UM ERBARMEN AN DIE LIEBE
von
Gloria Riestra De Wolff
übersetzt von Annemarie Leutenbauer
Wie lange noch, VATER der Himmel, willst Du häufen die Qual
der Not meines in Sehnsucht nach Dir verwundeten Herzens, das
offen ist einzig nach oben durch das schmerzende, unendlich weite
Fenster des Heimwehs nach Dir? ...
Ich bitt' Deine Lieb' um Erbarmen!
Daß Du mich nicht mögest erdrücken.
Daß bedenken Du mögest, wie wenig ich doch von DIR zu fassen
imstande.
Wie, soll ich denn immerzu mit erhobenen Händen die Straßen
der Erde durcheilen, trachtend, die Fetzen von Himmel Dir zu
entreißen, hinter denen her Du mich treibst fast wie im Fluge? ...
Laß mich ein bißchen leben, wenn ich schon wandern noch muß
durch die Straßen der Welt! Schmal ist mein Wassergraben und
ohne Maß die unendliche Weite des Stromes Deiner Glorie, die mich
überwältigt ...
Ich bitt' Deine Lieb' um Erbarmen. Ich kann nicht, ich,
eines flüchtigen Augenblicks Grashalm, leben noch nach dem Sturm
Deines Anhauchs ...
Geschleudert hast Du auf mich Deine Liebe, nicht darauf
achtend, ob sie mich würde vernichten ...
Wie ein Wolkenbruch, niedergehend zur Unzeit unter Blitzen
von Glorie, kam Deine Majestät über mich, zerstörte die schwachen
Rinnsale meines schon irreparablen Herzens ...
Nach Deinem NAMEN kann nichts anderes mehr ich erachten
für wert.
Muß ich denn leben, gezwungen Dich zu vergessen, um mich daran zu
erinnern, daß ich lebe? ...
Ich bitt' Deine Lieb' um Erbarmen! ... Daß Du mich nicht mögest
erdrücken! Daß bedenken Du mögest, wie wenig ich doch von
DIR zu fassen imstande...