OSTERPREDIGT
VOM HL. BERNHARD VON CLAIRVAUX
Vieles haben die Heiligen der vergangenen Jahrhunderte zu sagen. Vieles
und hochaktuelles. Hören wir die Osterpredigt des hl. Bernhard von
Clairvaux. (109o-1153). Ist sie nicht wie eigens in unsere Zeit
hineingesprochen? Nein, sie denkt und spricht für alle Zeiten!
Manfred Jacobs
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"Es hat überwunden der Löwe. Überwältigt ward die Bosheit von der
Wahrheit, die mächtig von einem Ende zum anderen reicht und alles in
lieblicher. Milde ordnet. Am Kreuz überwand er die Lästerungen der
Juden, an des Grabes Tür fesselte er die stark Gewappneten, und über
die Macht des Todes selbst triumphierte er. Wo sind nun deine
Schmähungen, o Juda, wo sind o Satan, die Werkzeuge deiner
Gefangenschaft, wo dein Sieg o Tod? Ja, eine ganz neue Art von
Herrschaft ist angebrochen, in Schrecken erblaßt der bisher immer
siegreiche Tod.
Was, o Juda, sagst du nun, der du früher dein gotteslästerliches Haupt
vor dem Kreuze schüttelnd, das hochheilige Haupt, Christum den Herrn,
mit schmählichem Hohne lästertest? Also riefst du: Ist er Christus, der
König in Israel, so steige er herab vom Kreuze! 0, giftige Zunge, Wort
der Bosheit, ruchlose Rede! Das ist so ganz deine Art, oder vielmehr
die Art desjenigen der ein Lügner von Anfang an war. Ein König steigt
hinauf, nicht herab! Hast du es vergessen, alte Schlange, wie bestürzt
du einst zurückgewichen bist, als du dich erkühntest zu sagen: Stürze
dich hinab, das alles will ich dir geben, wenn du niederfällst und mich
anbetest. So ist es auch dir, o Juda, entfallen, was du gehört hast:
Der Herr hat vom Holze regiert (Ps. 96,lo). Aber sicher hast du auch
nicht vernommen, daß diese Verheißung nicht den Juden, sondern den
Heiden gehört: Saget unter den Heiden, daß der Herr König sein wird am
Kreuz!"
"Er steige herab", riefen sie, "ist er der König Israels!" Gerade weil
er der König ist, wird er nicht herabsteigen, wird er den Titel seines
Reiches nicht ablegen und das Zepter seiner Herrschaft nicht
preisgeben. Und sie riefen weiter: "Andern hat er geholfen, sich selbst
kann er nicht helfen." Allerdings, wenn er herabstiege, würde er
niemand helfen. Denn da niemand selig werden kann, der nicht bis ans
Ende harret, um wieviel weniger hätte er Erlöser sein können? Andern
hat er geholfen, denn da er selbst das Heil ist, so bedarf er keines
Heils.
Umsonst, Ruchloser, halst du die Pfeile in deinem Köcher bereit und
rechnest damit, daß die Jünger sich verlassen fühlen und in der
Beharrlichkeit wankend werden. Deine Geschosse schaden dem Herrn nicht;
denn eine andere Zeit hat er zur Stärkung seiner Jünger, wieder eine
andere zur Dämpfung seiner Widersacher gewählt. Dazwischen bekundet er
Geduld, empfiehlt Demut, ist gehorsam, vollendet die Liebe. Mit diesen
Tugendedelsteinen sind die vier Arme des Kreuzes geschmückt: alle
überragt die Liebe, zur Rechten ist der Gehorsam, zur Linken die Geduld
tief unten sproßt die Demut als aller Tugenden Wurzel.
Du suchst Zeichen, Juda? Erwarte mich am Tage meiner Auferstehung!
Willst du aber überhaupt glauben, so habe ich dir schon größere Dinge
gezeigt. Gestern und ehegestern heilte ich allerlei Krankheiten, hieß
die bösen Geister weichen, ließ die Gichtbrüchigen und Toten
aufspringen. Ist das alles nicht größer, als wenn aus meinen Händen und
Füßen die Nägel heraus sprängen, die du hineingeschlagen hast? Jetzt
ist die Zeit zu leiden, nicht zu wirken, und wie du dich vergeblich
bemühtest, die Stunde meines Todes zu beschleunigen, so wirst du
dieselbe auch nimmermehr hindern. Doch wenn deine ehebrecherische Art
noch ein Zeichen sucht, so wisse, es wird kein anderes geben, als das
Zeichen des Propheten Jonas (Matth. 12,39), nicht das Zeichen des
Herabsteigens, sondern der Auferstehung. Wenn es nun der Jude nicht
sucht, so umfasse es voll Freude der Christ. Denn es hat überwunden der
Löwe.
Sie verwahrten den Stein mit Hütern und siegelten ihn. Aber aus dem
verschlossenen Grabe kehrte er ins Leben zurück, wie er aus dem
verschlossenen jungfräulichen Schöße ins Leben und bei verschlossenen
Türen zu den Jüngern in den Saal trat. Nur aus einem Orte wollte er
nicht bei verschlossenen Türen hervorgehen, nämlich aus dem Gefängnis
der Hölle; denn hier zerbrach er die eisernen Pforten, zersprengte alle
Riegel, damit er die Seinen, angetan mit den weißen Kleidern, die im
Blute des Lammes gewaschen waren, frei hinausführte aus offenen Toren.
Aus dem Grabe brach der Löwe hervor! Hat er nicht ein weit größeres
Wunder getan, als sie verlangt hatten? Zuvor waren andere von den Toten
auferweckt worden. Er aber hat sich selbst auferweckt. Einzigartig ist
es und keiner vermag es bis auf einen. Der Prophet Elias weckte einen
Toten auf, aber einen anderen nicht sich selbst. Deshalb nennen wir die
anderen auferweckt, Christum aber den Auferstandenen, weil er aus
eigener Kraft als Sieger aus dem Grabe ging. Überwunden hat der Löwe
aus Juda.
Am dritten Tag stieg er auf, damit der Prophet wahrhabe, der da
spricht: "Er macht uns lebendig nach zwei Tagen. Er wird uns am dritten
Tage aufrichten, daß wir vor ihm leben werden" (Hos. 6,3). Wahrlich, es
ziemt sich, daß, wie das Haupt voranging, auch die Glieder folgen. Am
sechsten Tage erlöste er den Menschen am Kreuz, an demselben Tage, an
dem er den Menschen im Anfang erschaffen hatte. Am folgenden Tage hielt
er Sabbatruhe im Grabe, feiernd von dem Werke, das er vollbracht hatte.
Am dritten aber, als am ersten Tage, erschien er als der Erstling unter
denen, die da schliefen, als der neue Mensch, als der Sieger über den
Tod.
Geben wir niemand Gehör, meine Brüder, nicht Fleisch oder Blut, nicht
irgend einem beliebigen Geiste, der uns belehren will herabzusteigen.
Lasset uns ausharren am Kreuze, sterben am Kreuze. Andere sollen uns
herabnehmen, nicht aber unser Wankelmut. Uns mögen nach Seiner Huld die
heiligen Engel herabnehmen, damit wir nach männlich überstandenen
Kreuzestagen am folgenden Tag, nach unserem Tode nämlich, sanft ruhen
und selig im Grabe schlummern, voll Erwartung in seligen Hoffnungen der
Ankunft der Herrlichkeit des großen Gottes, der unsere Leiber endlich
am dritten Tage auferwecken wird, daß sie ähnlich werden seinem
verklärten Leibe. Die Erfindung aber der Söhne Adams nur weiß von einem
vierten Tage, den sie nicht vom Herrn empfangen haben. Deshalb sind sie
verderblich und abscheulich geworden. Göttlicher Ordnung sind die drei
Tage: der Tag der Arbeit, Der Tag der Ruhe und der Tag der
Auferstehung. Sie gefallen den Menschenkindern nicht, vielmehr ziehen
sie ihren von ihnen erfundenen Tag vor und verschieben die Buße um
ihrer List zu fröhnen. Das ist der Tag nicht, den der Herr gemacht hat,
sie sind viertägig geworden und riechen schon.
Wo bleibt ihr nun mit eurer Rede: er steige herab vom Kreuze, so wollen
wir an ihn glauben? Seht, das Grab ist geöffnet, so kommt doch! Glaubt
ihr aber dem Auferstandenen nicht, wieviel weniger hättet ihr dem vom
Kreuze Herabgestiegenen geglaubt. Aber vielleicht ist euch die
Auferstehung ein noch größeres Ärgernis als das Kreuz!
Deshalb halten wir uns nicht länger mit euch auf. Der ältere Bruder mag
nicht die Gesänge und den Reigen hören, er ist zornig darüber, daß uns
ein gemäßtestes Kalb geschlachtet ist (Luk. 15.28). Draußen steht er
und will durchaus nicht hereinkommen. Nun, so laßt uns hineingehen,
Brüder, und das Mahl genießen mit dem eingesäuerten Brote der
Lauterkeit und Wahrheit. Denn wir haben ein Osterlamm, das ist
Christus, der sich für uns opferte (1 Kor. 5,7). AMEN.
(Aus: Vogt, Karl Anton: "Bernhard von Clairvaux; ein Mönch lenkt das Abendland.)
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