54. Jahrgang Nr. 3 / März 2024
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1. Mitteilungen der Redaktion
2. Meine Begegnung mit S.E. Erzbischof Pierre Martin Ngô-dinh-Thuc
3. My Time with His Excellency, Archbishop Pierre Martin Ngô-dinh-Thuc
4. Ma rencontre avec S.E. Mgr. Pierre Martin Ngô-dinh-Thuc
5. Mi encuentro con Su Excelentísimo y Reverendísimo Arzobispo Pierre Martin Ngô-dinh-Thuc
6. Il mio incontro con S.E. l´Arcivescovo Pierre Martin Ngô-dinh-Thuc
7. DECLARATIO
Weihachten
 
Weihnachten

von
Eberhard Heller

Wenn ich früher, in meiner Studienzeit, aber auch später im Hochgebirge unterwegs war, hat mich - neben all der bergsteigerischen Anstrengung und Anspannung – eines immer besonders fasziniert: die Reduktion der Gebirgslandschaft auf das Schwarz der Felswände, das Weiß der Gletscher und das Blau des Himmels, welches immer intensiver wurde je höher man aufstieg, bis man mittags die Sterne sehen konnte: es blieben diese drei Farben schwarz, weiß, blau. Es war dieser Rückzug in die Einfachheit der Welt, die eine unglaubliche majestätische Ruhe ausstrahlte. Man war befreit von den vielfach schimmernden, ungenauen, teilweise verräterischen Zwischentönen. Es blieb die Einfachheit und Klarheit... eine Klarheit, um die wir uns auch bemühen müssen, wenn wir in diesen vernichtenden Zeiten  die Orientierung bewahren wollen.

Und warum komme ich auf dieses Bergerlebnis zurück? Weil es Situationen gibt, in denen von der ursprünglichen Bedeutung eines Anlasses abgewichen wurde, diese Bedeutung sogar direkt pervertiert wurde. Wo es also nötig ist, wieder auf die einfache Wahrheit zurück zu gelangen, um sich die ehemalige Erhabenheit dieses Anlasses wieder in Erinnerung zu rufen.

Weihnachten steht vor der Tür. Wenn wir an das kommende Fest der Geburt Christi denken, was ist von diesem zentralen Fest der Christenheit übrig geblieben? Ein Marathon des Kommerz-Rausches, der schon Wochen, ja sogar Monate vor dem Fest einsetzt. Weihnachtslieder werden kaputt geplärrt, die sog. Weihnachtsfeiern sind häufig zu Vor-Faschingsfeten mutiert, von den Christkindelsmärkten sind die Glühweinstände übrig geblieben. Und wer weiß noch, daß nicht der Weihnachtsmann – eine Mischung aus Nikolaus und Frostmännchen -, sondern das Christkind dieses Fest dominieren soll? An den religiösen Anlaß dieses Festes denken nur die wenigsten.

Was ich hier beschreibe ist nichts Neues. Viele, die noch ein wenig Sehnsucht im Herzen nach stiller Freude, nach Innehalten in diesem Trubel suchen, beklagen mit ähnlichen Worten diese geistige Verödung, die uns gerade in der Weihnachtszeit begegnet. Ist es nicht vielfach der Anlaß, sich wieder bewußtzumachen, daß wir in der Diaspora leben, d.h. in der Vereinzelung ohne priesterlichen Beistand? Ja, das auch.

Aber wie kann ich der Einsamkeit entkommen? Wie kann ich mich aus all dem Trubel um mich herum heraushalten, ihm entfliehen, um mich nicht von der allgemeinen Hektik anstecken zu lassen? Indem ich mich auf das Wesentliche konzentriere und alles andere mit aller Gewalt ausschließe. Wir müssen Distanz dazu schaffen, unser Blick auf das Getümmel draußen muß wie durch ein Fenster sein, das ich schließen kann. Auf der einen Seite bleibt der Bezug zu dem Draußen bestehen, andererseits schafft das Schließen eine große Distanz, die wir mit Ideen ausfüllen können aus einer Welt des Glaubens. Und was ist das Eigentliche an Weihnachten? Versuchen wir einfach zu verstehen, was dieses Fest ausmacht: Gott wird Mensch! Das Gedenken daran, daß durch ein erstes großes Wunder diese Welt umgestaltet werden soll. Da ist nun das Christkind auf der einen Seite, auf der anderen sind wir, und von diesem göttlichen Kind geht aus seine Liebe, die wir erwidern sollen: der Gott-Mensch, wir Menschen und die Liebe. Eine einfache, überschaubare Struktur. Reduzieren wir unsere Anstrengung auf das Verstehen dieser einfachen, aber überwältigenden Wahrheit: Christus steigt herab in die Niedrigkeit unserer Existenz, damit wir sein Menschsein als Vorbild nehmen für die Gestaltung unseres Lebens. Wir kopieren es nicht, sondern wir bestimmen unser Handeln nach den Prinzipien, die uns der Gott-Mensch während seiner irdischen Laufbahn vorgelebt hat. Wir steigen quasi auf in die Region des „Hochgebirges“. Wenn wir nun von Tradition reden, heißt das nicht: wir sammeln die Asche von gestern ein, sondern entfachen das Feuer, welches auch in Zukunft lodern soll. Es ist das Feuer der Liebe, die sich an der Liebe Christi entzündet hat und heute, heute! unsern Geist und unser Herz erwärmen soll.

Halten wir uns diese einfache Wahrheit vor Augen: Gott wird Mensch, um mit dieser Wahrheit unsere weihnachtliche Freude zu gestalten... und zugleich all das überflüssige Gerümpel aus unserem Kopf herauszuwerfen: die Politik, die Flüchtlinge, Frau Merkel und ihre Hofschranzen, den Ärger mit dem Nachbarn, den Kindern. Die können alle später wieder auftauchen, aber jetzt bleiben sie draußen. Unser Kopf ist frei für das Erleben der Freude, die uns dieses Fest der Geburt des Christkindes besonders beschert: die beginnende Erlösung, die Befreiung aus der Sünde. ER ist herabgestiegen vom Himmel und hat Wohnung gefunden im Stall. Und in dieser Konzentration auf die eigentliche Wahrheit dieses Festes, die Menschwerdung Gottes, sollte unsere Freude entstehen, durch die alles andere verklärt wird: unser Beisammensein im Kreise der Familie, das Vortragen des Evangeliums, die Worte des Vaters, das Singen der Weihnachtslieder zur Ehre Gottes. In all dem sollte sich die Allgüte Gottes widerspiegeln. Und die (kleinen) Geschenke, die wir verteilen werden in dieser Runde, sind Stücke der Erinnerung an das, was uns das Christkind in dieser Nacht beschert hat: seine Liebe.
 
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