54. Jahrgang Nr. 7 / Dezember 2024
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CHRISTUS NOVUM INSTITUIT PASCHA...
 
CHRISTUS NOVUM INSTITUIT PASCHA SE IPSUM AB ECCLESIA PER SACERDOTES SUB SIGNIS VISIBILIBUS IMMOLANDUM

von
H.H. Pater Guérard des Lauriers
(übers.: H.H. Pfr. Paul Schoonbroodt)

1 . Fortsetzung:

II. 3.) Der Auftrag "ab Ecclesia", wie er gewöhnlich bei jeder Feier des Meßopfers bezeichnet und verwirklicht wird. Der Auftrag "ab Ecclesia" wird in der Kirche als sichtbare Gemeinschaft verwirklicht, dem Wesen der sinnfälligen Ordnung gemäß, d.h. sowohl im Wort als auch in der Tat. Das wollen wir jetzt näher bestimmen.

a. Der Auftrag "ab Ecclesia" wird durch die Worte mitangedeutet, die der Priester während des Kanons der Messe spricht. Wir machen folgende Vorbemerkung: Zunächst gehören diese Worte zum Kanon (a-a); dann sind die beiden Gedenken für die Lebenden, in deren Meinung das Opfer dargebracht wird, unter sich qualitativ differenziert (a-b); danach leiten wir über zur Beschreibung der wahren Tragweite (a-c).

a-a) Der Meßkanon und das Vorlesen der Inschrift auf den Tafeln (Dyptika). Der Meßkanqn, dem die Präfation vorausgeht, erstreckt sich vom Te igitur bis zum Amen nach dem Per ipsum. In früheren Zeiten las der Priester während des Kanons die Namen der Personen ab, die auf dem Täfeichen oder auf dem "Dyptika" geschrieben waren und für die das Opfer dargebracht wurde. Es werden zwei Gedächtnisse verlesen. Eines wird vor der Wandlung verlesen, weil es für die Lebenden ist, die ja an der Darbringung des Opfers aktiv teilnehmen können. Das andere wird nach der Wandlung verlesen, weil es die Verstorbenen betrifft, da diese lediglich in der Lage sind, die Frucht des Opfers zu empfangen, nachdem es vollzogen ist.

Das Gedächtnis der triumphierenden Kirche, durch die ersten Märtyrer personifiziert, wird den Lebenden wie auch den Verstorbenen zugesellt. Das Verlesen dieser zwei Gedächtnisse wird allgemein als eine Unterbrechung des Kanons angesehen. Es muß jetzt festgestellt werden, vro die Unterbrechung für das erste dieser Gedächtnisse beginnt.

Der Abschnitt "Te igitur ... haec sancta sacrificia illibata" leitet den Kanon (oder die Regel für die Wandlung) ein. Die Abschnitte, welche auf das Wort "illibata" folgen und vor dem Hanc igitur stehen, erwähnen die physischen oder moralischen Personen, deren Teilnahme in die Opferhandlung hineingenommen ist. Der dritte und letzte Abschnitt gilt der triumphierenden Kirche:"Communicantes et memoriam venerantes ..." Der zweite Abschnitt wird gewöhnlich das "Memento der Lebenden" genannt: "Memento Domine...". In Wirklichkeit hat dieses Memento die Aufmerksamkeit der Gläubigen zum Nachteil des ersten auf sich konzentriert; so ist die Tragweite des ersteren vermenschlicht und vermindert worden. "Diminutae sunt veritas a filiis hominum." (Ps. 11,2) Die Aussage in Bezug auf den Auftrag "ab Ecclesia" steht allerdings im ersten Abschnitt: "in primis" (wie wir sehen werden - a-c). Aus diesem Grund gilt es, das "In primis" bezüglich seiner Bedeutung hinsichtlich des Kanons genau herauszustellen.

Wir behaupten also: das "In primis" ist Bestandteil des Kanons, während das "Memento" und das "Communicantes" eine Unterbrechung darstellen.

Die entgegengesetzte Auffassung ist scheinbar nicht ganz ausgeschlossen; denn das "In primis" erwähnt wie das "Memento" lebende Gläubige, für die das Opfer dargebracht wird. Auch das Volksmissale von Dom Lefebvre (1921) vereinigt unter einer Überschrift "Lesung der Dyptika" das In primis und das Memento. Es handelt sich aber hier um eine Art Nebeneinanderstellung; denn wir werden sehen (a-b), daß diese beiden Kategorien von Gläubigen nicht in gleicher Weise von der Opferfrucht betroffen werden. Um beide von einander zu unterscheiden, gibt es auch noch einen zwingenden Grund: der liegt im Wesen des Opfers selbst: Das Meßopfer hat nämlich Sühnecharakter. Es handelt sich hier um ein eigenes Merkmal, dessen Bedeutung durch die heutige subversive Infragestellung besser kundgetan wird. Wenn aber das Opfer von Natur aus eine mitteilbare Frucht gibt, dann muß es für jede Opferfeier gelten, daß gewisse Personen der Opferfrucht teilhaftig werden. Mit anderen Worten: etwas kann nur vollkommen sein, wenn es den Forderungen seines Wesens entspricht. So könnte eine gegebene Meßfeier von rechtswegen "unvollkommen" sein - was aber nicht sein kann! -, wenn kein Mensch eine Frucht daraus empfangen würde.

Das Te igitur enthält eine Darbringung und erbittet das Wohlgefallen. So muß es also die Personen erwähnen, denen von rechtswegen durch das Wesen des Opfers die übernatürliche Frucht, die mit dem göttlichen Wohlgefallen gleichzeitig ist, notwendigerweise mitgeteilt wird. Das In primis steht also nicht als Ergänzung zum Te igitur. Nein, es ist notwendigerweise dessen Vollendung. Wir wiederholen es: weil das Meßopfer von Natur aus Sühnecharakter hat.

Wir merken noch an, daß das In primis im "Pfarrgottesdienst" von Solesmes (Ausgabe 1962) an das Te igitur anschließt (im Druck); das In primis wird nur durch ein Komma von illibata getrennt. Desgleichen ist das In primis durch einen Doppelpunkt von illibata getrennt im römischen Kanon, wie er im Missale der Dominikaner festgesetzt ist.

Das In primis ist der Ruhepunkt nach dem Auftakt des Te igitur. Die ganze Linie in der Einheit der Kontinuität muß erfaßt werden: "Nimm wohlgefällig an ... diese Gaben ... diese makellosen Opfergaben (illibata, in primis quae tibi offerimus . . . ) , wir bringen sie Dir dar vor allem für ...". Das In primis ist also Bestandteil des Kanon und insbesondere des Te igitur, dessen Abschluß es ist. Das Memento und dann das Communicantes gelten indessen als eine Unterbrechung des Kanons, der beim Hanc igitur wieder aufgegriffen wird.

a-b) Die Erwähnung der lebenden Gläubigen, die beim Te igitur und beim Memento geschieht, ist bei jedem der beiden Gebete qualitativ different. Der Unterschied wird durch den Vorgang und in Bezug auf die Ausdehnung zum Ausdruck gebracht. Bevor nämlich der Priester irgendwelche Personen einzeln nennt, betet er für die ganze streitende Kirche: "(Diese Gaben, diese Geschenke, diese Opfergaben) bringen wir Dir dar vor allem für Deine heilige katholische Kirche ... gleichzeitig auch (una cum - in einem) für Deinen Diener, unsern Papst N, unsern Bischof N (und unsern König N), und für alle, die den katholischen und apostolischen Glauben fördern."

Dann erst erwähnt der Priester gegebenenfalls diese oder jene Person, insbesondere: "Memento Domine ..."

Nun aber unterscheiden sich die beiden Erwähnungen - die erste in Bezug auf die ganze streitende Kirche wie auch auf Papst und Ortsbischof, die zweite in Bezug auf diesen oder jenen "Diener" Gottes - nicht nur hinsichtlich der Ausdehnung. Sie unterscheiden sich auch noch viel tiefer durch die Art des Bittgebetes und dem entsprechend auch durch die Tragweite, welche eine jede von ihnen bei der Opferhandlung hat.

Die Erwähnung einer bestimmten Person kann wegfallen; beim Memento der Lebenden ist das der Fall, wenn die Messe für einen Verstorbenen dargebracht wird. Sollte aber eine bestimmte Person genannt werden, dann ist die Zuwendung der Frucht, die naturgemäß durch das Meßopfer erlangt wird, für diese Person de congruo; sie bezieht sich nicht formell auf die göttliche Gerechtigkeit - abgesehen natürlich von der Zuwendung de condigno zugunsten dieser Person, wenn sie selbst aktiv an der Darbringung des Opfers teilnimmt.

Hingegen ist die Erwähnung der ganzen Kirche und damit in eins des Papstes und des Bischofs (des Ortes) wesentlicher Bestandteil des Kanons. Folglich muß sie bei jeder Zelebration der Messe stattfinden. Denn was vom Bräutigam ausgeht, muß von rechtswegen und no twend i ge rwei s e und auch formell von der Gerechtigkeit her - die Barmherzigkeit ist vorgegeben - für die Braut sein. Die von Christus zugunsten der Kirche hinterlassene Opferfrucht muß der ganzen streitenden Kirche zugewendet werden, d.h. der Kirche als solcher, wie sie auf Erden besteht, also folglich auch dem Papste und dem Bischof als sichtbaren Spitzen und Personifizierungen der Einheit der Kirche.

Bezüglich des Empfanges der Frucht finden wir wieder, was wir oben (a-a) bemerkt haben für das Opfer, das sie hervorbringt. Der Bräutigam bedarf der Braut auf geheimnisvolle Weise. Das ist der Schlüssel. Weil das Opfer von Natur aus Sühnecharakter hat, muß auch dessen Frucht zugewendet werden: das haben wir weiter oben dargelegt (a-a). Daraus folgt: wenn das Opfer zugewendet wird, dann haben wir die Frucht auch notwendigerweise mitgeteilt. Das wollen wir jetzt aufmerksam betrachten. M.e.W.: die Opferfrucht Christi, die in einem auch die Opferfrucht der Kirche ist, muß der ganzen Kirche und allen, die sie hierarchisch verkörpern de condigno zugewendet werden. Andererseits wird die gleiche Frucht einem bestimmten Glied Christi, das eigens genannt wird, de congruo zugewendet.

a-c) Das Te igitur enthält in Wirklichkeit, objektiv - wenn auch einschlußweise - die Verkündigung des Auftrages "ab Ecclesia".

Wir haben nämlich soeben festgestellt, daß die Opferfrucht, welche der ganzen Kirche von rechtswegen zugewendet wird, nach ihren Regeln der Zuwendung eh de condigno-Verdienst verwirklicht. Daraus folgt auf Grund "des Prinzips der Austauschbarkeit" (2,b-d), daß diese Zuwendung zugunsten der Person selber geschieht, die das Opfer darbringt. Dafür bitten, daß das Opfer für die ganze Kirche dargebracht werde und gleichzeitig auch für den Papst und den Bischof, das bedeutet ein Bitten von rechtswegen, damit die Frucht der ganzen Kirche und gleichzeitig auch dem Papst und dem Bischof zugwendet werde. Durch eben diese Tatsache wird festgehalten: das Meßopfer wird von der ganzen Kirche und gleichzeitig auch vom Papst und vom Bischof dargebracht: in Anbetracht dessen, daß die Zuwendung der Frucht rechtens und notwendigerweise zugunsten der Person geschieht, die das Opfer darbringt.

Wir wollen auf diesen Punkt näher eingehen. Wird der Papst und der Bischof eigentlich durch das "una cum" der Kirche zugesellt, insofern sie die Empfangende ist, und zwar insofern sie als erste (in primis) die Opferfrucht empfängt? - Sicherlich! Aber auf Grund des "Austauschprinzips" (2,b-d) sind Papst und Bischof auch (una cum) mit dem Opfernden - "zusammen mit" uns, die wir darbringen. Das "offerimus" bedeutet in einem, daß das Objekt auch das Subjekt ist. Geschieht nämlich die Zuwendung der Frucht rechtens und notwendigerweise, d.h. ist es ein de-condigno-Verdienst, dann empfängt der Opfernde, dann opfert auch der Empfangende. Wenn dieser Priester und diese bestimmten Gläubigen, die an diesem bestimmten Orte versammelt sind, die die Messe an diesem Ort feiern, dann sind sie die Kirche an diesem Orte. Die Frucht dieser Messe ist in primis FÜR die ganze heilige und katholische Kirche, wie sie an diesem Orte verwirklicht ist. Folglich wird diese bestimmte Messe auch DURCH die ganze heilige katholische Kirche, wie sie an diesem Ort verwirklicht ist, dargebracht und zwar ipso facto gemäß dem Austauschprinzip, welches im Opfer Christi verankert ist.

Nun aber könnte die Kirche, wie sie an diesem Ort verwirklicht ist, dort nicht eins, nicht heilig, nicht katholisch sein, wenn sie nicht una cum mit dem Bischof dieses Ortes, und folglich auch una cum mit dem Papst, der als der Bischof von Rom auch vorrangig Bischof dieses Ortes ist (Jurisdiktionsprimat! - durch das Vatikanum I definiert)

Daraus folgt, daß diese bestimmte Messe, die in primis FÜR die ganze heilige, katholische Kirche dargebracht wird und folglich für den Papst und für den Bischof, die an diesem Ort sozusagen mit der Kirche (wie sie an diesem Ort verwirklicht ist) verbunden sind ... daraus folgt also, daß diese Messe ipso facto VON der ganzen heiligen katholischen Kirche dargebracht und folglich VOM Papst und VOM Bischof, die an diesem Ort mit der Kirche (wie sie an diesem Ort verwirklicht ist) verbunden sind, mitdargebracht wird. So weit reicht die erhabene Weite des "ab Ecclesia"! Sie ist überzeitlich und universal zugleich! ("pro Ecclesia sancta tua catholica"). Sie ist eine bestimmte und eine persönliche! ("una cum famulo tuo Papa nostro N. et Antiste nostro N.1) So ist es deutlich mitangegeben und in "Wirkung gesetzt" in jeder einzelnen Zelebration, die nach dem echten Ordo Sacrificii Missae genormz ist.

b. Der Auftrag "ab Ecclesia" ist bei jeder Messe in der Handlung angedeutet durch die Zelebration, welche die des Papstes ist. b-a) Die Gesetzmäßigkeit des "ab Ecclesia", wie sie in Worten angedeutet wird (a), fordert natürlich auch auf Grund der Heiligkeit der Kirche, daß die während des liturgischen Geschehens erklärten Worte ein Ausdruch dessen seien, was durch und innerhalb derselben Liturgie tatsächlich verwirklicht wird.

Der Auftrag "ab Ecclesia", der durch das "una cum Ecclesia" (a) angedeutet ist als vom Oberhaupt der streitenden Kirche ausgehend, muß darin bestehen, daß die tatsächlich zelebrierte Messe eben jene sein soll, welche das Oberhaupt der Kirche zelebriert (1,2). Da jede Messe durch die ganze Kirche dargebracht wird, durch die Kirche also solche und gleichzeitig auch durch den Papst, darum stellt die Kirche als solche fest, und zwar durch die Person des Papstes und mit ihm: "was von mir ausgeht, das ist es auch, was ab Ecclesia ist".

b-b) Dieser konkrete Befehl von der Spitze her ist übrigens in der Kirche auf hierarchischem Wege tatsächlich verwirklicht. Jeder Bischof - indem er erklärt, in Gemeinschaft mit dem Papst zu stehen - gewährleistet für sich selbst und für die ganze Diözese, der er vorsteht, daß die in seinem Bistum angewendete liturgische Gesetzgebung mit der römischen übereinstimmt. Die offiziell benutzten liturgischen Bücher jedes Bistums sind übrigens mit einer römischen Approbierung versehen. Diese weisen Vorschriften wären nichts anderes als ein lächerlicher Formalismus, wenn ein bestimmter Bischof in seinem Bistum einen Ordo missae duldete, der von dem des Papstes verschieden wäre. Desgleichen bedeutet die feierliche Einführung des einzelnen Pfarrers durch den zuständigen Bischof auf Grund des vorrangigen Gehorsams, daß der Pfarrgottesdienst der Diözesangesetzgebung und folglich auch der römischen Gesetzgebung entspricht. Diese Regelung wäre überflüssig, wenn ein bestimmter Pfarrer sich erlauben könnte, eine Messe zu feiern, die von der seines Bischofs abweichen würde. Schließlich muß ja auch jeder Priester, der die Messe irgendwo feiert, wo er unbekannt ist, mit einem Celebret versehen sein, das von seinem Ortsordinarius ausgestellt ist. Dieses Celebret stellt ausdrücklich fest: dieser Priester fügt sich den Gesetzesvorschriften dieses Ortsordinarius, und diese wiederum entsprechen der römischen Gesetzgebung.

Daraus kann man ersehen, daß der Auftrag "ab Ecclesia" konkret und gewöhnlich auf dem hierarchischen Wege von der Spitze her verwirklicht ist. Die Messe, wie sie vom Papst zelebriert wird, ist in der römisch-katholischen Kirche von rechtswegen die Norm für jede andere Zelebration der Messe. So sieht also auf dem Gebiete der Praxis die Verwirklichung der Lehre aus, wie sie auf dem Konzil von Trient definiett wurde. Die Messe ist von rechtswegen ab Ecclesia, und, sie muß es auch faktisch durch die Übereinstimmung mit der Messe des Papstes sein. In seiner Person stellt nämlich die Kirche als solche fest: was von mir ausgeht, das ist auch ab Ecclesia.

c. Wenn man einerseits den Auftrag "ab Ecclesia" andeutet und andererseits die Person nennt, für die man Gott anfleht, die Opferfrucht möge ihr zugewendet werden, so sind das zwei verschiedene Dinge; sie dürfen nicht als identisch angesetzt werden.

Unterschied und Verwechslung dieser zwei Dinge. Daß beide vom Wesen her verschieden sind, ist einleuchtend. Daß sie auch faktisch verschieden sind, folgt aus der oben dargelegten Beweisführung (b). Der Auftrag "ab Ecclesia" kommt in jeder Zelebration der Messe zur Geltung auf Grund der Übereinstimmung dieser Messe mit jener, die der Papst zelebriert; diese Übereinstimmung wird auf hierarchischem Wege sichergestellt. Hingegen werden die Personen, für die man Gott bittet, Er möge ihnen die Frucht der Messe zuwenden, im Laufe jeder Zelebration einzeln genannt. Diesbezüglich haben beide Dinge nichts gemeinsam.

Indessen bleibt Mgr. Lefebvre noch immer bei der Verwechslung, die darin besteht, "den Papst beim Te igitur zu nennen und für den Papst zu beten". Nun aber handelt es sich hier nicht nur um eine schwerwiegende Abweichung bezüglich der Lehre. Diese Verwechslung liegt aber auch am Ursprung eines nachhaltigen Nicht-Begreifens. So ist es angebracht, den Wahrheitskern freizulegen, wodurch dieses Nicht-Begreifen schanbar entschuldigt wird. Das ist übrigens leicht, nach den in fe) gegb. Darlegungen.

Die Möglichkeit, die eine Verwechslung hervorruft, kommt natürlich daher, daß man verwechselt, was beiden Dingen gemeinsam ist. Die Lage ist so zu sagen folgende: Gott wird den Sühnewert zuwenden, den Er in Seiner Weisheit der Opferhandlung beimißt. Jene, die das Opfer darbringen, d.h. die Priester im Namen der Kirche und bestimmter Glieder der Kirche, die zugegen sind, tragen Gott ihre Wünsche bezüglich der Zuwendung vor. Vor allem soll sie für die ganze Kirche sein; gleichzeitig auch für unsern Papst, unsern Bischof (unseren König). (Das ist das Te igitur.) Da Gott diese Zuwendung selber macht, "empfiehlt" man Ihm während der Handlung, wo Er sich dazu anschickt, dieser oder jener Person zu gedenken. (Das ist das Memento.) Es stimmt, daß man auf die eine oder andere Weise den Sühnewert beansprucht, der mit der Darbringung des Opfers verbunden ist. Man bittet Gott "für jemand einzutreten", d.h. man betet FÜR. Also folgert man, wenn man sich weigert, Mgr. Wojtyla "una cum Ecclesia" zu nennen, "weigert man sich, für den Papst zu beten". So lautet das oberflächliche Urteil von Mgr. Lefebvre.

Der Fehler bei dieser Verwechslung liegt darin, Eigentümlichkeiten, die unterschieden werden müssen, auf eins anzuwenden. Die Formel "beten für" wie Mgr. Lefebvre sie gebraucht, verwechselt - im gleichen Verhältnis zweier Personen - die bittende Person und den Nutznießer, d.h. sie verwechselt die beiden Arten (Eigentümlichkeiten), denen zufolge das Wohlwollen Gottes ausgeübt wird. Indessen tun die liturgischen Gebete kund, welches ihre Tragweite ist (der beiden Arten; Anm.d.Übers.), durch eben ihre Weise, wie sie es anzeigen. Sicherlich ist das Te igitur flehend, aber in bezug auf die Nennung der Nutznießer ist es befehlend: "dieses Opfer wird dargebracht für ...". Die Zuwendung ist de condigno. Beim Memento hingegen empfiehlt man diesen oder jenen der Aufmerksamkeit dessen, der den Schatz austeilt: "Gedenke, o Herr - wenn Du willst - des N. und M. ...". Die Zuwendung ist hier de congruo. In beiden Fällen wird für gebetet, aber die Art ist hinsichtlich der verwendeten Formeln verschieden, wie auch die Art der Zuwendung hinsichtlich der Wirklichkeit.

Der Unterschied zwischen dem Te igitur und dem Memento hinsichtlich der Bitte "ex parte Ecclesia" wie auch hinsichtlich der Zuwendung "ex parte Ecclesia" zieht weitere zwei Unterschiede nach sich.

Wir haben bereits den Inhalt der ersten dargelegt (a-c, b-b). Das Te igitur - und nicht das Memento! - enthält wirklich, einschlußweise in Worten und virtuell in der Tat die Verkündigung des Auftrages "ab Ecclesia". Diesbezüglich ist der Unterschied zwischen dem Te igitur und dem Memento offenbar.

Es obliegt uns aber noch die Betrachtung des zweiten Unterschiedes in diesem Abschnitt; dieser zweite Unterschied betrifft übrigens die Haltung von Mgr. Lefebvre. Beim Te igitur dürfen nur Personen genannt werden, die auch Glieder Christi sind! Der Text selbst ist übrigens in der Abschlußformel, in der wiederholend zusammengefaßt wird, so deutlich und genau wie irgend möglich: "Nimm diese makellose Opfergabe huldvoll an, vor allem für Deine heilige katholische Kirche ... zugleich für unsern Papst N., unsern Bischof N. (unsern König N.) und für alle Rechtgläubigen und für alle, die den katholischen und apostolischen Glauben fördern - et omnibus orthodoxis atque catholicae et apostolicae fidei cultoribus".
Dadurch wird ein Häretiker oder Schismatiker natürlich ausgeschlossen !


Jede Abweichung hiervon macht von Natur aus ein Sakrileg aus; das werden wir noch sehen (in IV,2). In einem Staat, wo die katholische Religion öffentlich bekannt wird, läßt es die Kirche z.B. zu, daß das Staatsoberhaupt beim Te igitur genannt wird. Das ist gerechtfertigt durch die Darlegung weiter oben (3,a-c). Die Kirche in Frankreich, insofern sie ein menschliches Kollektiv ist, wird in gewissem Sinne in der Person des Königs von Frankreich zusammengefaßt, vorausgesetzt, daß dieser lediglich der 'Leutnant' Gottes sein will, wie die hl. Johanna von Are (die hl. Jeanne d'Arc) sagte. Dennoch enthält jede Messe, die in Frankreich zelebriert wird, rechtens eine Frucht für Frankreich, und der König von Frankreich wird in Frankreich in den Auftrag "ab Ecclesia" mit einbezogen. Dieser Auftrag geht von der Kirche aus, welche in der Person des Papstes ihre Spitze und ihr Haupt hat.

Ist aber der König von Frankreich exkommuniziert - wie Philipp der Schöne es war -, dann kann man ihn nicht beim Te igitur nennen, auch dann nicht, wenn Frankreich offiziell ein katholischer Staat bleibt.

Beim Memento hingegen, das eine Unterbrechung im Kanon darstellt, (siehe 3 a-a) ist es gerechtfertigt, gemäß dem Gebrauch der Kirche, die Person zu nennen, für die das Opfer dargebracht wird. Es ist höchst angebracht, für den "'Papst' zu beten", wie Mgr. Lefebvre es verlangt - und wie auch wir es schon längst gesagt haben, bevor Mgr. Lefebvre uns ungerechtfertigterweise anklagte, dies zu verweigern. Es ist wünschenswert, daß Messen für Mgr. Wojtyla und für Herrn Giscard d'Estaing dargebracht werden, aber unter der ausdrücklichen Bedingung, daß sie für die Bekehrung dargebracht werden! Z.B.: "Gedenke, o Herr, des Karol und des Giscard, damit sie, die öffentliche Sünder sind, Deine eifrigen Diener werden." Aber kann natürlich nicht in Frage kommen, Carolus, den Schismatiker (Häretiker, Arm.d.Red.) oder Valerius den Abtreiber beim Te igitur zu nennen.

Diesebezüglich hier ein Text des hl. Thomas (3a pars, q. 79 a 7, 2m). Die Frage lautet: Kann das Altarsakrament andern Personen Frucht bringen als denen, die es empfangen? Der hl. Thomas bejaht die Frage. Er bestimmt allerdings die Bedingungen, die man erfüllen muß, um die Frucht einer Messe zu empfangen, bei der man nicht selbst kommuniziert. Dann widerlegt der hl. Thomas die Einwände, bei denen eine verneinende Antwort auf die Frage gegeben wird. Der zweite Einwand ist sinngemäß folgender: Wenn man die Frucht der Messe empfangen könnte, ohne zu kommunizieren, dann könnte man ja die Gnade empfangen, ohne selber etwas dafür zu tun, zunächst schon die Nachlassung der Sünden. Das ist aber offenbar falsch. - Der hl. Thomas antwortet, indem er zunächst einen Grundsatz anführt, der vom Konzil von Trient übernommen wurde: "Obschon Christus für alle gestorben ist (2 Kor. 5,15), wird die Frucht dieses Todes nur von solchen empfangen, denen das Verdienst des Leidens mitgeteilt wurde." (6. Sitzung, Dekret über die Rechtfertigung, K.3; Denz. 1523.) D.h. - fährt der hl. Thomas fort -: "Jene, die durch Glauben und Liebe mit dem Leiden Christi verbunden sind." So auch bei der Messe. Das Meßopfer ist das Gedächtnis des Leidens. Es hat für jene eine Wirkung, die durch Glaube und Liebe mit diesem Sakramente verbunden sind. Darum heißt es - um mit dem hl. Augustinus zu sprechen -: "Opfert jemand den Leib Christi? Dann kann es aber nur für solche sein, die Glieder Christi sind. Folglich betet man beim Kanon nicht für solche, die außerhalb der Kirche stehen. Allerdings nützt ihnen (das Opfer) mehr oder weniger je nach dem Maß ihrer Frömmigkeit."

Es folgen die beiden letzten Sätze, worin die ganze Lehre enthalten ist, die wir dargelegt haben. Sie enthalten auch die ganze Schwierigkeit: "Unde et in canone missae, non oratur pro his qui sunt extra ecclesiam. Ulis tarnen prodest plus vel minus, secundum modum devotionis eorum."

Der hl. Thomas stimmt also dem Einwand insofern zu, als er sagt: es ist unmöglich, überhaupt eine Gnade zu empfangen, ohne daß eine Tat dafür gesetzt ist bzw. wurde. Aber er antwortet nicht unmittelbar auf die Schwierigkeit, wie sie formuliert war: "Ist die empfangende Person auch notwendigerweise die, welche die Tat setzt?" Sinngemäß antwortet der hl. Thomas: die empfangende Person kann nicht gleichzeitig die Person sein, die die Tat setzt. Sie muß aber Mitglied der Kirche sein. Sie muß durch Glaube und Liebe in die Zelebration des Sakramentes einbezogen sein. Auf Grund der Gemeinschaft der Heiligen - diese ist vom hl. Thomas mit der Erwähnung des Glaubens und der Liebe beiläufig gemeint - kann der Gläubige, welcher durch eine habituelle und allgemeine Intention mit jeder Zelebration vereint ist, ipso facto an der Frucht einer jeden Zelebration teil haben.

Was diejenigen angeht, die nicht Mitglieder der Kirche sind - für sie trifft die Gemeinschaft der Heiligen nicht zu, ist die Anwendung des Grundsatzes im strengen Sinn zu nehmen, d.h.: ohne daß es einem allgemeineren Grundsatz unterworfen wäre. Sie empfangen die Frucht des Opfers "nach dem Maß ihrer Frömmigkeit", d.h. auf Grund einer helfenden Gnade, die sie annehmen und die sie aufgeschlossen macht für den Empfang - sogar ohne daß sie es reflexiv wissen. Übrigens heißt es beim hl. Thomas (3a pars, q78, a3 8m): "Das Blut des Leidens Christi ist wirksam, nicht nur für die Priester, die das Sakrament herstellen, oder auch für die anderen Kommunikanten, sondern auch für jene, für die das Opfer dargebracht wird. Und darum sagt Christus zutreffend: "für euch, ihr Juden, und für viele, damit sind die Heiden gemeint; oder: für euch, die ihr kommuniziert, und für viele, für die es dargebracht wird."

So sollen die beiden Behauptungen des hl. Thomas nicht voneinander getrennt werden: "Für jene, die außerhalb der Kirche stehen, wird beim Kanon der Messe" nicht gebetet. Das Opfer nutzt ihnen jedoch in dem Maße, wo sie die zuvorkommende Gnade, die sie dafür aufgeschlossen macht, nicht vertun."

In diesem Abschnitt scheint es wohl, daß der hl. Thomas mit "Kanon der Messe" das Te igitur bis zum Memento nicht einbegriffen versteht. Beim Memento kann man die anderen nennen, d.h. jene, die nicht Mitglieder der Kirche sind, die aber die Frucht des Opfers empfangen können. Für solche kann man sogar das Opfer darbringen, vorausgesetzt, daß man ihre Beziehung erwähnt, die sie wenigstens potentiell mit der Kirche haben.

Beim Te igitur hingegen - es schließt das in primis ein, gemäß der textlichen Gestaltung des dominikanischen Missales - ist es unmöglich, eine Person, die außerhalb der Kirche steht, mit denen zu nennen, für die man betet. Der tiefe Grund dafür ist ja - wie wir gesehen haben (3.a-c) - der, daß die Personen, die "una cum Ecclesia" ipso facto als an ihrer jeweils hierarchischen Stelle genannt werden als aktiv teinehmend an der Darbringung des Opfers und am Auftrag "ab Ecclesia".

Die Vorahnung des hl. Augustinus ist noch deutlicher, wenn man die Anwendung auf unsere Frage überträgt: "Quis offerat corpus Christi, nisi is qui est membrum Christi?"

III. Die Messe bleibt auch in einer 'Krisenzeit' ab E c c l e s i a . Wieso?

Wir nehmen uns vor, zwei Situationen vom Gesichtspunkt des Auftrages "ab Ecclesia" zu beleuchten, die eine durch die andere: die eine ist augenblicklich den Gläubigen der Tradition aufgezwungen, die andere ist in der Kirche normal, vorausgesetzt, daß sie der Tradition treu ist. Von beiden Situationen wollen wir dann die Umstände vergleichen, die unter sich gleichartig sind. Wir werden bemerken, daß der Auftrag "ab Ecclesia" nicht mehr kundgetan werden kann 'wie früher' (1); wir werden den Grund dafür anführen (2); sodann werden wir näher bestimmen, wie dieser Auftrag gegenwärtig angezeigt werden kann (3).

1.) Die Messe kann nicht mehr wie 'früher' im Auftrage "ab Ecclesia" kundgetan werden. Soweit die Gegebenheit. Der Grundsatz, kraft dessen die Messe "ab Ecclesia" ist, wurde in der Praxis der Kirche immer bekräftigt. Wie ist es möglich, daß dieser Grundsatz auch in einer 'Krisenzeit' gehörig zur Geltung kommt?

Wir werden zur Schlußfolgerung kommen, daß dies nicht sein kann 'wie früher' (c); nachdem wir darauf hingewiesen haben, worin erstens dieser Grundsatz besteht (a), zweitens, wie er die Praxis der Kirche beeinflußt, vorausgesetzt, daß in ihr alles 'in Ordnung' ist (b).

a. Der Grundsatz, nachdem die Messe ab Ecclesia erklärt wird, ist folgender, wie wir in II,3a erwähnt haben: Vorausgesetzt - wie auch ausdrücklich bekräftigt wurde -, daß das Opfer für die ganze Kirche dargebracht wird, dann ist dessen Verdienst- Zuwendung de condigno. Dann gilt das Prinzip der Wechselbeziehung (II,2b-a). Damit ist also die (physische oder moralische) Person, die das Opfer darbringt, dieselbe (physische oder moralische) Person, die auch die Opferfrucht empfängt.

b. Nun folgt eine Beschreibung der Lage, wenn der Grundsatz auf die Kirche angewendet wird unter der Voraussetzung, daß in ihr noch alles in Ordnung ist. b-a) Wenn eine bestimmte Gruppe von Gläubigen wünscht - meinetwegen die Gruppe J von Lyon -, daß eine Messe gefeiert werde, so empfangen die betreffenden Gläubigen von diesem Opfer eine Frucht, die sonst keiner empfängt. Die Frucht dieser Messe - durch die Gruppe J samt Priester gefeiert - erstreckt sich in primis, rechtens und vorrangig, auf den gesamten mystischen Leib; insbesondere erstreckt sie sich auf die Glieder des mystischen Leibes, welche die in Lyon versammelte Gruppe J ausmachen. Folglich wird diese betreffende Messe auf Grund des erwähnten Grundsatzes von der ganzen Kirche dargebracht, insbesondere von den Mitgliedern der Gruppe J, die hie et nunc in Lyon versammelt ist.

b-b) Um diesen Sachverhalt besser zu erklären, wollen wir den Bedeutungsunterschied zwischen OMNE - TOTUM darlegen.

Sachlich entspricht diese Unterscheidung dem griechischen PAN - HOLON und dem deutschen ALLES - GANZ; im Französischen gibt es jedoch keinen gleichwertigen Begriff dafür.

Wollen wir durch das Wort Kollektiv jene Wirklichkeit bezeichnen, welche von mehreren konkreten einzelnen Dingen gebildet wird, die dann geistig zusammen gesehen werden. Zum Beispiel: ein Teller, ein Löffel, eine Gabel, ein Messer, ein Glas auf einem Tisch verstreut. Diese fünf Gegenstände sind konkret ein Kollektiv und abstrakt gesehen eine Menge. Sie bilden ein Ganzes im Sinne von OMNE. Die Tatsache nämlich, daß sie auf ein und demselben Tisch liegen und daß sie zusammen betrachtet werden können, ist für das Wesen der einzelnen Gegenstände zufällig. Es kommt wesentlich keine neue Eigenschaft hinzu durch die Tatsache, daß ein Gegenstand Teil dieses OMNE ist.

Sollten aber dieselben Gegenstände in einer bestimmten Ordnung ausgerichtet werden - anstatt verstreut zu sein -, so beim Decken des Bestecks, dann hat jeder Gegenstand dem andern gegenüber seinen eigenen Platz. Dann ist das Kollektiv ein TOTUM; denn jedes Teil bekommt dann als solches von seinem Wesen her einen eigenen Platz, und insofern eine neue Eigenschaftsbestimmung.

Angenommen, die fünf Gegenstände liegen zusammenhanglos auf dem Tisch: sie sind alle gleich, keiner hat etwas anderes als seine eigene Individualität. Das ist das OMNE. Angenommen, dieselben Gegenstände liegen im Zusammenhang geordnet auf dem Tisch: jeder einzelne Gegenstand hat dann von seiner eigenen Individualität her einen Platz, der ihm zukommt auf Grund des Prinzips, nach welchem diese Menge geordnet wird. Das ist das TOTUM. Er ist TOTUM und unterscheidet sich vom OMNE, weil jeder Bestandteil von seinem Wesen her zum gleichen immanenten Prinzip einen Bezug hat.

So wird ein Kollektiv entweder als OMNE oder als TOTUM betrachtet, je nachdem es als eins erfaßt wird, weil jeder Bestandteil von einem Standpunkt aus betrachtet wird, der hinsichtlich des Wesens dieses Bestandteiles entweder unwesentlich oder wesentlich ist.

Das Ganze als OMNE kommt durch die objektive und geistige Nebeneinanderstellung der Bestandteile zustande. Das Ganze als TOTUM enthält außerdem ein Ordnungsprinzip, welches vom Wesen her jedem einzelnen Bestandteil innewohnt.

b-c) die Unterscheidung zwischen OMNE und TOTUM ermöglicht eine genaue Beschreibung des Umstandes, wieso eine gegebene Versammlung 'von der Kirche' ist und wieso die bei ihr gefeierte Messe ab Ecclesia ist. Die Gruppe J in Lyon ist "von der Kirche", sie ist "die Kirche in Lyon". Die Messe, die dort gefeiert wird, ist ab Ecclesia, wenn diese Gruppe als TOTUM betrachtet werden kann, und nicht nur als OMNE.

Die Anwendung dieses Grundsatzes umfaßt zwei Stufen, die man nicht scheiden, aber auch nicht verwechseln soll. Die Gruppe J ist nämlich TOTUM auf Grund eines innewohnenden Prinzips - in jedem Glied vom Wesen her. Dieses Prinzip ist aber zweifacher Art, gemäß dem Wesen der Kirche, welche getrennt und einfach mystischer Leib Christi und ein Kollektiv von Menschen ist. Die Gläubigen, welche die Gruppe J in Lyon ausmachen, sind "die Kirche in Lyon", wenn die Gruppe als TOTUM betrachtet wird, durch Bezugnahme auf das Oberhaupt des Kollektivs von Menschen, das von Christus eingesetzt wurde, und zwar die römisch-katholische Kirche. Dieselben Gläubigen derselben Gruppe J, als OMNE betrachtet, sind indessen nicht "die Kirche in Lyon", obwohl jeder einzelne ein Glied Christi und ein Mitglied der Kirche ist, die in Lyon präsent ist.

Beide Bezugnahmen auf Christus und auf die Obrigkeit sind von sich aus notwendig. Erstere wird durch die Taufe verwirklicht; die zweite muß in Kraft treten oder sie kann auch virtuell bleiben, je nachdem die Obrigkeit das anordnet. Mehrere Gläubige, die einen Glaubensakt setzen und zum Beispiel den Rosenkranz gemeinsam beten, sind "die Kirche, da wo sie zusammenkommen". Die Zustimmung der Obrigkeit ist einschlußweise gegeben: "Da, wo zwei oder drei in meinem Namen versammelt sind, bin ich mitten unter ihnen." (Matth. 18,2o) Wenn aber eine Gruppe von Gläubigen zur Feier der Messe mit einem Priester zusammenkommen, kann ihre Menge nur dann ein TOTUM darstellen, und sie sind nur dann "die Kirche in Lyon" (oder anderswo), wenn die ausdrückliche Zustimmung der Obrigkeit gegeben ist.

"Die Kirche in Lyon" oder anderswo, das ist der mystische Leib Christi, der die römisch-katholische Kirche ist.Ihd dies kann kein anderes Gebilde sein, was immer es auch sein mag. Der Auftrag "ab Ecclesia", der für die Feier dieser betreffenden Messe, die im Versammlungsraum der Gruppe J in Lyon stattfindet, erforderlich ist, kann nur ausschließlich von der Kirche, dem mystischen Leib Christi kommen. Der Auftrag "ab Ecclesia", wodurch die Feier dieser Messe befohlen wird, kommt also wesentlich von der Kirche als dem mystischen Leibe Christi, und er kommt unmittelbar von der Kirche, insofern diese in "Lyon ist", als TOTUM in der Gruppe J. Es ist absolut ausgeschlossen, daß dieser Auftrag "ab Ecclesia" von einem anderen Gebilde herkommen kann, gleich welcher Art dieses Gebilde auch sei, und wäre es ein Priester oder ein Bischof, der keine Vollmacht von der Obrigkeit bekommen hat.

c. Wie kann der gleiche Grundsatz (a) in einer Kirche angewendet werden, die ja faktisch 'besetzt' ist? Es kann nicht 'wie früher' sein. Vergleichen wir die normalen Bedingungen, wie wir sie vorhin erwähnten, mit jenen, die in der 'besetzten' Kirche den treugebliebenen Gläubigen auferlegt sind. Nehmen wir den gleichen Fall. Ein Priester, der vom Ortsbischof keine Vollmacht hat, feiert die traditionelle Messe auf die Bitte der Gläubigen hin, die in Lyon die Gruppe J bilden und die dafür einen Versammlungsraum eingerichtet haben. Wie kann denn diese Messe ab Ecclesia sein, wie es sich ja gehören sollte?

c-a) Tatsächlich hat man diese Frage übersehen. Denn man wollte ja alles 'wie früher' machen. Das war wohl gewiß am dringendsten. Aber durch die Verlockung zur Bequemlichkeit stellte man dann ein Schlagwort auf, das aber nur vorläufig gerechtfertigt war. "Die Messe aller Zeiten feiern", "es halten wie früher" wurden als eine Antwort auf jede Frage betrachtet. In Wirklichkeit kann es so nicht gehen. Denn man darf's nicht mehr 'wie früher' halten, wenn die Gegebenheiten bezüglich dessen, was 'früher' war, umgekehrt sind.

Nun aber kehrt gerade die Gruppe J in Lyon die Gegebenheiten um hinsichtlich dessen, was 'früher' war. Als in der Kirche noch alles 'in Ordnung' war, als die Obrigkeit noch über die Messe wachte - die Früchte der Messe wurden von der Obrigkeit würdig empfangen -, da konnte die Gruppe J in Lyon, positis ponendis, als TOTUM betrachtet und angenommen werden, und als Kirche "in Lyon" angesehen werden. Aber heutzutage kann die Gruppe J nicht als TOTUM angesehen werden, und es ist unmöglich, daß sie die "Kirche in Lyon" ist, weil auf Grund der Gegebenheiten, die Gruppe J sich gerade deswegen versammelt, um eine Messe zu feiern, die nicht jene ist, welche die Obrigkeit feiert.

Sollte man anführen, daß die Gruppe J mit den 262 verstorbenen Päpsten in Gemeinschaft steht, die die streitende Kirche regiert haben? Darauf antworten wir, daß es sich bei diser Auffassung lediglich um frommes Wunschdenken handelt. Denn jede kanonische Besitznahme in der Kirche im Jahre 198o hängt vom apostolischen Stuhl ab, wie er im Jahre 1980 gegeben ist. Die Dauer, wie sie bei der Anwendung des Kirchenrechts zutrifft, ist die sukzessive Zeitdauer und nicht die Ewigkeit. Für kanonische Vollmachten gibt es nichts Stellvertretendes, ausgenommen für die von der Obrigkeit vorgesehenen Fälle. Die Gruppe J kann weder als TOTUM gebildet werden, noch die "Kirche in Lyon" darstellen durch den Bezug zu einem Papst, der das sichtbare Oberhaupt der streitenden Kirche nicht mehr ist und es jetzt nicht ist.

Die Folge davon ist, daß die Messe, die im Versammlungsraum der Gruppe J in Lyon gefeiert wird, nicht mehr ab Ecclesia kommend angegeben werden kann, wie es 'früher' wohl sein konnte, d.h. auf Grund eines Auftrages, der in der Gruppe J gegeben war, weil diese als TOTUM betrachtet werden konnte. c-b) Den verantwortlichen Priestern obliegt die schwere Pflicht, die durch das Schlagwort: "es ist genug, wenn man weitermacht wie früher" getäuschten Gläubigen aufzuklären. Die Gläubigen, die zur Gruppe J in Lyon gehören (oder jede andere ähnliche Gruppe) haben nicht nur das Recht, sondern sicherlich auch die Pflicht "weiterzumachen wie früher", sie haben aber auch die Pflicht, unter Strafe eines Sakrilegs (siehe IV), die Gruppe J nicht zu betrachten und noch weniger sie aufzustellen, als wäre sie ein TOTUM. Sie haben die Pflicht zu erklären, nachdem sie es selber verstanden haben, daß die Gruppe J nicht die "Kirche in Lyon" ist, daß auch niemand, selbst Mgr. Lefebvre nicht, mit oder ohne seine 'Priorate', die Macht hat zu bewirken, daß das, was nicht ist, sei, und was nicht "die Kirche in Lyon" ist, eine 'überpfarreiliche Einheit' in Lyon sei. Diese irrige Meinung, die durch eine psychologische Neigung unterhalten wird, und die durch den Herdentrieb noch täuschender wird, muß gebrandmarkt werden. Da die Gläubigen der Gruppe J von ihrer früheren Pfarrei her gewohnt waren, die Messe mit viel Volk als ab Ecclesia zu betrachten, sind sie der Ansicht, alles sei wieder 'wie früher'. So ist es aber nicht! Die Gruppe J ist nur OMNE und nicht TOTUM. Der Auftrag "ab Ecclesia" gehört ihr nicht vollgültig wie 'früher', sondern nur unvollständig
und privat. Dafür wollen wir jetzt den Grund angeben.







 
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