren sich auf diese Frage.
Davies versucht, seine Stellung zu behaupten, indem er behauptet, die
Bedeutung sei trotz dieser Auslassung in beiden Weiheformeln (in der
von Pius XII. festgesetzten und der von Paul VI. modifizierten)
identisch. Indessen - mit Father Jenkins' dialektischem Angriff
konfrontiert, gerät Davies ins Schwanken. Das rettende Ufer ist
wiederum sein Legalismus: die Promulgation durch das höchste Amt und
die Annahme von fast (Hervorhebung durch den Autor) der gesamten
Kirche. Father Jenkins betrachtet diese Erwiderung nicht als
stichhaltig; indessen hindert sie ihn, weiterzugehen. Er gelangt zu dem
Schluß, daß an der Gültigkeit ein vernünftiger positiver Zwelfel
bestehe.
J. Daly faßt in seinem Buch "Michael Davies - An Evalution"
("Eine Auswertung") 1989 die Debatte zusammen. Er kritisiert die
Beweisführung, bringt selbst interessante neue Aspekte in die Debatte
ein und gelangt zu folgenden Schlüssen: Der Auseinandersetzung zwischen
Father Jenkins und Davies mangele es an theologischer Stringenz.
"Die von Pius XII. definierte Form ist zwar unfehlbar gültig, aber sie
ist nicht die einzige, da es eine Form ist, die 'in genere' eingesetzt
wurde." Die östlichen Riten gebrauchten nicht dieselben Worte. Folglich
beträfen sie nur den lateinischen Ritus und hätten ihre Grundlagen in
einem Ritus, der über Jahrhunderte hin von der Kirche gebilligt worden
war. Nach Prüfung der Argumente, welche die Auslassung der Präposition
"ut" begünstigen oder gegen sie sprechen, kommt er zu dem Schluß, daß
hier ein legitimer positiver Zweifel vorhanden sei, der mit großer
Wahrscheinlichkeit die Ungültigkeit bedeute.
Vor Daly erläutert ein anderer Autor, Dr. Rama Coomaraswamy, der auch
für die Zeitschrift THE ROMAN CATHOLIC schrieb, in seinem Buch "The
Post-Conciliar Rite of Orders" ("Die postkonziliaren
Weihe-Riten") 1983, die semantischen Folgen der anderen Änderung:
der Dativ "his famulis" anstelle des Akkusativs: "in hos famulos", was
Daly außer acht läßt, ebenso Father Jenkins. Ersterer behandelte dies
wahrscheinlich deshalb nicht, weil diese Änderung nur in
(halb)amtlichen (?) Mitteilungen (oder Vorabdrucken ?), aber nicht im
reformierten "Pontificale Romanum" vorkommt, daher keine
praktische Auswirkung hat, so daß eine Diskussion darüber verschoben
werden könne.
Hinsichtlich der Streichung des "ut" folgt Dr. Coomaraswamy sehr stark
den Vorgaben von Daly. Coomaraswamy folgert allerdings so: "Trotz
einiger Zweifel bleibt die Frage der Gültigkeit oder Ungültigkeit des
Ritus weiter bestehen, und viel hängt von der Begründung der
Unterdrückung des ut ab." Dies ist das Problem, das den ganzen
Gegenstand betrifft: es wäre nötig, dem Motiv oder dem Grund für diese
scheinbar geringfügige Änderung, die in der sakramentalen Form
eingeführt wurde, nachzugehen. Daher die relativ geringe Bedeutung, die
ich der Debatte über solche geringen Änderungen der Worte -
isoliert betrachtet hinsichtlich der Form - beimesse. Indessen behaupte
ich dies nicht wegen der scheinbaren Bedeutungslosigkeit der Änderung.
Eine Wortverbindung oder ein Artikel, ja sogar die kleinste lautliche
Einheit könnte für eine Reform schon die Basis zur Einführung von
Irrtümern und Häresien sein, so wie es der Fall bei der Einführung des
"Iota" bei den Semi-Arianern war. Das Eindringen der Heterodoxie hing
nur ab von diesem "Iota". Folglich lehnte die Orthodoxie es ab. Wenn
zum Beispiel beim Vollzug der Taufe die traditionelle Form geändert ist
und eine Form ohne das Bindewort "et" (und) verwendet wird, das heißt
also "Ego te baptizo in nomine Patris, Filii, Spiritus Sancti" ("Ich
taufe dich im Namen des Vaters, des Sohnes, des Hl. Geistes"), wäre die
Taufe ungültig, weil dies als Bekenntnis zur Sabellianischen Häresie
gedeutet werden könnte, die bei bei der Heiligen Dreifaltigkeit nicht
die drei Personen unterscheidet.
Fr. Aldama legt hinsichtlich der wesentlichen Worte der Form, die von
Pius XII. definiert wurden, fest: "Evidens est..." Das heißt, es
ist offenbar, daß das päpstliche Dokument sich nicht auf das konkrete
Wort bezieht, vielmehr auf ihre Herkömmlichkeit, d.h. die Form ist mit
den Worten auszudrücken, welche die Gnaden eines jeden Sakraments
bedeuten. Daher ist es meine persönliche Meinung, daß trotz des
Zweifels wegen des Fehlens der Präposition "ut" dieser Defekt nicht die
Bedeutung hat, die ihm Daly beimißt.
Um tatsächlich zu entscheiden, ob die Änderung, die Herausnahme oder
die Hinzufügung eines Wortes das Sakrament ungültig macht, genügt es
nicht, sich ausschließlich auf das reale Faktum einer solchen Änderung
zu konzentrieren, sondern vielmehr sind die Gründe oder Umstände zu
prüfen, welche diese Änderung herbeigeführt haben. Bisweilen vermag nur
das Lehramt die Frage zu lösen. Da somit die Entfernung des "ut"
fraglos nicht als Ursache der Ungültigkeit angesehen werden kann oder
sogar als ein wahrscheinlicher Grund, müssen wir nach meiner
Meinung fortfahren, die Intention, die dem veränderten Ritus
zugrundeliegt, weiter zu prüfen.
B.
DIE "SIGNIFICATIO EX ADJUNCTIS" ALS NACHWEIS
FÜR DIE INTENTION DES
REFORMIERTEN RITUS
Die Formen der Sakramente wurden von Christus bestimmt, manche "in
specie" und andere in "genere". Erstere sind Worte, die Christus selbst
verwendete. Ihr Ausdruck ist einschränkend, eindeutig und bestimmend,
Worte, die auch von der Kirche nicht geändert werden dürfen, z.B.: "Ego
te baptizo" ("Ich taufe dich..."), "hoc est enim Corpus meum" ("Das ist
mein Leib").
Bezüglich der Taufformel bestand der Einwand, daß sie im griechischen
Ritus in der Passivform ausgedrückt wird. "Baptizeatur servus Christi
talis" ("Getauft wird der Diener Christi"). Dieser Einwand wurde vom
theologischen Gesichtspunkt kompetent vom hl. Thomas v. Aquin
entschieden (cf.III.q 66,a 5). Zusätzlich müssen wir noch geltend
machen, daß die aktive und die passive Form semantisch den gleichen
Gedanken ausdrücken.
Hinsichtlich der Formen "in genere" übertrug aber Christus Seiner
Kirche die Gewalt, sie nach eigenem Urteil zu modifizieren, d.h. sie zu
ändern oder anzupassen, vorausgesetzt, daß das Wesen und die Bedeutung
des jeweiligen Sakraments nicht geändert wird. (Zu diesen Sakramenten
zählt auch das Weihesakrament.) Indessen muß die Form des jeweiligen
Sakramentes eindeutig sein, um die sakramentale (Gnaden)Wirkung
hervorzubringen (man vgl. z.B. die Bestimmungen in "Apostolicae
curae"). Pius XII. bestimmt in seiner Konstitution "Sacramentum
ordinis": "Die Form besteht aus den Worten, welche die Anwendung der
Materie bestimmen, und durch sie bestimmt sie eindeutig die Bedeutung
der sakramentalen Wirkungen." Daher die große Bedeutung der
verschiedenen Teile des Ritus und der ihm zugeordneten Zeremonien bei
der eindeutigen Bestimmung der Formen "in genere", die isoliert
betrachtet, auch mehrdeutig sein könnten. Dies ist der Grund, weshalb
sich alle Autoren über die Wichtigkeit des rituellen Zusamenhangs, in
welchen die Form des Sakraments eingefügt ist, einig sind.
Darum prüfen und analysieren sie peinlich genau, was mit "SIGNIFICATIO
EX ADJUNCTIS" oder LITURGISCHEM ZUSAMMENHANG, allgemein akzeptierten
Ausdrücken, bezeichnet wurde; ebenso mit "erklärenden Riten",
über die H.H. Graus schreibt, und "totale Form", die Prof. Wendland
erwähnt. Father Aldama bezeichnet gemäß dem hl. Augustinus die Art, in
welcher die Form betrachtet wird, als Sammlung sämtlicher Zeremonien,
die beim Vollzug eines Sakraments verrichtet werden. Um nämlich die
Gültigkeit des Sakraments zu gewährleisten, wird ständig die größte
Sorgfalt auf die absolut getreue Einhaltung des Textes sowie der
Zeremonien des betreffenden Ritus verwendet. Die katholischen Bischöfe
der englischen Kirchenprovinz Westminster, die eine Verteidigung der
Bulle "Apostolicae curae" verfaßten, legten fest: "Die Kirche...
behütete die Gebete und Zeremonien, die hinsichtlich ihrer Form aus den
ältesten Zeiten überliefert worden sind, wobei sie sich insbesondere
darum sorgte, daß nichts unterlassen werde; denn bei strengem
Festhalten am überlieferten Ritus können wir sicher sein, daß er gültig
ist, während wir beim Auslassen von irgendetwas, vielleicht gerade das
wesentliche Element preisgeben." Diese Treue zu den Riten wurde mit
folgenden Versen empfohlen:
"Nisi formae demas / nihil addas, nihil variabis.
Transmutari cave / corrumpere verba, morari."
("Nimm ja nichts von der Form weg / füge nichts hinzu, verändere nichts,
hüte dich, Buchstaben zu vertauschen / verhindere, daß der Sinn verfälscht wird.")
Diese Rücksichtnahme auf die Unversehrtheit von Text und Zeremonien
eines Ritus kennen wir bei allen Religionen. Unter den Heiden grenzte
die Sorgfalt beim Vortrag der traditionellen Formen (die Riten
entstammen uralten Zeiten) an Aberglauben, da man die rituellen Worte
als magisch ansah. Bei den Römern machte ein einfacher Wortirrtum die
ganze Wiederholung der Form zur Pflicht.
Dennoch soll klargestellt werden, daß in der katholischen Kirche die
getreue Beobachtung der Riten immer dringend gefordert wurde, da unter
Umständen ihre Nichtbeachten unter Sünde steht (man vgl. die
verschiedene Canones des CIC sowie den sehr strengen Canon des Konzils
von Trient, D 856): d.h.: gefordert wird größte Sorgfalt bei der
korrekten Einhaltung der entsprechenden Gebete, Zeremonien und
Rubriken; aber diese Sorgfalt erreichte niemals die Stufe einer
abergläubischen Übertreibung.
In diesem Sinne sind die Regeln für die hl. Messe, die vom hl. Pius V.
in seiner Abhandlung "De defectibus in celebrationem missarum
occurentibus" aufgestellt sind, sehr aufschlußreich. Eine ungenaue
Aussprache, wenn nicht bezweckt, sondern infolge von Unkenntnis oder
eines "lapsus linguae" bewirkt nicht die Ungültigkeit eines Sakraments
(dazu stellt der hl. Thomas folgendes klar: "si sit tanta corruptio
quae omnino auferat sensum locutionis non videtur perfici
Sacramentum..."). Dies war die Lösung, welche der hl. Papst Zacharias
dem hl. Bonifatius wegen der Gültigkeit der von einem Priester
vollzogenen Taufe vorlegte, der der lateinischen Sprache nicht mächtig
war und bei der Taufe sprach: "in nomine Patria et Filia..." (cf. D
297). Indessen besteht ein großer Unterschied, wenn eine Änderung
vorgenommen wird mit dem Ziel, einen Irrtum oder eine Häresie
einzuführen, "non errorem aut haeresim" - ein wörtliches Zitat der
vorerwähnten Antwort.
C. DIE LEHRE
Bei der Behandlung der defekten Form in den vorerwähnten Bestimmungen
"De defectibus..." erklärt der hl. Pius V., daß eine Unterlassung oder
Änderung (diminueret vel immutaret) die Bedeutung ändern könnte, so daß
keine Konsekration zustande käme. Indessen fährt er weiter fort: "Wenn
etwas hinzugefügt wird, was die Bedeutung nicht ändert, wäre zwar das
Sakrament noch gültig, aber 'gravissime peccaret'" (derjenige sündigte
schwer). Das bedeutet: eine Auslassung "sciens ac volens" - wissentlich
und willentlich - z.B. von "enim" ("nämlich") in der Wandlungsformel
stellte eine schwere Sünde dar.
Pius XII. befiehlt in Ergänzung der unfehlbaren Definition der Form des
Weihesakraments eindringlich, den Text und die überlieferten Zeremonien
aufs sorgfältigste einzuhalten. Indessen wird diese Forderung am
klarsten von Leo XIII. in der vorerwähnten Bulle "Apostolicae curae"
dargestellt. Leo XIII. lehnt die ursprüngliche Form der anglikanischen
Weihe ab, weil sie ("minimem, significant definite ordinem sacerdotii
vel eius gratiam, et potestatem" - D 1964, DS 3316) weder präzise die
Priesterweihe noch ihre Gnaden und Vollmachten ausdrückt. Zwar änderten
die Anglikaner sie hundert Jahre später in der Erkenntnis, daß sie
unwirksam sei, ab. Obwohl Leo XIII. dieser abgeänderten Form in einem
katholischen Ritus Gültigkeit zugestand, lehnte er sie wegen des
liturgischen Zusammenhangs, in welchem sie eingefügt war, dennoch ab,
da die anglikanische Liturgie semantisch die katholische Auffassung vom
Priestertum verfälscht hatte. Darin haben wir die sicherste Grundlage
zur Bekräftigung der Theorie, daß der liturgische Zusammenhang oder die
"significatio ex adiunctis" ein Sakrament ungültig machen kann, obwohl
die benützte Form infolge der Einhaltung ihrer Worte richtig sein mag.
Was ist mit der "Significatio ex adiunctis", d.i. dem liturgischen
Zusammenhang etc. gemeint? Daly definiert ihn so: "sämtliche Faktoren
und Umstände, die mit der sakramentalen Form verbunden sind und die
eine von außen kommende Bestimmung für eine im wesentlichen unbestimmte
Form liefern können." Father Francis Clark bestätigt: "Die sakramentale
Bedeutung einer Priesterweihe muß nicht auf einen Satz oder eine Formel
beschränkt sein, sie kann indessen deutlich gefolgert werden aus vielen
Teilen des Ritus. Diese anderen Partien können im einzelnen oder als
Ganzes dazu beitragen, die sakramentale Bedeutung der wirksamen Formel
in einem eindeutigen Sinn zu bestimmen." 6) Daraus kann man folgern,
daß sich diese Faktoren (hinsichtlich der Kriterien für die Gültigkeit
eines Ritus) nicht nur auf den buchstäblichen und zeremoniellen
Zusammenhang beziehen (innerliche Faktoren), sondern auch das umfassen,
was man den Situations-Zusammenhang genannt hat, d.s. die Umstände bei
der Entstehung des Ritus, die vorgesehenen Ziele, die Zeit, die
Begriffsinhalte etc. (äußere Faktoren).
Einige erläuternde Beispiele: Ein Wort kann zwei oder mehr Bedeutungen
haben, und allein der Zusammenhang kann klären, was gemeint ist, z.B.
kann das Wort "story" im Englischen ein Stockwerk eines Gebäudes oder
eine Erzählung bedeuten. Es besteht kein Zweifel an der Bedeutung, wenn
ich sage: "Sie müssen in das zehnte "story" = Stockwerk des Gebäudes
gehen" oder wenn ich sage: "Laß mich dir eine interessante "story" =
Erzählung vorlesen". Das Wort "course" kann im Englischen die
Rennbahn bedeuten oder die verschiedenen Gerichte eines Mahles. Der
Zusammenhang ist absolut nötig für die Bestimmung der jeweiligen
Bedeutung.
Es gibt indessen zusätzlich noch einen Bereich, in dem ein Wort ohne
Rücksicht auf den Zusammenhang zwei- oder mehrdeutig sein kann. Dies
ist ein Versagen der menschlichen Sprache. Der Philosoph Ortega y
Gasset sagte einmal: "Nicht jedes Wort drückt aus, was ich meine. Es
wäre illusorisch zu glauben, daß ich dies könnte. Die Sprache kann
nicht so reich sein." Doch können die unvermeidbaren Zweideutigkeiten
zufällig oder unglücklicherweis eintreten - als Folge der
Unzulänglichkeit der Sprache - oder sie können auch ganz absichtlich
benützt werden als Strategie der Verschleierung, d.h. zur Verbreitung
von Unklarheiten.
Wenden wir dies auf unseren Gegenstand an. Wir stellten schon fest, daß
die "in genere" eingesetz-ten sakramentalen Formen (und diese machen
die Mehrzahl aus) die Tendenz haben, in dieser Hinsicht verletzbar zu
sein, d.h. sie können in ihrem Ausdruck oder ihrer Formulierung -
isoliert betrachtet - relativ unbestimmt oder mehrdeutig sein.
Andererseits wissen wir, daß es dogmatisch erforderlich ist, daß
die Form eindeutig die von diesem besonderen Sakrament bezweckte
Wirkung ausdrücken soll. Das Problem der eindeutigen Zuordnung bzw.
Bestimmung wird mittels des liturgischen Zusammenhanges geklärt. Wenn
daher auch die Form sämtliche wesentlichen Worte enthält, kann durch
den liturgischen Zusammenhang ihre Bedeutung verändert oder verfälscht
"Apostolicae curae" gegebenen Richtlinien.
Diese Bulle zensuriert Streichungen, Verfälschungen und Änderungen als
Folge von Auslassungen in den Gebeten und den Grundelementen der
Zeremonien, die theologisch explizit im rituellen Zusammenhang (den
inneren Faktoren) des Anglikanischen Ordinales enthalten sind: "De
ipsis consulto detractum est quidquid in ritu catholico diginiatem et
officia sacerdotii perspicue designat...". ("Man hat mit Absicht
herausgestrichen, was im katholischen Ritus die Würde und die Pflichten
des Priestertums klar bezeichnet.") Das heißt, daß alles, was klar die
Würde und die Funktionen des Priestertums im katholischen Ritus
bezeichnete, vorsätzlich entfernt wurde. Daher folgert er: "Non igitur
esse formam aptam...", das heißt, eine Form kann nicht passend und
ausreichend für den Vollzug eines Sakramentes sein, wenn sie das
unterdrückt, was das kennzeichnende Wesensmerkmal dieses Sakramentes
ausmacht. Dies ist genau das, was im neuen postkonziliaren Ritus
beabsichtigt ist.
Sämtliche Autoren stimmen in diesem Punkt überein, auch Michael Davies,
dessen Ziel - wie schon erwähnt - es war, die Gültigkeit des
reformierten Ritus zu verteidigen. Davies erkennt offen genau diese
Fehler an: "Dieser Ritus ist nach Cranmers Beispiel drastisch
umgemodelt worden, was haupt-sächlich durch Tilgung von Gebeten und
Zeremonien erreicht wurde, die dazu dienten, die priesterliche
Vollmacht klar und ausdrücklich wiederzugeben."
Tatsächlich tilgt der neue Ritus den klaren Bezug zum Meßopfer, der
eindeutig im traditionellen Ritus vorhanden war. Denn Priestertum und
Opfer sind eng miteinander vereint. Die erste und wesentlichste
Funktion des Priesters ist die Darbringung des Opfers. Also das
Priestertum ist durch das Opfern definiert. Dies ist in der
apostolischen Lehre bekräftigt (Brief an die Hebräer, Tridentinischer
Canon D 957). Überdies ist es in der Enzyklika Pius XI. "Ad catholici
sacerdoti" ausdrücklich bekräftigt: "Die wesentliche Vollmacht des
Priesters besteht im Konsekrieren, Opfern und im Spenden des Leibes und
Blutes Christi; und seine sekundären und ergänzenden Gewalten bestehen
in der Sündenvergebung und dem Predigen von Gottes Wort." ("Accipe
potestatem offerre sacrificium Deo.")
Die Form kann - für sich betrachtet - nicht eindeutig sein bei
Bezeichnung des Priestertums im allgemeinen "dignitatem
sacerdotii...et secundi meriti munus", aber diese Vollmacht ist
spezifisch katholisch und in anderen Teilen des Ritus weiter
konkretisiert: "Sacerdotem et enim oportet offere, benedicere,
praeesse, praedicare et baptizare", ("Der Priester muß nämlich opfern,
segnen, vorstehen, predigen und taufen") d.h. dem Prieter ist die
Vollmacht verliehen, zu opfern u.s.w. "Quatenus mortis Domini mysterium
celebrantes... Et in obsequium plebis tuae, panem et vinum in corpus et
sanguinem Filii tui immaculata benedictione transforment." ("Sooft ihr
das Geheimnis des Todes des Herrn feiert... Und aus Gehorsam gegenüber
deinem Volk sollen sie durch eine unbefleckte Segnung Brot und Wein in
Leib und Blut Deines Sohnes verwandeln") das heißt: "Das Brot und den
Wein in den Leib und das Blut Deines Sohnes zu verwandeln...",
"missamque celebrare tam pro vivis quam pro defunctis"... das heißt:
"Empfange die Vollmacht, das Opfer darzubringen und die Messe zu
zelebrieren für die Lebenden und die Toten". "Et offerre placabiles
hostias pro peccatis atque offensionibus populi omnipotenti Deo". Das
heißt: "Und dem Allmächtigen Gott Sühnegaben für die Sünden und
Übertretungen des Volkes zu opfern."
Alle diese deutlichen und eindeutigen Bestimmungen der wesentlichen
Vollmacht und die Hauptaufgaben des Priesters und der Messe als
Sühnopfer für die Lebenden und die Toten verschwanden - ähnlich wie im
anglikanischen Ritus - im reformierten Ritus. Betrachten wir ein
Beispiel. In der Zeremonie der Übergabe des Kelches mit Wein und Wasser
und der Patene mit einer Hostie an die Weihekandidaten bestimmt der
alte Ritus: "Empfange die Vollmacht, Gott das Opfer darzubringen, und
die Messen zu feiern für die Lebenden und die Verstorbenen im Namen des
Herrn." Im reformierten Ritus wurde diese Zeremonie genau beibehalten,
prüfen wir aber die Formel bei der Übergabe: "Nimm hin die Gaben des
heiligen Volkes für die Feier des Opfers. ("Accipe oblationem plebis
sanctae Deo offerendam"). In der spanischen Übersetzung ist der Fehler
noch gravierender: das Verb "opfern" wurde mit "darbieten" übersetzt.
Wie zu erkennen ist, weist absolut nichts (und noch weniger in den
Volkssprachen) auf das Sühneopfer hin, dessen Darbringung das Wesen des
katholischen Priestertums ausgemacht hat. Die Übergabe des Kelches mit
Wein und Wasser und der Patene mit einer Hostie wären der günstigste
Moment für eine eindeutige Bezugnahme auf das heilige Sühnopfer, die
unblutige Erneuerung von Christi Opfer auf dem Kalvarienberg, und nicht
eine schlichte Erinnerung daran, die für den Protestantismus wesentlich
ist. Es muß folglich aus dem buchstäblichen und dem zeremoniellen
Zusammehang (den inneren Faktoren) in Analogie zu den anglikanischen
Weihen auf die Ungültigkeit der Weihe geschlossen werden.
Untersuchen und prüfen wir nun die von außen wirkenden Faktoren bzw.
Begleitumstände, um die ihnen zugrundeliegende Intention zu eruieren.
Wie allseits bekannt, bildet die entsprechende Intention zusammen mit
Materie und Form das "sine qua non" fiir die Gültigkeit eines
Sakramentes. Die Intention als solche kann aber, da sie innerer Natur
ist, als solche nicht von der Kirche beurteilt werden. Doch betont Leo
XIII., daß die Kirche die Intention beurteilen kann und soll, wenn sie
sich in äußeren Zeichen kundgibt, d.h. wenn sie sich äußert. (So lehrte
es der hl.Thomas v.A. - cf. III, q 64, a.5.) Deshalb fügt Leo XIII.
hinzu: "Wenn ein Priester - auch wenn er ein Häretiker oder
Schismatiker ist - ernsthaft das Sakrament in Übereinstimmung mit dem
Ritus spendet - serio ac rite - so ist allein aufgrund dieser Tatsache
zu urteilen, er habe die Intention zu tun, was die Kirche tut. Wenn
aber andererseits Änderungen im Ritus eingeführt werden mit dem
erkennbaren Ziel, einen anderen, nicht von der Kirche angenommenen
Ritus einzuführen, und mit dem Vorhaben, abzulehnen, was die Kirche
tut, so zeigt dies nicht nur einen Mangel an der richtigen Intention,
sondern eine entgegengesetzte, dem Sakrament widersprechende
Intention."
Um die dem geänderten Ritus zugrundeliegende Intention zu ermitteln,
empfiehlt Leo XIII. die Prüfung der äußeren Faktoren und
Begleitumstände, welche die Intention der Kirche verfälschen könnten.
"Ad rectam, plenamque...aestimationem..." Das heißt: "Für eine gerechte
und vollständige Bewertung... in Ergänzung zu den früheren
Beobachtungen (d.h. die, welche sich auf die inneren, die wesentlichen
Faktoren beziehen), sollen auch die Begleitumstände (die äußeren
Faktoren) in Betracht gezogen werden." Der Papst bietet ein
freizugängliches Verzeichnis an, denn "longum est singula persequi,
neque est necessarium," d.h."es wäre beschwerlich und unnötig,
sämtliche Umstände detailliert anzuführen."
Prüfen wir einige dieser Begleitumstände bei den Angikanern und wenden wir sie auf die neuen Weiheriten an.
1. Zuerst bezieht sich Leo XIII. auf die Urheber und ihre Haltung
gegenüber der Kirche..."cuius animi essent in catholicam Ecclesiam
Auctores Ordinalis..."
Um den Charakter der Urheber und Förderer des neuen Ritus zu bestimmen,
beginnt man am besten mit dem grundlegenden Werk: "Die liturgische
Bewegung" von Abbé Bonneterre. Danach war der 'Orchesterdirigent' A.
Bugnini, von dem man mit Grund vermutete, er sei Freimaurer gewesen.
Seine Vorgänger, die vor mehr als einem halben Jahrhundert die späteren
Änderungen empfohlen hatten, waren Freimaurer und Modernisten. Sie
besaßen ihre eigene sehr klare Auffassung von den Sakramenten, wie es
sich deutlich in den 13 von Pius X., im Dekret "Lamentabili"
verurteilten Vor-schlägen zeigt. Unter den vorerwähnten Vorläufern war
einer der prominentesten Dom L.Beauduin -
eine wahre Satansbrut - und unzählige Neu-Liturgiker, deren Irrtümer Pius XII. in "Mediator Dei" verurteilt hatte.
Gerade die progressiven Kräfte aber beherrschten die Entscheidungen des
sog. II. Vatikanischen Konzils von Anfang an. Das ist aber nicht etwas,
was ich allein vorlege. Als Zeugen für diese Behauptung führe ich einen
Teilnehmer dieser Versammlung an, Msgr. Lefebvre: "Die
Kommissionen, in denen die Konzilsbeschlüsse gefaßt wurden, setzten
sich zu zwei Dritteln aus progressiven Mitgliedern zusammen." Ihre
Ziele: "Quo demum consilia sua referent?" ("In welcher Absicht tagen
sie eigentlich?") Was waren ihre Ziele? frage ich. Was waren die
Absichten Bugninis und seiner Mitarbeibter in diesen Bestrebungen? Sie
besaßen, was sie benötigten; nicht mehr, nicht weniger. Diese Männer
konnten keine rechtgläubige Intention haben, weil ihre Grundlage der
Irrtum war.
Wir müssen aber eigentlich weder deren Intentionen analysieren noch uns
mit Hypothesen begnügen. Die revolutionären Prinzipien wurden nämlich
offen verkündet. Die der Liturgie gewidmete konziliare Konstitution
beginnt feierlich mit der Verkündigung der fundamentalen Ziele und
Prinzipien: "Sacrosanctum Concilium cum sibi proponat..." Was nahm man
sich vor? Hören wir.
1. Tag für Tag das christliche Leben der Gläubigen zu intensivieren.
2. Änderungsbedürftige Einrichtungen besser den Erfordernissen unserer Zeit anzupassen.
3. Alles zu fördern, was zur EINIGUNG sämtlicher Christgläubigen beitragen könnte.
4. Alles daranzusetzen, um alle Menschen einzuladen, in den Schoß der Kirche zu kommen.
Siehe da, das Motto, das alles erläutert: ein Gemisch aus einem Maß
katholischen Kalks und drei Maß heterodoxen, modernistischen Sandes,
und das in Übereinstimmung mit ihrer Taktik, an die uns Pius X. in
seiner Enzyklika "Pascendi" erinnert hat.
Respektvoll räume ich die Kommentierung einer maßgebenderen Feder als
der meinen den Vorrang ein. "Was sind die zerstörerisichen Elemente?
Man lese sie sorgfältig.
I. Ziel 2: "Die Einrichtungen, die zu
ändern sind, anzupassen." Diese Einrichtungen sind weder beschrieben
noch verzeichnet. Dies ist ein offenes Tor für sämtliche Dissonanzen,
die uns angeboten wurden.
II. Ziel 3: Alles zu fördern, was die Einheit der Christgläubigen
fördern könnte etc. Dies ist ein ökumenischer Grundsatz, von sich aus
und in sich unmoralisch. Denn das "alles" beinhaltet im voraus die Preisgabe von allem.
III. Ziel 4: Alles daranzusetzen... Dies ist scheinbar ein
missionarisches Prinzip, aber wirklich nur scheinbar. Wir beschäftigen
uns nicht mit der Konversion, sondern mit der Öffnung zur Welt. Wenn
dieses Prinzip auf die Liturgie angewandt wird, hat es die Annahme
eines profanen Stils zur Folge". (MYSTERIUM FIDEI Nr.48, 4. Quartal
1979).
Geführt von solch zerstörerischen Grundsätzen wurde die Reform der
Riten in Angriff genommen. Die progressiven Anführer gestanden dies
auch offen ein. Sie sahen in dem Konzept für die Liturgische
Konstitution eine Art 'Schwamm', welcher sich durch eine ständigen
Entwicklung mit sämtlichen Verirrungen der Revolution allmählich
vollsaugen würde. Daher sagte Msgr. Dwyer, Erzbischof von Birmingham,
ein eifriger Sprecher auf dem Europäischen Symposium, bereits im Jahre
1967: "Die liturgische Reform ist in tiefgründigster Bedeutung der
Schlüssel zum Aggiornamento. Man mißverstehe mich nicht: hier beginnt
die Revolution." Das sind Worte, die bei der ersten Bischofs-Synode in
Rom ausgesprochen wurden! (QUE PASA? Nr.313, 12-27-69, zitiert nach LA
CROIX, 10-25-67).
Was wollen wir mehr? Da es hier ein offenkundiges Eingeständnis gibt,
sind weitere Beweise überflüssig. Die den postkonziliaren Riten
zugrundeliegende Intention entspricht nicht mehr dem katholischen
Glaubensverständnis.
Wir müssen uns leider vor Augen führen, daß dieses Geschnattere und
dieses Meer von Tinte, erörternd, ob sie Wind- oder Jagdhunde sind, nur
unter den Traditionalisten
stattfindet. Die Progressisten wissen ganz genau, daß ihre Pläne
inzwischen Wirklichkeit geworden sind... einfach so. Überdies
erkannten die Protestanten mit klarer Intuition, daß sich die gesamte
liturgische Reform zu ihren Gunsten ausgewirkt habe. Folglich
verkündete das höchste Konzil der Bekennenden Kirche von
Elsaß-Lothringen: "Wir sind interessiert an der Übernahme der neuen
eucharistischen Gebete; in diesen finden wir die Verschönerung der
Opfertheorie, die früher als ausschließliches Eigentum der Katholiken
galt." Wegen der Berichte über die Reform der sakramentalen Riten im
allgemeinen stellte Professor Knutson, der Sprecher der Lutheraner,
fest: "Es besteht unter den Protestanten ein begeistertes Interesse an
einer Erneuerung der Liturgie", wobei er hervorhob: "Das theologische
Denken der katholischen Kirche ist auf gewissen Gebieten, wie z.B. den
Sakramenten, beträchtlich fortgeschritten. Diese Entwicklung zeigt, daß
lutherische und katholische Gedankenwelt aufeinander zugehen".
(MYSTERIUM FIDEI, Nr.49, März 1980). Diese Beispiele dürften ausreichen.
D. "ZURÜCK ZU DEN QUELLEN..."
Ein anderer von Leo XIII. erwähnter Punkt (im Gepäck der Reformer) ist
der Vorwand, zu den Quellen zurückzukehren ("specie quidem
redintegrandae eius formae primaevae"). Diese sog. Rückkehr zur
ursprünglichen Einfachheit ist unter den Häretikern und Erneuerern im
Laufe der Geschichte immer wieder bloß als Vorwand benutzt worden, seit
Vigilantius im vierten Jahrhundert die erste liturgische Häresie
entwickelte, indem er dem Triumph und den Lobpreisungen die Rückkehr
zur ursprünglichen Einfachheit entgegensetzte. Diese sog. Rückkehr
stellt einen verderblichen Archäologismus dar, der von Pius XII. in
MEDIATOR DEI verurteilt wurde. Er ist nichts anderes als eine
revolutionäre Methode, mit der Tradition zu brechen, für die sie
angeblich eine so große Vorliebe bekunden. Die traditionellen Riten,
die vor Jahrhunderten von der Kirche eingeführt wurden, sind eindeuig
und erlauben weder einen semantischen Betrug noch Manipulationen.
Ich will schließen mit dem Zitat eines Reformers: "Die Zweideutigkeit
(Hervorhebung vom Autor) wird uns begünstigen. Wir drücken uns nach
Diplomatenart aus, aber nach dem Konzil werden wir alle impliziten
Momente entfalten." Konfrontiert mit dieser Zurschaustellung von
Schamlosigkeit durch ein Mitglied der Gelehrtenkommission geriet der
berüchtigte liberale Theologe Schillebeecks außer Fassung und rief aus:
"Ich betrachte dieses Eingeständnis als beschämend!" (Rev. Bazuin, 48,
1965, S.4, zitiert in MYSTERIUM FIDEI, Nr. 48, 1979, S.18).
Ein anderer Punkt, der ebenfalls in dem veröffentlichten Verzeichnis
Leos XIII. angeführt wird, bezieht sich auf Mitarbeiter, die aus
verschiedenen Sekten eingeladen werden ("quos adsciverint - fautores ab
heterodoxis sectis.") Genau dies aber geschah bei der Entwicklung der
neuen Riten. Es ist eine weltbekannte Tatsache, daß sechs
Mitglieder verschiedener protestantischer Sekten nicht nur als
Beobachter eingeladen waren, sondern an der Kreierung des sog. N.O.M.
beteiligt waren. Ähnlich wie Dr. Coomaraswamy bezeugt auch
Michael Davies, daß manche derjenigen, die an der Meßreform teilnahmen,
sich auch in die Reform der Weihesakramente einmischten. Es muß
klargestellt werden, daß die Rolle dieser Gäste nicht die von bloßen
Zuschauern war, die nur zustimmten, sondern daß sie sich vielmehr aktiv
einmischten. Msgr. Baum schrieb 1967: "Sie sind hier nicht als bloße
Beobachter, sondern eher als Experten; und sie nehmen aktiv
(Hervorhebung vom Autor) an den Diskussionen über die liturgische
Erneuerung teil." Ein weiteres Zeugnis hierfür stammt von einem der
protestantischen Gäste, dem Anglikaner Jasper, der 1977 erklärte: "Wir
waren tatsächlich bevollmächtigt zu kommentieren, zu kritisieren und
Vorschläge zu machen." (ITINERARIES, Nr. 212, April 1977.)
E. SCHLUSSFOLGERUNG
Sowie der Anglikanische Ritus die wahren Intentionen seiner Schöpfer
zeigte, so auch der reformierte Ritus. Seine Abfassung erfolgte unter
den gleichen Bedingungen. Der traditionelle Ritus (im Römischen
Pontificale) zeigt nicht die geringste Unklarheit hinsichtlich der
wesentlichen Vollmacht des katholischen Priesters. Es bestehen indessen
sicher Zweideutigkeiten im reformierten, und dies ist ein Umstand, der
die Ungültigkeit eines jeden Sakraments zur Folge hat. Deshalb kommt J.
Daly zu dem Schluß:
"Es steht fest, daß die Gültigkeit des neuen Ritus zumindest
zweifelhaft ist. Seine Gültigkeit müßte daher nachgewiesen, nicht nur
angenommen werden, denn es ist augenscheinlich, daß der postkonziliare
Ritus in seinen Defekten denen des anglikanischen Ritus ähnlich ist,
der von Leo XIII. verurteilt und deshalb für null und nichtig erklärt
wurde. Es ist erwiesen, daß er zweifelhaft ist. Bis zu welchem Grade?
Bis zur Stufe der größtmöglichen Probabilität, die sich der moralischen
Sicherheit nähert."
Dem stimme ich zu. Diese Gegebenheit verpflichtet uns zu einer
eindeutigen, praktischen Stellungnahme. Die Kirche verlangt bei der
Sakramentenspendung: "tutior" ("sicherer", d.h. sie folgt im
Zweifelsfalle dem sicheren Weg, wenn es sich um die Gültigkeit der
Sakramente handelt. (D 1151). Soll man sich also an einen Ritus
von zweifelhafter Gültigkeit halten oder einen, der dogmatisch
un-bestreitbar ist? Eine Diskussion darüber ist völlig überflüssig.
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