ÜBER DIE REUE
von
H.H. Pfarrer Werner Graus
(Fortsetzung:)
Beispiele aus dem Neuen Testament fiir echte und unechte Reue.
1. Für die unvollkommene Reue: Der verlorene Sohn.
Aus eigenem bösem Willen verläßt er das Haus seines Vaters und führt
ein schändliches, sündhaftes Leben im Rausch der 'großen' Freiheit wie
sie ihm der Teufel vorgaukelt. Er kommt immer mehr herunter und landet
am Schluß im äußersten Elend. Erst diese äußerste Not läßt ihn in sich
gehen: er sieht in Bitterkeit des Herzens ein, ein wie Elender er
geworden ist und was er verloren hat - er wendet sich vom Sündenleben
ab und macht sich auf den Weg zum Vater, mit dem Vorsatz, seine Schuld
zu bekennen, und in der Hoffnung, daß dieser ihm verzeiht und ihn
wieder aufnimmt, (amor spei) Ganz zerlumpt kommt er an: der Vater
schließt ihn in die Arme, Er, der nicht den Tod des Sünders will,
sondern, daß er sich bekehre und lebe; und er kleidet ihn neu mit den
Gewändern der Gnade.
2. a) Für die vollkommene Reue: Die Sünderin.
Im Vertrauen auf die barmherzige Liebe des Heilandes, also aus der
Kraft des Glaubens kommt sie zu Ihm, der Sünden vergeben kann: in der
Kraft ihrer großen Liebe zum Heiland ist ihre Reue vollkommen: in der
Glut der Liebe waschen diese Tränen der Reue allen Schmutz ihres
Herzens ab: ihr werden ihre vielen Sünden vergeben, weil ihre Reue sie
kraft der großen Liebe tilgt. Der Glaube an den Heiland und das
Vertrauen auf seine barmherzige Liebe haben sie gerettet.
b) Der Hl. Petrus.
In jener Nacht, da die Finsternis alle Macht hatte, verleugnet Petrus
seinen Herrn gegenüber einer Magd, er, der zuvor noch in eitler
Selbstüberschätzung sich bereit erklärt hatte, für seinen Herrn in den
Tod zu gehen; er, der zuvor seinen heiligsten Leib empfangen und zum
Priester geweiht worden war: "Ich kenne diesen Menschen nicht!" - was
für eine Feigheit und Gemeinheit! Da geht der Herr vorüber - er schaut
Petrus schmerzlich und traurig an - dieser Blick des Herrn durchdringt
mit tiefem Reueschmerz sein Herz, weckt aufs neue die Liebe, die er
verleugnete und dieser Reueschmerz wäscht mit den Tränen der Liebe sein
Herz rein: er ging hinaus und weinte bitterlich. Später wird ihn der
Herr noch einmal schmerzlich an den dreifachen Verrat erinnern, indem
er ihn drei mal fragt: liebst du mich, ihn daran erinnernd, nicht auf
sich selbst zu vertrauen, sondern auf den Herrn.
3. Und die "Reue" des Judas?
Er hat nur vor den Menschen bereut und nicht vor Gott. Bei ihm fehlt
das Wort des verlorenen Sohnes: "Ich will mich aufmachen und zu meinem
Vater gehen und will sagen: Vater, ich habe gesündigt vor dem Himmel
und vor Dir." Er geht nicht wie Maria Magdalena zu seinem Heiland und
beweint seine Sünde! In der Verzweiflung des Stolzes stürzt er sich in
sein ewiges Verderben: "Es wäre besser, dieser Mensch wäre nie geboren
worden."
4. Vergeblich war auch die Reue der törichten Jungfrauen, weil sie bis
zu letzt auf die Barmherzigkeit Gottes gesündigt hatten, denkend wie so
viele, die immer wieder den Anruf der Gnade Gottes erhalten, und
dennoch leichtfertig sagen: am Schluß kann ich ja noch alles schnell
wieder gutmachen! Es kann einmal zu spät sein!
5. Vergeblich war die Reue Esaus: er hatte sein Erstgeburtsrecht
verkauft und hatte diese schlimme Tat weder bereut, noch zurückgenommen
und so geschah ihm recht, daß er den Segen seines Vaters nicht erhielt.
Sein Weinen und Schreien war vergeblich.
Sündigen wir nicht mehr auf die Barmherzigkeit Gottes und sagen: es ist
nicht so schlimm; ich kann's ja wieder beichten. Sonst machen wir das
Bußsakrament, ein Geschenk des auferstandenen Heilandes, zu einem Weg
ins Verderben für uns selbst. Bringen wir alles vor Gott in Ordnung
durch eine echte Reue und Wiedergutmachung, ehe es zu spät ist.
Die größte Gnade, die wir für einen schweren Sünder erflehen können,
ist die Liebesreue, für viele oft die letzte Rettung. Hören wir ein
Beispiel: die kleineTherese betete und opferte für einen dreifachen
Mörder, der hartnäckig den Priester immer wieder ablehnte. Nun wurde er
zur Hinrichtung geführt; der Priester stand mit einem Kreuz am Wege zur
Hinrichtung; der Mörder fiel nieder vor dem dargebotenen Kreuz und
küßte es in Liebe und Reue. Diese Liebesreue hatten ihm die Gebete und
die Opfer der Heiligen erfleht.
Wer, da er sonst den Herrn liebt, aus Schwäche schwer sündigt wie
Petrus, den kann schneller und wirksamer die Liebesreue erfassen. Wer
aber in bösem Willen lange von Gott ferne war, der kommt viel schwerer
zu einer Liebesreue; er muß meist durch großes Elend oder den Schock
eines schweren Leides zur Umkehr gebracht werden.
Solange noch eine gewisse Anhänglichkeit und eine gewisse Schwäche zur
Sünde hin bestehen, kann man diese Sünden mit Hilfe der Gnade immer
tiefer zu bereuen versuchen, um sie um so mehr-zu verabscheuen und
dadurch innerlich freier und reiner zu werden.
Erflehen wir für uns die große Gnade einer vollkommenen Liebesreue über
alle Sünden unseres Lebens. Der Heiland sagte zu Schwester Josefa
Menendez: "Opfere meinem Vater die Qualen meiner Passion auf und bete
so: 'Oh, mein Vater, oh himmlischer Vater schaue auf die Wunden Deines
Sohnes und würdige Dich, sie anzunehmen, damit die Seelen sich Deiner
Gnade öffnen.
Mögen die Nägel, die Hände und Füße durchbohrten, ihre verhärteten
Herzen durchdringen und möge sein Blut sie berühren und zur Reue
führen.
Möge das Gewicht des Kreuzes auf den Schulter Jesu, Deinem göttlichen
Sohn, den Seelen die Gnade erlangen, sich vor dem Bußgericht ihrer
Verbrechen zu entledigen.
Ich opfere Dir, o himmlischer Vater, die Dornenkrone Deines
vielgebliebten Sohnes auf. Durch den Schmerz, den sie ihm verursacht
hat, mache, daß sich die Sünder von einer wahren Reue über ihre Sünden
durchdringen lassen.
Ich opfere Dir auf, o mein Vater, o Gott der Barmherzigkeit, die
Verlassenheit Deines Sohnes am Kreuze, seinen Durst und alle seine
Qualen, damit die Seelen wieder den Trost und den Frieden finden im
Schmerz über ihre Fehler.
Endlich, o Gott voll des Mitleids, im Namen der Beharrlichkeit, mit der
Jesus selbst für die betete, die ihn kreuzigten, bitte ich Dich und
flehe ich Dich an, den Seelen die Liebe zu Gott und zum Nächsten zu
gewähren und die Beharrlichkeit im Guten.
Und wie die Qualen Deines vielgebliebten Sohnes sich vollendeten in der
ewigen Seligkeit, so mögen auch die Leiden der Seelen, die Buße tun,
ewiglich gekrönt sein durch den Lohn Deiner Herrlichkeit."
Reuegebet:
"O mein Gott, alle Sünden meines £anzen Lebens sind mir leid im
Grunde meines Herzens, weil ich dadurch verdient habe, von Dir,
meinem gerechten Richter, zeitlich oder ewig gestraft zu werden;
weil ich Dir, meinem größten Wohltäter und besten Vater, so undankbar
gewesen bin, besonders aber, weil ich Dich, das höchste
und liebesnwürdigste Gut beleidigt habe. Ich nehme mir fest vor,
mein Leben zu bessern und nicht mehr zu sündigen.
O Jesus, gib mir dazu Deine Gnade. Amen."
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